Kongruenz / Inkongruenz bei Zahlung vor Fälligkeit (§ 131 Inso)

  • Nachdem ein erheblicher Forderungsbetrag aufgelaufen ist, schließt der Insolvenzschuldner mit seiner Lieferantin eine Ratenzahlungsvereinbarung.
    In dieser vereinbaren Sie, dass die Forderung durch monatliche Raten, welche jeweils zum 20. eines Monats erfolgen sollen, beglichen wird.

    Der Insolvenzschuldner nimmt eine Ratenzahlung am 20. Juli vor; die nächste Zahlung erfolgt dann schon am 04. August (und damit theoretisch 16 Tage vor Fälligkeit der nächsten Rate).

    Im Zeitraum des § 131 Abs. 1 InsO wohl eine inkongruente Zahlung, weil der Anfechtungsgegner zum 04. August vereinbarungsgemäß (noch) keine weitere Zahlung zu beanspruchen hatte.

    Wie sieht es aber aus, wenn die Vereinbarung folgenden Passus enthält: "Sonderzahlungen sind jederzeit möglich:"

    Ob hier eine Sonderzahlung vorlag oder die am 20. August fällige Rate vorgezogen werden sollte, lässt sich nicht mehr feststellen.
    Dies gilt insbesondere dann, weil am 20. August bereits der Insolvenzantrag vorlag und man dadurch nicht mehr sehen kann, ob es im August zu einer weiteren (fristgemäßen) Zahlung gekommen wäre.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich meine, dass es bei der Inkongruenz bleibt. Denn der Gläubiger hatte die Sonderzahlungen gerade nicht zu beanspruchen. Die Regelung gibt nur dem Schuldner das Recht zur vorzeitigen Zahlung und nicht zugleich dem Gläubiger das Recht, die Zahlung zu fordern.

    Im Übrigen sind vorgezogene "Sonderzahlungen" eines sich in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Schuldners per se verdächtig. Aus welchem Grund leistet ein Schuldner im Rahmen von Ratenzahlungsvereinbarungen denn solche Sonderzahlungen? Doch nur, um die auflaufende Zinslast zu mindern. Das interessiert aber doch nach allgemeiner Lebenserfahrung den "Schuldner am Rande des finanziellen Abgrundes" nicht mehr.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Es dürfte doch so sein, dass der Schuldner die Rate vor dem Antrag hätte sowieso zahlen müssen. Von daher kommt es auf die vorzeitige Zahlung nicht mehr an. Auf diese würde es m.E. nur ankommen, wenn der Schuldner kurz vor Antrag zahlen würde, aber die Forderung erst nach dem Antrag fällig gewesen wäre. Insofern würde ich vermehrt auf den 133er schauen.

    Das mit der Sonderzahlung ist doch nur der Darstellung des Schuldners gegenüber seinem Gläubiger geschuldet: "Ich habe eine Liquiditätsengpass - lass uns Raten vereinbaren - wenn vorher Geld kommt zahle ich Dir auch gerne mehr" Oder? ;)

  • Ich sehe die Zahlung definitiv als inkongruent an.

    Die Anfechtungsgegnerin konnte sie nicht verlangen.

    Der BGH ist von der Inkongruenz von Zahlungen ausgegangen, die mindetsens fünf Bankarbeitstage vor Fälligkeit erfolgt sind (BGH, NZI 2005, 497, 498). Mit Einführung des § 675s Abs. 1 BGB darf eine Überweisung nur noch einen Tag in Anspruch nehmen, so dass nach meiner Auffassung inzwischen sogar von der Inkongruenz einer Zahlung auszugehen ist, die mehr als drei Bankarbeitstage vor Fälligkeit erfolgt.

    War zum Zeitpunkt der Fälligkeit eine vorläufige angeordnet?

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