Österreichischer Erblasser Erbvertrag

  • Ich habe nach Inkrafttreten der EuErbVO keine "Auslandsberührung" mehr gehabt, deshalb bin ich mir jetzt noch unsicher(er als ohnehin):
    Mir liegt ein Antrag auf Grundbuchberichtigung vor. Der Erblasser ist Österreicher, verstorben im Jahr 2016 mit letztem Aufenthalt in Deutschland. Er hat 2005 zusammen mit seiner deutschen Frau diverse Erbverträge vor einem deutschen Notar gemacht. Gewöhnlicher Aufenthalt war damals schon seit vielen Jahren Deutschland.
    Im ersten Erbvertrag verfügt er, dass sein Sohn Alleinerbe sein soll. Seiner Frau setzt er diverse Vermächtnisse aus. Die weiteren späteren Erbverträge ändern nur noch die Vermächtnisse ab.
    Der Notar hat seinerzeit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des Erblasser österreichisches Erbrecht Anwendung findet (er diesbezüglich nicht beraten hat,...). Ich habe aber keine Hinweise dafür, dass der Erblasser am österreichischen Erbrecht festhalten wollte. Es wird ihm im Zweifel egal gewesen sein, Hauptsache seinen Verfügungen wird entsprochen.
    Kann ich daher davon ausgehen, dass der Erblasser nach deutschem Recht beerbt wurde oder sollte ich in die Prüfung österreichischen Rechts einsteigen?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Soweit es um die Zulässigkeit und materielle Wirksamkeit des Erbvertrages geht, macht Art. 25 EUErbVO eine Ausnahme vom Wechsel des Erbstatuts. Danach gilt das Recht des Staates, das gegolten hätte, wenn die Person im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung verstorben wäre (sog. hypothetisches Erbstatut; s. dazu DNotI-Report 15/2015, 113,114 und 117 ff).

    Bei einem einseitigen Erbvertrags, welcher den Nachlass nur eines Erblassers betrifft, wird das hypothetische Erbstatut wie dasjenige anderer Verfügungen von Todes wegen ermittelt. Ohne eine Rechtswahl des tatsächlichen Erbstatuts nach Art. 22 EuErbVO führt die objektive Anknüpfung zum gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Errichtungszeitpunkt, wobei eine offensichtlich engere Verbindung zu beachten ist (s. Nordmeier im jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, Stand 01.03.2017; Art. 25 EUErbVO RN 12 mwN in Fußn. 40 und 41). Bei einem in 2005 schon seit längerem bestandenen gewöhnlichen Aufenthalt beider Eheleute in Deutschland würde ich davon ausgehen wollen, dass sich das hypothetische Erbstatut damit nach deutschem Recht bestimmt.

    Allerdings kann der Erblasser auch konkludent eine Rechtswahl getroffen haben (Nordmeier in ZErb 2013, 112 ff.; FD-ErbR 2015, 371312 unter Zitat OLG Schleswig, Beschluss vom 09.07.2014, 3 Wx 15/14, BeckRS 2014, 17906). Da der Erblasser die österreichische Staatsangehörigkeit innehat und möglicherweise (auch wenn der Notar darüber nicht belehrt hat) von der Geltung österreichischen Rechts ausgegangen ist, käme als konkludente Rechtswahl auch die Wahl österreichischen Erbrechts in Betracht (s. Leipold, „ Das Europäische Erbrecht (EuErbVO) und das deutsche gemeinschaftliche Testament“, ZEV 2014, 139/140).

    Zum österreichischen Recht führt das OLG Frankfurt 20. Zivilsenat in Rz 19 des Beschlusses vom 04.07.2013, 20 W 297/12,
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:7085530
    aus (Hervorhebung durch mich):

    „Das österreichische Recht kennt ebenso wie das deutsche Recht den Begriff des Erben. Erbe ist, wem das Erbrecht gebührt. Dazu bedarf es eines rechtlichen Grundes; die betreffende Person muss also berufen sein, und zwar durch Testament, Erbvertrag oder Gesetz (vgl. Ferid/Firsching, a. a. O., Rdnr. 177). Kein Erbe im Sinne eines Universalsukzessors ist aber der Vermächtnisnehmer („Legatar“). Der Vermächtnisnehmer ist Singularsukzessor (Einzelrechtsnachfolger) und hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf bestimmte Sachen (vgl. Ferid/Firsching, a. a. O., Rdnr. 180).

    Es gibt also keinen Unterschied zum deutschen Erbrecht. Damit dürfte sowohl nach der Anwendung deutschen, als auch nach der Anwendung österreichischen Erbrechts der Eintragung des Sohnes als Alleinerbe nichts entgegenstehen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)



  • Es gibt also keinen Unterschied zum deutschen Erbrecht. Damit dürfte sowohl nach der Anwendung deutschen, als auch nach der Anwendung österreichischen Erbrechts der Eintragung des Sohnes als Alleinerbe nichts entgegenstehen.

    Dieser letzte Absatz gefällt mir gut :). Den Rest werde ich mir dann im Büro mit den Fundstellen noch gründlich ansehen. Ich danke dir recht herzlich für deine ausführliche Antwort.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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