BerH für Familiensachen: Trennungs- und Kindesunterhalt

  • Hallo,

    eine allgemeine Frage ohne konkreten Fall (noch kein Fall, da lediglich am Telefon nachgefragt wurde): Zwischen den Kollegen besteht Uneinigkeit betreffend die Bewilligungsfähigkeit einer Trennungsunterhaltssache.

    Betroffene ist KiMu von 2 Kindern und getrennt lebend.
    Der Ehemann war der Alleinverdiener und soll nun Unterhalt zahlen.
    Die KiMu hat nichts selbst unternommen, war nicht beim Jugendamt, hat nicht zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert, sondern ist nach der Trennung direkt zum RA gegangen.
    Da BerH für Kindesunterhalt hier ohne vorherige Inanspruchnahme der Beratung durch das Jugendamt nicht gewährt wird, soll der BerH-Antrag lediglich auf Trennungsunterhalt lauten.

    Kollege A sagt: Da Trennungsunterhalt nachrangig ist, muss zunächst geklärt werden, ob nach der Festsetzung des Kindesunterhalts überhaupt noch Leistungsfähigkeit da ist, die eine Beratung bezüglich Trennungsunterhalt notwendig macht, sonst mutwillig.

    Kollege B sagt: Der Antrag ist ohne Eigenbemühungen für den Trennungsunterhalt ohnehin mutwillig.

    (Ich vermute fast, dass der RA lediglich einfach an Gebühren kommen möchte und Kindes- und Trennungsunterhalt eh als einheitliche Angelegenheit geltend macht, also der Kindesunterhalt-nur-nach-Jugendamtberatungs-Grundsatz umgangen werden soll (das sage ich aber natürlich nicht laut.))
    Ansonsten stimme ich in diesem Fall Kollege B zu, wir verlangen ein Mindestmaß an Engagement, d.h. die Antragsteller müssen darlegen dass sie zumindest dem Partner mitgeteilt haben, dass Trennungsunterhalt erwartet wird - der RA soll auch in Trennungssachen erst einschreiten, wenn die Gegenseite sich querstellt.

    Aber was sagt ihr zum Argument von Kollege A? Kann Trennungsunterhalt nur nachrangig behandelt werden, wenn Kinder vorhanden sind?
    Oder unterscheidet ihr nicht zwischen den Unterhaltsarten?

  • Ich habe immer, wenn sowohl Kindes-, als auch Trennungsunterhalt geltend gemacht werden sollten, bewilligt.

    Einzeln betrachtet:
    Kindesunterhalt - klar: Vorrang des Jugendamtes (grundsätzlich)
    Trennungsunterhalt: Eigentätigkeit? Nee. Wie soll ein Laie hier eine sinnvolle (!) Eigentätigkeit ausüben? Sofortige Bewilligung.


    Kindes- und Trennungsunterhalt sind inhaltlich sehr eng miteinander verknüpft. Zwar ist es richtig, dass die Kinder Vorrang vor den getrenntlebenden Ehegatten haben - aber das ist m.E. für unsere Bewilligungsentscheidung unerheblich.

    Ich teile die Auffassungen beider Kollegen mithin nicht.


    Es mag sein, dass durch diese Praxis ein paar Leute die Pflicht, zunächst das JA zu konsultieren, umgehen wollen oder auch können. Bei mir ist das allerdings nie vorgekommen. Davon ab hätte man für den Trennungsunterhalt ohnehin bewilligen können, ja müssen, da wir im Rahmen der Bewilligungsprüfung nicht festzustellen haben, ob ein Anspruch besteht oder nicht.


    Daher:
    Eine einheitliche Bewilligung, es handelt sich nach der wohl mittlerweile überwiegenden Meinung auch um dieselbe außergerichtliche Angelegenheit, also nur einmal Vergütung.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Auch bei Trennungsunterhalt wird es hier in der Regel als zumutbar angesehen, den Expartner zunächst darüber zu informieren, dass man von einer Unterhaltsberechtigung ausgeht, und auf eine Einigung diesbezüglich hinzuwirken. Es gibt regelmäßig Fälle, in denen das so läuft (nicht jeder trennt sich unter Fluchen und Spucken). Ausnahmen der Zumutbarkeit kommen da natürlich vor.

    Aber okay, den Teil mit dem Vorrang der Angelegenheiten sehe ich ohnehin genauso.

    Bin gespannt, ob dazu tatsächlich ein Antrag kommt.

  • Daher:
    Eine einheitliche Bewilligung, es handelt sich nach der wohl mittlerweile überwiegenden Meinung auch um dieselbe außergerichtliche Angelegenheit, also nur einmal Vergütung.

    räusperräusper..
    Nach mittlerweile einheitlicher Rechtsprechung sind KU und TU KEINESFALLS nur EINE Angelegenheit.
    Ich muss jetzt nicht wieder die komplette Rspr hier einstellen, oder?:mad:

  • Auch bei Trennungsunterhalt wird es hier in der Regel als zumutbar angesehen, den Expartner zunächst darüber zu informieren, dass man von einer Unterhaltsberechtigung ausgeht, und auf eine Einigung diesbezüglich hinzuwirken. Es gibt regelmäßig Fälle, in denen das so läuft (nicht jeder trennt sich unter Fluchen und Spucken). Ausnahmen der Zumutbarkeit kommen da natürlich vor.

    Aber okay, den Teil mit dem Vorrang der Angelegenheiten sehe ich ohnehin genauso.

    Bin gespannt, ob dazu tatsächlich ein Antrag kommt.

    Aha...man geht also von einer Unterhaltsberechtigung aus. Und berechnet den Unterhalt dann selbst. Oder einigt sich halt irgendwie auf was. Nee, is´klar.
    ICH brauch für´s Unterhaltsrecht ein halbes Dutzend Fachbücher, regelmäßige Fortbildungen und was nicht noch alles - und der Laie soll das mal eben selbst machenß

    Kann es sein, dass Ihr Euch mit der Bewilligung von BerH in diesem Bereich so schwer tut, weil Ihr SELBER keine Ahnung habt?

  • räusperräusper..
    Nach mittlerweile einheitlicher Rechtsprechung sind KU und TU KEINESFALLS nur EINE Angelegenheit.
    Ich muss jetzt nicht wieder die komplette Rspr hier einstellen, oder?:mad:

    kann auch gar nicht EINE Angelegenheit sein, schließlich sind die Kinder beim KU AST und werden lediglich vertreten, TU macht derjenige welcher für sich selbst geltend

  • räusperräusper..
    Nach mittlerweile einheitlicher Rechtsprechung sind KU und TU KEINESFALLS nur EINE Angelegenheit.
    Ich muss jetzt nicht wieder die komplette Rspr hier einstellen, oder?:mad:

    kann auch gar nicht EINE Angelegenheit sein, schließlich sind die Kinder beim KU AST und werden lediglich vertreten, TU macht derjenige welcher für sich selbst geltend

    Falsch. § 1629 III BGB:
    "Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen"

    Unterhaltsrecht ist wohl doch etwas komplizierter, als man gemeinhin meint...:teufel:

  • Daher:
    Eine einheitliche Bewilligung, es handelt sich nach der wohl mittlerweile überwiegenden Meinung auch um dieselbe außergerichtliche Angelegenheit, also nur einmal Vergütung.

    räusperräusper..
    Nach mittlerweile einheitlicher Rechtsprechung sind KU und TU KEINESFALLS nur EINE Angelegenheit.
    Ich muss jetzt nicht wieder die komplette Rspr hier einstellen, oder?:mad:

    Och, wenn du Lust hast, dann mach das ruhig ;)
    Ich beziehe mich dabei gerne auf die Kommentierung in der 7. Auflage des Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, „Prozess- und Verfah-renskostenhilfe, Beratungshilfe“ unter Randnummer 1022, die sogar noch weiter geht und (mwN) die These aufstellt, dass sämtliche finanziellen Folgen (Unterhalt, Zugewinnausgleich, Gesamtschuldnerausgleich pp) eine Angelegenheit sei.

    Und es gibt ebenso Entscheidungen, die von bis zu 13 Angelegenheiten ausgehen.

    Ich bin - pensenbedingt - allerdings nicht auf dem Laufenden, was die Rechtsprechung hergeht. Da ist es vielleicht sinnvoll, die in den Rechtsprechungs-Thread einzustellen :)


    @Malhiermalda:
    Ich halte es für gefährlich, einen BerH-Antragsteller darauf zu verweisen, zunächst selbst den (potentiellen) Unterhaltsschuldner aufzufordern bzw. wirksam in Verzug zu setzen. Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, verlangst du das auch nicht.

    Ich stimme dir insoweit zu, als dass es Trennungen gibt, in denen eine friedliche Lösung ohne Rechtsanwalt auch in Unterhaltsfragen möglich ist.
    Wird jedoch bei der Antragstellung (auf der RAST) auf kurze Nachfrage vorgetragen, dass eine gütliche Einigung da nicht möglich ist (das ist bei mir auf der RAST der Standardfall - ich schätze, dass die andere Gruppe nur im Ausnahmefall auf der RAST tatsächlich aufschlägt), verlange ich auch keine weiteren Bemühungen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt sind sehr wohl nur eine Angelegenheit beratungshilferechtlich.
    Bzgl. Kindesunterhalt ist aber das Jugendamt eine anderweitige Hilfsmöglichkeit.
    Ich würde für Trennungsunterhalt Beratungshilfe bewilligen.

  • Daher:
    Eine einheitliche Bewilligung, es handelt sich nach der wohl mittlerweile überwiegenden Meinung auch um dieselbe außergerichtliche Angelegenheit, also nur einmal Vergütung.

    räusperräusper..
    Nach mittlerweile einheitlicher Rechtsprechung sind KU und TU KEINESFALLS nur EINE Angelegenheit.
    Ich muss jetzt nicht wieder die komplette Rspr hier einstellen, oder?:mad:

    Dann ist aber ordentlich was verpasst.... Ich vergüte nach dieser Meinung:

    OLG Stuttgart Beschluß vom 17.10.2012, 8 W 379/11

    Beratungshilfe: Anwaltliche Gebühren für die Beratung in den Angelegenheiten "Trennung, Scheidung und Folgesachen"Leitsätze


    Wird ein Beratungshilfeschein für die Angelegenheiten "Trennung, Scheidung und Folgesachen" erteilt, sind bei einer anschließenden umfassenden Beratung durch einen Rechtsanwalt die vier Komplexe


    - Scheidung als solche,

    - das persönliche Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),

    - Fragen im Zusammenhang mit Ehewohnung und Hausrat,

    - finanzielle Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterrecht, Vermögensauseinandersetzung)


    jeweils als gesonderte gebührenrechtliche Angelegenheiten zu behandeln, so dass die Beratungsgebühr für insgesamt bis zu vier Angelegenheiten geltend gemacht werden kann.

    (im Anschluss an OLG Nürnberg NJW 2011, 3108 und OLG Celle NJW 2011, 3109; Aufgabe von OLG Stuttgart FamRZ 2007, 574)




    Ich meine, die meisten anderen OLGs sehen es auch so, obwohl manche OLGs die teilweise die Komplexe etwas anders zusammensetzen. Dass Trennung und Folgesachen eine Angelegenheit ist, dürfte man als mittlerweile als Mindermeinung bezeichnen können (ebenso das LG/OLG das daraus acht (!) Angelegenheiten machen wollte). Soweit ich weiß, sind die doch alle bei vier Angelegenheiten, oder?


  • Das OLG Düsseldorf zitiert diesen Beschluss und nennt wortgenau die gleichen 4 Angelegenheiten, I-10 W 106/16.

    Das ist mittlerweile auch bei den meisten hiesigen Anwälten zähneknirschend zur Kenntnis genommen worden.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • @Malhiermalda:
    Ich halte es für gefährlich, einen BerH-Antragsteller darauf zu verweisen, zunächst selbst den (potentiellen) Unterhaltsschuldner aufzufordern bzw. wirksam in Verzug zu setzen. Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, verlangst du das auch nicht.

    Ich stimme dir insoweit zu, als dass es Trennungen gibt, in denen eine friedliche Lösung ohne Rechtsanwalt auch in Unterhaltsfragen möglich ist.
    Wird jedoch bei der Antragstellung (auf der RAST) auf kurze Nachfrage vorgetragen, dass eine gütliche Einigung da nicht möglich ist (das ist bei mir auf der RAST der Standardfall - ich schätze, dass die andere Gruppe nur im Ausnahmefall auf der RAST tatsächlich aufschlägt), verlange ich auch keine weiteren Bemühungen.

    Genau so sieht es aus.
    Der Hinweis, dass der andere Teil sich sperrt etc., genügt immer.
    Nachdem allerdings die Fälle häufiger geworden sind, in denen der eine Partner sogar die Trennungsabsicht selbst durch einen Rechtsanwalt verkünden wollte, verlange ich schon von den Parteien, dass sie klare Verhältnisse selbst schaffen.

    Eine Trennung ist nicht schön, erfordert aber (genauso wie ein Verkehrsunfall) nicht zwingend einen Rechtsanwalt. Dass der Verlauf der Einigungs- oder Klärungsversuche häufig darauf hinausläuft, dass dann ein RA nötig wird, bleibt unbenommen.

  • OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.03.2011, Az: 11 WF 1590/10
    OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2011, Az: 2 W 141/11
    OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2012, Az: 8 W 379/11
    OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.05.2014, Az: 20 W 237/13
    Oberlandesgerichtdes Landes Sachsen-Anhalt (OLG Naumburg), Beschluss vom 28.03.2013, Az: 2 W25/13
    OLG Hamm, Beschluss vom 08.04.2016, Az: 25 W 295/15

    sämtliche besagen Ehegatten- und Kindesunterhalt = eine Angelegenheit

  • Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt sind sehr wohl nur eine Angelegenheit beratungshilferechtlich.
    Bzgl. Kindesunterhalt ist aber das Jugendamt eine anderweitige Hilfsmöglichkeit.
    Ich würde für Trennungsunterhalt Beratungshilfe bewilligen.

    Aber gerade WEIL es nur eine Angelegenheit ist (ich würde die (aktuelle!) Rechtsprechung von b-g-f auch gerne sehen, die Gegenteiliges feststellt), macht es keinen Sinn, die Leute wegen Kindesunterhalt zum Jugendamt zu schicken und wegen Trennungsunterhalt zum Anwalt! Warum sollen die beiden aneinander vorbeiarbeiten, zumal die Berechnung des Trennungsunterhalts ohne Kenntnis des Kindesunterhalts nicht möglich ist?

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Das OLG Bamberg sah und sieht dies auch so (OLG Bamberg vom 27.04.2017, Az. 8 W 22/17 - m. W. bislang nicht veröffentlicht)

    Ich finde die Argumentation auch etwas schräg, wegen Kindesunterhalt zum Jugendamt zu schicken und wegen Trennungsunterhalt auf Eigeninitiative zu setzen. Mein Erinnerungsrichter und mein OLG würden sich einer solchen Argumentation sicher verschließen.
    Ich halte das Unterhaltsrecht auch für so komplex, dass es ohne einen Profi (Jugendamt/RA) nicht geht.

    Vorliegend dürfte aufgrund der Trennung/Scheidung eine einheitliche Beratung durch den RA geboten sein - dafür aber nach der weit überwiegenden OLG-Rechtsprechung nur eine Angelegenheit.

    Ich selbst hatte heute den Fall, dass eine nichteheliche Partnerschaft gelöst wurde und die Frau/Mutter BerH wegen Kindesunterhalt und Betreuungsunterhalt begehrte. Da beim Kindsvater aber offensichtlich ein Mangelfall vorliegen dürfte, habe ich sie wegen des Kindesunterhalts zum Jugendamt geschickt; hinsichtlich des Betreuungsunterhalts gehe ich davon aus, dass der Mangelfall so eindeutig ist, dass kein Anspruch gegeben sein dürfte. Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Antragstellerin den Antrag auf BerH wegen des Betreuungsunterhalts zurücknimmt: So kann sie erst mal abwarten, was das Jugendamt ermittelt. Ergibt sich Leistungsfähigkeit, kann sie BerH-Antrag für Betreuungsunterhalt neu stellen. Ergibt sich klar keine Leistungsfähigkeit des Vaters, würde ich erneuten BerH-Antrag wegen Betreuungsunterhalt tendenziell wegen Mutwilligkeit zurückweisen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!