Nachforderung pfändbarer Teilbeträge

  • Hallo zusammen,

    kurz zu meinem Fall. Ich betreue im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme unterschiedliche Menschen in diversen Notlagen. Jetzt habe ich einen Fall, bei dem ich mir schwer tue. Die Ehefrau des Schuldners, der sich in der WVP befindet, wurde für den Zeitraum des Bezugs von Elterngeld (ca. 1600,- Euro) als unterhaltsberechtigte Person vom Gericht herausgerechnet. Diese Herausrechnung war auf den Bezugszeitraum des Elterngelds bestimmt - danach wurde Sie von Seiten des Arbeitgebers wieder als unterh.ber. Person geführt.

    Nun wurde ein Jahr später bei einer routinemäßigen Überprüfung seitens des Gerichts der Umstand bekannt, dass die Ehefrau des Schuldners seit Ende des Elterngelds nahtlos Ein Teilzeit-Einkommen in ca. derselben Höhe erhält. Der Insolvenzverwalter wirft dem Schuldner nun vor, seine Obliegenheiten schwer verletzt zu haben und fordert ein volles Jahr an pfändbaren Teilbeträgen zurück (ca. 2500,- Euro) und droht mit der Versagung der Restschuldbefreiung.

    Der Schuldner argumentiert, dass er nicht verpflichtet war, diesen Umstand anzuzeigen, da das Einkommen seiner Ehefrau gleich geblieben und somit keine Veränderung eingetreten war. Die nun zurückgeforderten pfändbaren Teilbeträge möchte er dementsprechend ebenfalls nicht begleichen.

    Ich bin mir unsicher, wie ich in so einer Situation verfahren soll - wäre hier bereits der Gang zum Anwalt zu raten oder bewegen wir uns noch in einem eindeutig klaren Rahmen?

    Vielen Dank im Voraus.


  • Dann hätte der Schuldner aufgrund des befristeten Vorbeschlusses zur Nicht-Berücksichtigung seiner EF aufgrund eigenen Elterngeldes bei ihrem sich nahtlos anschl. eigenem Teilzeit-Einkommen in etwa selber Höhe wohl kaum ernsthaft davon ausgehen können, dass ihm nach Frist-Ende des ersten Beschlusses wieder ein höherer pfandfreier Betrag nach c-Tabelle mit EF-Berücksichtigung rechtens zustehen könnte, welchen er aber, obwohl also völlig unlogisch, die letzten 12 Monate gerne und widerspruchslos entgegengenommen hat: vielleicht merkt's ja keiner.

    Mittelbares, sich "aufdrängendes Verheimlichen" ... ?
    Ggf. dünnes Eis, auf das sich der Schuldner da nun begeben möchte ?
    Vorsorglicher ratenweiser Ausgleich vor "Aufdeckung" oder vabanque-Spiel und RA, alles möglich.

  • sehe ich genauso, obwohl mir auch nicht klar ist, dass der Beschluss nach c IV sich ausdrücklich auf dieses Einkommen bezieht. Der Verwalter/Treuhänder hätte diesen Beschluss dem Arbeitgeber zustellen müssen; sofern der Schuldner die Veränderung in der Drittschuldnerstellung unterlässt, hat er ein Problem !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Schöne einfache Sache, dem Schuldner die Schuld zu geben (sagt ja schon die Bezeichnung "Schuldner").

    Warum wurde die Nichtberücksichtigung befristet?

    Das Gericht hätte den Beschluss ohne Befristung erlassen können, mag der Schuldner nach dem Bezug des Elterngeldes eine Änderung beantragen.

    Der Treuhänder hat gepennt, er hätte den Schuldner nach dem Bezug des Elterngeldes zu dem Einkommen der Ehefrau befragen können.

    Der Schuldner hätte erkennen können, dass ihm nach dem Bezug des Elterngeldes der erhöhte unpfändbare Betrag nicht zugestanden haben könnte????

    Ich sehe das anders. Der Schuldner hat meiner Meinung nach nichts falsch gemacht.

    Denken wir an die Entscheidung des BGH vom 22.09.2009 - IX ZB 249/08 -. Hier heißt es:

    2. .... § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verpflichtet den Schuldner nicht, den Treuhänder von sich aus auf eine Erhöhung des an ihn ausgezahlten Nettolohns oder darauf hinzuweisen, dass eine nach dem Gesetz unterhaltsberechtigte Person eigene Einkünfte hat.

    Der TH hätte den Schuldner nach dem Ende der Elternzeit nach dem Einkommen der Ehefrau befragen müssen. Es sei denn, dass der Schuldner nach dem Beschluss über die Nichtberücksichtigung der Ehefrau zu einer solchen Mitteilung verpflichtet gewesen wäre.


    Aus dem zitierten Beschluss ergibt sich auch, dass der TH nicht berechtigt ist Beträge von dem Schuldner zu verlangen, wenn ein wirksamer Beschluss über die Nichtberücksichtigung nicht erlassen wurde.

    Was mich an den Fall allerdings wundert, dass die Ehefrau nach der Elternzeit arbeitet und vor der Elternzeit, bzw. dem Mutterschutz scheinbar nicht :gruebel:

    Jetzt war Mosser etwas schneller:(

  • ...Jetzt war Mosser etwas schneller:(

    Dafür Du ausführlicher ;).

    Ja, und das dauert dann schon etwas länger....

    Aber das heißt doch auch, dass wir vom Ergebnis her beide gleich gut sind, oder????:wechlach:

    "Gut" ist ja relativ. Die anderen hier sehen das möglicherweise etwas anders ;)...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Auch alles richtig, aber wer weiß im Falle eines Versagungsantrages schon, wie der Richter, das LG, der BGH diesen Nuancen-Fall entscheidet.
    Alles oder nichts wg. 2.500 € sollte der Schuldner ggf. nicht riskieren, aber kann er natürlich machen.

  • Auch alles richtig, aber wer weiß im Falle eines Versagungsantrages schon, wie der Richter, das LG, der BGH diesen Nuancen-Fall entscheidet.
    Alles oder nichts wg. 2.500 € sollte der Schuldner ggf. nicht riskieren, aber kann er natürlich machen.

    da gebe ich Dir vollkommen Recht. Zumal die Einzelheiten hier nicht bekannt sind. Wer weiß, was der Treuhänder dort möglicherweise abgefragt hat. Und es kann natürlich auch eindeutig wie in Deinem Fall abgelaufen sein. Problem ist auch, wenn erst mal ein Versagungsantrag vorliegt, kann wahrscheinlich keine Nachzahlung mehr erfolgen. Sieht man aber mal die Beträge, ist das sicherlich auch kein Pappenstiel.

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  • Sieht man aber mal die Beträge, ist das sicherlich auch kein Pappenstiel.

    Zwar ist die Frage der Verhältnismäßigkeit vom Einzelfall abhängig. Auf die Schnelle habe ich aber keine Entscheidung des BGH gefunden, welche Beträge über 500 EUR als als geringwertig im Sinne einer Unverhältnismäßigkeit gesehen hat.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Vielen Dank für die interessanten Antworten! Das zeigt wieder einmal, wie interpretationsreich solche Sachverhalte sind...

    Der Beschluss bezieht sich tatsächlich ausschließlich auf den Zeitraum des Bezugs von Elterngeld. Auch wurde er in diesem Beschluss nicht verpflichtet, über eine Änderung des Einkommens der Ehefrau Auskunft zu erteilen. Ein erneuter Beschluss über die Nichtberücksichtigung wurde bis dato noch nicht erlassen - wurde jedoch vom zuständigen Rechtspfleger (auch rückwirkend für das vergangene Jahr) bereits telefonisch angekündigt.

    Ich gebe allen absolut recht, dass der Schuldner wegen 2500 Euro seine Restschuldbefreiung nicht gefährden sollte. Doch darf man nicht außer Acht lassen, dass die Nichtberücksichtigung der Ehefrau + die Rückzahlung der Teilbeträge ca. 450 Euro monatlich ausmachen werden, die dem Schuldner ab sofort zusätzlich monatlich fehlen werden. Nach Berücksichtigung seiner Pendelkosten wird er somit von 2150 netto auf ca. 1600 netto runterfallen. Immer noch gut, das steht außer Frage, aber für ihn verständlicherweise ein Unding...

    Generell ist das Verhältnis zwischen Treuhänder und Schuldner relativ angespannt - der Schuldner fühlt sich drangsaliert (z.B. monatliches Einreichen von Gehaltsnachweisen trotz festem Gehalt, diese Nachforderung, usw.) und der Treuhänder unterstellt dem Schuldner absichtliches Zurückhalten von Informationen (z.B. Einkommen Ehefrau).

    Hier deeskalierend auf den Schuldner einzuwirken ist nicht leicht, doch es trägt erste Früchte. Ich hoffe nun, dass ich ihn dazu bewegen kann, die geforderten Beträge zu zahlen, auch wenn diese vielleicht ohne wirkliche Rechtsgrundlage eingefordert werden.

  • Generell ist das Verhältnis zwischen Treuhänder und Schuldner relativ angespannt - der Schuldner fühlt sich drangsaliert (z.B. monatliches Einreichen von Gehaltsnachweisen trotz festem Gehalt,

    Kein Ahnung, an dieser Stelle jetzt eher sinnfreier Über-Aktionismus des TH, weil nichts weiteres anbrennen soll ... ?

    Wie auch immer und gleichwohl:

    Hier deeskalierend auf den Schuldner einzuwirken ist nicht leicht, doch es trägt erste Früchte. Ich hoffe nun, dass ich ihn dazu bewegen kann, die geforderten Beträge zu zahlen, auch wenn diese vielleicht ohne wirkliche Rechtsgrundlage eingefordert werden.

    :daumenrau

  • Sieht man aber mal die Beträge, ist das sicherlich auch kein Pappenstiel.

    Zwar ist die Frage der Verhältnismäßigkeit vom Einzelfall abhängig. Auf die Schnelle habe ich aber keine Entscheidung des BGH gefunden, welche Beträge über 500 EUR als als geringwertig im Sinne einer Unverhältnismäßigkeit gesehen hat.

    Das bezog sich auf eher auf die Verhältnisse beim Schuldner bzw. für den Schuldner. Es ist sicherlich nicht einfach, aus den pfändungsfreien Beträgen einen Betrag in Höhe von 2.500,00 aufzubringen. Der wird ja den streitigen Betrag nicht unterm Kopfkissen behalten haben.

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  • Ich dachte immer, rückwirkend ist der Nichtberücksichtigungsbeschluss nicht möglich, sondern erst mit Antragstellung. Hier ist das schon ähnlich behandelt worden. BGH vom 3.11.2011 IX ZR 45/11

  • Ich dachte immer, rückwirkend ist der Nichtberücksichtigungsbeschluss nicht möglich, sondern erst mit Antragstellung. Hier ist das schon ähnlich behandelt worden. BGH vom 3.11.2011 IX ZR 45/11

    Sehe ich auch so, aber gleichwohl geht es hier eher um den völlig anderen Aspekt des "Verheimlichens" und das Risiko eines Versagungsantrages mit offenem Ausgang.

  • Ich dachte immer, rückwirkend ist der Nichtberücksichtigungsbeschluss nicht möglich, sondern erst mit Antragstellung. Hier ist das schon ähnlich behandelt worden. BGH vom 3.11.2011 IX ZR 45/11

    Sehe ich auch so, aber gleichwohl geht es hier eher um den völlig anderen Aspekt des "Verheimlichens" und das Risiko eines Versagungsantrages mit offenem Ausgang.

    Ja, der Schuldner hat es verheimlicht, weil der Rechtspfleger ohne erkennbaren Grund die Nichtberücksichtigung befristet hat. Der TH hat ebenfalls gepennt und Schuld hat alleine der Schuldner.

    Interessant wäre zu wissen, was die Ehefrau vorher gemacht hat und ob und welche Einkünfte sie hatte.

    Ein Beschluss kann nur für die Zukunft Wirksamkeit entfalten. Wenn der Rechtspfleger hier einen rückwirkenden Beschluss machen will, spricht das schon für sich.

    Der BGH hatte in dem zitierten Fall zwar nicht moniert, dass der Beschluss ab Antragstellung wirksam sein sollte, aber das war wohl auch nicht Gegenstand des Verfahrens. Allerdings wirkt ein Beschluss über die Nichtberücksichtigung einer unterhaltsberechtigten Person gegen den Drittschuldner, also den Arbeitgeber. Hat der die unpfändbaren Teile des Arbeitseinkommens an seinen Arbeitnehmer ausgezahlt, ist der Beschluss (für die Vergangenheit) für die Tonne und entfaltet meiner Meinung nach keine Wirkungen gegen den Schuldner, der dann die zusätzlich pfändbaren Beträge an den TH herauszugeben hätte.

    So hat es auch der BGH entschieden. Kein Beschluss = keine Beschlagnahme.

    Hier versuchen sich meiner Meinung nach die wirklich Verantwortlichen auf Kosten des Schuldners aus der Verantwortung zu stehlen und machen dem Schuldner Druck mit der möglichen Versagung der RSB. Das kann es doch nicht sein. Wenn man das mit dem Fall vergleicht, den der BGH zu entscheiden hatte, wo es ja um die Versagung der RSB ging, dann hat der Schuldner hier doch wohl auch keine Obliegenheiten verletzt.

  • Ohne mich jetzt zu dem konkreten Fall äußern zu wollen oder meine Meinung kundtun zu wollen, möchte ich doch ein paar Anmerkungen zu dem vorherigen Beitrag machen

    zu (1): Wer sagt denn, dass nicht der TH den Antrag auf Nichtberücksichtigung zeitlich begrenzt hat und der Rechtspfleger lediglich antragsgemäß entschieden hat? Wie der Beschluss zustande gekommen ist, ist zumindest für mich noch unklar. Ich kann es aus den vorherigen Posts nicht herleiten.

    zu (2) Warum einen rückwirkenden Beschluss? (ich lasse mal diese mündliche "Ankündigung" vom Rechtspfleger außen vor, wer weiß, ob es nicht auf nur eine leere und ungeprüfte Androhung war")
    Ich verstehe es so, dass hier vom Schuldner Ausgleichszahlungen verlangt werden (ohne einen rückwirkenden Beschluss), da unterstellt wird, dass er seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist, der TH damit nicht in die Lage war, rechtzeitig einen Zusammenrechnungsantrag zu stellen, den Gläubigern daher pfändbare Beträge vorenthalten wurden (=Schaden) und diese Schäden zur Versagung der RSB führen könnten. Um dies zu vermeiden, soll der Schuldner die Möglichkeit erhalten, eben diese vermeintlichen "Schäden" zu regulieren. Ob dies richtig oder falsch ist, möchte ich an dieser Stelle nicht kommentieren, dafür müsste man die Akte und den Fall genauer kennen und die BGH-Rechtsprechung(en) filetieren. Daher:

    zu (3) Könnte sein, könnte aber auch nicht


    LG

  • Es wäre sicherlich interessant zu wissen, was die Ehefrau vorher gemacht hat und ob und in welchem Umfang sie gearbeitet hat. Wäre das der Fall und die Ehefrau hätte ein in etwa gleich hohes Einkommen gehabt wie jetzt und es hätte keinen Beschluss über die (teilweise) Nichtberücksichtigung gegeben, hätte der Schuldner doch durchaus davon ausgehen können, dass das Einkommen nicht von Bedeutung ist.

    Viele "könnte" und "hätte" und wie Du schon geschrieben hast "Könnte sein, oder aber auch nicht).

    Und aus diesem Grund wäre es für eine bessere Einschätzung schön, wenn der TE dazu noch etwas schreiben könnte.


  • Ja, der Schuldner hat es verheimlicht, weil der Rechtspfleger ohne erkennbaren Grund die Nichtberücksichtigung befristet hat. Der TH hat ebenfalls gepennt und Schuld hat alleine der Schuldner.


    Ich finde das total logisch, die Nichtberücksichtigung zu befristen. Das Elterngeld gibt's ja eben auch nur befristet. Für eine weitergehende Anordnung bestand zum damaligen Zeitpunkt doch überhaupt kein Raum, weil man das Einkommen der Ehefrau für den Zeitraum danach eben nicht kannte. Hätte ja auch gut sein können, dass die Frau noch länger zu Hause bleibt.

    Im Übrigen muss die Ehefrau im Vorfeld bereits Einkommen erzielt haben. Das Elterngeld berechnet sich aus dem Einkommen, dass die Frau im Jahr vor der Geburt des Kindes erzielt hat und beträgt (wenn ich mich nicht irre) ca. 60 bis 65 %. Wenn sie da auf 1600 € monatlich kommt, kann sie auch nicht wenig verdient haben.

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