Privatschriftliches Einzeltestament und seine Nachteile

  • Hallo liebe Nachlassrechtspfleger,

    derzeit schreibe ich an meiner Diplomarbeit zu dem Thema "Das privatschriftliche Einzeltestament und seine möglichen Nachteile".

    Hierzu wollte ich gerne erfragen, ob es neben Testamenten, wo die Unterschrift oder das Datum fehlt, auch prägnante Fallbeispiele gibt, die diese Nachteile verdeutlichen? Insbesondere zu:
    - unwirksamen Verfügungen,
    - fehlenden Anordnungen,
    - Kopien von Testamenten,
    - Unterschlagung,
    - Fälschung.

    Zwar war ich bereits zur Akteneinsicht bei 3 Gerichten in meiner Umgebung, aber vielleicht gibt es hier ja noch weitere Beispiele, die ich im Rahmen meiner Diplomarbeit mit aufnehmen kann.

    Über Antworten, auch gerne als PN würde ich mich sehr freuen!

    Viele Grüße :)

  • Ich würde noch mit aufnehmen, dass das notarielle Testament im Vergleich zum privatschriftlichen Testament den Erbschein in vielen Fällen ersetzt und damit ggf. Kosten sparen kann. Je nach Entwicklung des Vermögens zum Lebensende hin, kann das notarielle Testament deutlich günstiger sein als der Erbschein.

    Das Hauptproblem ist aber wohl, dass der nicht juristisch gebildete nicht denkt wie das deutsche Erbrecht und das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge nicht versteht. Die meisten handschriftlichen Testamente, die ich sehe, die ohne juristischen Rat verfasst wurden, verteilen nur einzelne Gegenstände auf bestimmte Personen, bestimmen aber keine Erben.

  • Hallo,

    zunächst vielen Dank für die Antworten!

    Die genannten Punkte befinden sich bereits in meiner Gliederung unter dem Punkt "Alternativen zum privatschriftlichen Testament". Darunter nehme ich auch die amtliche Verwahrung mit auf.

    Insbesondere geht es mir jedoch um konkrete Fallbeispiele, wo diese Nachteile auffallen, damit ich meine Aussagen in der Diplomarbeit damit noch untermauern kann und nicht nur die Theorie wiedergebe. So z. B. "Was wurde konkret verfügt?", "Welche Anordnungen haben gefehlt", "Gab es bereits Fälle von Unterschlagungen/Fälschungen? Wenn ja, wie ist man darauf aufmerksam geworden bzw. hat darauf reagiert?", etc.

    Wenn es hierzu, vielleicht auch gerade aktuelle Beispiele gibt, würde ich mich freuen, wenn man mir diese zukommen lassen könnte.

    Viele Grüße

  • Schönes Thema, da kann man sehr viel dazu schreiben.

    Da hast du einerseits inhaltliche Fehler (zB dass man das Wort "Nacherbfolge" verwendet weil es sich toll anhört aber gar nicht weiß was das eigentlich ist, oder keinen Erben bestimmt, sondern nur einzelne Gegenstände verteilt), die führen dann - durch Auslegung - dazu, dass tatsächlich nicht der Erblasserwille rauskommt.
    Aber auch an formalen Mängeln gibts so einiges, die dann aber meistens die Unwirksamkeit der Verfügung zur Folge haben (zB. nicht unterschrieben, maschinengeschrieben, auf eine maschinengeschriebene Anlage verwiesen, unter der Unterschrift noch was ununterschriebenes angefügt.)
    Und dann das von dir bereits erwähnte Risiko des "nicht-auffindens", des "verschwinden-lassens", also die Nachweisbarkeit der Errichtung und des Inhalts sowie des Nicht-Widerrufs.
    Desweiteren die Frage der Testierfähigkeit (welche der Notar grds. zu prüfen hat und sich ggfls ein Attest eines Arztes vorlegen läßt).
    Und der bereits auch schon erwähnte Punkt, dass das notarielle Testament, so es denn eindeutig ist, als Erbnachweis genügt (ob das dann tatsächlich billiger ist als ein handschr. Testament mit Erbschein ist nicht eindeutig, spar aber auf jeden Fall Zeit)

  • Die Gefahr, gar nicht das zu regeln, was man mit dem Testament erreichen wollte, liegt auf der Hand.

    Ein ganz banales Problem ist hier mal aufgetaucht: Das Testament war zwar handgeschrieben, gut und schön - aber die Handschrift des Erblassers war so extrem unleserlich, dass ganze Passagen nur zu erahnen waren. :oops: Vielleicht ein Einzelfall...

    Dann schreiben noch einige in ihr Testament, wie und wo sie bestattet werden sollen. Ein Notar / Anwalt wird gleich darauf hinweisen, dass das keinen Sinn macht. Entweder werden die Testamente nämlich lange nach der Beerdigung oder sogar gar nicht eröffnet (wenn es keiner abgibt z.B.). Dieses Problem kommt auch schonmal vor.

  • Seite 14 (!) eines handschriftlichen Testaments:
    "Dieses Testament ist in der Garage hinterlegt. Die Werkzeugtafel muß abgehangen werden, dann ist der Stein markiert, der nur eingelegt ist. Dahinter ist es dann. So hoffe ich, dass keiner meiner Neffen es vernichtet und die wahre Erbfolge [eingesetzt waren die Nichten der vorverstorbenen Ehefrau] gesichert ist. Gebt es aber nicht dem Notar, der will nur Geld! Geht mit dem Testament zum Grundbuchamt hier am Amtsgericht, Herr [Name eines Justizbeschäftigten] kennt mich und arbeitet dort, der kann alles regeln. (...)"

    Gefunden wurde das Testament von den Erwerbern des Hauses, die es bei Renovierungsarbeiten in der Garage gefunden hatten. Gekauft hatten sie das Haus von den durch Erbschein legitimierten gesetzlichen Erben, den Neffen des Erblassers. :eek:

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Die Bestimmtheit des Erben habe ich auch schon als Problem (in der Vertretung) erlebt. "500.000 Euro soll der Tierschutz erben, für Hunde".
    Da hätte ein beratender Notar (oder RA) eine hilfreichere Formulierung empfohlen.

  • Neben der Inhaltsproblematik halte ich - wie Sonnenblume oben - auch die äußere Form in einigen Fällen für schwierig.
    Das Testament kann auf Büttenpapier geschrieben sein, aber wenn sich die Verfügungen und vor allem die Namen der Beteiligten nicht einmal erahnen lassen, hilft die rechtlich schönste Formulierung nicht. Hab gerade einen Fall, in welchem man erstmal raten musste, wer aus dem Bekannten und Verwandtenkreis "so ähnlich" heißen könnte.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Hallo,

    zunächst vielen Dank für die Antworten!

    Die genannten Punkte befinden sich bereits in meiner Gliederung unter dem Punkt "Alternativen zum privatschriftlichen Testament". Darunter nehme ich auch die amtliche Verwahrung mit auf.
    e

    Da würde ich dir empfehlen, die korrekte Bezeichnung zu verwenden. Amtliche Verwahrung ist etwas anderes, als was du meinst.

    Ich hatte schon so ziemlich alles: Fälschungen, erkannt an neuer Postleitzahl, die es bei angeblicher Abfassung des Testaments noch nicht gab, dito Anschrift. Testament gefunden, als die gesetzlichen Erben bereits das Haus verkauft hatten. Fast blinde Erblasserin, die die Zeilen nicht mehr richtig sah und übereinander schrieb, sodass man nicht wusste, wer mit " nicht" ausgeschlossen sein sollte. Großer Geldbetrag für die Blinden, arme Kinder, für Tiere, aber ausdrücklich nicht für den Tierschutzverein. Das sind einige Beispiele, die mir grad einfallen.

  • Mir in letzter Zeit auch untergekommen: Handschriftliches Testament, wo vorher ein RA "beraten" hat, eine (aus keinem Grund erforderliche) Testamentsvollstreckung aufzunehmen, ihn selbst als TV einzusetzen und sich 3 % des Nachlasses als Vergütung zu gönnen.

  • Leider ist die Aussage, dass ein Rechtsanwalt oder Notar das Testament im Zweifel besser formuliert hätte, in der Praxis nicht richtig. Es gibt da so viele Berater, die keine Ahnung haben oder den Sachverhalt nicht richtig erfassen. Die inhaltlichen Schwächen sind kein Problem speziell des privatschriftlichen Testaments. Sie sind genauso auch in notariellen Testamenten zu finden. Und es gibt auch sehr gute privatschriftliche Testamente, sei es, dass es eine Beratung gab. Oder aber die Leute haben einfach das richtige Muster erwischt bzw. sich die richtigen Gedanken gemacht.

  • Leider ist die Aussage, dass ein Rechtsanwalt oder Notar das Testament im Zweifel besser formuliert hätte, in der Praxis nicht richtig. Es gibt da so viele Berater, die keine Ahnung haben oder den Sachverhalt nicht richtig erfassen. Die inhaltlichen Schwächen sind kein Problem speziell des privatschriftlichen Testaments. Sie sind genauso auch in notariellen Testamenten zu finden. Und es gibt auch sehr gute privatschriftliche Testamente, sei es, dass es eine Beratung gab. Oder aber die Leute haben einfach das richtige Muster erwischt bzw. sich die richtigen Gedanken gemacht.

    Notarielle Testamente, bei denen eine Erbeinsetzung versehentlich vergessen wurde, sind mir jedenfalls noch nicht untergekommen :D

  • Leider ist die Aussage, dass ein Rechtsanwalt oder Notar das Testament im Zweifel besser formuliert hätte, in der Praxis nicht richtig. Es gibt da so viele Berater, die keine Ahnung haben oder den Sachverhalt nicht richtig erfassen. Die inhaltlichen Schwächen sind kein Problem speziell des privatschriftlichen Testaments. Sie sind genauso auch in notariellen Testamenten zu finden. Und es gibt auch sehr gute privatschriftliche Testamente, sei es, dass es eine Beratung gab. Oder aber die Leute haben einfach das richtige Muster erwischt bzw. sich die richtigen Gedanken gemacht.

    Notarielle Testamente, bei denen eine Erbeinsetzung versehentlich vergessen wurde, sind mir jedenfalls noch nicht untergekommen :D


    Also ich hatte schon öfter notarielle Testamente, in denen einzelne Nachlassgegenstände (Grundstücke) vererbt wurden:eek:! Dennoch würde ich auch sagen, dass die unklaren bzw. unrichtigen Formulierungen in notariellen Testamenten seltener vorkommen als in privatschriftlichen. Als Grundbuchamt muss ich mich allerdings mit den privatschriftlichen Verfügungen im Regelfall auch nicht näher beschäftigen.


  • Notarielle Testamente, bei denen eine Erbeinsetzung versehentlich vergessen wurde, sind mir jedenfalls noch nicht untergekommen :D

    Hatte ich auch schon. Nicht oft, aber mind. 2x, soweit ich mich erinnern kann. Und - leider viel zu oft -, dass trotz not. Test/Erbvertrag ein Erbschein benötigt wird, weil die Urkunde eben nicht eindeutig ist. Das finde ich immer besonders ärgerlich.
    Formunwirksame oder inhaltlich schwierige privatschriftliche Testamente hatte ich natürlich auch schon. Auch den Fall, dass - in Unkenntnis der Rechtslage und in meinem Fall auch offensichtlich ohne Betrugsabsicht - der Testamentstext von der Nichte (o.ä.) geschrieben und vom Testator unterschrieben wurde. Fiel natürlich durch das Schriftbild sofort auf.

    Kostenfaktor kann man auch nicht verallgemeinern. Zum einen kommt es doch immer wieder vor, dass man trotz not. Test. einen Erbschein benötigt. Zum anderen sehe ich es hier oft, dass von einem erheblichen Vermögen zz. der Testamentserrichtung durch Heimaufenthalt oder Übertragung zu Lebzeiten beim Sterbefall nicht mehr viel übrig bleibt.

  • Ich denke, dass man aufpassen muss, dass man das privatschriftliche Testament nicht durch das notarielle Testament irgendwann ersetzen will. Beide Formen haben ihre Berechtigung und dass es die Möglichkeit gibt, privatschriftlich zu testieren gibt dem Testator auch eine gewisse Freiheit.

    Probleme kann es bei beiden Formen geben und manchmal habe ich den Eindruck, dass es mehr Probleme mit notariellen Testamenten gibt, als mit privatschriftlichen. Das notarielle Testament hat nämlich den Nachteil, dass darin verwendeten Formulierungen eigentlich von einem Fachmann gewählt wurden und damit dann die Auslegung von solchen Verfügungen wesentlich schwieriger wird, als beim privatschriftlichen Testament. Man braucht sich nur das Forum anzuschauen. Da geht es oft um notarielle Testamente und deren Auslegung.

    Im Prinzip kann ich keinen wesentlichen Nachteil des privatschriftlichen Testaments erkennen außer vielleicht, dass man damit keine Immobilien im Grundbuch übertragen kann.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Im Prinzip kann ich keinen wesentlichen Nachteil des privatschriftlichen Testaments erkennen außer vielleicht, dass man damit keine Immobilien im Grundbuch übertragen kann.

    Aber auch nur dann, wenn das notarielle Testament im Grundbuchverkehr einsetzbar ist, was nicht immer der Fall ist. Hab' in letzter Zeit auch Erbscheine bei notariellen Testamenten erteilen müssen. Deshalb sehe ich dies nicht immer als Nachteil, zumal das notarielle Testament ja auch Beurkundungs- und Verwahrungsgebühren auslöst.

    Bei Banken werden zwischenzeitlich privatschriftliche Testamente in der Regel anerkannt.

  • Ich denke, dass man aufpassen muss, dass man das privatschriftliche Testament nicht durch das notarielle Testament irgendwann ersetzen will. Beide Formen haben ihre Berechtigung und dass es die Möglichkeit gibt, privatschriftlich zu testieren gibt dem Testator auch eine gewisse Freiheit.

    Probleme kann es bei beiden Formen geben und manchmal habe ich den Eindruck, dass es mehr Probleme mit notariellen Testamenten gibt, als mit privatschriftlichen. Das notarielle Testament hat nämlich den Nachteil, dass darin verwendeten Formulierungen eigentlich von einem Fachmann gewählt wurden und damit dann die Auslegung von solchen Verfügungen wesentlich schwieriger wird, als beim privatschriftlichen Testament. Man braucht sich nur das Forum anzuschauen. Da geht es oft um notarielle Testamente und deren Auslegung.

    Im Prinzip kann ich keinen wesentlichen Nachteil des privatschriftlichen Testaments erkennen außer vielleicht, dass man damit keine Immobilien im Grundbuch übertragen kann.


    Ein gravierender Nachteil ist allerdings wohl bereits, dass das privatschriftliche Testament im Todesfall nicht zwingend um Nachlassgericht gelangen muss. In diesen Fällen gibt es dann auch keine Auslegungsprobleme. :teufel:

  • Frog:

    Das kann der Testator ja durch eine Hinterlegung regeln. Insofern ist das also kein Argument.

    Nochmal: Man muss aufpassen, dass man den Menschen nicht immer mehr Freiheiten nimmt. Sein Testament jederzeit ohne Notar im "stillen Kämmerlein" erreichten zu können, ist eben eine solche Freiheit.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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