"Pfanderstreckung" bei Nießbrauch und Vormerkung

  • Habe folgenden Fall:

    Mutter und Sohn sind zu je 1/2 im GB als Eigentümer eingetragen. Auf dem Anteil des Sohnes ist bereits unter II/1 ein Nießbrauch und unter II/2 im Nachrang eine RückAV eingetragen.

    Nun wird der restliche 1/2 Anteil auf den Sohn übertragen. Unter Verweis auf die alte Urkunde wird zudem bewilligt und beantragt, in das GB einzutragen, dass sich nun der Nießbrauch und die RückAV auf das komplette Grundstück beziehen soll.

    Die Frage ist nun, ob dies so möglich ist.


    Habe bezüglich der Vormerkung den folgenden Thread gefunden (https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…iner-Vormerkung)
    Hiernach sei dies wohl zumindest bei einer Vormerkung zulässig. Eine Begründung konnte ich hierfür jedoch auch nicht finden.

    Weiß jemand mehr zu der Frage, ob man eine "Pfanderstreckung" bei einer Vormerkung und Nießbrauch eintragen kann? Hatte bisher immer den Fall, dass einfach neue Rechte bestellt worden sind...!


    Beste Grüße!

  • Bei dem Nießbrauch ist das eigentlich eher unproblematisch.

    Er wird idR sowohl vom Veräußerer, als auch vom Erwerber zur Eintragung bewilligt und beantragt. Da ein Eigentümernießbrauch zulässig ist (BGH, B. v. 14.7.2011, V ZB 271/11), kann mithin auf Bewilligung des Veräußerers hin noch vor Vollzug des EW auf dessen Anteil (§ 1066 BGB) ein Nießbrauch eingetragen werden.

    Ist der Nießbrauch mit dem bereits eingetragenen inhaltsgleich muss die Eintragung nicht unter einer neuen Nr, wiederholt werden, vielmehr reicht ein Vermerk beim bisherigen Nießbrauch aus, dass mit dem Nießbrauch auch ein weiterer MEA belastet ist.

    Wird gleichzeitig eine weitere Belastung eingetragen (Rück-AV), dürfte ein Rangvermerk erforderlich sein (s. dazu nachfolgend). Vorliegend würde die Eintragung in der Veränderungsspalte zu II/1 mithin lauten:

    „Das Recht lastet nunmehr auch auf dem ½ Anteil Abt. I Nr…Auch insoweit Rang vor Abt. II Nr. 2.(Anm.: Hier ließe sich allerdings auch die Ansicht vertreten, dass ein Rangvermerk nicht erforderlich ist, da das Recht automatisch Rang vor Belastungen hat, die der Erwerber bestellt hat; s. OLG Düsseldorf, DNotZ 1967, 761; BGH, DNotZ 1971, 411). Eingetragen (AS….) am….“

    Eine Bezugnahme auf die neue Eintragungsbewilligung ist nicht erforderlich, da sich der Inhalt aus der bisherigen Bewilligung ergibt.

    Anschließend erfolgt dann die Eigentumsumschreibung und die Eintragung der weiteren Rück-AV.

    Wird hingegen die Eintragung des Nießbrauchs erst nach Umschreibung des Miteigentums auf Bewilligung des Erwerbers vorgenommen, stellt sich die Frage, ob der dann nicht mehr vorhandene MEA noch belastet werden kann.

    Das ist zu bejahen, da der Alleineigentümer auch einen ideellen Bruchteil mit einem Nießbrauch belasten kann (BayObLG, 2. Zivilsenat, Beschluss vom 20.10.2004, 2Z BR 176/04, Rz 12; OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 23.04.2012, 34 Wx 53/12, BGH 5. Zivilsenat, Beschluss vom 15.11.2012, V ZB 99/12, Rz. 7; Böttcher, ZfIR 2013, 296-299 mwN).

    Die Eintragung in der Veränderungsspalte zu Abt. II Nr. 1 würde dann -wie im Bezugsthread zur Vormerkung vorgeschlagen- lauten:

    „Mit dem Recht ist auch der am .. hinzuerworbene 1/2 Anteil belastet. Auch insoweit Rang vor Abt. II Nr: 2. Eingetragen (AS….) am….“

    Bei der Rück-AV ist die Frage, ob die Formulierung aus dem Bezugsthread vom 10.06.2009 im Hinblick auf die vorgenannte BGH-Entscheidung noch aufrechterhalten werden kann.

    Würde man den Ausführungen des BGH in den Randziffern 10 bis 12 folgen, wäre dies nicht der Fall.

    Allerdings betraf die Entscheidung einen Fall, bei dem sich die beiden Veräußerer an ihren jeweils übertragenen 4/10 Miteigentumsanteilen den Rückübertragungsanspruch vorbehalten hatten und die beiden Vormerkungen zur Eintragung an den veräußerten je 4/10 Miteigentumsanteilen zur Eintragung bewilligt und beantragt waren

    Es sollte also nur ein Teil des Alleineigentums den Rückübertragungsansprüchen unterliegen.

    Vorliegend bezieht sich der Rückübertragungsanspruch nach Zuerwerb des weiteren ½ MEA hingegen auf das ganze Grundstück.

    Böttcher, ZfIR 2013, 296/299
    https://www.juris.de/jportal/portal…=0.0#focuspoint
    bezeichnet diesen Fall als ungeklärt, hält es jedoch mit der überwiegenden Ansicht für zulässig, dass mit der Rück-AV auch nur der noch nicht belastete ½ MEA belastet werden kann.

    Dem schließe ich mich an. Die Formulierung wäre dann diejenige aus dem Bezugsthread.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    3 Mal editiert, zuletzt von Prinz (1. Mai 2017 um 12:38)

  • Ich muss das Thema leider nochmal aufgreifen, da ich bei meinem Fall so meine Bedenken habe.
    Im Grundbuch waren Mutter und Vater zu je 1/2 eingetragen. Der Vater hat seinen 1/2 Anteil auf den Sohn übertragen, wonach nun Sohn und Mutter zu je 1/2 im Grundbuch eingetragen sind.
    Auf dem 1/2 Anteil des Sohnes ist eine RAV (II/1) für den Vater und ein Nießbrauch (II/2) für die Eltern (§ 428 BGB) eingetragen. (gleichrangig)
    Nun wird der 1/2 Anteil der Mutter auf den Sohn übertragen, damit dieser Alleineigentümer ist. Hinsichtlich des Nießbrauchs und der RAV wird nun eine Inhaltsänderung/Inhaltserweiterung zur Eintragung bewilligt, wonach das ganze Grundstück belastet werden soll. Das Grundbuch ist weitergehend lastenfrei und in der neuen Urkunde sind alle 3 Beteiligten aufgetreten.

    Nießbrauch:

    Gemäß der Urkunde wird ein Nießbrauch für die Mutter und den Vater zur Eintragung bewilligt. (§ 428 BGB, LEK ... Inhalt wie schon eingetragener Nießbrauch)
    Belastungsgegenstand soll nun der übertragene 1/2 Anteil sein, den es ja nicht mehr gibt. Dieser neu bewilligte Nießbrauch soll nun als Inhaltsänderung (II/2) im Grundbuch gewahrt werden, wobei
    entsprechende Rangbestimmung bewilligt und beantragt wird. (wohl Gleichrang zu II/1)
    Nach den umfangreichen Ausführungen von Prinz ist dies wohl unproblematisch.

    RAV:

    Die schon eingetragene RAV betrifft ja den Anspruch des Vaters auf Rückübertragung "seines" ehemaligen 1/2 Anteils.
    In der neuen Urkunde ist geschrieben:
    Die Mutter behält sich gegenüber dem Sohn das Recht vor, von dem schuldrechtlichen Teil dieses Vertrages zurückzutreten und die Rückübereignung des gesamten, von ihr und ihrem Ehemann übertragenen Grundbesitz (aus vorheriger Urkunde vom ...) auf sich zu verlangen, wenn der Sohn ...
    Das Recht zur Rückübertragung des gesamten Grundbesitzes steht in gleicher Weise wie dem Vater zu. Die Eltern sind insoweit Gesamtgläubiger.
    Zur Sicherung dieses Rück- und Übertragungsanspruches bewilligen die Beteiligten eine AV bzw. RAV für die Eltern als Gesamtberechtigte einzutragen. (Anteilsverhältnis § 47 GBO nicht angegeben)
    Auch diese neu bewilligte Vormerkung soll als Inhaltsänderung (II/1) eingetragen werden, wobei auch hier entsprechende Rangbestimmung bewilligt und beantragt wurde. (wie bei Nießbrauch)
    Problem: Kann bei der schon eingetragenen Vormerkung nun eine Inhaltsänderung eingetragen werden? (anderer Anspruch, andere Berechtigte und Anteilsverhältnis, anderer Belastungsgegentand)

    Ein weiteres Problem ist nun noch, dass in der Urkunde die beiden Eintragungen nur bei entsprechender rechtlichen Möglichkeit als Inhaltsänderung eingetragen werden sollen, sonst halt eine Neueintragung. Der Notar hat dies auch so beantragt. Ich habe ich darauf hingewiesen, dass er sich bitte für einen Antrag entscheiden soll und er hat nun ausdrücklich die Inhaltsänderung beantragt.

  • Wie oben bereits ausgeführt, bestehen bei der RückAV unterschiedliche Ansichten darüber, ob mit ihr auch der noch nicht belastete ½ Anteil eines (jetzigen) Alleineigentümers belastet werden kann.

    Böttcher führt dazu in der ZfIR 2013, 296/299 aus:

    „Ungeklärt ist die Frage, ob eine Eigentumsvormerkung dann an einem ideellen Miteigentumsanteil eingetragen werden kann, wenn ein Eigentümer, dem bereits ein Miteigentumsanteil zusteht, der mit einer Eigentumsvormerkung belastet ist, einen weiteren Miteigentumsanteil dazu erwirbt, hinsichtlich dessen ein Anspruch auf dingliche Rechtsänderung abgesichert werden soll. Das OLG Düsseldorf (MittBayNot 1976, 137) und Demharter (GBO, 28. Aufl., 2012, § 7 Rz. 19) verneinen dies; der BGH (Rz. 12) scheint dem zu folgen. Die überwiegende Ansicht lässt dies jedoch richtigerweise ausnahmsweise zu (BayObLG, Beschl. v. 20.10.2004 – 2 Z BR 176/04 , DNotZ 2005, 292 = Rpfleger 2005, 78; Krause, in: Nomos-Kommentar, BGB, 3. Aufl., 2013, § 883 Rz. 53; Meikel/Morvilius, GBO, 10. Aufl., 2009, Einl. C Rz. 23; Meikel/Böttcher, a.a.O., § 7 GBO Rz. 49; Maaß, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., 2013, § 7 Rz. 18; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., 2013, Rz. 1502). …“

    Vorliegend ist die RückAV bislang lediglich für den Vater eingetragen. Nunmehr soll sie Ansprüche von Vater und Mutter als Gesamtberechtigte (wohl nach § 428 BGB-die Angabe scheint aber ohnehin zu fehlen) sichern. Damit ändert sich nicht nur der Inhalt, der jetzt auch anders ausgestaltet ist, sondern auch der Berechtigte. Wie an anderer Stelle ausgeführt, gehört die Person des Berechtigten nicht zum Rechtsinhalt (OLG Frankfurt/Main, Rpfleger 2002, 515/516 unter Zitat Demharter, GBO, 24. Aufl., 2002, § 44 RN 47; Bauer/von Oefele/Knothe, GBO, § 44 RN 41 mit weit. Nachw.). Also lässt sich insoweit keine Inhaltsänderung eintragen. Davon abgesehen, sehe ich auch nicht, wie sich die Mutter vorbehalten kann, die „Rückübereignung des gesamten, von ihr und ihrem Ehemann übertragenen Grundbesitz auf sich zu verlangen“, wenn sie zuvor nur hälftige Miteigentümerin war.

    Mit dem vorgesehenen Inhalt besteht daher keine Eintragungsfähigkeit. Eine Zwischenverfügung zur Änderung des zur Eintragung beantragten Inhalts kann nicht ergehen (s. den im verlinkten Thread genannten Beschluss des BayObLG vom 20.10.2004 , 2Z BR 176/04 = DNotZ 2005, 292).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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