Anschaffung eines Pkw durch Pflegefamilie - Bezuschussung durch Pflegekind?

  • Hallihallo liebe Rechtspfleger-Gemeinde!

    Ich habe hier mal wieder so ein tolles Schmankerl...

    Sachverhalt ist folgender:
    Pflegeeltern kaufen einen neuen PKW (Van/Kleinbus, EZ 09.05.2016, KM-Stand: 16.388, Kaufpreis 51.500,00 EUR. Das Mündel hatte im letzten Jahr einen Betrag von etwa 30.000,00 EUR geerbt. Nun kommt der Vormund und fragt, ob es nicht möglich ist, dass das Mündel sich an den Kosten beteiligt, da es ja u.a. auch zu seinen Gunsten angeschafft wurde bzw. zum Wohle der GANZEN Familie. Die Handicaps des Mündels (es liegt eine starke Entwicklungsverzögerung vor, Grad der Behinderung: 100 %) führen wohl zu großen Schwierigkeiten während der Autofahrten. Das Mündel lebt seit ca. 1 Jahr in der Pflegefamilie. Nach und nach zeigten sich immer gravierendere Behinderungen. Außerdem leidet das Mündel unter vielerlei Ängste. Nach Berichten der Vermünderin, wird das Mündel von den Pflegeeltern wie ein eigenes Kind geliebt und behandelt und zu sämtlichen notwendigen Untersuchungen und Behandlungen begleitet. Für die Pflegeeltern besteht überhaupt keine Frage, dass das Mündel nach dem 18. Lebensjahr weiterhin bei ihnen wohnt und sie alle Notwendigkeiten und Förderungen inklusive der dazugehörigen Autofahrten leisten werden. Aus diesen zusammengefassten Gründen hält die Vormünderin eine Bezuschussung durch das Mündel zu Autokauf i. H. v. 15.000,00 EUR bis 20.000,00 EUR aus dem Vermögen des Mündels als durchaus angemessen.
    Die Pflegeeltern berichten wie folgt:
    „Die Anschaffung eines Vans wurde notwendig, da unser Pflegekind P. sich in unserem vorherigen Auto mit einer 3er Rückbank eingeengt fühlte. Aufgrund der taktilen Wahrnehmungsstörung konnte es den daraus resultierenden Körperkontakt zum Sitznachbar nicht ertragen. Entspannte Autofahrten waren so nicht mehr möglich, da es unter den drei Geschwistern zu dauernden Streitigkeiten kam. Diese waren besonders für P. wegen der geringen Frustrationstoleranz sehr belastend. Kurzfristige Entlastung brachte, dass P vorne sitzen durfte, was jedoch aufgrund von „sich schlecht fühlen“ beider Elternteile auf der Rückbank, keine Dauerlösung war. Vorausschauend wird P. noch lange auf Autofahrten mit uns (Schule, Freizeitgestaltung, Therapie, Urlaub,…) angewiesen sein, da sie wegen ihrer geistigen Behinderung nicht wie andere 14-jährige beginnt, ihr Leben selber zu gestalten. Sie wird noch langjährig Unterstützung benötigen. Beim Autokauf war für P. sofort klar, dass sie ein Auto mit Einzelsitzen favorisiert, sodass sie genügend Platz für sich alleine hat. Weiterhin haben wir bei der Ausstattung beachtet: genügend Beinfreiheit, eine separate Klimaanlage für den hinteren Bereich, da P. stark schwitzt und sehr darunter leidet; bei der großen Hitze steigt zudem ihre Anfallsbereitschaft, automatische Schiebetüren, da P. sehr lärmempfindlich ist und Angst vor zuknallende Autotüren hat.“

    Alles in Allem kann ich ja nachvollziehen, dass die Pflegeeltern darüber nachdenken, dass P einen Teil des Vermögens zum Autokauf beisteuert. Allerdings weiß ich nicht, wie ich das rechtlich gesehen rechtfertigen soll in einem dann anstehenden familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren. Ich könnte ja auch keine genaue Bewertung vornehmen, wie viel P letztendlich beisteuern könnte. Ich wüsste nicht, dass man sich da ein Gutachten ausstellen lassen kann. Außerdem weiß ich ja nicht, ob P. wirklich noch mehrere Jahre/Jahrzehnte im Haushalt der Pflegeeltern verbleiben wird oder doch evtl. in eine Pflegeeinrichtung bzw. Pflegefamilie etc. verlegt wird. Gegebenenfalls könnte vielleicht über ein Darlehen nachgedacht werden, was meiner Meinung nach aber vor einem Notar geregelt werden sollte. Man kann ja vielleicht sagen, dass eine Summe von 10.000,00 EUR ggfls. dazu gesteuert wird, wobei ich immer noch nicht weiß nach welchem Maßstab man die 10.000,00 EUR oder einen höheren bzw. niedrigeren Wert ansetzen kann, und wenn das Auto verkauft wird bekommt sie einen bestimmten Geldbetrag zurück oder wenn sie aus der Pflegefamilie bspw. in eine neue Pflegefamilie oder in eine Pflegeeinrichtung verlegt wird. Ich hatte die Vormünderin auch schon darauf hingewiesen, dass auch der zukünftige Sozialhilfeträger involviert werden müsse, da dieser evtl. später Rückgriffsansprüche geltend machen kann aufgrund einer evtl. Schenkung. Außerdem könnte ggfls. bei Sozialhilfeträgern wie dem LWL, Kranken- oder Pflegeversicherung um Bezuschussung gebeten werden.

    So auch wenn der Text enorm lang ist, hoffe ich, dass ihr euch ein wenig Zeit nimmt und mir vielleicht eure Meinung zu dem vorstehendem Sachverhalt mitteilt und vielleicht auch Lösungsvorschläge…

    Liebe Grüße
    Eure Rechtspflegerkollegin…

  • Eine fertige Lösung kann ich nicht liefern, aber beim Durchlesen kamen bei mir folgende Fragen auf:

    a) Ist es bei einem normalen Eltern-Kind-Verhältnis üblich, daß das Kind einen Beitrag zum Kauf leistet?

    b) Ist es erforderlich, ein Fahrzeug für über 50.000,- EUR zu wählen?

    c) Pflegeeltern erhalten vom Landkreis ein Pflegegeld

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • ... Alles in Allem kann ich ja nachvollziehen, dass die Pflegeeltern darüber nachdenken, dass P einen Teil des Vermögens zum Autokauf beisteuert. Allerdings weiß ich nicht, wie ich das rechtlich gesehen rechtfertigen soll in einem dann anstehenden familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren. …

    Ich gehe davon aus, dass der Vormund und die Pflegeeltern verschiedene Personen sind, sodass kein Vertretungsausschluss vorliegt. Vor diesem Hintergrund sehe ich im Moment keinen Genehmigungstatbestand. Es dürfte sich vielmehr um die allgemeine Aufsicht über die Tätigkeit des Vormunds handeln.

    In der Sache scheint mir die Argumentation der Pflegeeltern plausibel zu sein. Deine Idee mit dem Darlehen finde ich gut. Damit würde der Möglichkeit Rechnung getragen, dass sich die Verhältnisse dahingehend ändern können, dass dem Mündel der Pkw nicht mehr zugute kommt.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Die zukünftigen Fragen wird man irgendwann einmal stellen. Es geht darum, die aktuelle Lebenssituation unter Beteiligung des Vermögens zu verbessern, bevor andere darauf zugreifen. Ich würde genau bis zum niedrigsten der diversen Schonbeträge alles Vermögen sinnvoll ausgeben. Der Van gehört mit Sicherheit dazu.

    Als leiblicher Elternteil eines schwerbehinderten Kindes würde ich genauso verfahren.

    Die Variante "Darlehen" macht mich skeptisch. Würde das Familiengericht den Berufsvormund nicht auf das Vermögen verweisen? Meine Mündel werden in der Regel Eigentümer. Bei Fahrzeugen für Behinderte sowie so, da es sonst keine Zuschüsse gibt.

  • Eine fertige Lösung kann ich nicht liefern, aber beim Durchlesen kamen bei mir folgende Fragen auf:

    a) Ist es bei einem normalen Eltern-Kind-Verhältnis üblich, daß das Kind einen Beitrag zum Kauf leistet?

    b) Ist es erforderlich, ein Fahrzeug für über 50.000,- EUR zu wählen?

    c) Pflegeeltern erhalten vom Landkreis ein Pflegegeld

    a) Die Eltern sind dem Kind gegenüber auch zum Unterhalt verpflichtet, die Pflegeeltern nicht.

    b) kann man ja begründen lassen

    c) Ich habe zufällig einen Pflegegeldbescheid vor mir liegen: 10-jähriges Kind: 589 € Kosten für Sachaufwand (also für das Kind) und 237 € für die Pflegeeltern (Pflege und Erziehung), abzüglich Kindergeld in Höhe
    von 48 € (1/4 des vollen Kindergeldes, dass sie dann noch in Höhe von 192 € dazu bekommen) ... + Erstattung notwendig Versicherungen für das Kind und Kosten für den Schulhort sowie 17 € Urlaubsgeld.
    Somit stehen für den Lebensbedarf des 10-jährigen Kindes ca. 730 € zur Verfügung. Ich weiß nicht, ob ich für meinen Sohn damals in diesem Alter monatlich den Betrag ausgegeben habe ;), wobei natürlich auch
    Wohnkosten enthalten sind. Aber wenn die Pflegeeltern eines normal entwickelten Kindes dasselbe Geld erhalten wie die Pflegeeltern in diesem Fall und das Kind Vermögen hat, sollte aus diesem schon etwas
    beigesteuert werden, wenn sich die besondere Notwendigkeit zeigt. Ich habe jetzt keine Ahnung, wer von irgendwelchen Trägern der geleisteten Sozialleistungen auf den Geldbetrag zugreifen kann. Mir wäre eine
    monatliche Rate lieber, wenn niemand zugreifen kann, nur für den Fall, dass der Zugriff droht, würde ich auch einen Einmalbetrag gut heißen.

    Ein Genehmigungstatbestand könnte ja dann vorliegen, wenn der Vormund über eine größere Geldsumme vom Konto verfügen will (§ 1812 BGB).

  • Allgemein: Ich mag es nicht, wenn ich als Gericht vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Wenn die Pflegeeltern über den Vormund vor dem Kauf angefragt hätten, dann würde ich versuchen, eine Lösung aufzuzeichnen.


    Wenn der Vormund meint, dass es dem Mündel dient, soll er einen Antrag einreichen, ich würde auf das Schenkungsverbot hinweisen und darauf, dass alle Kosten (auch Fahrten mit einem PKW) durch Pflegegeld etc. abgegolten sind. Und sowas wie sittliche Pflicht und Anstand gibt's hier auch nicht. Was irgend wann mal sein wird und ob das Pflegekind in der Familien bleiben kann, wird sich weisen und spielt heute für die Frage Beteiligung am Fahrzeugkauf keine Rolle. Außer Darlehen sehe ich im jetzigen Stadium keine Möglichkeit einer Beteiligung.

  • Man kann ja einen Vertrag wie folgt gestalten:
    Das Auto kostet 50.000 €, das Kind gibt 20.000 € (=40%) hinzu, weil es aus überwiegenden Gründen wegen ihm angeschafft wird. Zugleich soll das Kind einen Rückforderungsanspruch (in Geld) in Höhe von 40% des Wertes des Autos am Tag X haben, wenn es ab diesem Tag - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr von ihm mit genutzt wird. Es ist in der Tat so, dass nicht einzusehen ist, dass ein Kind mit Vermögen, wenn es einen besonderen Bedarf gegenüber anderen Pflegekindern hat, diesen Bedarf nicht aus seinem Vermögen decken soll. Und es ist in der Tat auch so, dass die Pflegeeltern einen derartigen Bedarf nicht aus ihrem Vermögen oder Pflegegeld abdecken müssen, wenn dies bei vergleichbaren Pflegeeltern/-kindern auch nicht der Fall ist. Im Unterhaltsrecht ist ein solcher "Sonderbedarf" auch nicht über die normalen monatlichen Unterhaltsleistungen abzudecken, sondern ggf. darüber hinaus als Sonderbedarf. Wenn zu dem normalen Pflegegeld also keine weiteren Leistungen analog dem "Sonderbedarf" im Unterhaltsrecht bezogen werden können (was wohl zunächst erst einmal zu prüfen und darzulegen wäre), so spricht nichts dagegen, dass das Vermögen herhalten muss.

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