Vertretung durch nichtanwaltlichen Unterbevollmächtigten

  • Hallo,

    mir ist der Umgang mit durch Rechtsanwälte erteilten Untervollmachten noch nicht ganz klar. :confused:

    Die Vertretungsbefugnis im Insolvenzverfahren richtet sich nach §§ 79, 157 ZPO über § 4 InsO.
    Nach § 157 ZPO kann der RA einen Referendar bevollmächtigen, der im Vorbereitungsdienst bei ihm beschäftigt ist.
    (1) Wie kann ich prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen?
    Demnächst leite ich eine Gläubigerversammlung. Ein Gläubiger wird von einem Rechtsanwalt vertreten und dieser bevollmächtigt einen Assessor für die Terminswahrnehmung. § 157 ZPO dürfte für den Assessor nicht erfüllt sein.
    Lt. Zöller, ZPO, § 79 Rn. 5 kann sich ein Rechtsanwalt nach § 79 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch durch Assessoren o. ä. vertreten lassen.
    Ich habe Entscheidungen des Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 28. August 2014, Aktenzeichen 10 WF 144/14 und vom OLG Hamburg, Urteil vom 30. August 2012, Aktenzeichen 3 U 152/10 gefunden. Auch nach dem OLG Hamburg ist eine Vertretung durch einen Assessor nach § 157 ZPO ausgeschlossen sein. Eine Untervertretung über § 79 Abs. 2 Satz 1 ZPO schließt das OLG Hamburg zumindest für selbstständig Tätige ausdrücklich aus, auch für Unselbstständige hat das OLG Zweifel.
    (2) Wie kann ich in dem Termin prüfen, ob er selbstständig tätig wird, oder abhängig beschäftigt ist? Verlasse ich mich einfach auf seine Aussagen? Ich neige eher dazu, die Anwendbarkeit von § 79 Abs. 2 Satz 1 ZPO gänzlich auszuschließen.
    Dass die Vertretung gegebenenfalls über § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO zulässig ist, erfordert eine unentgeltliche Tätigkeit einer Personen mit Befähigung zum Richteramt.
    (3) Wie prüft man diese Voraussetzungen? Würde mir eine Erklärung des Assessors ausreichen, dass er Assessor ist und weder er noch der Rechtsanwalt eine Vergütung für die Vertretung erhält?
    (4) Gibt es andere obergerichtliche Rechtsprechung, die sich mit Untervollmachten zug. Nichtanwälte befasst?

    Liebe Grüße

  • Das ist für mich ganz dünnes Eis, ich probiere es trotzdem einmal:

    zu 3. eine Gebührenunterschreitung wäre ein Verstoß gegen § 49b BRAO. Einmal abgesehen davon, dass ein Mandant sicherlich der Kanzlei das Mandat gegeben hat und nicht dem Assessor.

    Man kann sich sicher sehr genau durch den Gesetzesentwurf des RVG, BT-Drucks: 16/3655, durchwühlen, auf die Schnelle finde ich auf Seite 91:
    "Absatz 1 betrifft die Vertretung des Rechtsanwalts im Parteiprozess. Die Regelung übernimmt zunächst den geltenden § 59 Abs. 2 Satz 2 BRAO, wonach der Stationsreferendar den Rechtsanwalt außerhalb des Anwaltsprozesses in der Verhandlung vertreten darf.
    Soweit es darüber hinaus nach geltendem Recht teilweise auch als zulässig angesehen wird, dass Rechtsanwälte ihre Kanzleimitarbeiter, vor allem Bürovorsteher und nebenberuflich außerhalb der Anwaltsstation bei ihnen tätige Referendare bzw. Assessoren, gelegentlich mit Terminsvollmacht zur mündlichen Verhandlung entsenden, besteht ein unabweisbares Regelungsbedürfnis nicht. Ein ständiges, regelmäßiges Entsenden von Mitarbeitern wird auch nach geltendem Recht als unzulässig angesehen."

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das ist für mich ganz dünnes Eis, ich probiere es trotzdem einmal:

    zu 3. eine Gebührenunterschreitung wäre ein Verstoß gegen § 49b BRAO. Einmal abgesehen davon, dass ein Mandant sicherlich der Kanzlei das Mandat gegeben hat und nicht dem Assessor.

    Man kann sich sicher sehr genau durch den Gesetzesentwurf des RVG, BT-Drucks: 16/3655, durchwühlen, auf die Schnelle finde ich auf Seite 91:
    "Absatz 1 betrifft die Vertretung des Rechtsanwalts im Parteiprozess. Die Regelung übernimmt zunächst den geltenden § 59 Abs. 2 Satz 2 BRAO, wonach der Stationsreferendar den Rechtsanwalt außerhalb des Anwaltsprozesses in der Verhandlung vertreten darf.
    Soweit es darüber hinaus nach geltendem Recht teilweise auch als zulässig angesehen wird, dass Rechtsanwälte ihre Kanzleimitarbeiter, vor allem Bürovorsteher und nebenberuflich außerhalb der Anwaltsstation bei ihnen tätige Referendare bzw. Assessoren, gelegentlich mit Terminsvollmacht zur mündlichen Verhandlung entsenden, besteht ein unabweisbares Regelungsbedürfnis nicht. Ein ständiges, regelmäßiges Entsenden von Mitarbeitern wird auch nach geltendem Recht als unzulässig angesehen."

    Danke für deine Antwort.

    Die Thematik Vergütung hat das OLG Celle angesprochen.

    Nach § 157 ZPO ist eine Vertretung durch einen Assessor jedoch nicht möglich. Die Gesetzesbegründung hilft insoweit nicht wirklich, weil der Gesetzgeber eben keine Vertretung durch einen Assessor in § 157 ZPO ausdrücklich geregelt, sondern eine Vertretung auf Referendare beschränkt hat. Ich verstehe das so, dass der Gesetzgeber dafür keine Notwendigkeit sah, weil Fälle der Vertretung durch einen Assessor bedingt durch die damalige Rechtslage (keine dauerhafte Vertretung durch Assessoren) selten vorkamen. Auf den § 79 ZPO wird diesbezüglich wegen Untervollmachten jedoch nicht eingegangen. Ob eine solche Vertretung für zulässig erachtet werden kann, wird meines Erachtens in der Gesetzesbegründung nicht hinreichend thematisiert worden.

    Die Vertretung durch einen Assessor als Unterbevollmächtigten wird in der heutigen Rechtsprechung (vgl. meinen Beitrag) und Kommentierung unter § 79 Abs. 2 ZPO gepackt. Und da stehe ich etwas auf dem Schlauch, wie man damit umgehen soll (siehe mein Beitrag). Hat ansonsten keiner eine Meinung dazu oder sich schon mal mit dem Problem beschäftigen müssen?

  • Nun, das Auftreten nichtanwaltlicher "Vertreter" im Insolvenzverfahren ist etwas verzwickt.
    Grundsätzlich gibt es 2 Dinge zu unterscheiden:
    die Untervollmacht
    die unmittelbare Parteivollmacht
    Die Erteilung einer Untervollmacht ist stets anhand der (Haupt-) Vollmacht zu prüfen, sofern nicht ein unterbevollmächtigter Anwalt auftritt (Stichwort: Grenzen der Vertretungsmacht).
    Früher wurde problematisiert, ob ein Nichtanwalt im Rahmen der Untervollmacht überhaupt auftreten darf, oder dieser einer unmittelbaren Parteivollmacht bedarf (mag ich jetzt nicht großartig belegen, Zivilrechtspraxis ende der 70'er). Düfrte nunmehr unter § 79 ZPO kritisch zu sehen sein.

    Das OLG Celle wirft die Vertretungsmacht mit der Unentgeltlichkeit durcheinander; wenig hilfreich ! Die Vertretungsmacht ist da oder nicht. Hamburg schließt die Unervertretung aus, wenn es sich um nicht weisungsgebunde - nichtanwaltliche - Vertretreter handelt. Dies geht schon in die richtige Richtung, ist jedoch unpräzise.
    Der BGH hat in http://lexetius.com/2011,182 sehr ausführlich dargelegt, worum es im kontradiktorischen Verfahren geht (die Entscheidung ist mehrschichtig richtungsweisend, wenn auch vorliegend nicht unmittelbar "lösend").

    Zum konkreten Fall: ich würde den Assesor zulassen, sofern die (Haupt-) Vollmacht die Untervollmacht deckt. Grund:
    argumentum a minori ad maius. Wenn denn schon der Rechtsanwalt seinen Referendar schicken darf, dann erst Recht den Tuppes, der das 2. Examen schon hat !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Hallo,

    nach Durchsicht der einschlägigen Kommentierung von ZPO und InsO finden sich dort keine Anhaltspunkte, die eine Anwendung des § 79 ZPO für die Teilnahme
    in der Gläubigerversammlung rechtfertigen könnten. Insbesondere im MüKo Insolvenzordnung wird eindeutig auf die Möglichkeit der Vertretung hingewiesen,
    aber es findet sich trotz umfangreicher Verweise auf konkrete Normen der ZPO( 80, 88) expliziert kein Hinweis auf die Anwendung des § 79 ZPO.

    Das ist m.E. auch richtig, da im Insolvenzverfahren § 79 ZPO nicht gilt. Die Ausnahme des § 79 Abs. 1 S. 2 ZPO findet zwar auf das Zwangsvollstreckungs- (versteigerungs) verfahren unstrittig
    Anwendung, im Insolvenzverfahren/Gläubigerversammlung geht es aber nicht um Forderungseinzüge etc. denn das ist Tätigkeit des Verwalters.

    Die Teilnahme an der Gläubigerversammlung ist ein Beteiligungsrecht, welches aber unstreitig nicht höchstpersönlich oder durch eine qualifizierte Vertretung wahrgenommen werden
    muss.

    Gruß

    Bänker

  • Die Teilnahme an der Gläubigerversammlung ist ein Beteiligungsrecht, welches aber unstreitig nicht höchstpersönlich oder durch eine qualifizierte Vertretung wahrgenommen werden
    muss.

    a.A. FK-InsO § 76 Rn. 10: Gläubigerversammlung ist mündliche Verhandlung i.S.d. ZPO. Abstimmen kann dort nur, wer anwesend oder wirksam vertreten ist.

    Anders läßt sich § 4 InsO auch nicht deuten....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • nun ist die Auffasssung von Bänker damit noch nicht vom Tisch. Ich hab mich bisher nur zum Thema der Untervollmacht geäußert; denke, die Struktur dürfte klar sein und evtl. um den Asessor zu erweitern sein.
    Allerdings geht es bei der Teilnahme an einer Gläubigerversammlung auch um Rechtsdurchsetzungsrecht i.w.S., was für eine Anwendung des § 79 ZPO sprechen könnte.
    Der Umstand, dass die Norm nicht in einem Kommentar genannt wird, gibt als Argument nix her. In Insolvenzrechtskommentaren wird viel Doxa aber wenig Logos "vermittelt". Mache ich auch gelegentlich so, da ist dies jedoch in Beschlussform und einem Rechtsehelf zugänglich (anders gewendet: Meinungen sind wie mit A*, jedermann hat eins vgl. Diry Harry, ich glaube Teil IV)
    Problematisch wird die "Bevollmächtigung" im Insolvenzplanverfahren. Bevollmächtigung des Insolvenzverwalters durch Gläubiger dürfte ein Prob wg. des Prävakiationsverbotes geben (Frage: von Amts wg. zu beachten ? imho: ja, weil unlautere Abstimmung im Raum steht). Gebundene Marschroute durch jemandem im Lager des Verwalters: hab ich bisher zugelassen; wir wollen uns aber von so etwas verabschieden.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!