Quotenloser Erbschein - wer muss verzichten?

  • Das Problem ist, dass Parteivergleiche zur Auslegung des Testaments nicht vom Nachlassgericht anerkannt werden müssen und deswegen ggf. die Erben die Quoten manchmal lieber "intern", z.B. durch tatsächliche Aufteilung des Nachlasses, regeln wollen.

    Ich bin -wie gesagt- auch kein Freund des quotenlosen Erbscheins, aber er hat in bestimmten Fällen seine Berechtigung und ist nunmal im Gesetz als zulässig geregelt.

    P.S.
    Cromwell ist sicher polarisierend aber eines ganz sicher nicht: fern der Praxis!

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Es soll ja auch nicht die Regel sein. Und zwei dieser Erbscheine in der ganzen Zeit finde ich nun echt überschaubar.
    Es waren auch wirklich nur die Fälle, wo sie sich absolut nicht auf eine Quote einigen konnten. Ich habe es in beiden Fällen dann so beurkundet und begründet und es haben jeweils beide Erben unterschrieben. Letztendlich entscheidet (zumindest in meinem Bundesland) der Richter darüber.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Ich habe quotenlose Erbscheine bislang nur in Fällen (beantragen lassen und) erteilt, bei denen das bekannte güterrechtliche Problem bestand. Und solange es keine Entscheidung des EuGH gibt, werde ich in geeigneten Fällen wieder zu dieser Lösung kommen. Allerdings hätte ich auch bei auslegungsbedürftigen Testamenten kein Problem, diese Lösung in geeigneten Fällen vorzuschlagen.

  • Allerdings hätte ich auch bei auslegungsbedürftigen Testamenten kein Problem, diese Lösung in geeigneten Fällen vorzuschlagen.

    Auch dann, wenn Du künftig den Erbschein zu dem von Dir protokollierten Erbscheinsantrag nicht (mehr) erteilst und den Antrag auch nicht mit dem "zuständigen" Nachlassrichter/-rechtspfleger vorbesprechen kannst?

    Soweit ich weis, werden Nachlassakten (VI-er Akten) erst mit Eingang des Erbscheinsantrags (im Turnus) verteilt.

    Deshalb denke ich, dass "problembehaftete" Erbscheine künftig eher häufiger als seltener quotenlos beantragt werden, um zumindest den Nachlass handlungsfähig zu machen und eine Nachlasspflegschaft wegen den bekannten Erben ausscheidet.

  • Wie lange das mit "turnusmäßig" läuft (oder nicht läuft!), wird sich weisen.
    Wenn das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, sollte d. Sachbearbeiter auch kein Problem damit haben.

  • Ich halte den quotenlosen Erbschein für eine feine Sache - auch wenn er nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt.
    Man sollte auch nicht vergessen, dass es sich um ein Antragsverfahren handelt. Manchmal wird hier so getan, als würde das Nachlassgericht in eigener Herrlichkeit entscheiden, ob es denn Quoten aufnimmt oder nicht. Das Nachlassgericht kann die Erben schon nicht zwingen überhaupt einen Erbschein zu beantragen; und es kann den Leuten auch nicht vorschrieben, was sie zu beantragen haben. Man kann den Erben nur die Möglichkeiten aufzeigen und es ist dann deren Sache welchen Erbschein sie beantragen.
    Sollte es Probleme wegen der fehlenden Quoten geben (was auf seltene Ausnahmefälle beschränkt sein dürfte, oder ist schon jemandem ein konkreter Fall bekannt?) müsste es m.E. auch möglich sein, nachträglich die Aufnahme der Quoten in den Erbschein zu beantragen.
    Das Argument, dass es ohne quotenlosen Erbschein immer so toll funktioniert habe, sticht m.E. nicht. Ganz im Gegenteil wurde das dann halt immer so gelöst, dass man sich mühsam unter Anhörungen der Beteiligten und viel Hin- und Hergeschreibe und Telefoniererei ("was haben sie denn, das Testament ist doch ganz klar..." ... "Aber in den Erbschein gehören Quoten"..."Wieso Quoten, im Testament steht doch wer was kriegen soll..." - und dann erklär den Leuten Gesamtrechtsnachfolge...) irgendwelche Quoten aus den Fingern gesaugt hat, was aber umsonst war, da die Erben den Nachlass ohnehin so aufgeteilt haben, wie sie es aus dem Testament interpretiert haben.

  • Ich halte den quotenlosen Erbschein für eine feine Sache - auch wenn er nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt.
    Man sollte auch nicht vergessen, dass es sich um ein Antragsverfahren handelt. Manchmal wird hier so getan, als würde das Nachlassgericht in eigener Herrlichkeit entscheiden, ob es denn Quoten aufnimmt oder nicht. Das Nachlassgericht kann die Erben schon nicht zwingen überhaupt einen Erbschein zu beantragen; und es kann den Leuten auch nicht vorschrieben, was sie zu beantragen haben. Man kann den Erben nur die Möglichkeiten aufzeigen und es ist dann deren Sache welchen Erbschein sie beantragen.
    Sollte es Probleme wegen der fehlenden Quoten geben (was auf seltene Ausnahmefälle beschränkt sein dürfte, oder ist schon jemandem ein konkreter Fall bekannt?) müsste es m.E. auch möglich sein, nachträglich die Aufnahme der Quoten in den Erbschein zu beantragen.
    Das Argument, dass es ohne quotenlosen Erbschein immer so toll funktioniert habe, sticht m.E. nicht. Ganz im Gegenteil wurde das dann halt immer so gelöst, dass man sich mühsam unter Anhörungen der Beteiligten und viel Hin- und Hergeschreibe und Telefoniererei ("was haben sie denn, das Testament ist doch ganz klar..." ... "Aber in den Erbschein gehören Quoten"..."Wieso Quoten, im Testament steht doch wer was kriegen soll..." - und dann erklär den Leuten Gesamtrechtsnachfolge...) irgendwelche Quoten aus den Fingern gesaugt hat, was aber umsonst war, da die Erben den Nachlass ohnehin so aufgeteilt haben, wie sie es aus dem Testament interpretiert haben.

    :daumenrau Dem schließe ich mich an. Es soll ja nicht die Regel sein, aber in bestimmten Einzelfällen halte ich ihn auch für angebracht. Das von dir aufgeführte Beispiel hatte ich gerade. Sie wollten im Erbschein einzelne Gegenstände und Grundstücke aufgeführt haben, die der Vater ihnen im Testament zugedacht hatte und konnten nicht verstehen, warum das nicht geht. Auf je 1/2 (oder eine andere Quote) konnten und wollten sie sich partout nicht einigen.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Sinnvoll kann ein quotenloser Erbschein ggf. auch sein, wenn die Erben überhaupt erstmal einen Nachweis benötigen, um schnell (!) an Informationen zum Nachlass zu kommen, also sogar noch vor der von TL angedachten Verfügung über den Nachlass.

    Oder bei Teilungsanordnung wo es müssig wäre sich darüber Gedanken zu machen was genau welchen Bruchteil ausmacht, so lange klar ist, dass es sich um Erbeinsetzungen handelt.


    So ist es. Hab ich gestern auch beurkundet. Zwei Erben. Testament mit Teilungsanordnung. Sie wollten sich partout nicht auf je 1/2 einigen und wollten dann gar keine Quote. Sie müssen ohnehin zum Notar, weil der Nachlass aus mehreren Grundstücken besteht, die den jeweiligen Erben laut Teilungsanordnung zugedacht sind.
    Und das fand ich dann sehr vernünftig! -im Gegensatz zu Cromwell- Warum soll man sich da über die Quote streiten, wenn sowieso eine Erbauseinandersetzung beim Notar erfolgen muss? Hier waren es nur zwei Erben. Ich hatte auch schon Testamente mit mehreren Erben (nicht Vermächtnisnehmer) und einer genauen Teilungsanordnung. Keiner konnte es so richtig beziffern, wer wieviel erbt und welche Quote dabei "herauskommt". Darüber braucht man sich dann beim quotenlosen Erbschein keinen Kopf zerbrechen. Ich finde das prima.

  • Was macht man denn dann mit dem Finanzamt? Das möchte doch sein Geld recht schnell haben und dafür muss man doch Zahlen haben und nicht alle haben den gleichen Freibetrag?

    Na das ist kein Problem des Nachlassgerichts. Muss FA mit den Erben klären.

  • Stimmt.

    Das Finanzamt kann schon froh sein, wenn das Nachlassgericht im Erbschein ein eventuelles Verwandschaftsverhältnis angibt, um leichter den maßgeblichen Freibetrag ermitteln zu können.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich hänge mich mal dran:

    In einer Nachlassangelegenheit wurde monatelang darüber gestritten hinsichtlich der Erbquoten. Irgendwann wurde die Möglichkeit eines quotenlosen Erbscheins erörtert und alle 4 Miterben haben dem zugestimmt.

    Nun beantragt eine Erbin - vertr. d. RA -, dass der quotenlose Erbschein um die Quoten ergänzt wird. In diesem Zusammenhang bin ich auf die Entscheidung des OLG München vom 10.04.2020 (31 Wx 354/17) gestoßen und würde aus den dort genannten Gründen die Ergänzung des Erbschein ablehnen. Immerhin wird vor Erteilung des Erbscheins ein Feststellungsbeschluss erlassen, wonach die Tatsachen als festgestellt erachten. Es ist doch Sache der Erbengemeinschaft, sich im Rahmen eines Erbauseinandersetzungsvertrages zu einigen. Darüber hinaus teilen der RA eines Miterben mit, dass eine Einigung sowieso niemals erzielt werden könne.

    Und da schließt sich ein zweiter Gedanke von mir an: Wäre der Streit über die Ergänzung der Erbquoten und die Höhe der jeweiligen Erbquoten analog als streitiges Erbscheinsverfahren zu deuten und die Sachen dem Nachlassrichter vorzulegen?

    Vielen Dank!

  • Grundsätzlich muss es natürlich die Möglichkeit geben, anstelle eines bereits erteilten quotenlosen Erbscheins einen Erbschein unter Angabe der Erbquoten zu erteilen. Ob dies durch eine "Ergänzung" des quotenlosen Erbscheins erfolgen kann, sei dabei dahingestellt.

    Ich würde die übrigen Miterben anhören und da ohnehin mit Einwendungen zu rechnen ist, kannst man dann "bequem" zurückweisen. Dafür wird wohl der Nachlassrichter zuständig sein (erhobene Einwendungen).

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