wirksame Antragstellung per E-Mail?

  • Aufgrund einer Anregung von Wobder mache ich mal diesen Thread auf und bitte um entsprechende Meinungen zur fortschreitenden E-Mail-Nutzung durch Bürger.


    Es stellt sich in diesem Zusammenhang regelmäßig folgendes Problem:

    Auf welcher Grundlage sollten eigentlich solche nicht unterschriebenen E-Mails wirksam sein? :gruebel: Dann könnten wir uns das EGVP ja eigentlich auch sparen.

    Bislang habe ich zu solchen Mails immer geantwortet, dass Anträge wirksam nur über per Post oder Fax bzw. mittels EGVP gestellt werden können. Aber vielleicht ist da auch etwas an mir vorbeigegangen? :gruebel:

  • Ich habe zu dem Thema folgendes gefunden:

    Gemäß § 23 Abs. 1 S. 5 FamFG "soll" der Antrag unterschrieben werden. Fehlende Unterschrift lässt den Antrag nicht unbedingt unwirksam werden (dazu MüKo zum FamFG, § 23 Rdnr. 39).

    Eine einfache EMail dagegen fällt nicht unter Vorschriften wie § 130 ZPO / § 130a ZPO, da sie kein elektronisches Dokument ist (Musielak, ZPO, § 129 Rdnr. 11). Bei Kommunikation per EGVP müsste ja qualifiziert signiert werden.

    Möglich ist jedoch, einen unterschriebenen Schriftsatz einzuscannen und per EMail zu übersenden (NJW 2008, 2649).


  • Ohne direkt auf deine Frage zu antworten, ging Wobders Frage m.E. vor allem in die Richtung, dass er wissen wollte, ob und wann er beigefügte Anhänge öffnen soll/darf. Im Hinblick auf regelmäßig grassierende Trojanerwellen durchaus angebracht und etwas, was ich mich auch schon desöfteren gefragt habe.

    Wegen der Formbedürftigkeit von Anträgen befinde ich mich in der Position, dass bei mir idR das FamFG Anwendung findet, und dort häufig schon eine Anregung reicht. Da genügt mir eine Mail. Für alles andere lasse ich tatsächlich schriftlich beantragen.
    Häufig sind es aber eben Fragen wie: wie muss ich mich nach dem Tod meiner Mutter verhalten? Wann wird das Testament eröffnet? Welche Unterlagen brauche ich noch für die Rechnungslegung?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Etwas aktueller:

    OLG Düsseld., I-3 Wx 231/13, BGH, XII ZB 424/14, KG, 15.01.16, 13 UF 202/14.

    Daher auch die Frage, wann muss man Anhänge öffnen? Es wird ja permanent (auch dienstl.) drauf verwiesen, wie gefährlich die sind. Auf Grund des Inhalts oder dem Absender weiß man ja erstmal sicher gar nichts. Und ob das tatsächl. ne pdf -Datei oder exe ist oder ..., kann ich nicht beurteilen.

    Das nächste Prob., wie mit Anhängen umgehen, die man gar nicht so einfach ausdrucken kann, z.B. erst Größe verändern, damit es auf A4 passt, muss man oder?

    Ich bekomme auch Anfragen ohne anhäng. Verfahren wegen allg. Zuständigkeit und so. Die Verwaltung schickt alles zur mir, was irgendwie in meine Abt. passen könnte. Muss man da überhaupt antworten? Es "zählt" ja auch nix. Im Mom. geht's noch, aber wenn das mehr wird...

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ohne direkt auf deine Frage zu antworten, ging Wobders Frage m.E. vor allem in die Richtung, dass er wissen wollte, ob und wann er beigefügte Anhänge öffnen soll/darf. Im Hinblick auf regelmäßig grassierende Trojanerwellen durchaus angebracht und etwas, was ich mich auch schon desöfteren gefragt habe.

    Wegen der Formbedürftigkeit von Anträgen befinde ich mich in der Position, dass bei mir idR das FamFG Anwendung findet, und dort häufig schon eine Anregung reicht. Da genügt mir eine Mail. Für alles andere lasse ich tatsächlich schriftlich beantragen.
    Häufig sind es aber eben Fragen wie: wie muss ich mich nach dem Tod meiner Mutter verhalten? Wann wird das Testament eröffnet? Welche Unterlagen brauche ich noch für die Rechnungslegung?

    Anlagen würde ich -im Zweifel- nicht öffnen.

    Bei Anregungen und Zwischenfragen im Verfahren per Mail sehe ich keine Probleme, solange es -wie Wobder sagt- nicht Überhand nimmt. Es muss ja nicht sein, dass der Sachbearbeiter nur noch damit beschäftigt ist, Mails zu beantworten... Dass der gesamte Postverkehr elektronisch über den Sachbearbeiter läuft, kommt noch früh genug auf uns zu :teufel:

  • Nächste Frage, meine Mail-Adresse ist rein dienstlich, steht auch (nicht ohne Grund) nirgends. Nur wie soll ich antworten ohne dies preis zu geben? Dann wird mir in dieser Sache und mgl. anderen direkt geschrieben. Und ehrlich, ich bin nicht die Poststelle!

    Hab ich die Abt. gewechselt und man schreibt mir weiter zu einer alten Sache, hab ich keine Lust mich drum zu kümmern. Ich bin nicht die Poststelle!

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Nächste Frage, meine Mail-Adresse ist rein dienstlich, steht auch (nicht ohne Grund) nirgends. Nur wie soll ich antworten ohne dies preis zu geben? Dann wird mir in dieser Sache und mgl. anderen direkt geschrieben. Und ehrlich, ich bin nicht die Poststelle!

    Hab ich die Abt. gewechselt und man schreibt mir weiter zu einer alten Sache, hab ich keine Lust mich drum zu kümmern. Ich bin nicht die Poststelle!

    Hier ist es so, dass die E-Mails nur über die allgemeine Adresse des Gerichts eingehen und wir auch ausdrücklich Anweisung haben, unsere persönliche dienstliche Adresse nicht herauszugeben oder darüber E-Mails nach draußen zu schicken.

    Auf eingehende E-Mails erhält der Absender nach meiner Kenntnis auch eine automatische Antwort, dass rechtswirksame Eingaben in Rechtssachen per E-Mail nicht möglich sind, da die Identität nicht festgestellt werden kann. Es möge eine Übersendung per Fax oder Post erfolgen.

    Bei eingehenden Mails wird in der Regel so verfahren, dass die Poststelle/Wachtmeisterei die E-Mail direkt ausdruckt oder an die entsprechende Geschäftsstelle weiterleitet, wenn diese zugeordnet werden kann. Diese druckt dann die Mail und ggf. Anhänge aus. Was mit E-Mails passiert, die nicht eindeutig zugeordnet werden können, weiß ich nicht, vermute aber mal, dass diese dann an die Kollegen von der RAST weitergeleitet würden. Ob vorher eine Virenprüfung stattfindet, ist mir nicht bekannt.

    Wenn es noch kein Verfahren gibt, sollte m. E. eine AR-Sache, auch für allgemeine Anfragen z. B. zum Nachlassrecht, angelegt werden, damit es irgendwie sichtbar wird, dass Arbeitsaufwand entstanden ist. Wenn bei mir eine ausgedruckte E-Mail einging, war das in den letzten Jahren jedoch immer zu bestimmten Verfahren.

    Ich beantworte die E-Mail dann auf dem normalen Postweg, bisher war aus der Akte auch immer die Adresse des Einsenders bekannt. Ich weise dann nochmal darauf hin, dass keine wirksamen Schriftsätze, Anträge, Rechtsmittel etc. per E-Mail übersandt werden können und dass ich nur ausnahmsweise auf die E-Mail antworte, weitere Mails jedoch nicht mehr beantwortet werden. Die meisten Leute schicken dann auch keine weitere Mail.

    Meine Ausführungen gelten natürlich nur für normalen Mailverkehr, mit EGVP hatte ich noch keinen Kontakt.

    Wenn es bei euch auch die offizielle Anweisung gibt, dass man die dienstliche E-Mail Adresse nicht für ausgehende E-Mails verwenden darf, dann würde ich bei der nächsten Mail, bei der man keine Postanschrift aus der Akte ermitteln kann, die Sache der Verwaltung vorlegen mit der Bitte um Mitteilung, auf welchem Wege geantwortet werden soll oder ob in einem solchen Fall die Antwort ausbleiben kann.

  • Bei mir kommt es auch hin und wieder vor, dass Beteiligte per Mail antworten. Diese richtet sich dann an die Poststelle und wird mir von da aus weitergeleitet.

    Anhänge öffne ich auf keinen Fall.

    Ich druck die Mail dann aus und antworte auf dem Postweg,
    - dass ich die Mail erhalten habe,
    - dass der elektronische Rechtsverkehr nicht freigegeben sei,
    - dass ich ggf. seine Unterschrift im Original benötige und
    - dass er mir die Unterlagen daher bitte in Papierform einreichen solle.

    Per Mail antworte ich auf die Mails nicht. Zum einen, da ich meinen Vornamen nicht preisgeben möchte, und zum anderen, da ich mich auf dieses E-Mail-Spielchen nicht einlassen möchte.


  • Möglich ist jedoch, einen unterschriebenen Schriftsatz einzuscannen und per EMail zu übersenden (NJW 2008, 2649).


    Das ist streitig. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09. Juni 2016 – L 7 SO 4619/15 –, juris:

    2. Die Schriftform der Klage ist durch einfache - ohne qualifizierte elektronische Signatur versehene - Email nicht gewahrt. Auch der Ausdruck einer elektronisch übermittelten Bilddatei wahrt nicht das Schriftformerfordernis, wenn diese die Unterschrift lediglich in Form einer Bilddatei mit zuvor eingescannter Unterschrift enthält.

    Ich bin bisher immer dieser Rechtsprechung gefolgt.


  • Möglich ist jedoch, einen unterschriebenen Schriftsatz einzuscannen und per EMail zu übersenden (NJW 2008, 2649).


    Das ist streitig. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09. Juni 2016 – L 7 SO 4619/15 –, juris:

    2. Die Schriftform der Klage ist durch einfache - ohne qualifizierte elektronische Signatur versehene - Email nicht gewahrt. Auch der Ausdruck einer elektronisch übermittelten Bilddatei wahrt nicht das Schriftformerfordernis, wenn diese die Unterschrift lediglich in Form einer Bilddatei mit zuvor eingescannter Unterschrift enthält.

    Ich bin bisher immer dieser Rechtsprechung gefolgt.

    Ich muss zugeben, dass ich bislang (zum Glück) auch immer nur rein schriftliche Anträge vorliegen hatte. Die von mir zitierte Entscheidung habe ich nach kurzer Recherche gefunden.

    Habe es bisher generell noch nie mitbekommen, dass Klagen/Anträge per EMail gestellt werden.

  • Lasst euch von eurem IT-Spezi ein Funktionspostfach anlegen, zB Nachlassgericht@ag-musterdorfhausen. Mit der könnt Ihr dann ohne Bedenken antworten.

    Wenn Anhänge zu öffnen sind, kann man die Mail auch an die Verwaltung bzw die IT-Stelle weitergeben. Die können das eher prüfen oder lehnen das Öffnen ab. Die Vorgehensweise sollte in der Behörde abgeklärt werden, zusammen mit dem Beauftragten für IT-Sicherheit. Ev kommt da auch raus, dass Mail-Eingänge von der Verwaltung mit einer Standard-Mail beantwortet werden und eine weitere Antwort/Bearbeitung nicht erfolgt.

    Manche Anfragen kann man nicht per Post beantworten, weil in einer reinen Fragemail uU keine Adresse angegeben wird.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich hatte so was schon öfter: BerH-Antrag aus dem Ausland, Erinnerung per Mailanhang... Da hast du nichts verpasst ;)

  • Zum Glück sind Anträge per Mail bei uns selten bis nie, steht aber auch auf unserer Homepage, das Anträge per Mail nicht zulässig sind. Zum EGVP gibt es entsprechende Hinweise und Links. Läuft momentan aber moderat.

    Zum Öffnen von Anhängen unbekannter Absender möchte ich aus aktuellem Anlass mal eine Warnung geben:

    Auf privaten Adressen (wer sie denn auf dienstlichen Rechnern nutzt) aber auch auf dienstlichen Mail-Adressen kommen gerne mal Rechnungen von unbekannten Absendern. Sobald man sieht, dass der Absender keine übliche Endung hat bloß nicht öffnen; überhaupt niemals einen unbekannten Absender vertrauen!! Im Zweifel immer die IT benachrichtigen!!
    Auch dem besten Antivirenprogramm kann man nicht bedenkenlos vertrauen. Aktuell hat unseres weder den Virus erkannt noch überhaupt einen Warnhinweis anhand einer Ähnlichkeitsprüfung oder sowas gegeben. Natürlich passiert sowas immer auf einem Freitag, kurz vor Dienstschluss. Nur durch den schnellen Einsatz unserer IT, samt Wochenendarbeit konnte verhindert werden, dass alle Server inkl Backup infiziert werden. Der Virus war ein Erpresservirus, welches alle Dateien unknackbar verschlüsselt und dann Geld fordert für eine Entschlüsselung (wer´s glaubt).

    Wir haben jetzt verabredet, dass bei verdächtigen Mails die IT diese auf einem Extra-Rechner zieht, diesen vom LAN nimmt und dann in sicherer Umgebung die Datei untersucht und öffnet.
    Wir haben echt Glück gehabt...fast alle Dateien konnten wieder hergestelt werden.


  • Bei uns wird auch munter im Haus verteilt. Die Verwaltungsadresse findet sich auf der Internetseite, zwar auch mit einem Hinweis auf das EGVP, aber das kümmert entweder keinen oder es versteht niemand.

  • Bei uns sieht die "offizielle Linie" m.W. wie folgt aus:

    Wenn der Anhang geöffnet wird, muss man ihn berücksichtigen. Ob er geöffnet wird, entscheidet aber nicht die Poststelle, sondern der jeweilige Sachentscheidungsrträger. Und sie könnten auch sagen "nö" - falls sie es im Kreuz haben. Ich hatte selbst noch keinen Fall dazu und kann deswegen aus eigener Erfahrung dazu nichts berichten.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


  • Na super :(:daumenrun

  • ich arbeite mit emails nach dem hier:

    BGH X ZB 8/08

    Siehe dort aber Randnummer 20: "Der Gleichbehandlung steht auch nicht entgegen, dass damit, wie das Berufungsgericht meint, die Voraussetzungen des § 130a ZPO für die Einreichung elektronischer Dokumente ausgehöhlt würden. Denn solange dies nicht durch Rechtsverordnung zugelassen wird, ist das Gericht nicht verpflichtet, elektronische Dokumente entgegenzunehmen."Es war dort lediglich so, dass eine Mitarbeiterin freiwillig die Übersendung an ihre dienstliche Emailadresse angeboten und das Dokument ausgedruckt hat. Erst mit dem Ausdruck war der Schriftsatz bei Gericht eingegangen.

  • japp weiss ich

    meine Sachen sind meistens der Art:
    1. unterschriebenes Fax = wirksame Erklärung und Formerfordernis erfüllt
    2. eMail ohne Anhang = automatische Antwort: keine rechtswirksame Erklärung
    3. eMail mit Anhang, die im Original unterschrieben ist = siehe 1.

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