Vergütung nach § 1836 BGB

  • Hallo !

    Sitze gerade an folgendem Fall :

    Die Betreuerin hat bereits ihre Aufwendungen für 2016 beantragt ( z. B.Fahrtkosten, da sie 700 km entfernt von dem Betreuten wohnt. )
    Jetzt macht sie zusätzlich für 2016 112 Stunden ( pro Woche 2 Stunden ) zu je 15 EUR als Vergütung gemäß § 1836 BGB geltend.
    Sie führt in ihrem Antrag auf, dass sie eigentlich im letzten Jahr 200 Stunden als Betreuerin tätig war. Die 200 Stunden umfassen Reisezeiten, Vor-Ort-Kontakte mit dem Betreuten, Ärzten und dem Pflegeheimpersonal sowie administrative Arbeiten.
    Die Reisen wurden mir ja über die Aufwendungen, die bereits beantragt worden sind, nachgewiesen.

    Würdet ihr euch hier nochmal eine genaue Aufstellung der Tätigkeiten für die 112 Stunden vorlegen lassen ?
    Grundsätzlich würde ich der Betreuerin hier die Vergütung bewilligen, vorher aber noch den Betreuten anhören.

  • Die bisherigen restriktiven Stellungnahmen entsprechen nicht den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen, die wie folgt dargestellt werden können:

    Eine Vergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB kann bewilligt werden, wenn der mit der Betreuertätigkeit verbundene Zeitaufwand über das hinausgeht, was vom Betreuer üblicherweise ohne die Beanspruchung einer Vergütung zu leisten ist und die Tätigkeit des Betreuers ein solches Maß erreicht, dass eine unentgeltliche Führung der Betreung von ihm billigerweise nicht mehr erwartet werden kann. Bei der ehrenamtlichen Betreuung wird eine solche vergütungsbegründende Tätigkeit bereits angenommen, wenn sich der wöchentliche Zeitaufwand des Betreuers auf mehr als zwei Stunden beläuft oder die Umstände des konkreten Einzelfalls ein das normale Maß übersteigende Engagement des Betreuers erforderlich machen.[1]
    Über die Höhe der Vergütung von ehrenamtlichen Nachlasspflegern enthält § 1836 Abs. 2 HS. 1 BGB keine gesetzlichen Vorgaben. Es handelt sich somit um eine reine Ermessensvergütung,[2] die an den konkreten Umständen des Einzelfalls auszurichten ist und demzufolge einmalig oder periodisch, in Pauschalbeträgen[3] oder nach Zeitaufwand[4] unter Zugrundelegung eines Stundensatzes erfolgen kann,[5] so dass sich insoweit keine festen Regeln aufstellen lassen. Insbesondere gibt es keine vom Gesetz vorgegebenen Mindest- oder Höchstbeträge, sodass die Vergütung eines ehrenamtlichen Betreuers diejenige eines Berufsbetreuers im Gegensatz zu der vor dem 01.07.2005 bestehenden Rechtslage auch übersteigen kann.[6] Eine auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ist zusätzlich zu ersetzen.[7]


    [1] OLG Frankfurt FamRZ 2008, 2153 (LS) = openJur 2012, 30191; Palandt/Götz, BGB, 73. Aufl., § 1836 Rn. 8.
    [2] BayObLG FamRZ 1999, 681; LG Kassel NJWE-FER 2001, 208.
    [3] OLG München FamRZ 2009, 78 (monatliche Nettopauschale von 930,00 €; bei 16 % USt. brutto 1.078,80 €).
    [4] Nach BayObLG FamRZ 1998, 1052 aber keine Vergütung nach Zeitaufwand für die Zeit vor dem 01.01.1999.
    [5] OLG Hamm Rpfleger 2002, 518 = FamRZ 2003, 116 = NJW-RR 2002,1445 (Nettostundensatz von 50,00 €); OLG Köln FGPrax 2008, 246 = FamRZ 2009, 76 (Nettostundensatz von 43,50 €); LG Mainz Rpfleger 2013, 395 (Nettostundensatz von 38,50 € - für ehrenamtlichen Betreuer bei einem monatlichen Zeitaufwand von 2 Stunden).
    [6] OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1270 = NJW-RR 2007, 1084; OLG Köln FGPrax 2008, 246 = FamRZ 2009, 76; OLG Frankfurt FamRZ 2008, 2153 (LS) = openJur 2012, 30191 (unter Heranziehung der Sätze des § 3 VBVG als Vergleichswert); OLG München FamRZ 2009, 78; LG München II FamRZ 2008, 1118; Palandt/Götz, BGB, 73. Aufl., § 1836 Rn. 10; Bienwald FamRZ 2006, 1302; a. A. LG Kassel FamRZ 2006, 1302; LG Kleve BtPrax 2008, 138. Zur früheren abweichenden Rechtslage vgl. etwa OLG Hamm Rpfleger 2002, 518 = FamRZ 2003, 116 = NJW-RR 2002, 1445.
    [7] BayObLG FamRZ 1995, 692; OLG Köln FamRZ 2009, 76 = FGPrax 2008, 246.

  • Es wurden besondere Schwierigkeiten nachgefragt, die für die Bewilligung einer Vergütung im Hinblick auf die insoweit maßgebliche zeitliche Komponente aber nicht erforderlich sind. Dieser Gesichtspunkt würde sich allenfalls bei der Höhe des Stundensatzes auswirken. Dass eine Vergütung nur bei vorhandenem Vermögen in Betracht kommt, versteht sich ohnehin von selbst, weil es im Anwendungsbereich des § 1836 Abs. 2 BGB keine Mittellosenvergütung gibt.

  • Ich denke, dass die ehrenamtliche Betreuerin hier einen Durchschnitt gebildet hat. Für 1.400 km Hin- und Rückfahrt braucht man schon deutlich mehr als 2 Stunden. Da ich jetzt nicht annehme, dass sie ihre betreute Person jede Woche aufsucht, muss man einfach auf diesen Gedanken kommen. Selbst bei sehr zügiger Fahrweise baucht man für die Fahrt allein 10h und dann noch einen gewissen Aufenthalt, macht also für eine Fahrt 12h. Rechnet man dann über das Jahr hinweg noch einmal ein paar Stunden Schriftverkehr hinzu, besucht die Betreurin ihren Betreuten etwa 9-10 mal im Jahr.

    Im Durchschnitt leistet die Betreuerin also 2h pro Woche. Das halte ich für einen angemessenen Aufwand für ein Ehrenamt. Meine Ehrenämter nehmen teilweise sogar mehr Zeit pro Woche in Anspruch.

    Ich denke, ein außergewöhnlicher Aufwand ist hier nicht zu erkennen. Auch eine besondere Schwere nicht, denn die meiste Zeit, welche sie zur Abrechnung bringt, ist Fahrzeit. Das ist zwar anstrengend, aber m.E. wohl keine besondere Schwere.

  • Tja dann kann man den ehrenamtlichen Betreuern nur raten hinzuwerfen und sich einen ***** um ihre Leute zu scheren, wenn man mit solchen Rechtsauffassungen konfrontiert wird.

    Bei dem vorgestellten SV darf man selbstverständlich eine Vergütung bewilligen und bei dem beantragten Stundensatz braucht man auch nicht groß zu prüfen, ob das in Ordnung ist, wenn man sich die Stundensätze ansieht die da sonst normalerweise so im Raum stehen.

    Also Betreuten anhören und so lange bewillligen, wie er sich das leisten kann.

  • Eigentlich möchte ich mich zu dieser Sache gar nicht mehr äußern, da vom Themenstarter nichts kommt.
    Ich möchte meine "restriktive" Auffassung aber dennoch etwas relativieren.
    Ich denke, die große örtliche Entfernung kann durchaus ein Grund für eine angemessene Vergütung sein. An dieser Stelle müsste man m. E. aber schon prüfen, ob die Zeiten für die rechtliche Betreuung erforderlich waren (hier stehen wir mangels ausreichendem SV etwas im Dunkeln).
    Da die Betreuerin neben den Besuchsfahrten, die sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, zusätzlich 2 h pro Woche leistet, kann diese Zeit m. E. vergütet werden, sofern dieser Zeitaufwand glaubhaft gemacht ist, d. H. gelegt wurde, dass diese Zeit im Rahmen der rechtlichen Betreuung entstanden ist.
    Ich denke, 15 € pro Stunde sind niedrig angesetzt, und können anerkannt werden.

  • Ich denke, dass die ehrenamtliche Betreuerin hier einen Durchschnitt gebildet hat. Für 1.400 km Hin- und Rückfahrt braucht man schon deutlich mehr als 2 Stunden. Da ich jetzt nicht annehme, dass sie ihre betreute Person jede Woche aufsucht, muss man einfach auf diesen Gedanken kommen. Selbst bei sehr zügiger Fahrweise baucht man für die Fahrt allein 10h und dann noch einen gewissen Aufenthalt, macht also für eine Fahrt 12h. Rechnet man dann über das Jahr hinweg noch einmal ein paar Stunden Schriftverkehr hinzu, besucht die Betreurin ihren Betreuten etwa 9-10 mal im Jahr.

    Im Durchschnitt leistet die Betreuerin also 2h pro Woche. Das halte ich für einen angemessenen Aufwand für ein Ehrenamt. Meine Ehrenämter nehmen teilweise sogar mehr Zeit pro Woche in Anspruch.

    Ich denke, ein außergewöhnlicher Aufwand ist hier nicht zu erkennen. Auch eine besondere Schwere nicht, denn die meiste Zeit, welche sie zur Abrechnung bringt, ist Fahrzeit. Das ist zwar anstrengend, aber m.E. wohl keine besondere Schwere.


    Wie man regelmäßig 1400 km auf deutschen Autobahnen in 10 Stunden schaffen, also eine Reise(!)geschwindigkeit von 140 km/h einschließlich Pausen vorlegen soll, ist mir schleierhaft. Selbst 14 Stunden (Reisegeschwindigkeit 100 km/h) ist optimistisch. Und meiner Meinung nach ist allein die Führung der Betreuung über diese Entfernung schon also solche "außergewöhnlich" und vergütbar.

    Aber wie schon gesagt, solange sich der Fredstarter nur in Kilometern und nicht in Stunden ausdrückt, wird man nichts konkretes sagen können.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Threadstarter hat - wenn überhaupt - nur äußerst selten auf irgend etwas reagiert und deshalb verstehe ich die vorliegenden Stellungnahmen - wie auch sonst - eher als Diskussion unter den an der Sache wirklich Interessierten.

  • Die außergewöhnliche Schwere der Betreuung muss sich an der verrichteten Tätigkeit orientieren. Dass hier allein die Länge der Autofahrt ausreichen soll, ist ein Schlag in das Gesicht eines jeden anderen ehrenamtlichen Betreuers, bei dem dies abgelehnt wird, weil er nicht auf die Zeit kommt und dennoch schwerwiegende juristische Sachverhalte zu bewältigen hat.

    Und wie bereits im Betreuungsforum festgestellt, heißt es nicht umsonst "ehrenamtlicher Betreuer". Hiernach ist die verrichtete Tätigkeit eben ein Ehrenamt und damit unendgeltlich. Und ein Zeitaufwand von 2 Stunden (wie bereits oben festgestellt) sehe ich noch nichts außergewöhnlich. Da hat jeder Trainer in einem beliebigen Sportverein mehr Zeitaufwand. Der Trainer unsere Sohnes bietet z.B. 3 mal pro Woche eine Trainingseinheit von je 1,5 Stunden zzgl. Vor- und Nachbereitung an. Macht insgesamt einen Aufwand von 5-6 Stunden pro Woche oder 255-306 Stunden pro Jahr. Da sind die 112 Stunden der Betreuerin ein Klacks.

    Meiner Meinung nach gäbe es keine Vergütung. Den Aufwand kann sie expliziet nachweisen, dann bekommt sie ihr Fahrgeld wieder (wird wohl mehr als die 399 € Pauschale sein). Mehr gäbe es meiner Meinung nach nicht.

  • Die außergewöhnliche Schwere der Betreuung muss sich an der verrichteten Tätigkeit orientieren. Dass hier allein die Länge der Autofahrt ausreichen soll, ist ein Schlag in das Gesicht eines jeden anderen ehrenamtlichen Betreuers, bei dem dies abgelehnt wird, weil er nicht auf die Zeit kommt und dennoch schwerwiegende juristische Sachverhalte zu bewältigen hat.

    Und wie bereits im Betreuungsforum festgestellt, heißt es nicht umsonst "ehrenamtlicher Betreuer". Hiernach ist die verrichtete Tätigkeit eben ein Ehrenamt und damit unendgeltlich. Und ein Zeitaufwand von 2 Stunden (wie bereits oben festgestellt) sehe ich noch nichts außergewöhnlich. Da hat jeder Trainer in einem beliebigen Sportverein mehr Zeitaufwand. Der Trainer unsere Sohnes bietet z.B. 3 mal pro Woche eine Trainingseinheit von je 1,5 Stunden zzgl. Vor- und Nachbereitung an. Macht insgesamt einen Aufwand von 5-6 Stunden pro Woche oder 255-306 Stunden pro Jahr. Da sind die 112 Stunden der Betreuerin ein Klacks.

    Meiner Meinung nach gäbe es keine Vergütung. Den Aufwand kann sie expliziet nachweisen, dann bekommt sie ihr Fahrgeld wieder (wird wohl mehr als die 399 € Pauschale sein). Mehr gäbe es meiner Meinung nach nicht.


    Dass solche Aussagen von einem Vereinsbetreuer kommen, hat schon ein gewisses "G'schmäckle".

    Aber um bei den Fakten zu bleiben: Es geht hier nicht um "außergewöhnliche Schwere", sondern um den außergewöhnlichen Zeitaufwand. Und ja, es ist ein Eherenamt, deswegen gibt's auch weniger Geld.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • 1. Dieses Statement kommt von einem Rechtspflegerkollegen (Studium von 2006 bis 2009 an der HWR Berlin, wen es interessiert).
    2. Ja, ich arbeite als Vereinsbetreuer, warum das ein G'schmäckle haben soll, kann ich nicht verstehen.
    3. Auch ich arbeite ehrenamtlich, oft mehrere Stunden in der Woche. Aber auf die Idee, eine Vergütung zu verlangen, bin ich nie gekommen. Glücklicher Weise gibt es da viel mehr Menschen, die genau so denken, wie ich. Sonst wäre unser Vereinsleben in Deutschland schon längst den Bach runter gegangen.
    4. Ich, als Privatperson, empfinde nunmal ein Ehrenamt mit 2 Stunden pro Woche nicht als außergewöhnlichen Zeitaufwand, sondern eher als wenig.

    Schade, dass ich hier mit dieser Sicht alleine da stehe. Was das über unsere Gesellschaft aussagt, überlasse ich jedem selbst.

  • Was man in seinem Privatleben tut oder lässt, ist das Eine, und worauf man als Betreuer einen gesetzlichen Anspruch hat, ist das Andere. Beides hat nichts miteinander zu tun.

    Ich bin Vereinsvorstand und mache das natürlich ehrenamtlich bei einem durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand von mehr als vier Stunden (gestern waren es mehr als 12, heute etwa 6). Außerdem mache ich auf die mir satzungsgemäß zustehenden Aufwendungen nicht geltend, sondern verzichte auf sie gegen Spendenbescheinigung.

    Gleichwohl bin ich der Meinung, dass im vorliegenden Fall eine Vergütung angezeigt ist. Man kann nicht Äpfel und Birnen miteinander vergleichen.

  • Die außergewöhnliche Schwere der Betreuung muss sich an der verrichteten Tätigkeit orientieren. Dass hier allein die Länge der Autofahrt ausreichen soll, ist ein Schlag in das Gesicht eines jeden anderen ehrenamtlichen Betreuers, bei dem dies abgelehnt wird, weil er nicht auf die Zeit kommt und dennoch schwerwiegende juristische Sachverhalte zu bewältigen hat.

    Und wie bereits im Betreuungsforum festgestellt, heißt es nicht umsonst "ehrenamtlicher Betreuer". Hiernach ist die verrichtete Tätigkeit eben ein Ehrenamt und damit unendgeltlich. Und ein Zeitaufwand von 2 Stunden (wie bereits oben festgestellt) sehe ich noch nichts außergewöhnlich. Da hat jeder Trainer in einem beliebigen Sportverein mehr Zeitaufwand. Der Trainer unsere Sohnes bietet z.B. 3 mal pro Woche eine Trainingseinheit von je 1,5 Stunden zzgl. Vor- und Nachbereitung an. Macht insgesamt einen Aufwand von 5-6 Stunden pro Woche oder 255-306 Stunden pro Jahr. Da sind die 112 Stunden der Betreuerin ein Klacks.

    Meiner Meinung nach gäbe es keine Vergütung. Den Aufwand kann sie expliziet nachweisen, dann bekommt sie ihr Fahrgeld wieder (wird wohl mehr als die 399 € Pauschale sein). Mehr gäbe es meiner Meinung nach nicht.


    Volle Zustimmung von mir.

  • Tja dann kann man den ehrenamtlichen Betreuern nur raten hinzuwerfen und sich einen ***** um ihre Leute zu scheren, wenn man mit solchen Rechtsauffassungen konfrontiert wird.

    Bei dem vorgestellten SV darf man selbstverständlich eine Vergütung bewilligen und bei dem beantragten Stundensatz braucht man auch nicht groß zu prüfen, ob das in Ordnung ist, wenn man sich die Stundensätze ansieht die da sonst normalerweise so im Raum stehen.


    :gruebel: Falls du mit Stundensätzen die der Berufs- bzw. Vereinsbetreuer meinst, gibt es eben den gravierenden Unterschied, dass die einen Betreuungen berufsmäßig führen und die anderen ehrenamtlich (=grundsätzlich unentgeltlich).

    Eine besondere Schwierigkeit wurde nicht geschildert und ob mit dem besonderen Umfang der Betreuung die Fahrzeiten gemeint sind, scheint mir auch noch fraglich.

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