Genehmigung einer anderen Anlegung § 1811 BGB

  • Die örtliche Bank empfiehlt neuerdings einen Mikrofinanzfonds ( Risikoklasse 2, Renditeerwartung 2-3 % ) :D:D
    Was haltet Ihr grundsätzlich von solchen Fonds ?
    Meine Betreute ( 77 Jahre ) hat ca. 180.000,- € Geldvermögen, 50.000,-€ sollen davon in den Fonds angelegt werden. Die Beimischungsquote finde ich in Ordnung. Irgendeine "objektive" Expertise habe ich bisher nicht gefunden, lediglich die Verkaufsprospekte der Bank liegen vor.

  • § 1806: Mündelgeld ist verzinslich anzulegen.

    Ich bin da hart: Das bedeutet: garantierte Rückzahlung des angelegten Kapitals, garantierte Verzinsung (auch wenn derweil 0,00000000xx). Risiko entsprechend: 0. (und nix mit Risikoklasse 1,2,3,4,5...- ein Risiko gibt es gefälligst nicht. Schon gar keine Risikoklasse 2, denn das heißt für mich dass es risikoärmer geht.)

    Denn:
    Ist nicht garantiert, dass am Ende (insbesondere nach Abzug aller laufenden Gebühren, Abschläge, Aufschläge, Provision oder sonstiger Kosten- denn die fressen meist die Rendite vollständig auf oder übersteigen diese) mehr übrig bleibt, als angelegt wurde, ist der Tatbestand des § 1806 nicht erfüllt. Deshalb lehne ich es ab. Denn § 1811 lässt lediglich eine Abweichung der Art zu, ein Entfallen der "verzinslichen Anlegung" jedoch nicht. Und daher muss eine Verzinsung vor Genehmigung gesichert sein und nicht "im Erwartungsfall/im besten Fall/es ist davon auszugehen etc.

    Klar weiß ich, dass dies anders gesehen werden kann, soll es die nächste Instanz auch ruhig tun und mich aufheben.

    Ich bin da einfach: Werden 100.000,00 € angelegt so hat eine Garantie zu erfolgen, dass nach x Jahren ein Kapital größer als 100.000,00 € zurückgezahlt wird. Das konnte jedoch noch nie ein Fonds leisten-entsprechend habe ich bisher alle Genehmigungen abgelehnt.

  • Hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit empfehle ich einen interessanten Beitrag im aktuellen Rpfleger 2017, Heft 7.

    Zitat:
    "Betreuer führen ihr Amt selbständig. [...] Das Gericht hat sich daher auf die Aufsicht und Unterstützung durch Beratung zu beschränken und darf abgesehen von bestimmten Ausnahmen nicht an Stelle des jeweiligen Amtsträgers handeln oder ihm über das Gesetz hinaus in Fragen, die seiner Entscheidung unterliegen, bindende Anweisungen erteilen.

    [...]

    In den Fällen der Betreuung hat das Gericht [...] seine materiell-rechtliche Prüfung auf die Frage zu beschränken, ob der Vertreter bei dem zu genehmigenden Rechtsgeschäft nicht pflichtwidrig handelt."

    (zum Begriff der Pflichtwidrigkeit s. Palandt, BGB, Rn 8 zu § 1837).


  • Ich bin da einfach: Werden 100.000,00 € angelegt so hat eine Garantie zu erfolgen, dass nach x Jahren ein Kapital größer als 100.000,00 € zurückgezahlt wird. Das konnte jedoch noch nie ein Fonds leisten-entsprechend habe ich bisher alle Genehmigungen abgelehnt.


    Einfach heißt nicht immer richtig.
    Würde diese Auffassung vom Gesetzgeber gewollt sein, hätte es den § 1811 BGB nicht gebraucht.

  • @ Felix: zu "In den Fällen der Betreuung hat das Gericht [...] seine materiell-rechtliche Prüfung auf die Frage zu beschränken, ob der Vertreter bei dem zu genehmigenden Rechtsgeschäft nicht pflichtwidrig handelt.".
    Ein Fonds, der keine garantierten Erträge (aber immer garantierte Kosten, komisch eigentlich :gruebel:) bringt, ist für mich unverzinslich. Eine Anlage in selbigen ist also eine Pflichtverletzung gemäß § 1908 i Absatz I i.V.m. § 1806 BGB (Pflicht zur verzinslichen Anlage).

    Eine "wirtschaftliche Vermögensverwaltung" kann nicht darin bestehen, das Risiko des Kapitalverlustes durch Investition in unverständliche Produkte einzugehen.
    Die bei mir vorstelligen Betreuer haben die Fonds- "Beipackzettel" meist nie gelesen, wissen nix von den Risiken und wollen das nur dort anlegen- weil der nette Mann von der Bank das empfohlen hat ("die Bank sagt, dass haben schon Amtsgerichte genehmigt-das ist also eine sichere Geldanlage") und oft auch nur weil sie glauben, dass es ihre Pflicht als Betreuer ist möglichst hohe Zinsen zu bekommen. Auf die Frage ob sie selbst dort Geld anlegen würden wird dann gesagt: Ach wissen sie, wir vertrauen da lieber aufs Sparbuch.

    @ Wolf : § 1811 ist für mich ein Auffangparagraph, er ist für alles gedacht was kommen kann, um dann nicht jedes mal den § 1807 BGB erweitern zu müssen.
    Jedoch unterstelle ich, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 1811 BGB heutige Fondskonstruktionen, wo man auch nach 4-maligem Lesen noch nicht nachvollziehen kann, wohin das eigene Geld genau geht, nicht im Sinn hatte. Wenn man mir den ersten Fonds vorlegt, der eine Kapitalrückzahlung sowie Verzinsung garantiert bin ich dabei. Denn erst dann erfüllt der Betreuer wie oben dargestellt für mich seine Pflicht.

    Sorry, meine Meinung- ich verlange nicht, dass jeder sie teilt. Bisher haben die Betreuer sich nicht beklagt, vereinzelt mit den Banken Rücksprache gehalten und den Antrag zurückgenommen, bzw. gegen den ablehnenden Bescheid keine Rechtsmittel eingelegt.

  • @ Felix: zu "In den Fällen der Betreuung hat das Gericht [...] seine materiell-rechtliche Prüfung auf die Frage zu beschränken, ob der Vertreter bei dem zu genehmigenden Rechtsgeschäft nicht pflichtwidrig handelt.".
    Ein Fonds, der keine garantierten Erträge (aber immer garantierte Kosten, komisch eigentlich :gruebel:) bringt, ist für mich unverzinslich. Eine Anlage in selbigen ist also eine Pflichtverletzung gemäß § 1908 i Absatz I i.V.m. § 1806 BGB (Pflicht zur verzinslichen Anlage).

    Eine "wirtschaftliche Vermögensverwaltung" kann nicht darin bestehen, das Risiko des Kapitalverlustes durch Investition in unverständliche Produkte einzugehen.
    Die bei mir vorstelligen Betreuer haben die Fonds- "Beipackzettel" meist nie gelesen, wissen nix von den Risiken und wollen das nur dort anlegen- weil der nette Mann von der Bank das empfohlen hat ("die Bank sagt, dass haben schon Amtsgerichte genehmigt-das ist also eine sichere Geldanlage") und oft auch nur weil sie glauben, dass es ihre Pflicht als Betreuer ist möglichst hohe Zinsen zu bekommen. Auf die Frage ob sie selbst dort Geld anlegen würden wird dann gesagt: Ach wissen sie, wir vertrauen da lieber aufs Sparbuch.

    @ Wolf : § 1811 ist für mich ein Auffangparagraph, er ist für alles gedacht was kommen kann, um dann nicht jedes mal den § 1807 BGB erweitern zu müssen.
    Jedoch unterstelle ich, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 1811 BGB heutige Fondskonstruktionen, wo man auch nach 4-maligem Lesen noch nicht nachvollziehen kann, wohin das eigene Geld genau geht, nicht im Sinn hatte. Wenn man mir den ersten Fonds vorlegt, der eine Kapitalrückzahlung sowie Verzinsung garantiert bin ich dabei. Denn erst dann erfüllt der Betreuer wie oben dargestellt für mich seine Pflicht.

    Sorry, meine Meinung- ich verlange nicht, dass jeder sie teilt. Bisher haben die Betreuer sich nicht beklagt, vereinzelt mit den Banken Rücksprache gehalten und den Antrag zurückgenommen, bzw. gegen den ablehnenden Bescheid keine Rechtsmittel eingelegt.

    Ich sehe es wie Insulaner, daher würde ich diesen Fond nie genehmigen. Es ist tatsächlich so, dass mit Sicherheit Kosten produziert werden, und das jährlich, der angegebene Ertrag wird (meist im Kleingedruckten) als nicht garantiert ausgewiesen, bis zum Totalverlust alles möglich.
    Es gibt (bzw. gab) Fonds mit Kapitalsicherung, die haben aber eine (noch) geringere Rendite.

  • Hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit empfehle ich einen interessanten Beitrag im aktuellen Rpfleger 2017, Heft 7. Zitat: "Betreuer führen ihr Amt selbständig. [...] Das Gericht hat sich daher auf die Aufsicht und Unterstützung durch Beratung zu beschränken und darf abgesehen von bestimmten Ausnahmen nicht an Stelle des jeweiligen Amtsträgers handeln oder ihm über das Gesetz hinaus in Fragen, die seiner Entscheidung unterliegen, bindende Anweisungen erteilen. [...] In den Fällen der Betreuung hat das Gericht [...] seine materiell-rechtliche Prüfung auf die Frage zu beschränken, ob der Vertreter bei dem zu genehmigenden Rechtsgeschäft nicht pflichtwidrig handelt." (zum Begriff der Pflichtwidrigkeit s. Palandt, BGB, Rn 8 zu § 1837).



    Auch meine Auffassung. Die Betreuungsgerichte spielen in viel zu vielen Fällen Betreuer (d.h. greifen in Betreuerhandeln bzw. Betreuerentscheidungen ein).

    Wenn ein Betreuer entscheidet: ich lege das Vermögen in Fonds an hat das Betreuungsgericht (nur) zu genehmigen oder die Genehmigung zu verweigern.

    Die Aussage: "nur verzinsliche Anlage auf dem Sparkonto" ist bereits ein Eingriff in Betreuerhandeln und damit (so auch der o.a. Aufsatz) gesetzeswidrig.

    Also die gewünschte Anlageform (ohne eigene Anlageempfehlung) prüfen und genehmigen oder die Genehmigung verweigern.

    Im übrigen gibt es bei genügend großem Vermögen viele (auch obergerichtliche) Entscheidungen, die eine Fondsanlage für durch aus genehmigungsfähig halten. Die Aussage zur mündelsicheren verzinslichen Anlage als absolute Regel ist somit falsch. Auch eine andersartige Anlage ist vom Gesetzgeber vorgesehen und von den Obergerichten als genehmigungsfähig angesehen.

    M.E. liegt aber das größere Problem im (unzulässigen) Eingriff des Betreuungsgerichts in Betreuerhandeln.

  • Nur vorsorglich: Ich schlage dem Betreuer keine Anlage vor, auch wenn ich feststelle, dass er 0 Ahnung davon hat. Aber genehmigt wird eine riskante Ahnung von mir auch nicht.

  • Was haltet Ihr grundsätzlich von solchen Fonds ?


    Ich halte davon garnix. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Mikrofinanzfonds
    Es besteht die Gefahr, dass man außer einem ganz tollen moralisch-ethischen Gefühl nichts zurückbekommt.

    ca. 180.000,- € Geldvermögen, 50.000,-€ sollen davon in den Fonds angelegt werden. Die Beimischungsquote finde ich in Ordnung.


    27 % seines Vermögens in eine Anlage zu stecken, das ist keine Beimischung mehr, sondern Dummheit.

  • Mit "Beimischungsquote" meinte ich die allgemeine Quote für eine andere Anlage gem. § 1811 BGB, wollte damit nicht die konkrete Anlage in den Mikrofinanzfonds favorisieren.
    Dass ich diese Anlage wohl nicht genehmigen werde, halte ich nicht für einen Eingriff in die Entscheidungsautonomie des Betreuers.
    Immerhin kann sich der Betreuer über meine Entscheidung ja auch - allerdings auf eigenes Risiko - hinwegsetzen, da es sich bei § 1811 lediglich um eine Innengenehmigung handelt. :wechlach:


  • ...

    Ich bin da einfach: Werden 100.000,00 € angelegt so hat eine Garantie zu erfolgen, dass nach x Jahren ein Kapital größer als 100.000,00 € zurückgezahlt wird. Das konnte jedoch noch nie ein Fonds leisten-entsprechend habe ich bisher alle Genehmigungen abgelehnt.

    Diese Haltung halte ich für einen Rechtspfleger höchst bedenklich, sorry. Da ist einiges an Rechtsprechung vorbeigegangen und/oder wird ignoriert und du machst es dir im wahrsten Sinn des Wortes sehr einfach. Mal unabhängig vom konkreten Produkt, kann (darf) man da keine pauschale Aussage treffen. Aber Risikoklasse 2 für Mikrofinanz, hmm, und dann noch "nur" 2-3% und dafür 50.000, da gibt es anderes und besseres. Verzinslich im Sinne des § 1811 inflationsbereinigt oder langt dir ein Zinssatz von 0,00000000000000000000001%/Jahr um das zu erfüllen (übertrieben gefragt)?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)


  • :daumenrau

  • Ja , ich mache es mir tatsächlich relativ einfach, was aber daran liegt, dass es mir seitens der Fondsbeschreibungen einfach gemacht wird: Diese weisen Risikoklasse und laufende Gebühren und Kosten aus, garantieren jedoch nicht mal das Mindeste-das Kapital, welches eingezahlt wurde. Das heißt jedoch keinesfalls, dass ich mir nicht jeden Fonds,der vorgelegt wird, genau anschaue: Das komplette Prospekt und den Verlauf der letzten Jahre, nur leider überzeugen die mich meist nicht.

    Das du meine Haltung für einen Rechtspfleger höchst bedenklich findest ist deine Sache- aber ich habe schon zu viele ( okay- nur so 15, mehr waren es nicht,suche nicht gezielt danach ) genehmigte Immobilien- und Schiffsfonds sowie Anlage in "sicheren" Dax-Aktien gesehen und dabei kleine bis enorme Wertverluste beobachtet - einmal sogar bis zur Insolvenz des Anbieters. Da bin ich lieber höchst bedenklich als dies bei einem meiner genehmigten Fälle beobachten zu müssen. Rechtsprechung aus der Vergangenheit auf derzeitige, sich seitdem ggf. komplett veränderte wirtschaftliche Verhältnisse anzuwenden ist meines Erachtens fahrlässig. (z.B. sehe man sich mal die Empfehlung für E.on an vor Fukushima und dem damit verbundenen Atomausstieg- da wurden die noch als Gelddruckmaschine gesehen, der Wertverlust dieser Aktien seitdem- enorm)

    Außerdem:
    Sehe man sich mal das Verfahren an, wenn ein Grundstück verkauft/gekauft, eine Beteiligung an einer GmbH erfolgen soll oder der Betreute ein Darlehen gewähren möchte.
    Ein Fonds, der seinen Gewinn durch Beteiligung an diversen Unternehmungen und Darlehensgewährung ( und das manchmal außerdem außerhalb Deutschlands und außerhalb der EU ) zu erzielen sucht soll dann ohne weiteren Aufwand genehmigt werden? - Ich denke nicht.

    Wir leben in interessanten Zeiten, mit nicht überschaubaren Entwicklungen. Sei es wegen dem noch nicht abgehandelten Brexit- und den damit vorhandenen Auswirkungen auf die EU, sei es wegen einem schwer einschätzbaren amerikanischen Präsidenten, sei es wegen der Mentalität der Unternehmen-die nicht davor zurückschrecken bewusst zu täuschen und Schadenersatzforderungen entstehen zu lassen, sei es wegen den immer noch bestehenden Risiken in bereits seit 2007 existierenden Papieren in den Banken, deren Ausfallrisiko nur pauschal bewertet wurde und deren Risikorealisierung noch vor uns liegt, sie es der technische Fortschritt, der bestehende Unternehmenskonzepte wertlos macht und und und...

    In diesen Zeiten einen Fondsmanager zu finden der sagt: Ich sehe alles in meiner Glaskugel (Politik, Wirtschaft, Gesellschaft) und nichts davon hat Einfluss auf meinen Fonds, deshalb garantiere ich das Kapital! - das scheint noch keine Bank geschafft zu haben.

    In diesen Zeiten zu investieren ist daher ein Wagnis:
    Es gibt viel zu gewinnen, aber auch viel zu verlieren; es ist ein großes Spiel. Meine Betreuten spielen daher nur mit, wenn sie es selbst möchten und ihren Willen klar äußern können oder die nächsthöhere Instanz die Anlage genehmigt.

    Sorry, aber vielleicht bin ich auch dadurch geprägt, dass meine damals mit Risikoklasse 1- minimales Risiko- abgeschlossenen vermögenswirksamen Leistungen mit Investition in einen Fonds mit einem herben Verlust 2008 ausgezahlt wurden: sie fielen von fast 3000,00 € am 31.12.2006 auf ca. 2.400,00 € am 31.12.2007. Das möchte ich für meine Betreuten gern vermeiden und bin daher vielleicht überkritisch.

    Ein Vorschlag: Sollten solche Anlagen bei euch genehmigt werden-eventuell auch durch euch selbst- prüft doch mal in den Rechnungslegungen nur so aus Interesse die Wertentwicklungen und die Kosten in den vergangenen und kommenden Jahren- eventuell ändert das eure Ansichten, oder aber bestätigt sie- meine wurden -leider-bestätigt (denn auch ich würde den Betreuten gern ein paar % Zinsen gönnen, es gibt für sichere Anlagen derzeit ja so ziemlich gar nichts an Rendite- rechnet man die Inflation mit, macht jeder Miese).

  • Wenn du jeden einzelnen Fonds prüfst, ist doch alles gut. Ich hatte deine Aussage als allgemeine Pauschale verstanden.

    Immobilien- und Schiffsfonds sind weit überwiegend geschlossene Fonds (zumindest kenne ich keine Schiff-, Container-, Flugzeugfonds, bei denen es anders wäre), das ist nochmal eine ganz andere Hausnummer, ebenso wie bei Einzelaktien.

    Von 3.000 auf 2.400 ist doch kein großer Verlust, da war ich (persönlich) aber schon bei ganz anderen Zahlen; das war dann wohl doch keine Risikoklasse 1. Du musst ihn ja nicht direkt auszahlen lassen. Mit Verlusten ist es wie mit Gewinnen, man hat sie erst bei der Abrechnung (Auszahlung).

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wir leben in interessanten Zeiten, mit nicht überschaubaren Entwicklungen.

    In diesen Zeiten sind übrigens auch die mündelsicheren Bundesanleihen ziemlich riskant. Nicht wegen der Gefahr des Staatsbankrotts, sondern wegen des Zinsänderungsrisikos. Wenn die Zinsen steigen (und das werden sie irgendwann tun) sinken zwangsläufig die Kurse der umlaufenden festverzinslichen Bundesanleihen. Die Tatsache, dass die Anleihe nach 10 Jahren ohne jeden Verlust zu 100 % getilgt werden wird, sichert das Vermögen eines minderjährigen Mündels. Aber was ist mit einem älteren Betreuten, der nach 5 Jahren das Geld fürs Pflegeheim braucht und dann feststellt, dass die Anleihe bei nur 80 % notiert?

  • Hallo zusammen,
    ich hänge mich mit meinem Fall hier mal an.
    Der Betreute verfügt aktuell über ein Gesamtvermögen von ca. 25.000 €. Auf einem Sparbuch liegen ca. 7.500 €, der Rest auf dem Girokonto.
    Nun beantragt der Betreuer die Genehmigung zur Anlage nach § 1811 BGB in Höhe von 8.300 € in einen "Nachhaltig ausgerichteten Mischfonds mit Aktien und Anleihen". Nach den wesentlichen Anlegerinformationen ist dieser Fonds in der Risikoklasse 4 von 7 eingestuft. Anlagehorizont 4 Jahre oder länger. Der 71jährige Betreute benötigt sein Vermögen nicht zur Deckung der Heimkosten und spart immer weiter an.
    Meine Fragen:

    1. Würdet ihr bei so einem „kleinen Vermögen“ bereits die grundsätzlichen Voraussetzungen für die andersartige Anlage eines Teils des Vermögens als gegeben ansehen? Ich hatte es bei Anträgen nach § 1811 BGB immer mit deutlich größeren Vermögen (mindestens 6stellig) zu tun und hatte dem Betreuer am Telefon auch gesagt, dass grundsätzlich allerhöchstens 1/3 eines großen Vermögens andersartig angelegt werden kann, was er nun ja auch beantragt hat.


    1. Mal ganz abgesehen von allen weiteren Details des Fonds – er ist lt. wesentlichen Anlegerinfos eingestuft in Risikoklasse 4 von 7. Ich sehe das grundsätzlich als nicht genehmigungsfähig an. Wie seht ihr das? Bin ich da zu vorsichtig? Ich sehe ja ein, dass grad heute ohne andersartige Anlagen, das Vermögen von der Inflation aufgezehrt wird, aber Risikoklasse 4 von 7 finde ich ganz persönlich zu hoch. Bislang habe ich immer nur Anlagen genehmigt die allerhöchstens in 3 von 7 eingestuft worden sind und auch nur dann, wenn geringe Teile des Gesamtgroßvermögens so risikobehaftet angelegt werden sollten.


    1. Fällt Euch sonst noch was schlaues ein?



    Ich danke Euch herzlich für Eure Hilfe bei diesem ätzenden Thema… :(

  • Was will der Betroffene? Hat er einen eigenen Willen?

    Ist der Betreuer in Anlagesachen erfahren? Was weist du diesbezüglich?

    Was denkst du in puncto Verfahrenspfleger?

    Ich würde den Betroffenen anhören und mir Gedanken über die evtl. Bestellung eines Verfahrenspflegers machen.

    In Sachen Fonds würde ich mich im Internet schlau machen. Wie verlief der Fonds in den letzten Wochen bzw. Monaten? Wie teuer ist der Fonds jetzt? Würdest du ihn kaufen?

    Letztendlich hat der Betreuer die Verantwortung. Er entscheidet, dass und was er er kaufen will und er macht letztendlich von deiner evtl. Genehmigung Gebrauch. Darauf würde ich ihn explizit hinweisen. Abladen der Verantwortung bei Gericht gibts nicht. Der letzte, der über den Kauf entscheidet, und das ist der Betreuer, der von der gerichtlichen Genehmigung Gebrauch macht, hat die größte Verantwortung. Nicht das Gericht, das in einem ordnungsgemäß geführten Verfahren prüft und nach Abschluss seiner Prüfung entscheidet.

    Für mich wäre vermutlich das Gesamtvermögen zu gering, um in Fonds zu gehen. Ein Totalverlust, der denkbar wäre, würde schon sehr schmerzen. Ist bei nem Millionenvermögen anders. Wenn da ein paar hundert Tausend verlustig gehen, tuts zwar auch weh, aber es ist dennoch genügend übrig.

    Kann ein in Wertpapiergeschäften unerfahrener Betroffener bzw. Betreuer in Risikoklasse 4 eingestufte Fonds überhaupt erwerben? Oder ist der Betreuer doch erfahren? Dann soll er seinemAnlageentscheidung dir doch schriftlich begründen.

  • Ich würde den Betroffenen anhören und mir Gedanken über die evtl. Bestellung eines Verfahrenspflegers machen.

    In Sachen Fonds würde ich mich im Internet schlau machen. Wie verlief der Fonds in den letzten Wochen bzw. Monaten? Wie teuer ist der Fonds jetzt? Würdest du ihn kaufen?

    Letztendlich hat der Betreuer die Verantwortung. Er entscheidet, dass und was er er kaufen will und er macht letztendlich von deiner evtl. Genehmigung Gebrauch. Darauf würde ich ihn explizit hinweisen. Abladen der Verantwortung bei Gericht gibts nicht. Der letzte, der über den Kauf entscheidet, und das ist der Betreuer, der von der gerichtlichen Genehmigung Gebrauch macht, hat die größte Verantwortung. Nicht das Gericht, das in einem ordnungsgemäß geführten Verfahren prüft und nach Abschluss seiner Prüfung entscheidet.

    Für mich wäre vermutlich das Gesamtvermögen zu gering, um in Fonds zu gehen. Ein Totalverlust, der denkbar wäre, würde schon sehr schmerzen. Ist bei nem Millionenvermögen anders. Wenn da ein paar hundert Tausend verlustig gehen, tuts zwar auch weh, aber es ist dennoch genügend übrig.

    Kann ein in Wertpapiergeschäften unerfahrener Betroffener bzw. Betreuer in Risikoklasse 4 eingestufte Fonds überhaupt erwerben? Oder ist der Betreuer doch erfahren? Dann soll er seinemAnlageentscheidung dir doch schriftlich begründen.

    sehe ich auch so. um einen Verfahrenspfleger wirst nicht drum rumkommne. das geplante Anlagevolumen erscheint mir im Verhältnis zum Gesamtvermögen etwas hoch, von der Risikoklasse ganz abgesehen. Als Verfahrenspfleger würde ich mit diesen Informationen dem Ansinnen nicht zustimmen wollen...

  • Ich würde bei der Beurteilung des Fonds nicht ausschließlich auf diese Risikoskala (1-7) schauen, die täuscht manchmal.

    Je nach Alter des Betreuten sollte man auch den Anlagezeitraum bedenken. Fonds haben meist einen Ausgabeaufschlag (quasi eine Abschlussgebühr) und fixe laufende Kosten. Hast du z.B. einen Fond mit 5% Ausgabeaufschlag und 1,5% laufenden Kosten musst du bei einer jährlichen durchschnittlichen Rendite von 3% das Ding erst einmal mehr als drei Jahre halten um überhaupt aus den roten Zahlen zu kommen. Wenn der Betroffene bereits sehr alt ist oder bald mit steigenden Ausgaben (z.B. Pflegeheim) zu rechnen ist, eignet sich der Fond wohl eher nicht.

    Generell würde ich von Fonds mit hohen laufenden Kosten eher abstand nehmen, auch wenn diese aktuell teilweise üppige Wertsteigerungen erleben. Die Wertsteigerungen können zurückgehen, die hohen Kosten bleiben auf jeden Fall.

    Außerdem würde ich schauen in was der Fond sein Geld investiert. Wird nur in einzelne Länder oder Branchen angelegt, ist die Anlage deutlich riskanter als eine, die breit diversifiziert. Auf irgendwelche Fonds, die auf die positive Entwicklung bestimmter Branchen oder Länder wetten, würde ich mich eher nicht einlassen.

    Ich habe in letzter Zeit z.B. öfter Fonds gesehen, die ausschließlich in Kryptowährungen oder erneuerbare Energie investieren. So etwas würde ich kaum genehmigen können, da das Risiko eines Crashes zu hoch ist.

    Ich meine, in einem Genehmigungsverfahren hier im Haus einen Fond gesehen zu haben, der in die 600 größten Unternehmen der EU investiert. Über so etwas könnte man mit mir in einem geeigneten Fall reden, da die Anlage eine Vielzahl von Branchen und Ländern abdeckt. Sollte tatsächlich die Wirtschaft eines Landes oder eine Branche einbrechen, sind die Verluste vermutlich verschmerzbar und können mittelfristig durch das Wachstum in anderen Branchen oder Ländern ausgeglichen werden.

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