• Schönen guten Nachmittag!

    Ich habe mal eine Frage zum Pflichtteilsrecht, bzw. dessen Höhe im folgenden Fall:

    verwitweter Erblasser hinterlässt 1 Sohn S, dieser hat ebenfalls 1 Sohn=Enkel E
    Er hat außerdem einen Bruder B.

    Es liegt ein Testament vor mit folgender Erbeinsetzung:

    S=1/3
    E=1/3
    B=1/3

    B soll Testamentsvollstrecker sein.

    B nimmt die Erbschaft an, lehnt das Amt des TV aber ab.
    E hat sich bisher noch nicht geäußert.

    S will ausschlagen und seinen Pflichtteil geltend machen.

    Wie hoch wäre denn der Pflichtteil für S?

    Ist in die Ausschlagungserklärung des S der Passus aufzunehmen, dass er wegen der Geltendmachung des Pflichtteils ausschlägt?

    Grüße
    Döner

  • Ernsthaft?
    Wirklich?!

    OK, dann wollen wir mal:

    • Pflichtteil S = 1/2 (2303, 1924 (Abs. 2!! - E ist erstmal nicht gesetzlicher Erbe, da über S mit Erblasser verwandt))
    • S kann nach 2305 oder 2306 vorgehen. Er muss also nicht ausschlagen, wenn er zB Mitglied der Erbengemeinschaft bleiben will, um sich seine Mitspracherechte bei der Verwaltung der Erbschaft zu sichern.
    • In der Auschlagungserklärung muss - wie immer - zu den Motiven gar nichts gesagt werden.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ist im Testament irgendwas zu Anwachsung/Ersatzerben geregelt ?

    Nein! Meines Erachtens greift hier auf alle Fälle Ersatzerbenregelung §2099 BGB das es sich bei dem Ausschlagenden um den Sohn handelt.

    tom
    Bei Deinem Post komme ich nicht ganz mit. :gruebel: Mir ist schon klar, dass der Pflichtteil des S in meinem Ausgangsfall = 1/2 beträgt,
    aber ich dachte nur, wenn er von der Erbschaft gänzlich ausgeschlossen ist und das ist er ja nicht. :gruebel: :gruebel: :gruebel:

    Sollte er sich durch seine Ausschlagung tatsächlich besser stellen können als vom Erblasser durch Testament gewollt? :gruebel: :gruebel: :gruebel:

  • In § 2305 BGB und § 2306 BGB steht schön drin, wie es (je alternativ) geht...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ah, okay, Danke, das war mir gar nicht (mehr) so bewusst.
    Ist dass dann dieser Pflichtteilsergänzungsanspruch (es wird nicht ausgeschlagen, sondern von den Miterben der Differenzbetrag bis zur Höhe des Pflichtteils gefordert)

  • Nein. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist wieder was anderes....

    :D


    :google:

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ah, okay, Danke, das war mir gar nicht (mehr) so bewusst.
    Ist dass dann dieser Pflichtteilsergänzungsanspruch (es wird nicht ausgeschlagen, sondern von den Miterben der Differenzbetrag bis zur Höhe des Pflichtteils gefordert)

    Wenn der Pflichtteil nicht Pflicht wäre, sondern durch Testament einfach gemindert werden könnte, wäre er nicht der Pflichtteil, sondern der Vielleicht-Teil. Wenn ich nicht bei § 2333 BGB bin, kann der Erblasser an den Pflichtteil nicht ran.

    Ansonsten:

    • § 2305 BGB = Zusatzpflichtteil (ich bin zu weniger als der Pflichtteilsquote eingesetzt und kann vom vorhandenen Nachlass die Differenz zwischen Wert des mir zugewendeten Erbteils und dem Wert der vollen Pflichtteilsquote verlangen)
    • § 2325 BGB = Pflichtteilsergänzung (der Erblasser hat den Nachlass ausgehöhlt, ich verlange - stark vereinfacht -, dass für die Berechnung des Werts des Pflichtteils so getan wird, als ob dies nicht geschehen wäre).


    § 2305 BGB und § 2325 BGB betreffen verschiedene Dinge (einmal Quote, einmal Berechnungsgrundlage des Nachlasswertes) und können daher beide nebeneinander für den gleichen Erbfall geltend gemacht werden.

    Ich bin daran gewohnt, dies verständnislos dreinschauenden Kunden zu erklären. Warum ich es einem Nachlassrechtspfleger erklären muss, verstehe ich nicht. Habt ihr keine Grundlagendarstellungen zur Hand?

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  • Abgesehen davon würde mich eher interessieren , ob und inwieweit ein Nachlassrechtspfleger zu Belehrungen über das Pflichtteilsrecht verpflichtet ist.
    Auch bei der Aufnahme einer Erbausschlagungserklärung zu Protokoll interessiert doch nicht das Motiv ( hier Erlangung des Pflichtteils ) für die Erbausschlagung.
    Oder anders herum :

    Ist der Nachlassrechtspfleger zur Belehrung über ( für den Erben ) nachteilige Ausschlagungen ( z.B. wegen Rechtsirrtum ) verpflichtet ?
    Ist der Rechtspfleger auch in anderem Zusammenhang - z.B. Aufnahme von Erbscheinsanträgen - verpflichtet , sich mit dem evtl. Pflichtteilsrecht des Antragstellers /eines Beteiligten auseinanderzusetzen ?

    Nachtrag : Außen vor lasse ich ausdrücklich das Eröffnungsverfahren von Verfügungen von Todes wegen.

  • Ist im Testament irgendwas zu Anwachsung/Ersatzerben geregelt ?

    Nein! Meines Erachtens greift hier auf alle Fälle Ersatzerbenregelung §2099 BGB das es sich bei dem Ausschlagenden um den Sohn handelt.

    tom
    Bei Deinem Post komme ich nicht ganz mit. :gruebel: Mir ist schon klar, dass der Pflichtteil des S in meinem Ausgangsfall = 1/2 beträgt,
    aber ich dachte nur, wenn er von der Erbschaft gänzlich ausgeschlossen ist und das ist er ja nicht. :gruebel: :gruebel: :gruebel:

    Sollte er sich durch seine Ausschlagung tatsächlich besser stellen können als vom Erblasser durch Testament gewollt? :gruebel: :gruebel: :gruebel:


    Nein, durch die Ausschlagung generell eher nicht:

    Wird der unzureichende, aber nicht iSv § 2306 belastete oder beschwerte Erbteil ausgeschlagen, so verliert der Pflichtteilsberechtigte damit grds. den Erbteil; er erhält dadurch aber nicht – wie im Fall von § 2306 Abs. 1 – den vollen Pflichtteil, denn er war ja nicht enterbt, sondern hat den Erbteil aufgrund eigener Willensentscheidung verloren (zur Ausnahme bei Zugewinngemeinschaftsehe s. Rn. 9). Es besteht dann vielmehr nur noch der Pflichtteilsrestanspruch (BGH NJW 1973, 995, 996; RGZ 93, 3, 9; 113, 45, 48; Staudinger/Otte Rn. 11).
    (BeckOK BGB/G. Müller BGB § 2305 Rn. 8-9, beck-online)

    Mit der Ausschlagung würde sich S nichts Gutes tun, wenn nicht die Voraussetzungen von § 2306 BGB erfüllt sind.

  • Unser Prof hat uns immer eingetrichtert, ist es ein Fall des § 2306 so sollte der Rpfl. tunlichst darauf achten in dem Anschreiben an die PT in TES -Sachen auch auf diesen § hinzuweisen, ohne darüber im Detail belehren zu müssen.
    Dies sei, so seine Warnung, eine schöne Haftungsfalle wenn man diesen Hinweis nicht dabei hat.
    Aber im Detail beraten und berechnen, auf keinen Fall.

  • Abgesehen davon würde mich eher interessieren , ob und inwieweit ein Nachlassrechtspfleger zu Belehrungen über das Pflichtteilsrecht verpflichtet ist.
    Auch bei der Aufnahme einer Erbausschlagungserklärung zu Protokoll interessiert doch nicht das Motiv ( hier Erlangung des Pflichtteils ) für die Erbausschlagung.
    Oder anders herum :

    Ist der Nachlassrechtspfleger zur Belehrung über ( für den Erben ) nachteilige Ausschlagungen ( z.B. wegen Rechtsirrtum ) verpflichtet ?
    Ist der Rechtspfleger auch in anderem Zusammenhang - z.B. Aufnahme von Erbscheinsanträgen - verpflichtet , sich mit dem evtl. Pflichtteilsrecht des Antragstellers /eines Beteiligten auseinanderzusetzen ?

    Nachtrag : Außen vor lasse ich ausdrücklich das Eröffnungsverfahren von Verfügungen von Todes wegen.

    Dankeschön!

    Genauso! Wir belehren nicht über das Pflichtteilsrecht.

    Dennoch schadet es ja nicht, wenn man als Rpfl. darüber Bescheid weiß und o.g. Konstellation kommt ja nun doch eher selten vor, jedenfalls hier. Es interessiert mich "quasi zu Fortbildungszwecken" warum Leute dieses und jenes beabsichtigen zu tun. Man kann ja selbst nur dazulernen.

    Der Thread brachte mir den sogenannten Aha-Effekt und nun weiß ich auch, wo ich nochmal genauer nachlesen muss und wie ich die Informationen verwerte.

    Dankeschön nochmals an alle die geantwortet haben und sorry, dass ich nicht Allwissend bin! :blumen:

  • Unser Prof hat uns immer eingetrichtert, ist es ein Fall des § 2306 so sollte der Rpfl. tunlichst darauf achten in dem Anschreiben an die PT in TES -Sachen auch auf diesen § hinzuweisen, ohne darüber im Detail belehren zu müssen.
    Dies sei, so seine Warnung, eine schöne Haftungsfalle wenn man diesen Hinweis nicht dabei hat.
    Aber im Detail beraten und berechnen, auf keinen Fall.

    Wobei mich interessieren würde , woher sich eine Haftungsfalle ( im Eröffnungsverfahren ! ) ergeben soll.

  • Das Problem mit dem § 2306 BGB war ein anderes...aber das ist seit der letzten Reform weggefallen, denn jetzt muss der Pflichtteilsberechtigte selbst aktiv werden. Früher ist die Beschränkung automatisch weggefallen...wenn man das nicht gemerkt hatte, war man ganz schön auf´s Eis geführt worden. Das meine wohl der "Prof.", denn darauf sind die früher genüsslich in fast jeder zweiten Klausur geritten...

    Die alte Fassung siehe § 2306 BGB a.F.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Unser Prof hat uns immer eingetrichtert, ist es ein Fall des § 2306 so sollte der Rpfl. tunlichst darauf achten in dem Anschreiben an die PT in TES -Sachen auch auf diesen § hinzuweisen, ohne darüber im Detail belehren zu müssen.
    Dies sei, so seine Warnung, eine schöne Haftungsfalle wenn man diesen Hinweis nicht dabei hat.
    Aber im Detail beraten und berechnen, auf keinen Fall.

    Wobei mich interessieren würde , woher sich eine Haftungsfalle ( im Eröffnungsverfahren ! ) ergeben soll.


    Berechtigte Frage! :daumenrau Das Gericht ist ja zur Rechtsberatung nicht verpflichtet und an sich schon gar nicht berechtigt.

  • Der Hinweis an die Beteiligten auf die Vorschriften der §§ 2305 ff - und mehr steht da nicht - ist keine Rechtsberatung. Wenn der mir ins Auge springt, dann schreib ich das nach wie vor hin, auch wenn es tatsächlich Urzeiten her ist, die Ausbildung und die Hinweise vom Prof.
    Im Einzelfall hat es Bedeutung, ob sich die Beteiligten damit beschäftigen ist dann deren Sache, aber so etwas weiß doch kein Mensch.

    Ich kann mich an kein Problem mit dem 2306 in einem not. TES erinnern, aber wenn die Leute hergehen und sich aus irgend welchem Zeugs ein Testament zusammenschreiben taucht das schon öfter auf. Ich frage dann im Termin ob sie wissen was sie da geschrieben haben - regelmäßig nicht. Wenn man dann die Vorschrift einmal laut liest kommt regelmäßig - nein so haben wir das nicht gewollt.

    Also finde ich den blanken Hinweis nicht verkehrt.

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