Geltendmachung nichtrechtshängiger Ansprüche nach KGE durch Beschluss

  • Im vorliegenden Verfahren haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Kostengrundentscheidung - Beklagter trägt die Kosten - ergeht durch Beschluss.
    Im KFA wird beantragt
    1. 1,3 - Verfahrensgebühr nach VV 3100 nach dem festgesetzten Streitwert
    2. 0,8 - Verfahrensgebühr nach VV 3101 nach einem vom Kläger angegebenen Streitwert. (Obergrenze berücksichtigt)
    Aus dem Schriftwechsel der Parteivertreter in der Akte geht hervor, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt haben und deswegen das Verfahren für erledigt erklärt haben.
    Ich bin der Auffassung, die 0,8-Gebühr kann nicht geltend gemacht werden, da durch Beschluss lediglich über die Kosten des Rechtsstreits entschieden wurde und damit nicht der gesamte außergerichtliche Streit gemeint war.
    Stimmt jemand mir zu?

  • Der Fall klingt nach demjenigen des OLG Karlsruhe (MDR 2015, 1095 = AGS 2015, 420 m. abl. Anm. N. Schneider). Du hast ja hier aber schon das Problem, daß es an einer Wertfestsetzung bezüglich des Mehrvergleiches mangelt. Insoweit wäre grds. sowieso erst einmal eine Wertfestsetzung notwendig (BGH, ZinsO 2014, 911 = NJW-RR 2014, 892).

    Im übrigen bewerten das LAG Düsseldorf (JurBüro 1993, 165), das OVG Hamburg (Beschl. v. 11.02.2013 - 3 Nc 48/11), das LAG Hamburg (ZfSch 2010, 646 = AGS 2011, 371) und erst jüngst das LAG Baden-Württemberg (AGS 2016, 422) den hier vorliegenden Fall (Möglichkeit der Wertfestsetzung nach § 33 I RVG für den Mehrwert bei außergerichtlichem Vergleich) anders als das OLG Karlsruhe. Insbesondere die letztgenannte Entscheidung des LAG Baden-Württemberg setzt sich sehr ausführlich mit dieser Problematik auseinander.

    Eine andere Frage ist, inwieweit die KGE diesen Mehrwert umfaßt. Hier hat der BGH (AGS 2008, 582 = Rpfleger 2009, 116) entschieden, daß es für einen Erstattungsanspruch auf das Bestehen eines Prozeßrechtsverhältnissses auch hinsichtlich der weiteren Gegenstände ankommt. Insofern mangelt es hier daran, weshalb die KGE auch nicht diesen Mehrwert umfaßt und eine Festsetzung ausscheidet. Der BGH begründet seine Entscheidung:

    "Das Beschwerdegericht hat zu Recht nicht überprüft, ob die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Forderung von 5.112,12 € entsprechend mandatiert hat, weil eine Festsetzung dieser Gebühren auch bei Erteilung eines Prozessauftrags mangels einer Kostengrundentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 f. ZPO ausgeschlossen ist. In diesem Verfahren wird lediglich der aus der Kostengrundentscheidung resultierende prozessuale Kostenerstattungsanspruch betragsmäßig festgesetzt. Ein solcher prozessualer Kostenerstattungsanspruch entsteht nur bei Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses, setzt also voraus, dass die Streitsache rechtshängig geworden ist (Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., vor § 91 Rdn. 14). Es können daher nur Kosten festgesetzt werden, die den Rechtsstreit betreffen, der zu dem zugrunde liegenden Vollstreckungstitel geführt hat und in dem die Kostengrundentscheidung ergangen ist (Musielak/Wolst, aaO § 104 Rdn. 5).


    Das Amtsgericht hat lediglich über die Kosten des Rechtsstreits entschieden und damit über die Kosten, die wegen des Streits über die bei ihm rechtshängige Forderung von 1.012,68 € angefallen sind. Die aus den Verhandlungen über die von der Klägerin behauptete, nicht rechtshängig gemachte weitere Forderung von 5.112,12 € eventuell erwachsenen Gebühren sind daher zu Recht nicht festgesetzt worden."


    Auf die Wertfestsetzung nach § 33 I RVG kommt es daher im KfV letztlich nicht an, sondern hätte ggf. nur Bedeutung für das Verfahren nach § 11 RVG.

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