Verzicht auf Schlussrechnung bei unklarer Geschäftsfähigkeit

  • Guten Morgen Kollegen,

    ich hätte mal eine Frage, zu der ich bislang weder Literatur noch Rechtsprechung gefunden habe (zudem hat die Suchfunktion nichts zutage gefördert):

    Ich habe eine Betreute mit einem erheblichen Vermögen, die von ihren Kindern betreut wurde. Die Betreuung wurde aufgehoben, weil noch eine Vorsorgevollmacht aufgetaucht ist. Jetzt müssen die Kinder ja Rechnung legen, soweit so gut.... Die Betreute kann grundsätzlich auf die Schlussrechnung verzichten, auch das ist mir klar. Jetzt ist es leider so, dass die Betroffene an Demenz leidet und insoweit bessere und schlechtere Phasen hat. Das stellt mich nun vor ein Problem, da ich damit rechne, dass ich eine Verzichtserklärung der Betroffenen vorgelegt bekomme. Ich kann ja eigentlich nicht wissen, ob die Betroffene in dem Moment, in dem sie das Ding unterzeichnet hat, geschäftsfähig war (oder ob sie nicht bereits in den guten Phasen geschäftsunfähig ist). Sicher, ich kann die Betroffene persönlich anhören, aber ich glaube nicht, dass mir das in einem Grenzfall etwas bringt, ich bin nunmal kein Arzt.

    Daher stellt sich mir die Frage: In wie weit darf ich eine Verzichtserklärung auf ihre Wirksamkeit überprüfen und wie mache ich das (wenn ich das machen muss) praktisch?

  • In hiesigen Verfahren gibt es meist Einschätzungen zur Geschäftsfähigkeit in den Gutachten. Wenn jemand aufgrund Demenz bei Anordnung der Betreuung schon nicht mehr geschäftsfähig war, gehe ich davon aus, dass dies bei Aufhebung der Betreuung (z. B. wegen einer erst später gefundenen Vorsorgevollmacht) nicht anders ist (aufgrund der Krankheit eher schlechter).

    In der von dir genannten Konstellation dürfte es - zumindest bei Befreiung von § 181 BGB in der Vorsorgevollmacht - in Betracht kommen, dass sich die ehemaligen Betreuer = aktuelle Bevollmächtigte quasi selbst von der SRL befreien.

  • Ich habe nur so ein MDK Gutachten bei der Akte und das ist auch schon etwas älter..... Der dortige Gutachter hat der auch bescheinigt, dass die so im Grenzbereich ist...

    Dein Vorschlag (Verzicht durch Bevollmächtigten) wurde bereits in meinem Bezirk diskutiert. Ist wohl in der Literatur streitig, macht aber jedenfalls meine FG-Referentin am LG nicht mit (die sagt, das sei ein höchst persönliches Recht).

  • Tja dann:

    Schlußrechnung anfordern und an Bevollmächtigten vermitteln.

    Oder den Beanstandungsvermerk bei Prüfung von vermögenden Betreuten mit Hinweis auf § 9 RpflG zur Kenntnis nehmen und schnell weglegen.

  • Ich habe nur so ein MDK Gutachten bei der Akte und das ist auch schon etwas älter..... Der dortige Gutachter hat der auch bescheinigt, dass die so im Grenzbereich ist... Dein Vorschlag (Verzicht durch Bevollmächtigten) wurde bereits in meinem Bezirk diskutiert. Ist wohl in der Literatur streitig, macht aber jedenfalls meine FG-Referentin am LG nicht mit (die sagt, das sei ein höchst persönliches Recht).



    Recht auf Vermittlung der Schlussrechenschaft ein höchstpersönliches Recht?
    Was, wenn der Betroffene stirbt? Haben die Erben dann keinen Anspruch auf Schlussrechenschaft? Das Recht ist ja höchstpersönlich!

    Nur der Nachfolgebetreuer kann nicht verzichten. Aber nicht wegen der Höchstpersönlickeit. Sondern wegen der Unentgeltlichkeit des Verzichts.

    M.E. kann der Bevollmächtigte -da kein höchstpersönliches Recht- selbstverständlich verzichten (Aufgabenkreis vorausgesetzt). Es gilt hier das BGB.

  • Keine Ahnung, wie das bei euch ist, aber ich muss Verfahren mit großem Vermögen dem LG vorlegen. Ich meine gehört zu haben, dass in anderen Bezirken der LG Präsident solche Betreuungen prüft, bei uns wurde eine separate Zuständigkeit geschaffen. Dieser Richter am LG prüft alle Betreuungen mit großem Vermögen und ist glaub auch für andere FGG Sachen zuständig. Jedenfalls schreibt der bei meinen Betreuungen immer Prüfvermerke.... Von seiten dieses Referenten kamen schon öfter Sachen, die ich etwas anders sah. Ich weiß nicht, was passiert wenn ich den Prüfvermerk ignoriere, aber irgendwas sagt mir, ich sollte es nicht darauf anlegen :(

  • Genauso ist es. Was hat man eigentlich unter einer "FG-Referentin am LG" zu verstehen? Und weshalb ist deren Ansicht in irgendeiner Weise von Bedeutung?

    Man ist halt "obrigkeitshörig" und will es sich mit der FG-Referentin am LG nicht ...! Dasselbe wenn man immer nach der Maxime "Was sagt denn der Bezirksrevisor?" entscheidet.

  • Ich weiß nicht, was passiert wenn ich den Prüfvermerk ignoriere, aber irgendwas sagt mir, ich sollte es nicht darauf anlegen :(



    Ich komme auch aus BW. Und wenn ich anderer Rechtsauffassung als meine FG-Referentin bin, teile ich ihr meine Rechtsauffassung mit. Bisher sind wir immer zueinander gekommen. Denn in der Regel ist die FG-Referentin nicht "so nach an der Praxis", wie ich. Und mit den Jahren, in denen sie als FG-Referentin tätig ist, kommen weniger praxisferne Vermerke.

  • Recht auf Vermittlung der Schlussrechenschaft ein höchstpersönliches Recht?

    Da habe ich mich wohl blöd ausgedrückt. Gemeint habe ich, der Verzicht kann nur von dem Betroffenen oder den Erben selbst erklärt werden, eine Vertretung des Betroffenen durch einen anderen Betreuer (da gehe ich mit) oder einen Bevollmächtigten sei nicht möglich (finde ich auch etwas merkwürdig wenn man bedenkt, was mit einer Vorsorgevollmacht sonst so alles geht).

  • Recht auf Vermittlung der Schlussrechenschaft ein höchstpersönliches Recht?

    Da habe ich mich wohl blöd ausgedrückt. Gemeint habe ich, der Verzicht kann nur von dem Betroffenen oder den Erben selbst erklärt werden, eine Vertretung des Betroffenen durch einen anderen Betreuer (da gehe ich mit) oder einen Bevollmächtigten sei nicht möglich (finde ich auch etwas merkwürdig wenn man bedenkt, was mit einer Vorsorgevollmacht sonst so alles geht).

    Das ist bei Vollmachten Schwachsinn. Ich würde Aktenvermerk machen und gut is.

  • Bei solchen "Prüfungsanmerkungen" des Landgerichts habe ich § 9 RPflG (und ev. noch eine inhaltliche Bemerkung) danebengesetzt und war fertig damit. Eine Brieffreundschaft habe ich da nicht angefangen. Das LG sieht ja bei der Prüfung im nächsten Jahr, wie sein Vermerk gewirkt hat.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Recht auf Vermittlung der Schlussrechenschaft ein höchstpersönliches Recht?

    Da habe ich mich wohl blöd ausgedrückt. Gemeint habe ich, der Verzicht kann nur von dem Betroffenen oder den Erben selbst erklärt werden, eine Vertretung des Betroffenen durch einen anderen Betreuer (da gehe ich mit) oder einen Bevollmächtigten sei nicht möglich (finde ich auch etwas merkwürdig wenn man bedenkt, was mit einer Vorsorgevollmacht sonst so alles geht).


    Das halte ich - zumindest für Bevollmächtigte und befreite Betreuer als Nachfolger - für unzutreffend.

  • Keine Ahnung, wie das bei euch ist, aber ich muss Verfahren mit großem Vermögen dem LG vorlegen. Ich meine gehört zu haben, dass in anderen Bezirken der LG Präsident solche Betreuungen prüft, bei uns wurde eine separate Zuständigkeit geschaffen. Dieser Richter am LG prüft alle Betreuungen mit großem Vermögen und ist glaub auch für andere FGG Sachen zuständig. Jedenfalls schreibt der bei meinen Betreuungen immer Prüfvermerke.... Von seiten dieses Referenten kamen schon öfter Sachen, die ich etwas anders sah. Ich weiß nicht, was passiert wenn ich den Prüfvermerk ignoriere, aber irgendwas sagt mir, ich sollte es nicht darauf anlegen :(

    Man braucht nicht Rechtspfleger zu werden, wenn einem die sachliche Unabhängigkeit so wenig wert ist, dass man sie schon beim geringsten Gegenlüftchen freiwillig aufgibt.

    Will heißen: Wie ich eine Sache rechtlich sehe und wie ich demzufolge entscheide, geht den Prüfer nichts an. Und das würde ich ihm auch so mitteilen.

  • Keine Ahnung, wie das bei euch ist, aber ich muss Verfahren mit großem Vermögen dem LG vorlegen. Ich meine gehört zu haben, dass in anderen Bezirken der LG Präsident solche Betreuungen prüft, bei uns wurde eine separate Zuständigkeit geschaffen. Dieser Richter am LG prüft alle Betreuungen mit großem Vermögen und ist glaub auch für andere FGG Sachen zuständig. Jedenfalls schreibt der bei meinen Betreuungen immer Prüfvermerke.... Von seiten dieses Referenten kamen schon öfter Sachen, die ich etwas anders sah. Ich weiß nicht, was passiert wenn ich den Prüfvermerk ignoriere, aber irgendwas sagt mir, ich sollte es nicht darauf anlegen :(

    Man braucht nicht Rechtspfleger zu werden, wenn einem die sachliche Unabhängigkeit so wenig wert ist, dass man sie schon beim geringsten Gegenlüftchen freiwillig aufgibt.

    Will heißen: Wie ich eine Sache rechtlich sehe und wie ich demzufolge entscheide, geht den Prüfer nichts an. Und das würde ich ihm auch so mitteilen.

    Abgesehen von der sachlichen Unabhängigkeit gibt es aber auch einen Dienstherrn, der im Verwaltungsweg befugt ist, zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen Berichts- oder Vorlagepflichten einzuführen bei Vormundschafts-, Pflegschafts-, Beistandschafts- und Nachlaßverwaltungssachen, in denen ein größeres Vermögen verwaltet wird. Und davon haben nun mal offenbar einige Länder Gebrauch gemacht. Hat man seine Rplf-Würde neuerdings aufgegeben, wenn man seinen Dienstpflichten nachkommt?

    Ich hab es wirklich versucht! Aber es geht einfach nicht komplizierter...

  • Die Dienstpflicht ertstreckt sich beim Rechtspfleger in seiner übertragenen Entscheidungsarbeit auf die Anwendung der Gesetze und ggf. der Rechtsprechung im konkreten Einzelfall, § 9 RpflG gibt es da durchaus mit gutem Grund.
    Für die Entscheidungsüberprüfung gibt es Rechtsmittel.

    Ein Prüfvermerk der geschilderten Art, ist mit Hinweis auf § 9 RpflG abgetan.
    Man hat sich mit der Sache beschäftigt und hat entschieden, die Gründe sind in der Akte vermerkt, man vertritt seine (auch schon mal abweichende) Rechtsauffassung und fertig.

  • So ist es.

    Gerne wird seitens der Prüfer auch auf den Sperrvermerken herumgeritten. Wenn ich entscheide, dass ich ein bestimmtes Konto nicht versperren lasse, dann gibt es auch keinen fehlenden Sperrvermerk zu monieren. Denn das ist eine Sachentscheidung und die geht den Prüfer schlichtweg nichts an (oder: wenn ich entscheide, ein Gemeinschaftskonto von Betroffenem und Ehefrau weiterführen zu lassen und nicht zu trennen, oder oder oder ...).

    Mit der Einhaltung von Dienstpflichten hat das Ganze also überhaupt nichts zu tun. Im Übrigen wird umgekehrt ein Schuh daraus. Der Prüfer verstößt gegen seine eigenen Dienstpflichten, wenn er etwas beanstandet oder auch nur in der Sache erörtert, was von der sachlichen Unabhängigkeit umfasst wird.


  • Gerne wird seitens der Prüfer auch auf den Sperrvermerken herumgeritten. Wenn ich entscheide, dass ich ein bestimmtes Konto nicht versperren lasse, dann gibt es auch keinen fehlenden Sperrvermerk zu monieren. Denn das ist eine Sachentscheidung und die geht den Prüfer schlichtweg nichts an (oder: wenn ich entscheide, ein Gemeinschaftskonto von Betroffenem und Ehefrau weiterführen zu lassen und nicht zu trennen, oder oder oder ...).

    Mit der Einhaltung von Dienstpflichten hat das Ganze also überhaupt nichts zu tun. Im Übrigen wird umgekehrt ein Schuh daraus. Der Prüfer verstößt gegen seine eigenen Dienstpflichten, wenn er etwas beanstandet oder auch nur in der Sache erörtert, was von der sachlichen Unabhängigkeit umfasst wird.

    Das Elend mit den Sperrvermerken kenne ich auch zu gut (oder auch beliebt: § 1806 BGB im aktuellen Zinstief). Ich warte halt mal, was kommt. Mit etwas Glück bekomme ich die Schlussrechnung (die Betreuung lief ja nur recht kurz). Wenn der Verzicht kommt, lasse ich mir zumindest mal die Rechtsansicht der FG-Referentin genauer erklären, denn je länger man darüber nachdenkt, desto fernliegender erscheint mir die. Vielleicht hat die ja auch ein super Argument, auf das wir alle noch nicht gekommen sind :D.

    Und was die Sache mit der sachlichen Unabhängigkeit angeht: § 9 RpflG ist mir bekannt ;). Ich weiß nur nicht, wo genau die Grenze zwischen § 9 RpflG und der Dienstaufsicht des LG zu ziehen ist.... Zudem würde ich es wegen einer eher geringfügigen Schlussrechnung nicht auf einen Streit mit der Referentin ankommen lassen. Das lohnt sich einfach nicht (zumal die Betreuer / Bevollmächtigten sehr kooperativ sind und die Schlussrechnung wohl einreichen)...

    Das war eher eine generelle Frage wegen der Wirksamkeit von solchen Verzichten, die mir bei dem konkreten Fall kam und zu der ich keine Lösung gefunden habe. Das Problem kann ja auch sonst auftreten, wenn z.B. eine Betreuung wegen Unbetreubarkeit aufgehoben wird und der möglicherweise geschäftsunfähige Betreute einen Verzicht erklärt.

  • Generell ist so ein Verzicht bei der Schlußrechung möglich, §§ 1908i Abs. 1 S.1, 1980 BGB und wegen sinngemäß ist daher beim Betreuten auch Vertretung durch den Bevollmächtigten möglich wenn die Vollmacht das insoweit (§ 181 er Befreiung) hergibt:

    Durch Vertrag mit dem Vormund (§ 397) kann der unbeschränkt geschäftsfähig gewordene Mündel (oder dessen Erbe) ganz oder teilweise auf die Rechenschaftslegung verzichten,
    (MüKoBGB/Spickhoff BGB § 1890 Rn. 7-9, beck-online)

    Es ist zwar nicht "höchstpersönlich" im juristischen Sinne aber § 1890 gibt dem Betreuten ein eigenes Recht, dahingehend hat die Referentin schon recht.


    Man könnte sogar die Rechtsauffassung vertreten, dass es sich um ein Recht handelt, das sogar ausdrücklich geltend gemacht werden muss, was dann für den Geschäftsprüfer auch in Ordnung sein muss.

    Wenn die Geschäftsfähigkeit nur zweifelhaft ist, dann ist man im Zweifel geschäftsfähig.

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