Einzelzwangsvollstreckung in Wohlverhaltensphase nach Aufhebung des InsoVerfahrens

  • Hallo zusammen,

    ein Schuldner, welcher nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im vergangenen Jahr momentan in der Wohlverhaltensphase ist, hat neue Schulden gemacht, aufgrund derer mehrere Pfändungen des Pfändungsschutzkontos erfolgt sind. Soweit so unproblematisch.

    Bevor das Insolvenzverfahren aufgehoben wurde, hatte das Insolvenzgericht einen Beschluss erlassen, wonach der pfandfreie Betrag auf dem Pfändungsschutzkonto auf das jeweils vom Arbeitgeber überwiesene Arbeitseinkommen festgesetzt wurde, da pfändbare Beträge bereits beim Arbeitgeber in Abzug gebracht wurden und damit auf dem Pfändungsschutzkonto lediglich unpfändbare Beträge eingingen. Soweit auch unproblematisch.

    Nun zum Problem: Der Schuldner bezieht jetzt übergangsweise Krankengeld und hat kein Arbeitseinkommen mehr. Die Bank zahlt aufgrund des damaligen Beschlusses des Insolvenzgerichts nichts mehr an den Schuldner aus. Das Insolvenzgericht steht auf dem Standpunkt, nichts weiter veranlassen zu müssen / zu können, da das Insolvenzverfahren bereits aufgehoben ist und § 89 Abs. 3 InsO nicht mehr greift.

    Der Schuldner ist daher nun hier bei den Pfändungen der Neugläubiger aufgeschlagen und beantragt Freigaben, da er über keinerlei Geld mehr verfügen kann. Hier fehlt allerdings das Rechtsschutzbedürfnis für eine Freigabe, da ja im Verhältnis zu den Neugläubigern gar keine Anpassung des Freibetrags auf dem Pfändungsschutzkonto auf das jeweils vom Arbeitgeber überwiesene Arbeitseinkommen erfolgt ist, sondern der gesetzliche Sockelfreibetrag gilt, welcher auch nicht überschritten wird. Und nun?

    Ich bedanke mich für Eure Ideen :)

  • Bescheinigung nach § 850 k ZPO von der Krankengeldstelle ausfüllen lassen, bei der Bank abgeben und dann sollte es gut sein.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Kann man nicht nett beim Insolvenzgericht anrufen und darum bitten, in diesem Ausnahmefall einmal den Beschluss nach § 850k ZPO deklaratorisch aufzuheben? Zum Zwecke der Praktikabilität, damit der Schuldner wieder an sein Geld kommt?

    Rechtlich richtig wäre es meiner Ansicht nach, wenn die Bank sagt: Okay, Insolvenzverfahren weg, Beschluss nach 850k weg. Schuldner kann seinen Freibetrag haben.

    Auch mit einer Bescheinigung wird die Bank nicht auszahlen, weil sie sagt: Wir haben einen Beschluss des Gerichts. Der ersetzt alles.

  • "Kann man nicht nett beim Insolvenzgericht anrufen und darum bitten, in diesem Ausnahmefall einmal den Beschluss nach § 850k ZPO deklaratorisch aufzuheben? Zum Zwecke der Praktikabilität, damit der Schuldner wieder an sein Geld kommt?"

    Das habe ich bereits angeregt, leider möchte das InsoGericht das nicht tun.

  • Würde wohl so einen Beschluss erlassen:

    1. Der Antrag des Schuldners vom (...) wird mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückgewiesen, weil sein monatlich überwiesenes Krankengeld den gesetzlichen Grundfreibetrag des § 850k Abs. 1 ZPO nicht übersteigt und daher für eine Anwendung des Abs. 4 kein Raum ist.

    2. Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom (...) ist gegenstandslos, weil das Insolvenzverfahren am (...) aufgehoben wurde und damit der Insolvenzbeschlag entfallen ist.

  • Ich danke Euch! Ich werde den vorgeschlagenen Tenor zu 2. in die Gründe meines Beschlusses einfließen lassen und eine Kopie des Aufhebungsbeschlusses des InsoGerichts mit diesem Beschluss an die Bank schicken. :daumenrau

  • Ich komme nun doch nicht weiter. Das Insolvenzgericht teilt mir mit, dass der dortige Anpassungsbeschluss auch in der Wohlverhaltensphase weiter gilt und nicht gegenstandslos sei. Ich könnte nun entsprechend auch einen Beschluss erlassen, wonach der pfandfreie Betrag auf das vom Arbeitgeber überwiesene Arbeitseinkommen festgesetzt wird und diesen auf das Krankengeld und / oder sonstige Lohnersatzleistungen ausdehnen. Alle diese Leistungen seien in der Wohlverhaltensphase abgetreten, weshalb auf dem Pfändungsschutzkonto insoweit lediglich unpfändbare Bezüge eingehen. Verstehe ich nicht. :gruebel:

  • Ich komme nun doch nicht weiter. Das Insolvenzgericht teilt mir mit, dass der dortige Anpassungsbeschluss auch in der Wohlverhaltensphase weiter gilt und nicht gegenstandslos sei.

    Hatte ich auch erst vermutet, ist aber mE nicht richtig, weil sich die Zuständigkeit des IG auf § 292 I S. 3 InsO und somit § 851k ZPO nicht berührt. Im eröffneten Verfahren komme ich über § 89 III InsO dahin. Der hat aber keine Nachwirkung. Die pfändbaren Bezüge fließen zum Treuhänder ja auch nicht wegen § 35 InsO, sondern aufgrund einer Abtretungserklärung.


    P.S.: Das AG Dortmund, 257 IN 36/13 vom 08.11.2016 sieht die Zuständigkeit nach Beendigung des Verfahrens bei dem Vollstreckungsgericht...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Kann man nicht nett beim Insolvenzgericht anrufen und darum bitten, in diesem Ausnahmefall einmal den Beschluss nach § 850k ZPO deklaratorisch aufzuheben? Zum Zwecke der Praktikabilität, damit der Schuldner wieder an sein Geld kommt?

    Damit trägt man nur dazu bei, dass bei der Bank die Sichtweise verfestigt wird, nichts ohne Gerichtsbeschluss zu tun. Erst ist es ein Ausnahmefall, dann kommt noch ein Ausnahmefall, irgendwann wird es dann zur Regel.

  • Ich komme nun doch nicht weiter. Das Insolvenzgericht teilt mir mit, dass der dortige Anpassungsbeschluss auch in der Wohlverhaltensphase weiter gilt und nicht gegenstandslos sei. Ich könnte nun entsprechend auch einen Beschluss erlassen, wonach der pfandfreie Betrag auf das vom Arbeitgeber überwiesene Arbeitseinkommen festgesetzt wird und diesen auf das Krankengeld und / oder sonstige Lohnersatzleistungen ausdehnen. Alle diese Leistungen seien in der Wohlverhaltensphase abgetreten, weshalb auf dem Pfändungsschutzkonto insoweit lediglich unpfändbare Bezüge eingehen. Verstehe ich nicht. :gruebel:

    Dann würde ich daran anknüpfen und daraus ein Rechtschutzbedürfnis bauen und dann den Beschluss des IG aufheben. Der Grund ist dann nicht, dass das Insolvenzverfahren aufgehoben wurde und der Beschluss daher gegenstandslos ist, sondern dass der Schuldner von einer anderen Stelle Einkommen bezieht, welches unter dem Grundfreibetrag liegt. Die Auffassung des Insolvenzgerichts würde ich kurz in der Akte vermerken. Passieren kann ja nichts. Der Grundfreibetrag steht dem Schuldner ja ohnehin in jedem Fall zu.

  • Ich habe nun entschieden und hinsichtlich der Neugläubiger je einen Anpassungsbeschluss erlassen. Danach fällt der Sockelfreibetrag auf dem Pfändungsschutzkonot weg und wird ersetzt durch das auf dem Pfändungsschutzkonto eingehende Arbeitseinkommen und Krankengeld (als Lohnersatzleistung), deren pfandbäre Anteile vorrangig an den Treuhänder abgetreten und abzuführen sind. Ob das nun alles so umsetzbar ist von den Beteiligten... Man wird sehen.

    Danke nochmal für Eure Gedanken zu der Sache!

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