Erbschein für türkischen Staatsangehörigen

  • Fall:

    Türkischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Deutschland verstirbt.

    Er hinterlässt beweglichen Nachlass in Deutschland und sowie beweglichen und unbeweglichen Nachlass in der Türkei.


    Kann der Antragsteller einen gegenständlich beschränkten Erbschein (für den beweglichen NL) für den Nachlass in D und
    einen unbeschränkten Erbschein für den Nachlass in der Türkei beantragen oder sind die deutschen Gerichte hinsichtlich des Nachlass in der Türkei international nicht zuständig?

  • Ich habe eine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach dem deutsch-türkischen Konsularvertrag bisher ausschließlich für Grundbesitz in Deutschland gesehen bzw. bejaht und die Antragsteller im Übrigen an die türkischen Behörden verwiesen.
    Andere Entscheidungen gibt es/sind mir bekannt (z.B. OLG Köln vom 21.02.2014), dort findet sich aber keine Begründung für die angenommene deutsche Zuständigkeit. Von daher fand ich die Entscheidung für mich nicht überzeugend.

  • M.E. haben wir eine ganz normale Zuständigkeit wie in allen Nachlassverfahren, bei denen der Erblasser in unserem Zuständigkeitsbereich verstorben ist.

    Über den deutsch-türkischen Staatsvertrag gilt eben die EuErbVO nicht.

    Wir haben eine Nachlassspaltung,

    - beweglicher Nachlass Recht der Staatsangehörigkeit und
    - unbeweglicher Nachlass Recht am Lageort.

    Die erteilten Erbnachweise werden gegenseitig anerkannt.

    Deshalb m.E.:

    - wenn ein Erbschein auf der Basis türkischen Erbrechts erteilt ist, wird bei Vorhandensein von Grundbesitz nur ein Erbschein auf der Basis deutschen Erbrechts benötigt;

    - wenn in der Türkei noch kein Erbschein erteilt wurde, kann für den im Inland belegenen Nachlass ein Erbschein aus der Basis türkischen Erbrechts (beweglicher Nachlass) bzw. deutschen Erbrechts (unbeweglicher Nachlass) erteilt werden.

    Eine Zuständigkeit für den in der Türkei belegenen Nachlass (beweglich und unbeweglich) dürfte m.E. bei einem Erblasser mit türkischer Nationalität allerdings nicht bestehen.

    Anders bei einem deutschem Erblasser mit Nachlass in der Türkei (beweglich).

  • Es ist halt die Frage, ob das deutsche Nachlassgericht zuständig ist, für die Erteilung eines Erbscheins für den in der Türkei belegenen Nachlass.
    Grundsätzlich ist das deutsche Nachlassgericht zuständig, weil der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Deutschland hatte.
    Aufgrund der Nachlassspaltung müsste doch in Anwendung deutschen Rechts für den in Deutschland befindlichen unbeweglichen Nachlass ein Erbschein erteilt werden.

    Ein weiterer Erbschein könnte m.E. für beweglichen Nachlass in Deutschland und der Türkei sowie unbeweglichen Nachlass in der Türkei in Anwendung türkischen Rechts beantragt und erteilt werden.

  • Wenn der Konsularvertrag die Zuständigkeit deutscher Gerichte ausschließt (und so lese ich § 15 der Anlage zu Artikel 20 des Konsularvertrages bez. des beweglichen Nachlasses), dann ist es völlig egal, was im deutschen Gesetz steht.
    Von daher frage ich mich immer wieder, auf welcher Grundlage man zu einer Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte für den beweglichen Nachlass eines türkischen Staatsangehörigen kommen kann (egal, wo dieser bewegliche Nachlass sich befindet). Aber ich lerne gerne noch dazu, wenn ich da etwas übersehen habe...

  • Wenn der Konsularvertrag die Zuständigkeit deutscher Gerichte ausschließt (und so lese ich § 15 der Anlage zu Artikel 20 des Konsularvertrages bez. des beweglichen Nachlasses), dann ist es völlig egal, was im deutschen Gesetz steht. Von daher frage ich mich immer wieder, auf welcher Grundlage man zu einer Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte für den beweglichen Nachlass eines türkischen Staatsangehörigen kommen kann (egal, wo dieser bewegliche Nachlass sich befindet). Aber ich lerne gerne noch dazu, wenn ich da etwas übersehen habe...



    "Unser" türkischer Generalkonsul sieht das genau so.

    Wenn wir diesen, z.B. wegen in der Türkei lebenden Miterben, am Erbscheinserteilungsverfahren beteiligen, wendet er jeweils unsere Unzuständigkeit im Hinblick auf den in Deutschland gelegenen beweglichen Nachlass ein.

    Was hilft es aber den türkischen Erben, wenn die deutschen Banken den türkischen Erbschein nicht anerkennen?

    Im übrigen:
    Erkennen türkische Banken den deutschen Erbschein von deutschen Erblassern an?
    Fragt Ihr im übrigen bei der Beurkundung von Erbscheinsanträgen, ob ein deutscher Erblasser Grundbesitz in der Türkei hat? Wir haben -da der Gerichtsbezirk in der Nähe zu Frankreich- steht gefragt, ob Grundbesitz in Frankreich vorhanden sei (wegen der eingetretenen Nachlassspaltung).

  • Ein türkischer Erbnachweis ist für im Inland belegenes bewegliches Vermögen anzuerkennen (LG München I FamRZ 2012, 585 = ZEV 2012, 596 für Bankguthaben). Das muss dann allerdings konsequenterweise auch für erbengemeinschaftliche Anteile gelten (= bewegliches Vermögen), und zwar auch dann, wenn eine diesbezügliche Grundbuchberichtigung im Raum steht (Bestelmeyer notar 2013, 147/148).

    Zur Abwicklung sind wir uns einig. Für den beweglichen Nachlass besteht aufgrund des Abkommens keine hiesige Zuständigkeit.

  • Fragt Ihr im übrigen bei der Beurkundung von Erbscheinsanträgen, ob ein deutscher Erblasser Grundbesitz in der Türkei hat?


    Wir fragen bei jedem Erbscheinsantrag, ob der Erblasser Vermögen im Ausland hatte; da diese Frage Bestandteil des Vordrucks ist, können wir sie auch nicht vergessen;).

  • Ja, aber ich fürchte, dass der durchschnittliche Antragsteller mich bei der Frage doch ziemlich irritiert anschauen würde. ;)
    Und bei Vermögen im Ausland - auch mit deutschem Erbstatut - gibt's hier dann ggf. den Hinweis/Nachfrage auf ENZ und/oder Apostille.

  • Ein türkischer Erbnachweis ist für im Inland belegenes bewegliches Vermögen anzuerkennen (LG München I FamRZ 2012, 585 = ZEV 2012, 596 für Bankguthaben). Das muss dann allerdings konsequenterweise auch für erbengemeinschaftliche Anteile gelten (= bewegliches Vermögen), und zwar auch dann, wenn eine diesbezügliche Grundbuchberichtigung im Raum steht (Bestelmeyer notar 2013, 147/148).

    Zur Abwicklung sind wir uns einig. Für den beweglichen Nachlass besteht aufgrund des Abkommens keine hiesige Zuständigkeit.

    Verstehe ich diese Aussage richtig:

    Ist in der Türkei bereits ein Erbschein hinsichtlich des beweglichen Nachlasses erteilt worden, ist dieser in der Bundesrepublik verwendbar.

    Und:
    Generell besteht über §§ 14, 15 der Anlage zu Artikel 29 des deutsch-türkischen Konsularvertrags (Nachlassabkommen) keine Zuständigkeit der bundesdeutschen Nachlassgerichte (auch bei letztem gewöhnlichen Aufenthalt des türkischen Erblassers in der Bundesrepublik Deutschland) wenn in der Bundesrepublik Deutschland nur beweglicher Nachlass vorhanden ist bzw. es besteht keine Zuständigkeit hinsichtlich des in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Nachlasses.

    In der Folge müsste der Erbe (auch wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat) vor dem zuständigen türkischen Gericht einen Erbschein im Hinblick des (ggf. auch in der Bundesrepublik Deutschland belegenen) Nachlasses beantragen.

    Gibt es hierzu bereits entsprechende Entscheidungen?

  • Genauso sehe ich das und handhabe das auch.
    Die Anerkennung des türkischen Erbscheins bzw. Zeugnisses ergibt sich aus § 17 des Abkommens, z.B. LG München v. 25.10.2011 - FamRZ 2012, S. 585.
    Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte wird offenbar in folgenden Entscheidungen angenommen, ohne dass dies näher begründet wird oder eine Auseinandersetzung mit § 15 des Abkommens erfolgt:

    BGH v. 12.09.2012 - IV ZB 12/12
    OLG Köln v. 21.02.2014, FamRZ 2014, S. ´513

  • Ich muss mich hier mal anschließen:

    Mein Erblasser mit türkischer Staatsangehörigkeit ist in der Türkei verstorben, hatte aber seinen lgA hier im AG Bezirk. Es ist unbewegliches Vermögen vorhanden.

    Die Familie hat einen "Erbnachweis" aus der Türkei vorgelegt. Laut Übersetzung handelt es sich dabei um einen Beschluss.

    Der Notar stellt nun den ES-Antrag und beantragt, auf die eV zu verzichten auf Grundlage des vorgelegten Erbnachweises. Zudem sind keine Urkunden vorgelegt worden.

    Würde euch das reichen? Ich finde "nur" der "Erbnachweis" aus der Türkei ist etwas wenig.

  • Der Erbnachweis aus der Türkei wurde auf der Grundlage des türkischen Rechts erteilt, während für das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen deutsches Erbrecht anzuwenden ist. Schon deshalb kann dieser Beschluss keine Grundlage für das hiesige Erbscheinsverfahren bilden. Gründe, von der e.V. abzusehen, sind da für mich nicht ersichtlich. Und wenn keine letztwillige Verfügung vorhanden ist, sind die Verwandtschaftsverhältnisse auch durch die entsprechenden Urkunden nachzuweisen. Ich würde das beanstanden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!