Bestrittene Forderungen in Vergleichen/Insolvenzplänen

  • Angenommen Fall X:

    Ein Schuldner befindet sich in der Wohlverhaltensphase mit fünf festgestellten und zwei bestittenen Forderungen.

    -Nach § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO erfolgt durch Pfändung pfändbarer Beträge jährlich nach Abzahlung der Verfahrenskosten eine Befriedigung der Insolvenzgläubiger (nur jene, deren Forderungen festgestellt wurden, oder muss auch für bestrittene Forderungen hinterlegt werden?).

    -Durch ein Darlehensangebot seiner Oma erhält der Schuldner in der Wohlverhaltensphase die Möglichkeit, den Gläubigern einen Vergleich anzubieten. Entgegen § 218 Abs. 1 Satz 3 InsO erlaubt das BGH-Urteil vom 29.09.11, Az. IX ZB 219/10 das Verfassen von Insolvenzplänen/das Eingehen von Vergleichen auch nach dem Schlusstermin. https://openjur.de/u/227356.html Er kann folglich einen Insolvenzplan einreichen.

    Genügt es, wenn er Vergleiche/einen Insolvenzplan und Quoten nur mit den Gläubigern, deren Forderungen anerkannt wurden, vereinbart? Oder muss er die Quote auch für die Gläubiger, deren Forderungen wirksam bestritten wurden, oder für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, anbieten und im Plan hinterlegen?

    Meine Logik sagt mir, dass ein Insolvenzplan nach dem Schlusstermin nur die festgestellten, unbestrittenen Forderungen aus der Tabelle umfassen müsste.

    Werden bestrittene Forderungen im Insolvenzplan nicht berücksichtigt, ist dies eine Gläubigerbenachteiligung? Oder setzt ein Insolvenzplan nach Schlusstermin/zu Beginn der Wohlverhaltensphase auch die Restschuldbefreiung außer Kraft - da Gläubiger, die ihre Forderung im Insolvenzverfahren nicht angemeldet haben, nicht benachteiligt werden dürfen?- so dass bei einem Insolvenzplan in der WVP auch wieder die Gläubiger bestrittener Forderungen und jene, die keine Forderungen angemeldet haben, kommen können? (OLG Celle, Urteil 13 U 26/11 vom 14.07.2011 vs. LAG Sachsen, Urteil vom 22.11.2007 - 1 Sa 364/03) Leben damit auch wieder Forderungen auf, die bis zum Schlusstermin nicht angemeldet wurden, so dass sie auch nach dem Schlusstermin / der Schlussverteilung wieder geltend gemacht werden können? https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/ins…otnote_2_103798 Immerhin dürfen Gläubiger mit bestrittenen Forderungen ja auch Versagensanträge stellen, sie müssen angehört werden.

    Aber: An sich sollten ja bestrittene und nicht angemeldete Forderungen mit dem Schlusstermin „verfallen“. Wer bis dato nicht angemeldet hat, ist an sich als Gläubiger mit Forderung ja raus. Bzw. wie lange haben Gläubiger bestrittener (oder nicht angemeldeter) Forderungen nach dem Schlusstermin die Möglichkeit auf Feststellungsklage, wenn ein Insolvenzplan eingereicht wird?

    Worauf begründet Ihr Eure Rechtsauffassung (InsO, Höchstrichterliche Rechtsprechung)?

    Einmal editiert, zuletzt von Quick (19. Juli 2017 um 15:45)

  • Wie oben beschrieben befindet man sich in der WVP. Dann gibt's auch keinen Plan. Möglich ist der beschriebene Vergleich mit den Gläubigern festgestellter Forderungen. Fahrplan wie vom BGH beschrieben.

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  • Die Frage ist jedenfalls für den Fall, dass der Schlusstermin bereits stattgefunden hat sicherlich zutreffend beantwortet.
    Abvergleichen sämtlicher Gläubiger in der Rest-WVP (oder neusprech: Restabtretungsfrist) => RSB-Erteilung (Plan wäre unzulässig, daher auch keine cram-down-möglichkeit mehr).
    Witzig wird dies bei noch bis zum Ende des Schlusstermins vorgelegte Pläne. Hier stellt sich die Frage, ob sich die Präklusionsfristen der §§ 188 ff. nutzen lassen können. M.e. nicht ! Damit verbunden die Frage, ob die Genehmigung der Schlussverteilung widerrufen werden müsste. Da der BGH aber an die Genehmigung der Schlussverteilung offenbar keine besonderen Folgen knüpft, wäre dies wohl nur eine formale Frage.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
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  • Die Frage ist doch, was mit den bestrittenen Forderungen wird. Diese machen hier vom Betrag gut das Zehnfache der festgestellten Forderungen aus. Sind die dann weg, oder müssen die auch per Quote bedient werden? Wenn ich § 189 InsO richtig verstehe, muss der Gläubiger der bestrittenen Forderung spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Insolvenzverwalter nachweisen, dass er Feststellungsklage erhoben hat, also ist die bestrittene Forderungen 2 Wochen nach Schlussverteilung weg und in der WVP bei einem Vergleich nicht mehr via Teilvergleich zu bedienen? (wobei der Gläubiger der bestrittenen Fordeung (?) als antragsbefugter Gläubiger ja immer noch Versagungsgründe versuchen könnte nachzuweisen??)

    Gleiche Frage betrifft die nicht angemeldeten Forderungen, welche ausgeschlossen sein müssten, aber nach dieser Argumentation hier in einem Teilvergleich noch Rechte auf Quote haben müssten: https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/ins…enzplan-3104347

    2 Mal editiert, zuletzt von Quick (19. Juli 2017 um 23:59)

  • Du bist begrifflich und gedanklich mit "Insolvenzplan" hier auf dem Holzweg. Bei regulärem Verfahrensablauf würden Gläubiger mit bestrittenen und nicht angemeldeten Forderungen bis zum Ablauf der WVP und Erteilung der RSB schließlich auch keine Quote erhalten.

    Dadurch dass der Schuldner in der WVP durch Vergleiche erreicht, dass es keine Gläubiger mehr gibt, an den der Treuhänder die aus der Abtretung erlangten Beträge verteilen könnte, besteht gem. BGH Anspruch auf vorzeitige RSB (sofern die Verfahrenskosten berichtigt sind). Die RSB wirkt dann ganz normal auch gegen die bestrittenen und nicht angemeldeten Ansprüche der weiteren Gläubiger.

  • Ich bin da ja ansonsten nicht so, aber die Frage von einem Rechtspflegeranwärter kommt mir komisch vor. :oops:
    Kann es sein das wir hier Rechtsberatung machen sollen?

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Claudia: Solche Fälle gibt es doch nicht jeden Tag, wie ich erst jetzt sehe, wurde im Forum schon vor Jahren das Thema besprochen und genauso wie oben beantwortet. Rechtsberatung gibt es hier nicht.

  • Ich habe ja auch nicht gesagt dass dein Fall gehäuft vorkommt. Ich wundere mich nur wie ein Anwärter zu solch einer Fragestellung kommt. Das ist doch kein Studienstoff.
    Und auch, falls deine Berufsbezeichnung überholt ist, hat doch ein Rechtspfleger mit Vergleichen die der Schuldner in der WVP mit seinen Gläubigern schließen will nichts zu tun. Oder habe ich einen totalen Denkfehler? :gruebel:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Claudia, es geht doch um Erteilung der RSB auf Antrag des Schuldners nach dem Abschluss von Vergleichen. Das soll vorkommen ...

    Was würdet Ihr machen, wenn Schuldner mit Gläubiger A einen Vergleich zu 20% und mit Gläubiger B einen Vergleich zu 30% abschließt, ist das Gläubigerbenachteiligung, wäre danach RSB zu verweigern...

  • Was würdet Ihr machen, wenn Schuldner mit Gläubiger A einen Vergleich zu 20% und mit Gläubiger B einen Vergleich zu 30% abschließt, ist das Gläubigerbenachteiligung, wäre danach RSB zu verweigern...

    Vergleichen kann er sich, je nach Gusto des Gl.
    In der Regel sehe ich als IG auch nicht, wie sich verglichen wurde.
    In diesen Fällen werden vom Sch. in der Regel nach den außergerichtlichen Verhandlungen mit den betr. Gl. und wohl bereits entspr. erfolgten Zahlungen die finalen Bestätigungsschreiben der Gl. vorgelegt, dass sich verglichen wurde, die Forderungsanmeldung zurückgenommen wird und der vorz. RSB-Erteilung zugestimmt wird.
    So lief das jedenfalls bei mir bisher 3, 4 mal.


  • Die Frage ist jedenfalls für den Fall, dass der Schlusstermin bereits stattgefunden hat sicherlich zutreffend beantwortet.
    Abvergleichen sämtlicher Gläubiger in der Rest-WVP (oder neusprech: Restabtretungsfrist) => RSB-Erteilung (Plan wäre unzulässig, daher auch keine cram-down-möglichkeit mehr).
    Witzig wird dies bei noch bis zum Ende des Schlusstermins vorgelegte Pläne. Hier stellt sich die Frage, ob sich die Präklusionsfristen der §§ 188 ff. nutzen lassen können. M.e. nicht ! Damit verbunden die Frage, ob die Genehmigung der Schlussverteilung widerrufen werden müsste. Da der BGH aber an die Genehmigung der Schlussverteilung offenbar keine besonderen Folgen knüpft, wäre dies wohl nur eine formale Frage.


    Hierzu habe ich zwischendrin eine Off-Topic-Nachfrage:

    Hatte ein Verfahren, normal Schlussprüfung, SV, VÖ.
    Eigentlich alles gelutscht. Ein Tag vor schriftlicher SP-Ausschlussfrist
    kommt InsoPlan rein. > Ab zum Richter.
    Dort wird paar Monate rumgebosselt und der Plan letztlich zurückgenommen.

    Hab dann einfach die Vergütung festgesetzt und nach Schlussverteilung aufgehoben.
    Maßgeblich das urspr. SV mit den ja felsenfesten und abgelaufenen Fristen.
    Warum die noch mal neu eröffnen, war doch alles schon gelaufen, ohne Einwendungen ?

    (Versteht jemand, was ich meine ?) :oops:

  • Quick wirft offenbar so ziemlich alles durcheinander "nomem est omen ? " (weshalb ich Claudias Nachrfrage nachvollziehen kann).

    @ quick: mach Dich erstmal mit dem Ablauf eines Insolvenzverfahrens vertraut, den Wirkungen der Ankündigung einer Restschuldbefreiung, der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, den Vorschriften des BGB über einen Vergleich und dann komm gerne wieder und frag ! (oki, meine Anwärter hätten dies mit links gemacht, aber ich hatte echt Glück, die waren alle recht fit).

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • Nur erstaunlich, dass vor der WVP per Insolvenzplan alle Gläubiger den gleichen Prozentsatz erhalten müssen, in der WVP aber der Schuldner mit seinen Gläubigern Vergleiche zu verschiedenen Prozentsätzen durchsetzen kann?! Das ist wohl so, nur die Logik dahinter verstehe, wer will ...

  • Wer behauptet, dass im laufenden Verfahren die Gläubiger per Plan die gleiche Quote bekommen müssen?

    In der WVP sind die Vergleiche einzelne Abmachungen, für welche die ganzen Erleichterung des Insolvenzplans nicht anwendbar sind.

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  • Auch komisch, dass in der WVP nicht ZUERST die Kosten des Insoverfahrens gedeckt werden müssen, sondern gleich verglichen werden kann - finde ich auch unlogisch..?!:cool:

  • (nicht bur AG Göttingen, sondern indirekt auch das zitierte bgh-Urteil)
    Klar, die kann der Schuldner doch aber immer noch 3 Mon. später bezahlen und dann RSB beantragen. Die Vergleiche mit Zahlung kann er doch 3 Monate vorher durchziehen?!

  • Zur Ausgangsfrage: Sind die anmeldenden Gläubiger oder die lt. Schlussverzeichnis maßgeblich ?

    Das hat der BGH mE ausdrücklich bislang nicht entschieden; seine bisherigen Entscheidungen betrafen immer den Sachverhalt der anmeldenden Gläubiger.

    ME sind grundsätzlich diejenigen lt. SV maßgeblich; zur entsprechenden Argumentation nehme ich immer noch zur Hilfe: AG Göttingen, Beschl. v. 9.9.2009, 74 IK 34/07.

    Sofern bei der Anhörung aller anmeldenden Gl. keine Einlassung in Richtung § 297 InsO erfolgt, erteile ich die vorz. RSB, wenn sich der Sch. mit den SV-Gl. verglichen (oder sie vollbefriedigt) hat und die Verfahrenskosten gedeckt sind.

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