Erhöhung der Vergütung

  • Das LG Stuttgart hat einem Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH) und langjährigem Berufsbetreuer bei nachgewiesenen 49 % nutzbarer Fachkenntnis (nach Durchforstung der Studienordnung) den € 44,00 Stundensatz verwehrt und ihn auf den niedersten Stundensatz (mangels überwiegender nutzbarer Fachkenntnisse) verwiesen. Dann lieber einen Bachelor of Betreuung. Da sind alle Kenntnisse nutzbar.

  • Die irrige Rechtsprechung mancher Landgerichte taugt allerdings nicht unbedingt als Argument für eine Erhöhung der gesetzlichen Stundensätze.

    Hat sich eigentlich schon jemand gefragt, ob ein Jurastudium nutzbare besondere Fachkenntnisse für die Tätigkeit in Betreuungssachen (und in manchen anderen Rechtsgebieten) vermittelt? Manchmal hat man nämlich den Eindruck, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss.

  • Da aber genau die darüber befinden, die exakt das studiert haben...:gruebel:

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Die irrige Rechtsprechung mancher Landgerichte taugt allerdings nicht unbedingt als Argument für eine Erhöhung der gesetzlichen Stundensätze.

    Hat sich eigentlich schon jemand gefragt, ob ein Jurastudium nutzbare besondere Fachkenntnisse für die Tätigkeit in Betreuungssachen (und in manchen anderen Rechtsgebieten) vermittelt? Manchmal hat man nämlich den Eindruck, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss.


    Das würde ich jetzt nicht unbedingt bestreiten wollen. ;)

  • Die für den 30./31. März geplante Debatte über die Änderung zu besagtem Gesetzesentwurf wurde vom Bundestag nun auf den Sommer verschoben. Grund ist wohl der Widerstand der Justizminister der Länder...

  • Hallo, zusammen, gerade habe ich recherchiert und gesehen, dass der Bundestag am 18.05. den Gesetzesentwurf angenommen hat. Ich bin kein Gesetzgebungsfachmann :roll: (auch keine Fachfrau), habe ich irgendwas übersehen?

    Demgemäß wird die Vergütung ab 01.10. erhöht.

    http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/765/76527.html

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Hallo, zusammen, gerade habe ich recherchiert und gesehen, dass der Bundestag am 18.05. den Gesetzesentwurf angenommen hat. Ich bin kein Gesetzgebungsfachmann :roll: (auch keine Fachfrau), habe ich irgendwas übersehen?

    Demgemäß wird die Vergütung ab 01.10. erhöht.

    http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/765/76527.html

    Laut Homepage des BdB muss darüber nun noch der Bundesrat abstimmen. Interessanter Weise sind genau die Landesregierungen (NRW / Hedwig Holzbein) abgewählt worden, die sich vor der Wahl deutlich gegen die Erhöhung gestellt haben. Nun bin ich mal gespannt was kommt. Ehrlich gesagt, rechne ich vorerst nicht mit einer Erhöhung.

  • Solange die "abgewählten" Landesregierungen noch amtieren, werden sie natürlich auch noch im Bundesrat abstimmen.

    Wenn NRW und Schleswig-Holstein dagegen stimmen sollten, kann sich die in diesen Regierungen federführende Partei ihr Gerechtigkeitsgefasel gleich in die Tonne klopfen - so es dort nicht ohnehin schon liegt.

  • Solange die "abgewählten" Landesregierungen noch amtieren, werden sie natürlich auch noch im Bundesrat abstimmen.

    Wenn NRW und Schleswig-Holstein dagegen stimmen sollten, kann sich die in diesen Regierungen federführende Partei ihr Gerechtigkeitsgefasel gleich in die Tonne klopfen - so es dort nicht ohnehin schon liegt.

    Moin Cromwell,

    da ich hier keine politische Diskussion führen will, möchte ich Ihnen einfach nur voll und ganz RECHT geben.

    Lieben Gruß aus dem Norden wo grade die Touris einfallen.

  • Zum weiteren Verlauf:

    Für die Bundesratssitzung am 07.07.2017 wurde das gesamte Gesetz von der Tagesordnung genommen und in die Tagesordnung für die nächste - und vor der Wahl letzte - Bundesratssitzung am 22.09.2017 wurde es nach der aktuellen Fassung der Tagesordnung nicht aufgenommen.

    Damit ist die Sache für die aktuelle Legislaturperiode gelaufen. Gerechtigkeit ist offenbar nur gefragt, wenn sie das Geld von anderen Leuten kostet, nicht aber, wenn man selbst etwas bezahlen müsste.

    Ich habe mich wegen der besagten Hängepartie per Mail an den Generalsekretär der CDU gewandt und von der zuständigen Referentin - soweit hier interessierend - folgende Antwort erhalten:

    "Gerade in Zeiten, in denen einerseits die Lebenserwartung steigt, andererseits familiäre Netze nicht mehr überall halten, ist die Tätigkeit von Berufsbetreuerinnen und -betreuern sowie Betreuungsvereinen aus unserer Sicht unverzichtbar. Dieser hohen gesellschaftlichen Bedeutung entspricht auch eine hohe Verantwortung. Rechtliche Betreuung, die den Bedürfnissen der Betreuten in angemessener Weise gerecht werden will, erfordert ein hohes Maß an Fachkompetenz, an sozialen Fähigkeiten und an Engagement des Betreuers. Schon um geeignete Personen für die Betreuung zu gewinnen, die Motivation zu erhalten und zu gewährleisten, dass Betreuung mit individueller Zuwendung erfolgt, ist eine angemessene, der Verantwortung entsprechende Vergütung der Betreuung erforderlich. Im Bereich der selbstständigen Berufsbetreuerinnen und ‑betreuer sind Anstrengungen notwendig, um ausreichend Nachwuchs zu gewinnen. Dass hier Anpassungsbedarf besteht, ergibt sich schon daraus, dass das Vergütungssystem seit 2005 nicht mehr verändert worden ist. Insbesondere die wirtschaftliche Situation von Betreuungsvereinen ist in den vergangenen Jahren zunehmend kritisch geworden.

    CDU und CSU haben im Mai 2017 diese dringend erforderliche Erhöhung der Betreuervergütung beschlossen. Jedoch hat der Bundesrat auf maßgebliches Betreiben rot regierter Länder leider beschlossen, das Gesetz von der Tagesordnung zu nehmen. Das CSU-regierte Bayern hatte sich für eine Abstimmung und die Erhöhung der Betreuervergütung eingesetzt. Die CDU hatte sich schon zuvor auf ihrem Kölner Parteitag im Jahr 2014 für eine Anpassung der Betreuervergütung ausgesprochen.

    Da es sich bei der Vergütungserhöhung um 15 Prozent lediglich um einen Inflationsausgleich handelt, der seit 12 Jahren nicht mehr geleistet wurde, wäre aus unserer Sicht auch eine Beschlussfassung losgelöst von grundsätzlichen Fragen des Betreuungsrechts, sachgerecht gewesen. Nun kommt es darauf an, spätestens in der neuen Legislaturperiode konkrete und passgenaue weitere Gesetzesinitiativen zu verabschieden, um die Situation der Betreuerinnen und Betreuer zeitnah zu verbessern.

    Um jedoch eine fundierte Antwort auf die Höhe der Vergütung und andere Probleme in der rechtlichen Betreuung geben zu können, ist auf die vollständigen Ergebnisse Studie „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ zu warten, um dann mit den Betroffenen und den zuständigen Bundes- und Landesministerien die dringend notwendigen strukturellen und finanziellen Veränderungen im Betreuungsrecht zu erörtern und umzusetzen. Eines der wichtigen Themen ist, dass Betreuerinnen und Betreuer mehr Zeit für die Arbeit zur Unterstützung ihrer Klientinnen und Klienten zur Verfügung gestellt bekommen, und dass diese Zeit dann auskömmlich vergütet wird. Darauf haben auch bereits die ersten Zwischenberichte der Studie hingewiesen: Demnach arbeiten Betreuer deutlich über den veranschlagten Zeitkontingenten. Der durchschnittlich ermittelte Zeitaufwand bei der Durchführung einer Betreuung liegt bei 4,1 Stunden pro Betreuung monatlich. Der Mittelwert des derzeitig vergüteten Aufwandes liegt demgegenüber bei 3,3 Stunden. 

    Der Zeitanteil für persönliche Kontakte liegt dem 2. Zwischenbericht zufolge bei nur 22 %. Das sind im Durchschnitt 53 Minuten je Monat und Betreuung. Ob eine unterstützungsorientierte Betreuungspraxis nach den Maßstäben der UN-BRK mit einem solchem Zeitbudget möglich sein kann, ist fragwürdig.  Die Anzahl abrechenbarer Stunden muss eine unterstützungsorientierte und aktivierende Betreuungsarbeit entsprechend der Komplexität des Fallgeschehens ermöglichen und sicherstellen, dass Betreuung nicht die bloße Ersetzung der Abgabe von rechtlichen Willenserklärungen ist.

    Wir wollen der drohenden Schließung von Betreuungsvereinen aufgrund finanzieller Not keinesfalls tatenlos zusehen. Die über Jahre gewachsene Betreuungsstruktur wollen wir erhalten. Es ist ein schwerer Verlust und zugleich ein deutliches Alarmsignal, dass in den vergangenen Jahren knapp 30 Vereine ihre Arbeit eingestellt haben. Die Politik in Bund und Ländern muss hier unverzüglich gegensteuern, damit weitere Schließungen vermieden werden. 

    Wir appellieren deshalb an die Länder, ihre Verantwortung bei der Finanzierung von Betreuungsvereinen konsequenter wahrzunehmen. Ein Betreuungswesen ohne Betreuungsvereine und ehrenamtliche Betreuer wäre nicht nur weniger menschlich, sondern für den Staat am Ende auch teurer. Betreuungsvereine und ihre Mitarbeiter leisten eine wertvolle Arbeit, die gerade in einer alternden Gesellschaft mit einer zunehmenden Zahl an betreuungsbedürftigen Menschen eine besondere Bedeutung hat. Sie werben ehrenamtliche Betreuer an und begleiten diese bei ihrer Tätigkeit, sie unterstützen Angehörige, beraten zu Vorsorgevollmachten und übernehmen selbst schwierige Betreuungen, die besondere Fachkenntnisse erfordern."

  • Moin Cromwell,

    danke für die Ausführungen.

    Die Ausführungen der BUNDES Parteien klingen alle gleich.

    "Betreuung toll, Betreuer toll, brauchen mehr Geld."

    Sobald das aber in die Länder geht wendet sich das Blatt....zumindest was den letzten Teil betrifft.

    Ich gehe nicht davon aus, dass sich an der Vergütungssituation kurzfristig etwas ändern wird. Wir Betreuer müssen dann eben ein paar Betreuungen mehr machen um den Inflationsausgleich hin zu bekommen und was für die Rente zu tun.

    Wir müssen dann halt, wie ja auch im BSG Urteil (B 8 SO 7/15) beschrieben, mehr delegieren und weniger selber machen bzw. bei persönlichen Kontakten mehr auf moderne Formen wie Whats App, E-Mail etc. setzen. Also öfters Eingliederungsanträge stellen und bei Rechtsstreitigkeiten mit Vermietern etc. einfach nen Anwalt im Rahmen von PZH beauftragen. Kostet dann zwar auch Steuergelder, evtl. vielleicht auch mehr, aber ist dann eben so.

  • Wenn die Schwarzen (nicht öffentlichkeitswirksam) auf die Studienergebnisse warten wollen, ist das in Ordnung. Tun es die Roten (und stehen anscheinend öffentlich dazu), ist es Skandal?

    Aus der Beschlußempfehlung des Bundesratsausschusses:
     "Zwar verdient das Ziel einer angemessenen Vergütung der Berufsbetreuer, -vormünder und Verfahrenspfleger Unterstützung. Jedoch erfordert die Entscheidung über die Anpassung der Betreuervergütung zunächst eine differenzierte Betrachtung der Gesamtproblematik auf der Grundlage der noch aus-stehenden Forschungsergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Qualität in der rechtlichen Betreuung. Die Diskussion um eine angemessene Vergütung der Betreuer kann nicht ohne Bewertung der Qualität der rechtlichen Betreuung geführt werden."

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Das Gesetz ist der Diskontinuität anheimgefallen. Es müsste also neu in den Bundestag eingebracht werden. Ob und wann das passiert, lässt sich schwer vorhersagen. Hieß es nicht (vgl. vorstehenden Beitrag von FED), dass man die Untersuchung zur Qualität in der Betreuung abwarten wolle ...

  • Das Gesetz ist der Diskontinuität anheimgefallen. Es müsste also neu in den Bundestag eingebracht werden. ...

    Nach meiner Meinung nicht, weil der Bundestag bereits abschließend beschlossen hat und nur noch die Zustimmung des Bundesrates fehlt. Wird sie erteilt, ist der Ablauf der Wahlperiode des Bundestages ohne Bedeutung. Wenn die Zustimmung versagt wird, ist das Gesetz allerdings vom Tisch. Auch die Anrufung des Vermittlungsausschusses ist nicht mehr möglich.

  • Damit hast Du völlig recht, KlausR; wie ich soeben lerne, habe ich ein sehr lückenhaftes Wissen über das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland, dafür bitte ich um Entschuldigung.

    Immerhin kann man sich auf der Seite des Bundesrats über die Rechtslage belesen:
    http://www.bundesrat.de/SharedDocs/tex…ntinuitaet.html

    Dort ist die Erhöhung der Betreuervergütung erwähnt, und ebenso die Reform der Kinder- und Jugendhilfe. Es ist also noch ein Rest Hoffnung (oder Sorge), dass das Gesetz kommt, so wie es der Bundestag verabschiedet hat.

  • Scheint aktuell zu sein:

    https://bdb-ev.de/66_Aktuelles.p…austeine_1_3574



    Justizministerium sondiert mit Ländern Vergütungserhöhung

    Berlin, 23.5.2018 - Das Bundesjustizministerium sondiert in Gesprächen mit den Bundesländern, welche Möglichkeiten bestünden, unter Berücksichtigung von qualitativen Aspekten die Vergütung zügig anzupassen. Dies ist Teil der Antwort auf eine Kleine Anfrage (19/1974) der FDP-Fraktion im Bundestag. Sie wollte wissen, ob die Bundesregierung plane, auf die Handlungsempfehlungen im Abschlussbericht der Studie zur "Qualität in der Betreuung" des Bundesjustizministeriums zu reagieren. Die Reaktion: Geplant sei im Nachgang zu den beiden Forschungsprojekten "Qualität in der Betreuung" und zur "Umsetzung des Erfoderlichkeitsgrundsatzes" unter besonderer Berücksichtigung des seit 2014 geltenden Gesetzes zur Stärkung der Funktion der Betreuungsbehörden ein "breit und partizipativ angelegter Diskussionsprozess". Inhalt solle sein, wie man das Betreuungsrecht ändern müsse für eine Verbesserung der Qualität und insbesondere für die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention. Dies hatte Ministerialdirektorin Beate Kienemund bereits auf der BdB-Jahrestagung Anfang Mai angekündigt.

    Zur Vergütung verwies die Bundesregierung weiter auf den Koalitionsvertrag in dem man sich darauf geeinigt habe, die Finanzierung der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern zu stärken und für eine angemessene Vergütung von Berufsbetreuern und Berufsbetreuerinnen "zeitnah Sorge zu tragen". Auch ein indirekter Verweis auf die Verantwortung des Bundesrates findet sich: Er habe den Gesetzentwurf der vergangenen Legislaturperiode bislang nicht (wieder) zur Beratung aufgesetzt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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