Grundbuchberichtigung Thüringer Straßengesetz "die Anlieger"

  • Hallo,

    ich habe ein Ersuchen auf Grundbuchberichtigung nach dem Thüringer Straßengesetz (§§ 11, 12) auf den Freistaat. Laut dem Thüringer Straßengesetz betrifft dies Fälle, wo die Straßenbaulast von einer Gebietskörperschaft auf eine andere übergeht.

    In meinem Grundbuch steht als Eigentümer "N.N. (Anlieger)". Dies stellt meiner Meinung nach keine Gebietskörperschaft dar, oder sehe ich das falsch? Nach meinem Dafürhalten handelt es sich um einen Personenzusammenschluss alten Rechts (?). Dieser dürfte dann nach Art 233 § 10 EGBGB zwar durch die Gemeinde vertreten werden, aber die Gemeinde ist nicht Eigentümer.

    Demzufolge habe ich Zweifel, ob hier die Berechtigung zum Ersuchen nach dem Thüringer Straßengesetz überhaupt gegeben ist ... ich weiß das ist jetz auch ziemlich spezifisch und Landesrecht ... aber vielleicht kann mir ja trotzdem jemand helfen. :)

  • Ich vermute, dass der Anliegerweg der Widmung als Straße zugeführt wurde, das Eigentum also außerhalb des Grundbuchs auf den Träger der Straßenbaulast übergegangen ist. Das ist nach dem Gutachten des DNotI vom 01.09.2003, geändert am 07.10.2008, erschienen im DNotI-Report 17/2003, 139-141
    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…115?mode=detail
    offenbar möglich. Das Gutachten (Hervorhebung durch mich) kommt zu dem Ergebnis, dass der Anliegerweg katastertechnisch ein eigenes Flurstück sei, das aber sachenrechtlich aus den Teilflächen verschiedener Grundstücke bestehe; s. dazu auch hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1013835
    Die Nutzung zugunsten von Anliegern und der Allgemeinheit sei jedenfalls insoweit zulässig, als der Anliegerweg straßenrechtlich entsprechend gewidmet wurde.

    In solchen Fällen könnte dann nach § 11 ThürStrG auch der Wechsel der Straßenbaulast eingetragen werden.

    Nach § 6 Absatz 3 des ThürStrG vom 07.05.1993, gültig ab 14.05.1993, ist Voraussetzung für die Widmung, dass der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstücks ist oder der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben oder der Träger der Straßenbaulast den Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 41 oder in einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren erlangt hat.

    Ob eine solche Widmung, die nach § 6 Abs. 1 ThürStrG bekannt zu machen war, erfolgt ist, müsste dem GBA nachgewiesen werden. Der entsprechende Eigentumswechsel wäre dann mE auch vorab einzutragen. § 40 GBO dürfte keine Anwendung finden, weil die Gebietskörperschaft, die aufgrund der Widmung zur Straße einzutragen ist, ja nicht untergegangen ist, sondern noch existiert (KG Berlin 1. Zivilsenat, Beschluss vom 17.03.1992, 1 W 165/92, Rz 8)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • #Prinz# In den neuen Bundesländern liegt eine andere Rechtslage vor.

    Bei den Anliegern handelt es sich um einen Personenzusammenschluss alten Rechts.

    In Thüringen ist das sehr kompliziert.

    In Thüringen wurden Personenzusammenschlüsse, die auf einem öffentlichem Rechtstitel beruhten, wurden am 29.05.1947 aufgelöst. Die Grundstücke sind 1947 in das Eigentum der politischen Gemeinde und 1952 in Staatsvermögen der DDR übergegangen. Diese Grundbücher waren 1952 auf "Eigentum des Volkes" zu berichtigen. Das Problem ist, dass nicht alle Grundbücher berichtigt wurden und heute unrichtig sind. Die Gemeinde ist nicht nach Art. 233 § 10 EGBGB verfügungsbefugt.

    Personenzusammenschlüsse, die auf einen privatrechtlichen Rechtstitel beruhten, wurden am 29.05.1947 nicht aufgelöst. Sie bestehen fort. Die Gemeinde ist nach Art. 233 § 10 EGBGB verfügungsbefugt.

    Hier kommt es jetzt auf die Art des Personenzusammenschlusses an.
    a) Handelt es sich wirklich um einen fortbestehenden Personenzusammenschluss, sind die Grundstücke Privateigentum und können nicht nach Straßengesetz übergehen. Es ist eine entgeltliche Verfügung der Gemeinde oder ein Enteignungsverfahren notwendig.
    b) Handelt es sich um Eigentum des Volkes, geht die Straße nach Straßengesetz über, wenn das Flurstück im Kataster als Straßenfläche erkennbar ist.

  • Vielen Dank ihr zwei für eure Antwort. :) ... Aber: Ach herrje :confused::gruebel:


    @ frankenstein:

    Woher weiß ich denn bzw. wie lässt sich herausfinden, ob der Personenzusammenschluss auf einem öffentlichen oder einem privatrechtlichen Rechtstitel beruhte?

    Und was ist die Rechtsgrundlage für die Auflösung am 29.05.1947 in ersterem Fall (und der Übergang auf das Staatsvermögen später)?

    Kennst du hierzu irgendwelche hilfreiche Literatur?


    Und was heißt "wenn das Flurstück im Kataster als Straßenfläche erkennbar ist" ?

  • Woher weiß ich denn bzw. wie lässt sich herausfinden, ob der Personenzusammenschluss auf einem öffentlichen oder einem privatrechtlichen Rechtstitel beruhte?

    Ausführungsbestimmungen zur Durchführung des Ges. über die Sondernutzungsrechte von Gemeindeangehörigen … vom 2.3.1948 (Reg.Bl. Thüringen; Teil I: Ges.-Slg. 1948 Nr. 5 S. 41; Ber. Nr. 8 S. 57)

  • Benötigt die Gemeinde eine betreuungsgerichtliche Genehmigung, wenn sie nach Art 233 § 10 EGBGB für den Personenzusammenschluss handelt und ein Grundstück verkauft?

    Laut Staudinger/Rauscher (2016) Artikel 233 § 10 EGBGB, Rn. 9 ist dem wohl so, aus dem Gesetz selbst ergibt sich dies aber m.E. nicht.
    Worauf sollte sich dieses Erfordernis gründen und ist dies unstreitig?

  • Benötigt die Gemeinde eine betreuungsgerichtliche Genehmigung, wenn sie nach Art 233 § 10 EGBGB für den Personenzusammenschluss handelt und ein Grundstück verkauft?

    Das Amtsgericht ist für eine Vertretung nach Art. 233 § 10 EGBGB nicht zuständig. Wo sollte sich eine Zuständigkeit des Betreuungsgerichts herleiten?

    Verfügungsbeschränkungen, die sich aus den Bestimmungen ergeben, denen der Personenzusammenschluß unterliegt, stehen einer Verfügung durch die
    Gemeinde nicht entgegen (Absatz 2). Die Gemeinde kann im Außenverhältnis machen, was sie will.

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