Mietkaution - Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz

  • Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses wurde mit PfÜB im September 2013 gepfändet. Im Januar 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Der Gläubiger hat seine Forderung sodann auch im Insolvenzverfahren angemeldet. Der PfÜB besteht nach wie vor. Der Schuldner befindet sich mittlerweile in der Wohlverhaltensphase und zieht um. Die Kautionsrückzahlung ist fällig.

    Der Schuldner hat nun gem. § 766 ZPO Erinnerung gegen den PfÜB eingelegt mit dem Ziel, die Auszahlung der Kaution an sich zu erlangen. Und leider stehe ich nun auf dem Schlauch. Während der Wohlverhaltensphase dürfen die Insolvenzgläubiger keine Einzelzwangsvollstreckung betreiben, § 294 InsO. Bedeutet das, dass ich abhelfen muss und den PfÜB für die Dauer der Wohlverhaltensphase unwirksam stelle? Mit dem Ergebnis, dass der Vermieter die fällige Kautionsrückzahlung an den Schuldner zu leisten hat? :gruebel:

    Danke vorab für Eure Hinweise und Ideen. :)

  • "Rückschlagsperre" lautet das Zauberwort, wollte ich auch drauf hinweisen. Wichtig hierbei ist aber das Datum des Eingangs des Insolvenzantrags, nicht der Eröffnung.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • @ Lycia73, unterfällt denn "deine" Pfändung der Rückschlagsperre ?

    @ all, wie wäre die Lösung, wenn sie es nicht täte ?

  • Anfechtbar heißt aber doch nicht unwirksam und mit Aufhebung des Verfahrens ist ja auch niemand mehr da, der anfechten könnte.

    M.E. müsste aufgrund des Pfandrechts des Gl. die Erinnerung unbegründet sein, sofern der PfÜB nicht in die Rückschlagsperre fällt.

  • Ich danke Euch für die Anregungen! :) Mein PfÜB unterliegt nicht der Rückschlagsperre. Die Zwangsvollstreckung des Insolvenzgläubigers aus dem PfÜB ist bis zum Eintritt der Rechtskraft der Restschuldbefreiung oder eben bis zur Rechtskraft der Versagung der Restschuldbefreiung unzulässig, § 294 Abs. 1 InsO. Ich könnte (oder müßte vermutlich sogar?) einen entsprechenden, klarstellenden Beschluss erlassen, der den PfÜB für die Dauer der Wohlverhaltensphase unwirksam stellt. Das habe ich nun aber nicht gemacht, da der Schuldner mit der Erinnerung die Aufhebung des PfÜB unter Freigabe der Kaution verfolgt. Ich habe vielmehr der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 InsO dem Insolvenzrichter zur Entscheidung vorgelegt und zur Begründung den Beschluss des BGH vom 9.10.2014, IX ZA 20/14, angeführt: Der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution entsteht – aufschiebend bedingt durch das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache – in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Kaution stellt. Geschah dies vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, gehört der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution auch dann zur Insolvenzmasse, wenn er während der Wohlverhaltensperiode fällig geworden ist. Ich berichte, wie es weiter geht. :)

  • ...und zur Begründung den Beschluss des BGH vom 9.10.2014, IX ZA 20/14, angeführt: Der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution entsteht – aufschiebend bedingt durch das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache – in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Kaution stellt. Geschah dies vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, gehört der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution auch dann zur Insolvenzmasse, wenn er während der Wohlverhaltensperiode fällig geworden ist.

    Nach der letzten Rechtsprechung des BGH zur Wirkung der üblichen Enthaftungserklärung dürfte dies so in der Praxis nicht mehr zutreffen (BGH, Beschluss vom 16.03.17 – IX ZB 45/15).

    Was ich nicht verstehe: Warum sollte während der WVP die abgesonderte Befriedigung des Gläubigers gem. § 50 InsO nicht zulässig sein? Ich verstand es bisher so, dass § 294 Abs. 1 InsO neue Pfändungen betrifft und nicht die Realisierung bereits erlangter Pfandrechte.

  • Ich denke auch, dass die Erinnerung unbegründet ist und die Pfändung nicht aufgehoben werden kann.

    Auch eine Aussetzung der Pfändung bis zur Entscheidung über den RSB-Antrag (http://lexetius.com/2011,1373) dürfte auf den vorliegenden SV wohl nicht anwendbar sein.

  • Zitat Olaf K "Nach der letzten Rechtsprechung des BGH zur Wirkung der üblichen Enthaftungserklärung dürfte dies so in der Praxis nicht mehr zutreffen (BGH, Beschluss vom 16.03.17 – IX ZB 45/15)."

    Danke Dir für die aktuelle Entscheidung! Eine Enthaftungserklärung seitens des Insolvenzverwalters / Treuhänders ist in meiner Sache - jedenfalls bisher - nicht erfolgt.


    Zitat Olaf K: "Was ich nicht verstehe: Warum sollte während der WVP die abgesonderte Befriedigung des Gläubigers gem. § 50 InsO nicht zulässig sein?"

    Der Gläubiger in meiner Sache ist nicht der Vermieter. Der Kautionsrückzahlungsanspruch wurde wegen einer üblichen Geldforderung (Versandhandel oder so) gepfändet.


    Zitat zsesar "Auch eine Aussetzung der Pfändung bis zur Entscheidung über den RSB-Antrag (http://lexetius.com/2011,1373) dürfte auf den vorliegenden SV wohl nicht anwendbar sein."

    Asche auf mein Haupt. Ich vergaß, dass sich die verlinkte Entscheidung des BGH ausdrücklich auf fortlaufende Bezüge des Schuldners bezieht. Hab ich hier ja gar nicht. Vielen Dank!

  • Zitat Olaf K: "Was ich nicht verstehe: Warum sollte während der WVP die abgesonderte Befriedigung des Gläubigers gem. § 50 InsO nicht zulässig sein?"

    Der Gläubiger in meiner Sache ist nicht der Vermieter. Der Kautionsrückzahlungsanspruch wurde wegen einer üblichen Geldforderung (Versandhandel oder so) gepfändet.

    Welcher nach § 50 InsO mit der Pfändung ein Absonderungsrecht an der Mietkaution erhalten hat.

  • Ich denke auch, dass die Erinnerung unbegründet ist und die Pfändung nicht aufgehoben werden kann.

    Auch eine Aussetzung der Pfändung bis zur Entscheidung über den RSB-Antrag (http://lexetius.com/2011,1373) dürfte auf den vorliegenden SV wohl nicht anwendbar sein.

    Und aus IX ZB 217/08 geht auch hervor:

    Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgebrachten Pfändung der fortlaufenden Bezüge des Schuldners für die Dauer des Insolvenzverfahrens und eines sich daran möglicherweise anschließenden Restschuldbefreiungsverfahrens (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – IX ZB 217/08, ZInsO 2011, 812) hat hierauf keinen Einfluss. Die zeitlich beschränkte Unwirksamkeit der Pfändung bezieht sich nach der genannten Entscheidung gerade auch auf die Dauer der Wohlverhaltensphase des Restschuldbefreiungsverfahrens. Der Pfändungsschutz besteht also auch in dieser Phase weiter, so dass die Entscheidung im Einklang mit dem Ausschluss von Vollstreckungen von Insolvenzgläubigern während dieses Zeitraums steht.
    Das Pfändungspfandrecht soll nach dem Beschluss (aaO, Rn. 10, 14) erst dann wieder aufleben, wenn dem Vollstreckungsschuldner die Restschuldbefreiung versagt wird. Zuvor kommt die Geltendmachung von Rechten aus dem Pfändungspfandrecht nicht in Betracht.

    zitiert aus BGH, Beschluss vom 28. 6. 2012 – IX ZB 313/11.

    Wenn denn keine Geltendmachung von Rechten während der WVP in Betracht kommt, würde ich dem Antrag wohl stattgeben, soll der Gl. Beschwerde einlegen, zuständig ist aber m.E. im RSB-Verfahren das Vollstreckungsgericht und nicht das IG als Vollstreckungsgericht, einhellige Meinung der Kommentierung zu § 294 InsO mit Zitierung von LG-Entscheidungen.

  • aus #9:
    Beschluss des BGH vom 9.10.2014, IX ZA 20/14, angeführt: Der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution entsteht – aufschiebend bedingt durch das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache – in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Kaution stellt.


  • Und aus IX ZB 217/08 geht auch hervor:

    Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgebrachten Pfändung der fortlaufenden Bezüge des Schuldners für die Dauer des Insolvenzverfahrens und eines sich daran möglicherweise anschließenden Restschuldbefreiungsverfahrens (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – IX ZB 217/08, ZInsO 2011, 812) hat hierauf keinen Einfluss.

    Zwischen der Pfändung fortlaufender Bezüge und der Pfändung einer Mietkaution besteht insolvenzrechtlich allerdings ein ganz erheblicher Unterschied.

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