OWi Erzwingungshaft Ungarn

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    auf Antrag der Stadt wurden vom Amtsgericht 6 Tage Erzwingungshaft gegen eine Heranwachsende angeordnet, die in Ungarn wohnt.
    Der Bußgeldbescheid, der Erzwingungshaftbeschluss und die Ladung zum Antritt der Erzwingungshaft wurden an eine Zustellbevollmächtigte bei der Stadt zugestellt.
    Nach erhalt der Ladung hat die Zustellbevollmächtigte den Erzwingungshaftbeschluss formlos an die Betroffene versandt und darauf hingewiesen, dass der Vollzug durch Zahlung abgewendet werden kann.

    Natürlich wurde weder die Geldbuße bezahlt noch die Erzwingungshaft angetreten.

    Ich würde mich freuen, wenn mir jemand helfen könnte, wie weiter zu verfahren ist.

  • Die Ladung sollte natürlich dem Betroffenen persönlich zugestellt werden. Kann mir nicht vorstellen, dass dies ersatzweise an den Zustellbevollmächtigten zulässig ist.

    Falls doch, wäre man jetzt an der Stelle zu prüfen, ob der Erlass eines Haftbefehles in Betracht kommt.

  • Danke Frog, in diese Richtung habe ich auch gedacht.

    Kann ich die Ladung mit Einschreiben/Rückschein nach Ungarn schicken? Und muss ich dann einen europäischen Haftbefehl erlassen?

  • Frage mich eher, warum man nicht über Artikel 10 im Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates der EU geht?

    Europäischen Haftbefehl halte ich diesbezüglich für falsch.

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  • Vielen Dank für Eure Antworten!

    Ich habe mich entschlossen, die Ladung zunächst an die Betroffene persönlich zuzustellen. Damit ist der Verfahrensgang richtig und wer weiß: vielleicht zahlt sie ja doch noch? Die Hoffnung stirbt zuletzt. ;)

    Wenn nicht, stelle ich das Verfahren ein.

  • Ein Europäischer Haftbefehl ist nur für bestimmte schwere Straftaten zulässig. Eine Erzwingungshaft gehört sicherlich nicht hierzu.

    Ein erneutes Übersenden der Ladung an die Betroffene nach Ungarn halte ich für nicht erforderlich. Ein Zustellungsbevollmächtigter wird üblicherweise mit dem Einverständnis der Betroffenen bestellt und hat nun mal die Aufgabe, Sendungen für eine in Deutschland nicht erreichbare Person entgegenzunehmen.

    Also: austragen und an die Bußgeldstelle zurücksenden.

  • Ein Europäischer Haftbefehl ist sicher unverhältnismäßig.

    Möglich erscheint mir jedoch der Erlass eines nur in Deutschland geltenden HB. Könnte ja sein, dass der Betreffende bald mal wieder in unser Land einreist.


    Auch ein nationaler HB mit bundesweiter Ausschreibung wäre m. E. unverhältnismäßig.

  • Sehe ich ebenso wie Dirk:

    Zulässig ja, verhältnismäßig nein.


    Also mit anderen Worten:

    Wenn jemand das Bußgeld nicht zahlt und auch sich zur angeordneten Erzwingungshaft nicht einfindet, sendet ihr die Unterlagen an die Ursprungsbehörde (Landratsamt o. ä.) zurück? :gruebel:

    Da haben wir uns offenbar bislang zu viel Arbeit gemacht.

  • Natürlich nicht. Wenn jemand in Deutschland gemeldet ist, geht der Haftbefehl bei Nichtstellung heraus.

    Aber bei jemanden, der im Ausland lebt, ist die nationale Ausschreibung zur Festnahme bei einer Erzwingungshaft in Höhe von 6 Tagen unangemessen, wenn keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die betreffende Person wieder nach Deutschland einreisen wird.

  • Bei Nichtantritt der E-Haft veranlasse ich schon die Festnahme durch die örtliche Polizeidienststelle mittels Vorführungsbefehl. Allerdings schreibe ich den Betr. nie mit HB zur Fahndung aus. Der Polizeiabschnitt marschiert auch nicht gleich los, sondern schreibt den Betr. erst einmal an und fordert ihn zur Zahlung der Buße auf.

  • Natürlich nicht. Wenn jemand in Deutschland gemeldet ist, geht der Haftbefehl bei Nichtstellung heraus.

    Aber bei jemanden, der im Ausland lebt, ist die nationale Ausschreibung zur Festnahme bei einer Erzwingungshaft in Höhe von 6 Tagen unangemessen, wenn keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die betreffende Person wieder nach Deutschland einreisen wird.


    Gibt es da eigentlich Rechtsprechung dazu (also zur Unangemessenheit)? :gruebel:

    Ich meine, eine Glaskugel hat man nicht zur Hand. Kann ja gut sein, dass die nächste Urlaubsreise nicht innerhalb Ungarns erfolgt, sondern nach Deutschland führt.

    (Häufiger ist die Problematik allerdings sicher bei grenznahen Gerichten, wo dann der Betreffende (aus dem Nachbarland) durchaus mal wieder zum Einkaufen o. ä. nach Deutschland kommen könnte.)

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