Neue notarielle Prüfpflichten im Grundbuch- und Handelsregisterverkehr

  • Hier die erste veröffentlichte OLG-Entscheidung zu § 15 III GBO:

    1. Dem Grundbuchamt ist ein Nachweis zu erbringen, dass die zur Grundbucheintragung erforderlichen Erklärungen von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit geprüft worden sind.

    2. Ein Nachweis durch einen notariellen Prüfvermerk ist entbehrlich, wenn die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen notariell beurkundet worden sind. Entsprechendes gilt im Falle einer Unterschriftsbeglaubigung, wenn klar und unzweideutig feststeht und ohne weiteres anhand des Äußeren der Urkunde erkennbar ist, dass die Erklärung, deren Unterzeichnung der einreichende Notar beglaubigt hat, von diesem entworfen worden ist. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

    OLG Schleswig, Beschl. v. 28.7.2017, 2 Wx 50/17 = DNotI, letzte Aktualisierung vom 07.09.2017

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Neulich bei McD...ds:

    "macht dann 9,60 EUR."

    "hier sind 10 EUR, stimmt so."

    "tut mir leid, den 10 EUR-Schein kann ich nicht akzeptieren".

    "Warum?"

    "Er hat kein Prüfzertifikat, dass er echt ist. Das ist aber gesetzlich vorgeschrieben."

    "aber Sie sehen doch, dass er echt ist, er hat alle Sicherheitsmerkmale, zudem haben Sie doch bestimmt ein Prüfgerät, mit dem Sie den Schein schnell selbst prüfen können"

    "ja, ich bin mir sehr sicher, dass er echt ist, auch könnte ich ihn selbst prüfen. Aber das geht nicht. Sie brauchen das Prüfzertifikat. Ansonsten bitte die Burger wieder zurückgeben."


    Wir kommen Schilda täglich näher.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Die Entscheidung des OLG Schleswig wird in einer Abhandlung von Eikelberg/Böttcher in FGPrax 2017, 145 ausführlich dargestellt. Aus dem Aufsatz ergibt sich - auch wenn das nicht ausgesprochen wird - zudem, dass die betreffende gesetzliche Regelung völlig sinnfrei ist.


  • Aus dem Aufsatz ergibt sich - auch wenn das nicht ausgesprochen wird - zudem, dass die betreffende gesetzliche Regelung völlig sinnfrei ist.

    Ich glaube, insoweit sind wir uns alle einig. :roll:

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Toll. Jetzt habe ich erstmals einen vollzugsreifen Antrag, den ich nur deshalb beanstanden darf, weil der Nachweis fehlt, dass die Prüfung der Eintragungsfähigkeit vorgenommen wurde.
    Was für ein Irrsinn.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Dann vollzieh halt einfach.
    Irrsinn ist unbeachtlich :cool:
    Da der Antrag vollziehbar ist ist er auch ganz offensichtlich und unzweifelhaft geprüft worden :D

  • Toll. Jetzt habe ich erstmals einen vollzugsreifen Antrag, den ich nur deshalb beanstanden darf, weil der Nachweis fehlt, dass die Prüfung der Eintragungsfähigkeit vorgenommen wurde.
    Was für ein Irrsinn.

    Also nicht vom Notar selbst entworfen oder beurkundet?

  • Toll. Jetzt habe ich erstmals einen vollzugsreifen Antrag, den ich nur deshalb beanstanden darf, weil der Nachweis fehlt, dass die Prüfung der Eintragungsfähigkeit vorgenommen wurde.
    Was für ein Irrsinn.

    Dann lasse es doch.

  • Dann vollzieh halt einfach.
    Irrsinn ist unbeachtlich :cool:
    Da der Antrag vollziehbar ist ist er auch ganz offensichtlich und unzweifelhaft geprüft worden :D

    Ich hoffe ja offen gesagt auf ein Rechtsmittel. Und da ich nur popeliges AG und nicht in höheren Sphären schwebendes OLG bin, werde ich nicht dazu in der Lage sein, in meiner Vorlageentscheidung nur so hübsch zwischen den Zeilen anzudeuten, dass das alles Schwachsinn ist. Ich würde da ob meines begrenzten sprachlichen Ausdrucksvermögens wohl deutlicher formulieren müssen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Vollziehen und weg damit. Welch ein Schwachsinn, so etwas zu beanstanden. Welche Folgen soll das haben, wenn du das nicht beanstandest??? Keine!!!


    Die Folge ist, dass ich sehenden Auges gegen eine gesetzliche Vorgabe verstoße, mag ICH sie auch für sinnfrei halten. Ich halte aber auch andere gesetzliche Vorgaben für Unfug und beachte sie dennoch.
    Bisher hatten wir zu dem Thema außer den Gesetzesmaterialien nur Aufsätze. Die nehme ich zur Kenntnis und gut.
    Nachdem sich das OLG Schleswig aber entschlossen hat, die Sache ernst zu nehmen, werde ich das bis auf weiteres auch tun. Zumal sich an der Gesetzeslage (oder doch zumindest der Rechtsprechung dazu) garantiert nichts ändern wird, wenn wir alle die Vorschrift geflissentlich ignorieren.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Vollziehen und weg damit. Welch ein Schwachsinn, so etwas zu beanstanden. Welche Folgen soll das haben, wenn du das nicht beanstandest??? Keine!!!

    Die Folge ist, dass ich sehenden Auges gegen eine gesetzliche Vorgabe verstoße.

    Ich verstoße gar nicht gegen eine gesetzliche Vorgabe. Unterlässt der Notar die Prüfung verletzt er eine gesetzliche Vorgabe. Ende. Aus dem Gesetz ergibt sich weder eine Verpflichtung irgendwas darüber zu dokumentieren, noch eine Folge von Nicht-Dokumentation oder Nicht-Prüfung. Was hier immer vergessen wird, aus dem Gesetzestext ergibts sich darüber hinaus gar nichts. Vor allem nichts was mich als Rpfl. binden würde. Diese ganzen Entscheidungen und Aufsätze befassen sich im ersten Absatz mit dem Gesetz, um dann lang und breit die Motive und Gesetzesbegründung auszuwälzen. Für Gesetze gilt aber gottseidank kein "gemäß Gesetzesbegründung vom eingefügt am". Es handelt sich auch nicht um eine Auslegungsfrage. Diese würde sich bestenfalls damit befassen was genau der Notar zu prüfen hat (zB. nur formelle oder auch materielle Fehler). Alles weitere liegt ausserhalb des Gesetzes. Ich gehe sogar soweit, dass eine ZwVfg. oder gar Zurückweisung bei nur diesem (Fantasie-)Mangel gesetzeswidrig erfolgt, weil er jedweder gesetzlichen Grundlage entbehrt. Hätte der Gesetzgeber wirklich eine weitere Prüfungsvoraussetzung schaffen wollen hätte es mehr bedurft.

  • Auch sinnlose gesetzliche Vorschriften sind zu beachten.

    Sonst entscheidet am Ende noch jeder für sich alleine, was er für sinnvoll oder für sinnlos hält und was er beachtet und was nicht.

    Der richtige Weg ist, den Gesetzgeber durch eine Flut von - gerechtfertigten - Beanstandungen dazu zu bringen, den Unsinn wieder abzuschaffen. Und wenn es die Notare zunehmend nervt, werden sie sich auch auf diese Seite schlagen.

    Wenn ein Beteiligter mit einer formbedürftigen Bewilligung beim Grundbuchamt aufschlägt, die der Form nicht entspricht, er aber die im Text vorbereitete Bewilligung vor dem Rechtspfleger unterschreibt und jenem seinen Ausweis unter die Nase hält ...

    ... dann darf trotzdem nicht eingetragen werden, auch wenn die Berufung auf § 29 GBO in diesem Fall vielleicht ebenso "sinnlos" ist.

  • Auch sinnlose gesetzliche Vorschriften sind zu beachten.

    Ich sage ja nicht dass die Vorschrift unbeachtlich ist, ich sage die Vorschrift ist beachtlich für den Notar, aber ich kann beim besten Willen keine Prüfungspflicht des GBA erkennen ob der Notar die Vorschrift beachtet hat - Prüfen ist immerhin erst einmal ein innerlicher Vorgang, und bei diesem hat es der Gesetzgeber (in der letzlich Gesetz gewordenen Fassung) belassen.
    Öffentlich beglaubigen dagegen ist ein äußerlicher, für jeden erkennbarer Vorgang mit später anschaubarem Ergebnis, dem Beglaubigungsvermerk.

    Man schaue nur mal hierzu ins BeurkG, zB § 17 Abs. 2 "so soll er die Belehrung und die dazu abgegebenen Erklärungen der Beteiligten in der Niederschrift vermerken." Abs. 3 "und dies in der Niederschrift vermerken." Oder speziell für die Beglaubigung § 40 BeurkG Abs. 3 "Der Beglaubigungsvermerk muß ...", Satz 2 "2In dem Vermerk soll ...", Abs. 3 S. 2 "In dem Beglaubigungsvermerk soll angegeben werden ..."
    Der Gesetzgeber hat hier klar gemacht, dass ein Vermerk zu fertigen ist als Nachweis der Beglaubigung. Bei § 15 GBO in Umkehrschluss ist kein Vermerk zu fertigen.

    Seit Einführung der Vorschrift hat sich die Qualität der Vorlagen praktisch nicht verbessert, nur jetzt kommt mehr Mist mit Prädikat.

    1. Die Prüfung durch den Notar ist eine generelle formelle Pflicht im Eintragungsverfahren. Diese Pflicht besteht ausschließlich gegenüber dem Grundbuchamt.
    2. Der Notar kann gegebenenfalls einen Prüfvermerk anbringen. Dieser kann positiv oder negativ sein. Er muss aber keinen Vermerk anbringen. Auch nach dem Wortlaut des § 15 GBO ist ein Prüfvermerk nicht vorgesehen.
    3. Unabhängig von der notariellen Prüfungspflicht und von dem Ergebnis der notariellen Prüfung muss das Grundbuchamt (wie bisher auch) immer eine eigene Prüfung vornehmen und eine Entscheidung treffen.
    4. Selbst im (theoretisch gedachten) Sonderfall eines durch den Notar angebrachten negativen Prüfvermerks, wäre das Grundbuchamt nicht daran gebunden und kann zu einer eigenen positiven Entscheidung gelangen und einen Eintragungsantrag vollziehen.
    5. Ein fehlender Prüfvermerk muss durch das Grundbuchamt nicht beanstandet werden und stellt kein Eintragungshindernis dar.

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