Freizügigkeit von mitgliedstaatlichen Erbnachweisen beim EuGH

  • Das Bezirksgericht Landsberg an der Warthe hat am 10. Oktober dem EuGH 6 Fragen zu der Freizügigkeit von nationalen Erbscheinen nach der ErbRVO vorgelegt:

    http://www.famrz.de/aktuelles/reda…n-in-der-eu.php

    Im Einzelnen lauten die Fragen, welche sich auf die durch polnische Notare erteilten Erbscheine beziehen, wie folgt:

    1. Ist Art. 46 Abs. 3 lit. b i.V.m. Art. 39 Abs. 2 EuErbVO dahin auszulegen, dass die Erteilung einer Bescheinigung über eine Entscheidung in einer Erbsache, deren Muster Anhang 1 zu der Durchführungsverordnung Nr. 1329/2014 der Kommission bildet, auch hinsichtlich einer Entscheidung zulässig ist, welche den Status eines Erben bestätigt, aber nicht (auch nicht teilweise) vollstreckbar ist?


    2. Ist Art. 3 Abs. 1 lit. g EuErbVOdahin auszulegen, dass eine Erbscheinsurkunde, die durch einen Notar auf übereinstimmenden Antrag aller an dem Nachlassverfahren Beteiligten erteilt wird und Rechtsfolgen eines rechtskräftigen gerichtlichen Beschlusses über die Feststellung des Erbschaftserwerbs entfaltet – wie die durch einen polnischen Notar erteilte notarielle Erbscheinsurkunde – eine Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift darstellt?
    und ist demzufolge
    Art. 3 Abs. 2 S. 1 EuErbVO dahin auszulegen, dass ein Notar, der eine derartige Erbscheinsurkunde erteilt, ein Gericht im Sinne der letztgenannten Vorschrift darstellt?


    3. Ist Art. 3 Abs. 2 S. 2 EuErbVO dahin auszulegen, dass eine Mitteilung des Mitgliedstaats gem. Art. 79 EuErbVO lediglich informative Bedeutung hat und keine Voraussetzung für die Bejahung der Frage ist, ob ein Angehöriger eines Rechtsberufs mit Zuständigkeiten in Erbsachen, der gerichtliche Funktionen ausübt, ein Gericht im Sinne des Art. 3 Abs. 2 S. 1 EuErbVO darstellt, wenn er die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift erfüllt?

    4. falls die Frage 1, 2 oder 3 verneint wird:
    Ist Art. 3 Abs. 1 lit. g oder i EuErbVO dahin auszulegen, dass die Anerkennung eines nationalen verfahrensrechtlichen Instruments der Legitimation der Erben, wie die durch einen polnischen Notar erteilte Erbscheinsurkunde, als Entscheidung, die Anerkennung solch einer Erbscheinsurkunde als öffentliche Urkunde ausschließt?


    5. falls die Frage 4 bejaht wird:
    Ist Art. 3 Abs. 1 lit. i EuErbVO dahin auszulegen, dass eine notarielle Erbscheinsurkunde, die durch einen Notar auf übereinstimmenden Antrag aller an dem Nachlassverfahren Beteiligten erteilt wird – wie die durch einen polnischen Notar erteilte notarielle Erbscheinsurkunde – eine öffentliche Urkunde im Sinne dieser Vorschrift darstelt?

  • EuGH, Urteil vom 23.05.2019 in der Rechtssache C-658/17

    Die Notare in Polen, die auf gemeinsamen Antrag aller Beteiligten des notariellen Verfahrens eine Urkunde über die Bestätigung der Erbenstellung errichten, sind keine „Gerichte" im Sinne der Erbsachenverordnung, und diese Urkunde ist folglich keine in einer Erbsache erlassene „Entscheidung"
    Diese Urkunde ist jedoch eine „öffentliche Urkunde"

  • EuGH, Urteil vom 23.05.2019 in der Rechtssache C-658/17

    Siehe hierzu die kritische Anmerkung von Fornasier in FamRZ 2019, 1190. Der Autor kritisiert die vom EuGH postulierte zuständigkeitsrechtliche Ungleichbehandlung von deutschen gerichtlichen Erbscheinen und polnischen notariellen Erbscheinen. Für eine Bewertung letzterer als gerichtliche Tätigkeit würden die besseren Argumente sprechen.

  • [FONT=&amp]Die Folgen der (aus meiner Sicht Fehl-) -entscheidung in der Rs. C-658/17, WB lassen auf sich nicht lange warten. Wenn die Notare keine Gerichte im Sinne der ErbVO sind, obwohl sie Erbscheine erteilen, stellt sich die Frage, ob für sie die Regeln der internationalen Zuständigkeit der Verordnung gelten.[/FONT]
    [FONT=&amp]Bei mir stellt sich das Problem zum Glück nicht, weil das polnische Notarrecht die Erteilung der notariellen Erbscheine von der internationalen Zuständigkeit polnischer Organe abhängig macht. In anderen Mitgliedstaaten, in denen Notare nachlassgerichtliche Funktionen ausüben, entsteht das Problem aber durchaus. Dazu die liegt jetzt eine Vorlage des Obersten Gerichts Litauens in der Rs. C-80/19, E.E.[/FONT][FONT=&amp][/FONT]

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