Ausschlagung nach Erbscheinserteilung

  • Hallo,
    ich brauche mal bitte eure Meinung:
    Der Erblasser wird gesetzlich beerbt von seinem Vater zu 1/2 und von zwei Geschwistern zu jeweils 1/4. Zu dem Erbscheinsantrag war eine Schwester da, welche die Vollmachten von dem Vater und dem Bruder vorgelegt hat. Daraufhin wurde der Erbschein am 14.03.2017 erteilt. Der Beschluss über die Festsetzung des Geschäftswertes wurde allen dreien am 28.04.2017 zugestellt. Der Nachlasswert setzt sich wie folgt zusammen:
    - Grundstück: 50.000,00 EUR + Konto 258,89 EUR - Kredit 35.000,00 = 15.258,89 EUR. Der Nachlass war demzufolge nicht überschuldet.
    Am 17.05.2017 ging dann die Anfechtung der Annahme der Erbschaft und die Erbausschlagung des Bruders vom 15.05.2017 (welche er vor einem Notar erklärt hat) hier ein. Als Begründung gibt er an:
    " Ich habe am 20.02.2017 meine Schwester aufgesucht, da diese die Nachlassabwicklung nach meinem Bruder übernommen hatte. Ich habe meine Schwester gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass wegen Überschuldung des Nachlasses die Erbschaft für alle Geschwister ausgeschlagen wird. Dies hat meine Schwester dann auch zugesagt. Sie wolle sich darum kümmern. Entgegen dieser Zusage hat meine Schwester dann allerdings beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragt. Hiervon erlangte ich durch ein Schreiben des Amtsgerichts Kenntnis. Mit diesem Schreiben wurde mir die Grundbuchberichtigung mitgeteilt. Danach war ich nun der Überzeugung, dass eine Ausschlagung nicht mehr möglich sei. Ich habe meine Schwester sofort angerufen, die mir erklärt hat, nach ihrer Kenntnis könne man das jederzeit rückgängig machen. Daraufhin hat meine Ehefrau am 12.04.2017 einen RA aufgesucht, dieser hat darauf hingewiesen, dass bis zum 31.03.17 die Ausschlagung immer noch möglich gewesen wäre. Dies war mir bis dahin nicht bekannt. Mir ist daher empfohlen worden, binnen 6 Wochen nach dem Beratungsgespräch die Anfechtung der Erbschaftsannahme beim zuständigen Nachlassgericht zu erklären. Innerhalb der danach laufenden Anfechtungsfrist wird nunmehr die Anfecht der Erbschaftsannahme erklärt und zugleich die Ausschlagung der Erbschaft. Der Nachlass erscheint überschuldet."

    Ich habe ihn nun angeschrieben, dass der Nachlass augenscheinlich nicht überschuldet ist, er wollte sich nochmal melden, was er bisher nicht gemacht hat.
    Wie muss ich nun weiter vorgehen? Würdet ihr die Anfechtung als wirksam ansehen? Aber eigentlich liegt ja kein Grund für eine Anfechtung vor, oder?
    Muss ich den Erbschein einziehen?

    Danke schon mal für eure Hilfe!!

  • "Vollmacht zur Beantragung des gesetzlichen Erbscheins des Verstorbenen A. Hiermit bevollmächtige ich <Name und Geburtsdatum> meine Schwester <Name und Geburtsdatum>, den gesetzlichen Erbschein zu beantragen."

  • Dann ist die Aussage, dass er die Schwester beauftragt hat, das Erbe auszuschlagen, ja schlichtweg falsch.

    Ich habe die Entscheidung des OLG München gefunden. Vielleicht hilft sie dir. Oberlandesgericht München: Beschluss vom 16.03.2017 – 31 Wx 92/17

    Der Feststellungsbeschluss ist in formeller Rechtskraft erwachsen, sodass nur eine Einziehung des Erbscheins in Betracht kommen würde.
    Richterzuständigkeit wegen streitiger Erbfolge.


    Memo an mich selbst: Am besten alle Miterben immer anhören. Egal, ob Vollmacht oder nicht. Dann spart man sich sowas.

  • Dankeschön :)

    Aber denkst du denn, dass die Anfechtung überhaupt wirksam wäre? Muss darüber dann auch der Richter entscheiden?

  • Nein, ich halte die Anfechtung aus dem genannten Grund nicht für möglich. Er muss sich die Erklärung seiner Bevollmächtigten anrechnen lassen. Wenn Schaden entsteht, ist das Sache zwischen Bruder und Schwester.

  • Und müsste ich die Sache jetzt dem Richter vorlegen mit der Bitte um Entscheidung über die Einziehung des Erbscheins mit dem Hinweis, dass m.A. nach die Anfechtung nicht wirksam ist?

  • Richterzuständigkeit wegen streitiger Erbfolge gibt es meines Wissens nur bei Vorliegen einer letztwilligen Verfügung. Wenn bei gesetzlicher Erbfolge - wie hier - die Erbfolge streitig ist, ist der Rechtspfleger zuständig.

  • Sorry wächst auf meinen Mist. (siehe obiger Beitrag)
    Bei testamentarischer Erbfolge wäre vorzulegen, weil streitige Erbfolge.
    Bei dem hier genannten Fall (hatte gesetzliche Erbfolge) überlesen, müsste der Rpfl entscheiden.

    Edit: AKoehler war schneller

  • Wenn ich es so sehe, dass die Erbausschlagung nicht wirksam ist, würde es dann reichen, wenn ich ihm das so mitteile und ihn darauf verweise, dass er ggf. das Grundstück (ihm geht es nur darum, dass er mit dem Haus nichts zu tun haben will) über den Notar an seine Schwester auflassen soll? Oder muss ich noch förmlich etwas entscheiden? Ich habe allerdings ja auch keinen Antrag auf Einziehung des Erbscheins, sondern lediglich die Erbausschlagung vorliegen.

  • Ich würde die Gebühr für die Entgegennahme ansetzen, eine Verfügung machen, dass ich zum Schluss gekommen bin, dass die Anfechtung unwirksam ist und daher der erteilte Erbschein nicht einzuziehen ist. Kopie der Verfügung an den "Bruder" mit der Feststellung, dass nach deiner Ansicht er weiter Miterbe ist. Ratschläge, was er jetzt tun soll, würde ich nicht machen.

    Einmal editiert, zuletzt von uschi (3. Juli 2017 um 17:00) aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Ich würde die Gebühr für die Entgegennahme ansetzen, eine Verfügung machen, dass ich zum Schluss gekommen bin, dass die Anfechtung unwirksam ist und daher der erteilte Erbschein nicht einzuziehen ist. Kopie der Verfügung an den "Bruder" mit der Feststellung, dass nach deiner Ansicht er weiter Miterbe ist. Ratschläge, was er jetzt tun soll, würde ich nicht machen.


    Das ist ja auch nicht unser Job.
    Das sollen ruhig die Mitglieder der Schwarzen Gilde machen. ;)

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Ich würde die Gebühr für die Entgegennahme ansetzen, eine Verfügung machen, dass ich zum Schluss gekommen bin, dass die Anfechtung unwirksam ist und daher der erteilte Erbschein nicht einzuziehen ist. Kopie der Verfügung an den "Bruder" mit der Feststellung, dass nach deiner Ansicht er weiter Miterbe ist. Rastschläge, was er jetzt tun soll, würde ich nicht machen.

    Die Gebühr gibt es doch gar nicht mehr ...

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