Verrechnung Vorschuss von Streithelfer (Berufungskläger)

  • Hallo,

    ich habe einen nicht allzu häufigen Fall und konnte in der Datenbank nichts passendes finden.

    - Beteiligte: Kl., Bekl., Streithelfer (SH) des Beklagten
    - Berufung des SH gegen U des LG
    - Vorschusszahlung der Gerichtskosten durch SH
    - KGE des OLG:
    - Kosten des Berufungsrechtszug: Kl. 10 %, Bekl. 90 %
    - Kosten des SH im Berufungsverfahren: Kl. 10 %, SH 90 %

    Frage:
    Kann ich den Vorschuss des SH auf die Kostenpflicht des Bekl. verrechnen oder ist der Vorschuss des SH zurückzuerstatten und vom Bekl. einzuziehen, da der Bekl. in die Kosten verurteilt wurde?
    Nach der Antragstellerhaftung des 22 GKG haftet der SH schließlich für die Kosten des Verfahrens.
    Andererseits würde dem SH sonst die Möglichkeit genommen, sich die Gerichtskosten erstatten zu lassen, da er keinen Ausgleichsanspruch gegen den Bekl. hat.

    Ich hoffe alle wichtigen Punkte angegeben zu haben und bin gespannt auf eure Antworten.

  • Kitzlige Frage, die eigentlich schon bei der KGE zu klären ist:

    Schließt sich die Partei, zu der der SH gehört, dessen Rechtsmittel an, z.B. durch eigene Antragstellung, macht sie dadurch deutlich, dass es "ihr" Rechtsmittel ist und sie haftet auch für die Kosten.
    Schließt sie sich dagegen nicht an, dann gilt wohl ein alter Grundsatz des BGH, wonach es dem SH nicht möglich sein soll, auf Kosten der sich nicht anschließenden aber auch nicht widersprechenden Partei weiter zu prozessieren. In einem solchen Fall wären schon in der KGE die Kosten dem SH aufzuerlegen gewesen, nicht der Bekl,, obwohl er nicht Partei ist. hintergrund dieser Konstruktion kann auch sein, dass es der Partei egal ist, wieder Rechtsstreit ausgeht, da sie ja in jedem Fall Rückgriff beim SH nehmen kann. Daher kommt es wohl durchaus zu Verabredungen, wonach nur der SH Berufung einlegt, aber eben auf eigene Kosten.

    Wenn man davon ausgeht, dass das OLG diese Differenzierung berücksichtigt hat, dann müsste man m.E. auch konsequent sein und dürfte eine Verrechnung nicht vornehmen. Auf der anderen Seite kümnert sich die Praxis doch selten um die reine Lehre, sondern verfährt nach dem Grundsatz "was man hat, hat man".:D Ansatz wäre die Veranlasserhaftung.

    Und das wäre jetzt die Frage an die Praktiker, die ich ohne Blick in den Kommentar (bin gerade außerhalb) nicht beantworten kann: Gibt es Entscheidungen, die die pragmatische Sicht der Dinge stützen?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Vielen Dank für die fundierte Antwort. :daumenrau

    Zur Ergänzung des Sachverhalts:
    Der Bekl. hat sich gemäß Terminsprotokoll der Berufung des SH im Termin angeschlossen.

    Wenn ich AndreasH richtig verstehe, erstreckt sich mit dem Anschluss des Bekl. an die Berufung des SH die Kostenschuld gemäß 22 GKG "kraft Gesetz" auf den Bekl..
    Dann ist der Vorschuss des SH zurückzuzahlen und vom Bekl. neu anzufordern.
    Ganz glücklich bin ich allerdings nicht damit, erst Geld an den SH auszuzahlen und danach auf die Zahlungsfähig- und -willigkeit des Bekl. hoffen zu müssen. :gruebel:

  • Zum ersten Punkt: wie AndreasH. Grundlegend zur Kostenerstattung bei einem Rechtsmittel des Streithelfers: BGH, Urt. v. 14.12.1967 - II ZR 30/67 (NJW 1968, 743, 746 unter C.). Entscheidend ist, ob sich die unterstützte Hauptpartei am Rechtsmittelverfahren "beteiligt" hat. Hier liegt eine solche Beteiligung vor, wie JDE ja gerade ergänzt hat.

    Bei der Kernfrage hätte ich - aus dem Bauch heraus - gegen eine Verrechnung plädiert. Analogie von § 18 S. 2 GKG, § 31 Abs. 2 S. 1 GKG?

    Anders und pragmatisch sieht es hingegen das OLG Köln (Urt. v. 18.03.1993 - 17 W 16/93): "Hatte - auch - der Streithelfer eine Beweisaufnahme beantragt und den eingeforderten Kostenvorschuss, der voll verbraucht wurde, gezahlt, so kann er von der Stadtkasse keine Rückzahlung verlangen, wenn die Kosten einem anderen Verfahrensbeteiligten auferlegt worden sind." Ebenso: OLG Koblenz (Beschl. v. 03.03.1980 - 14 W 77/80)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Mein Ergebnis:

    Gemäߧ 22 Abs. 1 S. 1 GKG schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugsbeantragt hat. Aus § 12 Abs. 1 S. 1, 2 GKG ergibt sich eine entsprechendeVorschusspflicht. Diese Vorschusspflicht bleibt gem. § 18 S. 1 GKG auchbestehen, wenn Kosten des Verfahrens einem anderen auferlegt werden. DieAuslagenvorschusspflicht stellt mithin in Wahrheit eine endgültigeZahlungsverpflichtung dar (OLG Köln, Beschluss v. 18.03.1993, Az. 17 W 16/93).Als Berufungsklägerin haftet die Streithelferin demnach als Gesamtschuldnerinmit der Beklagten als weitere Berufungsklägerin für die im zweiten Rechtszugverursachten Kosten, sowie mit der Berufungsbeklagten alsEntscheidungsschuldnerin, §§ 31 Abs. 1, 29 Nr. 1 GKG. Eine Rückzahlung der vonder Streithelferin aufgrund ihrer Vorschusspflicht erhobenen Vorschüsse käme nur in Betracht,wenn und soweit Vorschüsse nicht verbraucht wären. Dies ist jedoch nicht derFall. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Kostenbeamte dieRückerstattung der von der Streithelferin auf die zweitinstanzlichenVerfahrenskosten geleisteten Vorschüsse in Höhe von xxx EUR auf dieKostenschuld der übrigen Kostenschuldner verrechnet hat. Die Bestimmung des §31 Abs. 2 GKG verpflichtet die Staatskasse nicht zur Rückerstattung der vomKostenschuldner in Erfüllung der ihm nach 22 Abs. 1 S. 1 GKG obliegendenVorschusspflicht bereits gezahlten Beträge.

    Was meint ihr?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!