Prüfungsstichtag ohne Erklärungen des Verwalters

  • Ich hätte gerne gewusst, wie ihr mit folgender Situation umgeht:

    Insolvenzverfahren wird eröffnet, das schriftliche Verfahren wird angeordnet. Auf die Durchführung eines Berichtstermins wird verzichtet, es wird daher lediglich ein Prüfungsstichtag für die Forderungsprüfung angesetzt. Rechtszeitig zu dem im Eröffnungsbeschluss bestimmten Niederlegungstermin gehen die Forderungsunterlagen und die schriftliche Tabelle bei Gericht ein. Prüfergebnisse des Insolvenzverwalters enthält die Tabelle nicht. Erst 1 Woche nach dem Prüfungsstichtag gehen die Erklärungen des Insolvenzverwalters zu den einzelnen Forderungen ein. Die Forderungen sollen teilweise bestritten werden.
    Ich habe die Akte nach dem Prüfungsstichtag zur Beurkundung vorgelegt bekommen.

    Wie geht ihr in derartigen Fällen vor? Meine gerichtsinterne Umfrage hat mehrere Vorgehensweisen ergeben.

    1. Anordnung eines neuen Termins zur Prüfung der Forderungen, weil keine Erklärungen des Verwalters zum Prüfungsstichtag vorlagen.

    2. Die Beurkundung mit den (zu spät) eingegangenen Erklärungen des Verwalters vornehmen.

    3. Prüfungstermin "durchführen" und beurkunden, dass keine Erklärungen bis zum Stichtag abgegeben worden sind. Anschließend die Erklärung des Verwalters als nachträgliche Erklärung in der Tabelle erfassen.

    4. Da kein Widerspruch des Verwalters gegen die Forderung bis zum Prüfungsstichtag eingegangen ist, die Feststellung der Forderung in der Tabelle vermerken, das nach dem Stichtag eingegangene Schreiben des Verwalters, mit dem die Forderungen teilweise bestritten werden sollen, als nachträgliche Erklärung zu den Forderungen berücksichtigen und den (nachträglichen) Widerspruch des Verwalters zurückweisen, da die Forderungen bereits als festgestellt gelten.


    zu 1: Wenn der Verwalter in einem mündlichen Termin fehlt, spricht sich die Kommentierung teilweise ausdrücklich für eine Vertagung des Termins aus. Das könnte für Alternative 1 sprechen. Bedenken habe ich, weil die Forderungen zum Prüfungstermin prüfbar waren, und es sich mir daher nicht erschließt, warum eine Prüfung nicht durchgeführt werden sollte (die Anmeldegläubiger haben meines Erachtens ein Recht auf Prüfung in dem Termin). Außerdem würden andere Gläubiger und auch der Schuldner erneut die Möglichkeit bekommen, Widerspruch gegen die Forderungen zu erheben. Und der Wortlaut des § 178 InsO spricht auch nur davon, dass ein Widerspruch erhoben werden kann, andernfalls die Forderung als festgestellt gilt.
    Die beiden von mir angesprochenen Kollegen setzen einen neuen Termin an.

    zu Nr. 2: Da habe ich Bauchschmerzen.

    zu Nr. 3: Ist meines Erachtens so nicht möglich.

    Für Nr. 4 würde meines Erachtens der Wortlaut des § 178 InsO sprechen.

    Bislang habe ich ein derartiges Problem zu verhindern gewusst, indem ich mir die Akte rechtzeitig vor dem Stichtag habe vorlegen lassen, sodass ich die Prüfergebnisse noch rechtzeitig telefonisch anfordern konnte. Diese Akte wurde mir leider zu spät vorgelegt :( Ich tendiere derzeit zu Nr. 4.

    Für eure Meinungen wäre ich dankbar :daumenrau

  • Sehe das auch so wie du und Nr. 4:

    Zum Prüfungsstichtag am ..., 24:00 Uhr lagen keine (rechtzeitigen) Bestreiten-Erklärungen vor, ergo gilt alles als festgestellt.

    Das verfristete Bestreiten (nach Prüfungsstichtag) wäre als unzulässig zurückzuweisen.

    Ich meine, wozu werden da denn im schriftlichen Verfahren entspr. Ausschlussfristen gesetzt, wenn man danach so merkwürdig rumeierte.

  • ich unterstütze meine beiden Vorredner. Alles andere wäre ja entgegen des Wortlauts des § 178 InsO. Und nichts anderes verlangen wir ja auch von den (anderen) Gläubigern. da würde man ja auch nicht nachträglich vertagen oder feststellen oder sonstwas.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • dito Nr. 4 (und der Verwalter kann schon mal seine Haftpflicht informieren - am schönsten ist es, wenn Schätzbeträge festgestellt worden sind).

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Bislang habe ich ein derartiges Problem zu verhindern gewusst, indem ich mir die Akte rechtzeitig vor dem Stichtag habe vorlegen lassen, sodass ich die Prüfergebnisse noch rechtzeitig telefonisch anfordern konnte. Diese Akte wurde mir leider zu spät vorgelegt :(

    Die Geschäftsstellen sind nicht der Lage, selbst beim Insolvenzverwalter anzurufen?

    Danke für eure Meinungen.
    Es gibt nicht zufällig eine (von der Rechtsprechung entwickelte) Wiedereinsetzungsmöglichkeit analog § 186 InsO für den Insolvenzverwalter/die Gläubiger (z. B. wegen Poststreik etc.)? Gefunden habe ich dazu zumindest nichts. :gruebel:

    Ist mir nicht bekannt. Bei Situationen wie Poststreik ließe sich etwas über höhere Gewalt konstruieren, wobei man dann natürlich auch darlegen muss, wieso man keinen Zugang zu einem Telefaxgerät hatte.

    Ungeachtet dessen würde ich den Insolvenzverwalter auffordern, sich über die Umstände zu erklären, da die Eignung jedenfalls für dieses Verfahren durchaus fraglich erscheint. Einen Insolvenzverwalter, der gleich zu Beginn des Verfahrens einen Haftungsfall hinlegt, ist meines Erachtens für alle Beteiligten nicht zumutbar. Erforderlichenfalls ist hier ein Austausch vorzunehmen.

  • ...

    Ungeachtet dessen würde ich den Insolvenzverwalter auffordern, sich über die Umstände zu erklären, da die Eignung jedenfalls für dieses Verfahren durchaus fraglich erscheint. Einen Insolvenzverwalter, der gleich zu Beginn des Verfahrens einen Haftungsfall hinlegt, ist meines Erachtens für alle Beteiligten nicht zumutbar. Erforderlichenfalls ist hier ein Austausch vorzunehmen.


    Sollte man wirklich drüber nachdenken.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • äh, die Rechtsfolge mangelnden Widerspruchs fand sich schon in der Konkursordnung von 1877. Is ja noch nicht ganz so lange her, und hat sich noch nicht so wirklich rumgesprochen. Unsere Softwareentwickler gehen immer noch davon aus, dass die Feststellung durch den Verwalter zu erklären ist. In diesem Zusammenhang: reicht die "elektronsiche" Übermittlung der Widersprüche des Verwalters aus.... Wir bekommen mit den Anmeldungen immer einen Schriftsatz, der auf den "Tabellenüberblick" bezug nimmt, in dem die jeweiligen "Statements" verzeichnet sind. Dies lasse ich ausreichen. Was mich nur an dieser fucking software ärgert: werden elektronisch keine Erklärungen des Verwalters übermittelt, muss ich das jeweils "als Erklärung des Verwalters" eintragen. Ist dies nun eine Falschbeurkundung im Amt ??? ! Dto. werden Festgstellungsbescheide des FA als nachträgliche Anerkennung durch den Verwalter eingetragen. Jeden Tag viel Spass beim Erfüllen eines objektiven Straftatbestandes. Unsere Einwände 1998 wurden nur als Mindermeinung und Bedenkenträgerschaft abgetan.......

    Aber das geilste bei dieser fucking software ist: mensch will eine nachträgliche Erklärung beurkunden, nach etwa fünd mausklicks hat man das endlich versucht, dann fragt das Programm: sin berukunden das jetzt, wollen sie das wirklich...
    in der Situ wünsche ich mir noch eine Auswahl: nein, ich möchte mit Schirmchendrinks an einem Strand liegen und für die Todesstrafe für schlechte Programmentwickler stimmen dürfen

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!