§ 850 a ZPO / Stichwort "üblich"

  • Für den Schuldner wird mtl. durchschnittlich ein Nettolohn ist Höhe von EUR 700,00 ausgewiesen. Separat weist die Lohnabrechnung jeden Monat steuerfreie Reisekostenerstattungen aus in Höhe von durchschnittlich EUR 1.100,00. Der Arbeitgsvertrag ist ohne Tarifbindung. Das ganze geht seit Monaten schon so und wurde erst jetzt festgestellt hier.

    Frage: Ist die Höhe der Reisekostenerstattungen noch üblich? Die steuerfreie Auszahlung Reisekostenerstattung würde hierführ sprechen laut Stöber, ist aber noch kein Beweis.

    Wie soll ich herausfinden, was üblich in der Branche ist? Vom Arbeitgeber darf ich auf keine Unterstützung hoffen. Er wird sich doch nicht ins Bein schießen und erklären, dass er nicht ordentlich Steuern abgeführt hat.

  • Es kommt natürlich zuerst einmal darauf an, wieviel Dienstreisen durchgeführt wurden. Und was üblicherweise steuerfrei ausgezahlt werden kann, ergibt sich aus dem EStG. Wenn Du Zweifel daran hast, daß hier korrekt abgerechnet wurde, dann laß Dir doch die Reisekostenabrechnungen vorlegen.

    Der Verdacht, daß hier steuerpflichtiges Einkommen in Richtung steuerfreie (und nicht pfändbare) Reisekosten verschoben wurde, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

  • Es kommt natürlich zuerst einmal darauf an, wieviel Dienstreisen durchgeführt wurden. Und was üblicherweise steuerfrei ausgezahlt werden kann, ergibt sich aus dem EStG. Wenn Du Zweifel daran hast, daß hier korrekt abgerechnet wurde, dann laß Dir doch die Reisekostenabrechnungen vorlegen.

    Der Verdacht, daß hier steuerpflichtiges Einkommen in Richtung steuerfreie (und nicht pfändbare) Reisekosten verschoben wurde, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

    Und was ist, wenn alle Abrechnungen vollständig vorgelegt und nachgewiesen werden können, aber aufgrund ihrer Höhe das "Übliche" weit übersteigen?
    Ist also das "Übliche" oder das, was wirklich angefallen ist an Reisekosten, ausschlaggebend?

  • Ist der Schuldner in Vollzeit tätig? Und als was ist der Schuldner denn tätig? Ich würde zunächst mal den Schuldner auffordern, mir plausibel darzulegen, wie bei einer (unterstellten) Vollzeittätigkeit ein Nettoeinkommen von 700,00 € und Spesen von 1.100,00 € zusammenpassen.

  • Es kommt natürlich zuerst einmal darauf an, wieviel Dienstreisen durchgeführt wurden. Und was üblicherweise steuerfrei ausgezahlt werden kann, ergibt sich aus dem EStG. Wenn Du Zweifel daran hast, daß hier korrekt abgerechnet wurde, dann laß Dir doch die Reisekostenabrechnungen vorlegen.

    Der Verdacht, daß hier steuerpflichtiges Einkommen in Richtung steuerfreie (und nicht pfändbare) Reisekosten verschoben wurde, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

    Und was ist, wenn alle Abrechnungen vollständig vorgelegt und nachgewiesen werden können, aber aufgrund ihrer Höhe das "Übliche" weit übersteigen?
    Ist also das "Übliche" oder das, was wirklich angefallen ist an Reisekosten, ausschlaggebend?

    Insofern gibt es natürlich kein "Übliches" als feststehenden Betrag. das "Übliche" bezieht sich auf die Höhe der Tagegelder und die Höhe des km-Satzes bei Einsatz eines KFZ. Wieviel dann in Summe zusammenkommt, ist natürlich von Anzahl und Dauer der Dienstreisen abhängig.

    Und was für diese Sätze üblich ist, ergibt sich aus dem EStG oder aus dem BRKG.

  • Erwartungsgemäß hat mir der Schuldner in einer Excel Liste alles "schön vorbereit" vorgelegt.
    Wann er wohin gefahren ist etc. Kilometergeld 0,30 Cent pro Kilometer, Übernachtung 20 Euro pro Nacht, Verpflegung 24,00 pro Tag.

    Schuldner ist lediglich in TZ (wird jetzt aufgefort eine VZ suchen)beschäftigt. Wenn ich ihn jetzt frage, wie ein Nettoeinkommen von 700,00 € und Spesen von 1.100,00 € zusammenpassen wird sicherlich irgendeine Begründung kommen. Der AG wird eh mauern, da er keine Probleme wegen etwaiger Steuerhinterziehung bekommen will.

    Sind hier dem TH die Hände gebunden?Reicht vielleicht eine Info ans Gericht unter Darlegung des Sachverhaltes, dass hier vermutut wird, dass EInkommen verschleichert ausgezahlt wird, aber man keine Beweise hat.

    Will einfach nicht, dass ein Gläubiger später um die Ecke mit Haftung gegen den TH kommt, nach dem Motto: wieso hast du nichts gemacht und das toleriert.

  • Erwartungsgemäß hat mir der Schuldner in einer Excel Liste alles "schön vorbereit" vorgelegt.
    Wann er wohin gefahren ist etc. Kilometergeld 0,30 Cent pro Kilometer, Übernachtung 20 Euro pro Nacht, Verpflegung 24,00 pro Tag.

    Schuldner ist lediglich in TZ (wird jetzt aufgefort eine VZ suchen)beschäftigt. Wenn ich ihn jetzt frage, wie ein Nettoeinkommen von 700,00 € und Spesen von 1.100,00 € zusammenpassen wird sicherlich irgendeine Begründung kommen. Der AG wird eh mauern, da er keine Probleme wegen etwaiger Steuerhinterziehung bekommen will.

    Sind hier dem TH die Hände gebunden?Reicht vielleicht eine Info ans Gericht unter Darlegung des Sachverhaltes, dass hier vermutut wird, dass EInkommen verschleichert ausgezahlt wird, aber man keine Beweise hat.

    Will einfach nicht, dass ein Gläubiger später um die Ecke mit Haftung gegen den TH kommt, nach dem Motto: wieso hast du nichts gemacht und das toleriert.

    Ist das denn Aufgabe des Treuhänders?

  • Ich kenne ja die Einzelheiten nicht, aber 2* im Monat von Frankfurt nach Hamburg und zurück mit dem Auto zzgl. Übernachtungen, da sind 1.000 EUR weg.

    deshalb BAG vom 30.06.19971, 3 AZR 8/71:

    Werden einem Handlungsreisenden Tage- und Übernachtungsgelder in einer Höhe gewährt, wie sid die Lohnsteuer-richtlinien als steuerfreie Pauschbeträge anerkennen, so halten sich solche Aufwandsentschädigungen auch im Rahmen des Üblichen im sinne von § 850a Nr. 3 ZPO.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Erwartungsgemäß hat mir der Schuldner in einer Excel Liste alles "schön vorbereit" vorgelegt.
    Wann er wohin gefahren ist etc. Kilometergeld 0,30 Cent pro Kilometer, Übernachtung 20 Euro pro Nacht, Verpflegung 24,00 pro Tag.

    Schuldner ist lediglich in TZ (wird jetzt aufgefort eine VZ suchen)beschäftigt. Wenn ich ihn jetzt frage, wie ein Nettoeinkommen von 700,00 € und Spesen von 1.100,00 € zusammenpassen wird sicherlich irgendeine Begründung kommen. Der AG wird eh mauern, da er keine Probleme wegen etwaiger Steuerhinterziehung bekommen will.

    Sind hier dem TH die Hände gebunden?Reicht vielleicht eine Info ans Gericht unter Darlegung des Sachverhaltes, dass hier vermutut wird, dass EInkommen verschleichert ausgezahlt wird, aber man keine Beweise hat.

    Will einfach nicht, dass ein Gläubiger später um die Ecke mit Haftung gegen den TH kommt, nach dem Motto: wieso hast du nichts gemacht und das toleriert.

    Ist das denn Aufgabe des Treuhänders?

    TH wurde nicht explizit mit der Überwachung der Einhaltung der Obliegenheiten beauftragt.Es ist nur so, dass unser Insolvenzgericht es erwatet, falls Versagungsgründe bekannt werden.

  • Wie sieht es mit §§ 292 Abs. 1 S. 3, 36 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 850h Abs. 2 ZPO aus?

    Zu dem von fresh angesprochenen möglichen Haftungsrisiko ist meiner Meinung nach zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um eine Frage "verdeckter" (weil nicht beauftragter) Obliegenheitsüberwachung handelt, sondern verschleiertes Einkommen auch unter die Abtretungserklärung fällt.

    Nur so als spontane Gedanken: Gibt es vielleicht Rechtsprechung, dass ein Missverhältnis zwischen Einkommen und Reisekosten (mithin: Aufwand zur Erzielung des Einkommens) auf verschleiertes Einkommen hindeutet? Kann das eventuell zu einer Beweislastumkehr führen, wenn der TH den Arbeitgeber verklagt?

  • Erwartungsgemäß hat mir der Schuldner in einer Excel Liste alles "schön vorbereit" vorgelegt.
    Wann er wohin gefahren ist etc. Kilometergeld 0,30 Cent pro Kilometer, Übernachtung 20 Euro pro Nacht, Verpflegung 24,00 pro Tag.

    Ich will dir hier nichts unterstellen, aber es klingt für mich so, als ob hier die "schöne Vorbereitung" des Schuldners als verdächtig erachtet wird.

    Aus meinem früheren Job, wo ich viel unterwegs war, ist mir noch gut in Erinnerung, dass ich dem Arbeitgeber penibel aufgelistet und begründet alle Posten für die Dienstreiseabrechnungen vorlegen musste. Keine solche Auflistung griffbereit zu haben, wäre somit verdächtig.

    Die Frage ist m.E. eher, ob die aus den abgerechneten Spesen ersichtlichen Arbeitstage und -Zeiten zu der Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigung im logischen Widerspruch stehen.

  • Erwartungsgemäß hat mir der Schuldner in einer Excel Liste alles "schön vorbereit" vorgelegt.
    Wann er wohin gefahren ist etc. Kilometergeld 0,30 Cent pro Kilometer, Übernachtung 20 Euro pro Nacht, Verpflegung 24,00 pro Tag.

    Ich will dir hier nichts unterstellen, aber es klingt für mich so, als ob hier die "schöne Vorbereitung" des Schuldners als verdächtig erachtet wird.

    Aus meinem früheren Job, wo ich viel unterwegs war, ist mir noch gut in Erinnerung, dass ich dem Arbeitgeber penibel aufgelistet und begründet alle Posten für die Dienstreiseabrechnungen vorlegen musste. Keine solche Auflistung griffbereit zu haben, wäre somit verdächtig.

    Die Frage ist m.E. eher, ob die aus den abgerechneten Spesen ersichtlichen Arbeitstage und -Zeiten zu der Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigung im logischen Widerspruch stehen.

    Dem ist zuzustimmen. Einem Mitarbeiter dürften wohl kaum so hohe Reisekosten zuzubilligen sein, dass er umsatztechnisch so wenig reinholt, dass 700 EUR Nettoeinkommen übrigbleiben.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau


  • Dem ist zuzustimmen. Einem Mitarbeiter dürften wohl kaum so hohe Reisekosten zuzubilligen sein, dass er umsatztechnisch so wenig reinholt, dass 700 EUR Nettoeinkommen übrigbleiben.

    Seit wann ist dann das Nettoeinkommen von der Logik her an den direkt zuzuordnenden Umsatz gekoppelt??? :eek:

    Ich möchte jetzt nicht wirklich widersprechen, dass die Sache etwas komisch wirkt, aber es dürfte ziemlich schwierig werden, den Nachweis dafür zu führen.

    Ein Ansatz wäre vielleicht, sich eine detaillierte Reisekostenabrechnung mit Daten und Zeiten vorlegen zu lassen und nachzurechnen, ob bei den angegebenen Zeiten denn überhaupt der Mindestlohn herauskommt. Kostenintensive Reisen neigen dazu, auch länger zu dauern. Und spätestens, wenn der AN behauptet, die Reisezeit würde nicht als Arbeitszeit zählen und er würde unbezahlte Fahrzeiten zur Sicherung seines Arbeitsplatzes akzeptieren, um 700,- € netto zu erzielen, dürfte die Argumentation etwas dünn werden - Ich kenne einige Servicetechniker, die solch seltsamen Regelungen haben, aber von denen geht keiner mit 700,- € heim :D

  • Wieviel Stunden malocht der Schuldner denn in der Woche, lt. Schein ?

    Fällt der Schuldner unter die Dokumentationspflicht i.S.d. § 2a SchwarzArbG ?

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  • Erwartungsgemäß hat mir der Schuldner in einer Excel Liste alles "schön vorbereit" vorgelegt.
    Wann er wohin gefahren ist etc. Kilometergeld 0,30 Cent pro Kilometer, Übernachtung 20 Euro pro Nacht, Verpflegung 24,00 pro Tag.

    Ich will dir hier nichts unterstellen, aber es klingt für mich so, als ob hier die "schöne Vorbereitung" des Schuldners als verdächtig erachtet wird.

    Aus meinem früheren Job, wo ich viel unterwegs war, ist mir noch gut in Erinnerung, dass ich dem Arbeitgeber penibel aufgelistet und begründet alle Posten für die Dienstreiseabrechnungen vorlegen musste. Keine solche Auflistung griffbereit zu haben, wäre somit verdächtig.

    Das ist ja schon aus steuerlichen Gründen geboten, da ansonsten der Betriebsausgabenabzug zu versagen wäre. Ohne ordentliche Reisekostenabrechnung gibt es keine steuerfreien Erstattungen.

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