Erbangelegenheit

  • Hallo,
    folgender Fall liegt mir vor: Die Ehefrau des Betreuten ist verstorben und hat zwei Testamente hinterlassen. Aus dem ersten Testament geht hervor, dass ihr Sohn aus erster Ehe Alleinerbe werden soll. Dies wird durch ein zweites Testament ergänzt. Darin werden Vermächtnisse zugunsten ihres Ehemann ausgesprochen. Der Ehemann soll den Hausrat, ein Wohnrecht und das gesamte Spar- und Girokontovermögen bekommen.

    Die Eheleute lebten beide im Heim.

    Das Haus wurde kurz vor dem Tod der Ehefrau, die Alleineigentümerin war, verkauft. Der Kaufpreis wurde auf das Girokonto der Ehefrau gezahlt. Die Eheleute lebten beide im Heim.

    Der Betreuer fragt an, ob er die Herausgabe des gesamten Nachlasses geltend machen muss. Er ist der Meinung, dass der Kaufpreis dem Sohn zusteht, da dieser als Alleinerbe im ersten Testament eingesetzt wurde und auch das Haus bekommen sollte, so dass ihm der Kaufpreis allein zusteht.

    Der Betreute ist finanziell abgesichert. Die Heimkosten können aus seinem Vermögen beglichen werden.

    Würdet ihr auf die Herausgabe des gesamten Nachlasses bestehen?

  • Wieso soll der Kaufpreis dem Sohn zustehen? Das Haus wurde doch noch zu Lebzeiten verkauft und gehört somit nicht mehr zum Nachlass - also auch der Kaufpreis nicht. Die Frau hätte das entsprechend noch zu Lebzeiten regeln müssen.

  • Wieso soll der Kaufpreis dem Sohn zustehen? Das Haus wurde doch noch zu Lebzeiten verkauft und gehört somit nicht mehr zum Nachlass - also auch der Kaufpreis nicht. Die Frau hätte das entsprechend noch zu Lebzeiten regeln müssen.


    :gruebel: Natürlich gehört der beim Tod der Ehefrau noch (vorhandene) Kaufpreisanteil zum Nachlass der Erblasserin. Das kann ja schon nicht anders sein, weil der Kaufpreis wohl nicht separat angelegt wurde.

  • Wieso soll der Kaufpreis dem Sohn zustehen? Das Haus wurde doch noch zu Lebzeiten verkauft und gehört somit nicht mehr zum Nachlass - also auch der Kaufpreis nicht. Die Frau hätte das entsprechend noch zu Lebzeiten regeln müssen.

    Weil der Nachlaß dem Erben zusteht (belastet mit dem Vermächtnis).

    Wenn das aber im Wesentlichen das Vermögen ist, dann traue ich mir jetzt nicht die Beurteilung zu, wer wirklich Erbe und das hier tatsächlich nur ein Vermächtnis ist. Dazu bin ich vom NL zu weit weg.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich würde dem Betreuer hier keine Handlungsvorgaben machen. Die Erbfolge klärt im Zweifel (wenn ein Erbschein beantragt wird) das Nachlassgericht, dafür ist das Betreuungsgericht nicht zuständig.

    Es könnte hier tatsächlich der Fall vorliegen, dass das später hinzu gekommene Vermächtnis zugunsten des Ehegatten eine geänderte Erbeinsetzung darstellt.

    Mit einer rechtlichen Einschätzung, wer was an wen herauszugeben hat, lehnt man sich hier m.E. zu weit aus dem Fenster.

  • Auslegungsfrage, wie immer. Die Erblasserin wollte offensichtlich ihrem Ehemann nicht das ganze Vermögen vermachen und ging davon aus, dass sie bei ihrem Versterben Hauseigentümerin sein würde (sie vermacht Hausrat und Wohnrecht). Mögen die Beteiligten das ausfechten, ob dem Ehemann nun faktisch der gesamte Nachlass als Vermächtnis zugewendet ist oder ob die Auslegung ergibt, dass der Hauskaufpreis nicht mit vermacht ist.

    In jedem Fall kann der als Erbe bezeichnete (vorsichig formulieren, Watson!) Sohn Auffüllung auf seinen Pflichtteil verlangen.

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  • Ein Erbschein ist nicht erforderlich

    Und noch einmal: Nicht Sache des Betreuungsgerichts.
    Wenn (!!) der Betreuer zu dem Schluss käme, die nicht unbeträchtlichen Zuwendungen zugunsten des Betroffenen stellten eine Erbeinsetzung und kein Vermächtnis dar, täte er gut daran einen ES zu beantragen, und sei es, um diese Vollmacht zu widerrufen.

  • Ich würde dem Betreuer hier keine Handlungsvorgaben machen. Die Erbfolge klärt im Zweifel (wenn ein Erbschein beantragt wird) das Nachlassgericht, dafür ist das Betreuungsgericht nicht zuständig.

    Es könnte hier tatsächlich der Fall vorliegen, dass das später hinzu gekommene Vermächtnis zugunsten des Ehegatten eine geänderte Erbeinsetzung darstellt.

    Mit einer rechtlichen Einschätzung, wer was an wen herauszugeben hat, lehnt man sich hier m.E. zu weit aus dem Fenster.


    :daumenrau (auch zu Beitrag 9)

  • Es spricht manches dafür, den Kaufpreis als Surrogat des Grundbesitzes ansehen und so die getroffenen letztwilligen Verfügungen weiter "fortschreiben" (insbesondere dann, wenn mit der Betroffenen keine rechtserhebliche Verständigung möglich war, als es um den Verkauf des Grundbesitzes ging). Allerdings erhebt sich dann die Folgefrage, ob das Wohnungsrecht des Vermächtnisnehmers aus dem Kaufpreis abzufinden ist.

    Die Erbfolge als solche ist für mich nicht zweifelhaft.

  • Ein Erbschein ist nicht erforderlich, da der Sohn der Verstorbenen eine Generalvollmacht hatte, die über den Tod hinaus gültig ist. Er kann über die Konten ohne Erbschein verfügen.

    Die Generalvollmacht ist mit dem Tod erloschen, da der Bevollmächtigte Alleinerbe der Vollmachtgeberin geworden ist.

    Was Gegenstand des Vermächtnisses an den Ehemann der Erblasserin sein soll, ist letztendlich auch Auslegungssache. War gewollt, dass das Vermächtnis auch einen evtl. Verkaufserlös umfassen sollte? Oder sollte Gegenstand des Vermächtnisses nur das Bar- und Sparvermögen -ohne einen evtl. Verkaufserlös- sein.

    Im übrigen ist der Sohn pflichtteilsberechtigt.

  • Ein Erbschein ist nicht erforderlich, da der Sohn der Verstorbenen eine Generalvollmacht hatte, die über den Tod hinaus gültig ist. Er kann über die Konten ohne Erbschein verfügen.

    Die Generalvollmacht ist mit dem Tod erloschen, da der Bevollmächtigte Alleinerbe der Vollmachtgeberin geworden ist.

    Was die Banken allerdings erfahrungsgemäß wenig interessiert.

  • Das Stichwort war glaube ich Konfusion? Aber nach meiner Erinnerung streiten sich da die Geister. Nicht jeder folgt dem Bestelmeyer-Aufsatz in notar 2013, 147.

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  • Nach meiner Ansicht sollten sich die Geister daran scheiden, dass sich überhaupt Geister daran scheiden, ob eine Vollmacht erlischt, wenn der Vollmachtgeber vom Vollmachtnehmer beerbt wird. Oder wie soll es zugehen, dass sich jemand kraft Vollmacht selbst vertritt? Eine Vertretung ist begrifflich nur denkbar, wenn Vertreter und Vertretener personenverschieden sind.

  • Das Stichwort war glaube ich Konfusion? Aber nach meiner Erinnerung streiten sich da die Geister. Nicht jeder folgt dem Bestelmeyer-Aufsatz in notar 2013, 147.


    Ohne diesen gelesen zu haben, scheint es mir auch fraglich, wenn beim Alleinerben die Vollmacht aufgrund Konfusion erlöschen soll, wenn mehrere Erben vorhanden sind jedoch nicht.

    Hieße ja letztlich, der Alleinerbe benötigt für die Auflösung der Konten einen Erbschein und mehrere Erben können diese ohne Erbschein aufgrund der Generalvollmacht kündigen. :gruebel:

  • Nach meiner Ansicht sollten sich die Geister daran scheiden, dass sich überhaupt Geister daran scheiden, ob eine Vollmacht erlischt, wenn der Vollmachtgeber vom Vollmachtnehmer beerbt wird. Oder wie soll es zugehen, dass sich jemand kraft Vollmacht selbst vertritt? Eine Vertretung ist begrifflich nur denkbar, wenn Vertreter und Vertretener personenverschieden sind.


    Letztlich werden damit mehrere (bevollmächtigte) Erben gegenüber dem Alleinerben bevorteilt.

  • Ich bin nicht der Ansicht, dass die Vollmacht vollumfänglich bestehen bleibt, wenn der Bevollmächtigte lediglich Miterbe ist, sondern die Vollmacht erlischt für die Person des Bevollmächtigten, während sie für die übrigen Miterben fortbesteht. Grund hierfür ist, dass die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist und es sich daher auch bei Miterben stets um ein Vertreterhandeln für jeden einzelnen Miterben in persona handelt. Und hier sind wir dann wieder bei der Feststellung, dass sich niemand selbst vertreten kann.

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