Vermögenstrennung Vormund und Mündel

  • Huhu,

    ich wollte mal nachfragen, wie streng ihr es handhabt, wenn ihr Flüchtlinge habt, die lediglich ALG II bekommen und diese Leistungen mit auf das Konto der Vormunds fließen. Lasst ihr da ein eigenes Girokonto einrichten und die Leistungen getrennt überweisen?

    Liebe Grüße

  • Hat der Vormund das Mündel in seinen Haushalt aufgenommen?
    Leistungen, die der Sicherstellung des Lebensunterhalts dienen, stellen kein Vermögen des Mündels dar.

    Wenn ich z.B. Vormund für ein Kind in einem Verwandtenhaushalt bin, fließen die Zahlungen direkt an den "Haushaltsvorstand".

  • Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II ist natürlich überhaupt kein tauglicher Begriff für Haushaltsgemeinschaft Vormund/Mündel. Großeltern und Enkel können z.B. keine Bedarfsgemeinschaft bilden. Wenn sie keine Pflegefamilie bilden, zahlt das Sozialamt nur ans Kind, auch ans Neugeborene.

    Aber das Auseinanderdröseln des Leistungsbezugs führt nur weg von dem entscheidenden Kriterium: Zahlungen für den Lebensunterhalt stellen kein Vermögen dar! Die Vorschriften zur Vermögenstrennung sind nicht anwendbar.

  • Halt!

    Selbstverständlich gehören Zahlungen zum Lebensunterhalt zum Vermögen d. Mündels.

    Der Begriff des Vermögens im Sinne von § 1805 BGB ist weit zu fassen:

    Zitat

    Er umfasst alle dem Mündel zustehenden Güter und Rechte von wirtschaftlichem Wert. Hierzu gehören sämtliche Aktiva, gleichviel, in welcher Anlageform sie sich befinden, an welchem Ort - im Inland oder Ausland - sie belegen sind und wie sie erworben wurden, ferner sämtliche Passiva, gleichviel, auf welchem Rechtsgrund sie beruhen und wer der Gläubiger ist.
    (Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1802 BGB, Rn. 13 m.w.N. )

    Vielleicht kann Moosi ja mal sagen woher er diese Definition vom Vermögensbegriff her hat. Könnte mir vorstellen, dass die Definition in anderen Bereichen abweichen könnte?

    Im Rahmen von § 1805, § 1806 BGB unterscheidet man lediglich zwischen Anlagengeld/Ausgabengeld (S. C. Saar in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 1806 BGB, Rn. 2). Aber auch bezüglich des Ausgabengeldes bleibt es grundsätzlich bei der Vermögenstrennung. Das sieht z.B. auch das LG Krefeld so (Rpfleger 2001, 302). Ein gemeinschaftliches Girokonto soll nur dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn z.B. ein Betreuter von Unterhaltsleistungen des Betreuers abhängig ist (Rostock FamRZ 2005, 1588 mit Anm Bienwald; Pal/Götz Rn 1 - dort Hatte eine Mutter die deutlich unter dem Regelsatz liegende Erwerbsunfähigkeitsrente des Betreuten Sohnes auf ihrem Konto mit verwaltet).

    Das ist bei SGB II Leistungen ersichtlich nicht der Fall.

    Ob es Sinn macht in einem BG Fall auf der Vermögenstrennung zu bestehen, sollte man dennoch nach eigenem Ermessen von Fall zu Fall entscheiden.

  • Hallo Ruki,

    nach einer passenden Kommentarstelle suche ich nicht, da ich im Urlaubsmodus bin. Wir haben mehrfach versucht, als Annex an eine Sorgerechtsentscheidung die Vermögenssorge entziehen zu lassen, wenn die Kinder dauerhaft in Einrichtungen untergebracht sind und die Eltern das OLG anrufen. Das OLG Hamm lehnt in der mündlichen Verhandlung den Eingriff ins Sorgerecht regelmäßig mit dem Hinweis ab, es handele sich nicht um Mündelvermögen. Spontan würde ich die Kommentarstellen zu §1688 BGB durchforsten.

    Der Unterschied zum Betreuungsrecht wurde ebenso angeführt: Der Betreute führe sehr wohl einen eigenen Haushalt, der Minderjährige nicht.

    In Erinnerung rufe ich meine Anfangshypothese: Vormund und Mündel leben in einem gemeinsamen Haushalt.

  • Nach dem Lesen dieses Threads bin ich in meiner Rechtsauffassung ein bisschen unsicher geworden:

    Bisher war ich der Auffassung, dass eine strikte Vermögenstrennung erfolgen muss.

    In meinem Fall lebt das Mündel bei den Vormündern (Verwandte) und bezieht Waisenrente. Das Mündel verfügt über ein eigenes Girokonto und ein eigenes Sparbuch. Auf letzterem wird durch die Vormünder gespart (allerdings immer darauf geachtet, dass der Vermögensschonbetrag nicht überschritten wird, damit die Aufwandspauschale weiter durch die Landeskasse gezahlt wird....).
    Die Waisenrente geht auf dem Konto der Vormünder ein und wird im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung auch für Einkäufe etc. verwendet.

    Zunächst hätte ich gesagt, dass die Rente zwingend auf dem Girokonto des Mündels eingehen müsse. Angesichts der Höhe (ca. 200,- €/Monat) und der Haushaltsgemeinschaft bin ich nun nicht mehr ganz so sicher...

    Was sagt ihr in diesem Fall: Strikte Vermögenstrennung oder (sofern es dem Willen des Mündels auch entspricht) so weiterlaufen lassen?

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Danke Moosi,

    die Entscheidung des OLG würde ich da schon gerne sehen. Vielleicht kannst du das in anonymisierter Form hier veröffentlichen, wenn du wieder zurück bist.
    Ein Zusammenhang mit § 1688 BGB würde da zumindest Sinn machen. Danach kann die Pflegeperson (Familienpflege) den Arbeitsverdienst des Kindes verwalten sowie Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind geltend machen und verwalten. Der Sorgerechtsentzug im Bereich der Vermögenssorge war möglicherweise deshalb unterbleiben weil er dann nicht mehr erforderlich und deshalb auch nicht verhältnismäßig wäre.
    Diese Verwaltungsbefugnis leitet sich dann aber aus dem elterlichen Sorgerecht ab, für den § 1805 BGB tatsächlich nicht gilt (kein "Mündel"Vermögen, weil keine Vormundschaft).
    Im Bereich der Vormundschaft/Betreuung/rechtlichen Pflegschaft gilt allerdings immer § 1805, mit den entsprechenden Konsequenzen.

    edit: oder die Lösung ist vielleicht noch einfacher, weil d. Mündel tasächlich kein Vermögen hat, welches fremdverwaltet wird. (In der Einrichtung gibt es doch sicherlich nur Taschengeld, welches die Kinder selbst verwalten, oder?)

    Einmal editiert, zuletzt von ruki (27. Juni 2017 um 11:53)


  • Diese Verwaltungsbefugnis leitet sich dann aber aus dem elterlichen Sorgerecht ab, für den § 1805 BGB tatsächlich nicht gilt (kein "Mündel"Vermögen, weil keine Vormundschaft).
    Im Bereich der Vormundschaft/Betreuung/rechtlichen Pflegschaft gilt allerdings immer § 1805, mit den entsprechenden Konsequenzen.

    Das beantwortet sogar gleichzeitig meine Frage, danke schön :)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • In dem Fall von Patweazle wäre ich auch großzügig, selbst wenn d. Vormund nicht gesetzlich unterhaltspflichtig ist. Bei der Summe liegt es ebenso auf der Hand, dass da keiner von leben kann und eher noch Unterhaltsleistungen drauf gezahlt werden.

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