Streitwertfestsetzung

  • Hallo,

    wir haben Klage eingereicht über 8.856,00 Schadensersatz für einen kaputten PKW. Im Rahmen das Verfahrens haben wir einen Vergleich geschlossen. Der PKW wird an den alten Eigentümer Zug-um-Zug gegen Zahlung von 19.000,00 € zurückgegeben.

    Das Gericht hat den Streitwert bis zu 10.000,00 € festgesetzt. Ich bin aber der Meinung, dass hier der Betrag von 19.000,00 € zumindest für den Vergleich festgesetzt werden müsste.

    Was sagt Ihr?

    Danke vorab

    Liane

  • Das Gericht hat den Streitwert bis zu 10.000,00 € festgesetzt. Ich bin aber der Meinung, dass hier der Betrag von 19.000,00 € zumindest für den Vergleich festgesetzt werden müsste.


    Würde mich dem anschließen. :) Mal als Versuch einer Begründung: Gegenstand der Klage ist der Schadensersatz aus dem Pkw-Kauf (8.856 €). Gegenstand des Vergleiches ist zwar (auch) dieser Schadensersatzanspruch (weil er ja mit dem Vergleich beseitigt wird -> worüber man sich einigt, nicht worauf man sich einigt). Allerdings geht der Vergleich über den Gegenstand der Klage (Schadensersatz) hinaus, indem nunmehr (als weiterer Gegenstand) auch die Rückabwicklung des Pkw-Kaufs selbst geregelt wird. Dann liegt m. E. aber ein Mehrvergleich vor, bei dem der Wert des Pkw (Rückabwicklung) den Streitwert des Vergleiches (Schadensersatz) übersteigt. Der (ggf. Rest-)Wert des Pkw beträgt offensichtlich 19.000 €, so daß der Vergleichsmehrwert 10.144 € beträgt. Denn in Höhe der 8.856 € besteht wirtschaftliche Identität der Gegenstände.

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  • Ich sehe es nun wieder anders.

    Wie schon erwähnt, ist beim Vergleich entscheidend, worüber man sich einigt, nicht worauf. Die Einigung erfolgte in Höhe der Klage.

    Die vereinbarte Summe ist dann letztlich das, worauf man sich verglichen hat. Vielleicht wird es klarer, wenn man sich überlegt, dass dort auch 50.000,- € stehen könnten.

  • Vielleicht wird es klarer, wenn man sich überlegt, dass dort auch 50.000,- € stehen könnten.


    Der Zahlbetrag ist egal. Entscheidend ist der Wert des Pkw. Über diesen (bzw. die Rückabwicklung seines Kaufs) wurde sich ja geeinigt. Das ist ja ein eigener Anspruch, der unabhängig von einem etwaigen Schadensersatzanspruch läuft. Da der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch mutmaßlich aber (auch) aus dem Kauf des Pkw resultiert, ist er (gebührenrechtlich) wirtschaftlich identisch mit der Rückabwicklung, weshalb beide Werte nicht addiert werden, aber der höhere (Wert des Pkw) maßgeblich ist.

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  • Ich schließe mich Frog an - kein Vergleichs(mehr)wert.

    Entscheidend für einen Vergleichsmehrwert ist, ob hinsichtlich eines Gegenstandes, der über die anhängigen Ansprüche hinausging, Streit oder jedenfalls Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wurde.
    Streit oder Ungewissheit bestand über einen etwaigen Rückübereignungsanspruch an den Alteigentümer jedoch nicht.
    Die Rückübereignung Zug-um-Zug gegen Zahlung von 19.000,- ist lediglich die Lösung (=worauf), die die Parteien zur Beilegung der anhängigen Streitigkeit (=worüber) gewählt haben.

    Prägnanter als unser Obergericht kann ich es nicht formulieren:

    [Für die Festsetzung eines Vergleichs(mehr)wertes muss] festgestellt werden, dass die geregelten Gegenstände vor Abschluss des Vergleichs streitig oder ungewiss waren. Hierzu genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche noch Regelungen, durch die Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich einen künftigen Streit der Parteien vermeiden. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass eine der Parteien in den Vergleichsverhandlungen Forderungen aufstellt, um dann im Wege des Nachgebens einen Vergleich zu erreichen; für einen Vergleichsmehrwert muss vielmehr der potentielle Streitgegenstand eines künftigen Verfahrens eine Regelung erfahren."

  • Streit oder Ungewissheit bestand über einen etwaigen Rückübereignungsanspruch an den Alteigentümer jedoch nicht.


    :confused: Das nimmst Du woher? Zugegeben, ich unterstelle das Gegenteil. :D Was sacht Liane?

    "Ungewißtheit" über ein Rechtsverhältnis ist gegeben, wenn die Parteien sich unsicher sind, wie die Rechtslage eigentlich ist. Dabei schadet es nicht, wenn für einen Dritten die Rechtslage klar ist (Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., Nr. 1000 VV Rn. 108; Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl. Nr. 1000 VV Rn. 71).

    Für den "Streit" reichen subjektive Zweifel tatsächlicher oder rechtlicher Art, die den Bestand oder den Umfang des Ausgangsrechtsverhältnisses betreffen (BGH, NJW-RR 1992, 363; OLG Düsseldorf, AGS 2003, 596; Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., Nr. 1000 VV Rn. 106). Auch hier kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen eines Dritten an, sondern allein auf diejenigen der Beteiligten.

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  • Streit oder Ungewissheit bestand über einen etwaigen Rückübereignungsanspruch an den Alteigentümer jedoch nicht.


    :confused: Das nimmst Du woher? Zugegeben, ich unterstelle das Gegenteil. :D Was sacht Liane?

    Nun ja, ich nehme an, dass die Kollegin den entscheidungserheblichen Sachverhalt wiedergegeben hat. :gruebel:

    Über Streit oder Ungewissheit zu den Eigentumsverhältnissen, die Umstände also, auf die es ankommt, hat sie kein Wort verloren.
    Solange mir RAe dazu keinen Vortrag liefern, bin ich kaum gewillt, in ihrem Gebühreninteresse nicht Vorgetragenes in den Sachverhalt zu phantasieren. :teufel:

  • Letztlich wurde hier doch statt des "kleinen" Schadensersatzes der "große" Schadensersatz abgewickelt (oder statt einer Minderung die Rückabwicklung, je nachdem wie der Sachverhalt tatsächlich gestaltet war). Dabei lassen sich beide Varianten zur Streitwertfestsetzung wohl vertreten.

    Nach BGH kann man meiner Erinnerung nach im laufenden Rechtsstreit, ohne dass dies eine relevante Klageänderung wäre, vom einen Anspruch auf den anderen umsatteln (wohl sogar mehrfach). Das könnte dafür sprechen, dass auch der Streitwert sich nicht verändert. Dagegen spricht das normale Wertempfinden, wonach eine Klage über großen Schadensersatz zu 19.000,- Euro eben etwas anderes darzustellen scheint, als eine Klage über kleinen Schadensersatz zu 9.000,- Euro.

    Da aber die Streitwertbeschwerde nichts kostet, würde ich es wohl einfach probieren.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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