Mieten = laufendes Einkommen ?

  • Folgender Fall:

    Sch. hat einen Nießbrauch an einer Wohnung, die vermietet ist.
    Das Verfahren ist an sich abschlussreif. Nun stellt sich die Frage, ob die Mieteinnahmen aufgrund des Nießsbrauchs
    laufende Einkünfte i.S.d. § 196 InsO sind. Die 2001'er Änderung der InsO gibt dazu nix her, da der Gesetzgeber "klärstellend" tägig sein wollte, dass laufendes pfändbares Einkommen die Beendigung nicht hindern soll.

    Vieles spricht dafür, dass es sich bei Mieteinkünften nicht um ein Einkommen i.S.d. § 196 InsO handelt.
    Auf den Fall gewendet:
    einmal unterstellt, Miete sei kein laufendes Einkommen, müsste das Verfahren endlos - bzw. bis zur Erteilung der RSB - asymmetrisch durchgeführt werden.
    Eine nicht mit den Vorschriften über die NTV vom Wortlaut übereinstimmende Lösung wäre eine "NTV-um's Eck". Prämisse dafür wäre aber, die Mieteinkünfte nicht unter das laufende Einkommen zu subsumieren.
    Nicht einzusehen ist jedoch, dass diese Einkünfte über den Nießbrauch nicht der Gläubigerbefriedigung zuzuführen sind.

    Ideen dazu ?

    greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • Ich sehe das wie Rainer. da der BGH doch alle regelmäßigen Einnahmen unter § 850i ZPO eingeordnet hat, würde ich auch diese Einnahmen darunter einordnen. Ich glaube, dieses "Endlossverfahren" ist nicht im Sinne des Erfinders (allerdings sind wahrscheinlich viele Dinge in der InsO nicht im Sinne des Erfinders ;)).

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Das mit den Mieteinnahmen wird man abschichten müssen, § 850i ZPO greift nicht uneingeschränkt, vergl. BGH vom 07.04.2016, IX ZB 69/15.

    Ich habe etwas ähnliches auf dem Tisch, eine zur Masse gehörende Lebensversicherung, welche monatlich bis zum Tode der versicherten Person ausschüttet. Wurde über eine NTV gelöst.

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  • Ich denke auch, dass 850i ZPO nicht uneingeschränkt anwendbar ist. Der BGH sagt dazu ausdrücklich, dass man auf das sonstige Einkommen schauen muss. Wenn dass an die Grenze des 850c ZPO heranreicht, dann ist 850i ZPO nicht anwendbar. Der BGH hat 2004 mal in einer Entscheidung zu 765a ZPO und Pfändung von Mieten sehr restriktiv entschieden, dass ein Pfändungsschutz nicht besteht, selbst wenn es sich um die einzige Einnahmequelle handelt. Ich wäre daher mit 850i ZPO vorsichtig und würde daher nicht auf einen Vergleich mit Arbeitseinkommen schließen.

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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Ich denke auch, dass 850i ZPO nicht uneingeschränkt anwendbar ist. Der BGH sagt dazu ausdrücklich, dass man auf das sonstige Einkommen schauen muss. Wenn dass an die Grenze des 850c ZPO heranreicht, dann ist 850i ZPO nicht anwendbar. Der BGH hat 2004 mal in einer Entscheidung zu 765a ZPO und Pfändung von Mieten sehr restriktiv entschieden, dass ein Pfändungsschutz nicht besteht, selbst wenn es sich um die einzige Einnahmequelle handelt. Ich wäre daher mit 850i ZPO vorsichtig und würde daher nicht auf einen Vergleich mit Arbeitseinkommen schließen.

    Welche Grenze des § 850c ZPO meinst Du, Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 2?

    Das mit dem § 850i ZPO ist im Insolvenzverfahren schon eine besondere Sache. Im eröffneten Verfahren kann der Schuldner den Schutz beantragen, dass die Mieteinnahmen wie laufendes Arbeitseinkommen behandelt werden und damit teilweise unpfändbar sein können.

    Aber nach Aufhebung des Verfahrens, also während der Laufzeit der Abtretung ist nur der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens abgetreten. Die Miete darf also nicht (mehr) angetastet werden. Es ist der InsO auch nicht zu entnehmen, dass der Treuhänder die Miete weiter einziehen kann. Dazu kann er auch keine Zusammenrechnung mit dem AE beantragen, weil 1. beides nicht zusammenrechenbar ist und 2. nur das AE und gleichgestellte Einkommen von der Abtretung erfasst sind.

  • vielen Dank für die Rückmeldungen. Es ging vorliegend nicht um den etwaigen Pfändungsschutz (Schuldnerin hat ausreichend sonstige Einkünfte - hätte ich besser im SV erwähen sollen, sorry), der Umkehrschluss von Rainer in der Hinsicht ist sicherlich interessant.
    Neue Überlegung: Nießbrauch als Stammrecht in die NTV nehmen (auch wenn er nicht verwertbar ist) und sodann die "Früchte" = Mieten bis zur Erteilung der RSB zur Masse zu ziehen......

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  • Warum denn nur bis zur Erteilung der RSB?

    weil mit dieser m.E. jeglicher Nacherwerb rückwärtig ab Ablauf der Abtretungsfrist insolvenzfrei ist (entsprechend der BGH-Judikatur und nun 303a InsO).

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  • @Coverna Der BGH sagt 850c abs. 1 ZPO.

    @ LfdC Wennich die Mieten einziehe nach Aufhebung des Verfahrens geht das doch nur mit einer Nachtragsverteilung. Ich würde hier die Mieten nicht wie Einkommen behandeln.

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  • Unter Bezug auf § 196 InsO sehe ich das auch nicht als laufendes Einkommen i.S.d. von "aus Arbeit". Und wenn man es festhalten will, geht es nur über eine NVT.

    Leider lässt sich die Bundesregierung im Entwurf vom 28.03.2001 hierüber nicht vertiefend aus, wohl auch, weil der Fokus des Entwurfs auf der Begründung der Verfahrenskostenstundung liegt. Man kann allerdings mutmaßen, dass aufgrund der Erläuterungen zu lfd. Nr. 13 das laufende Arbeitseinkommen gemeint ist.

    @def: Wegen des Zeitraumes bis zur Erteilung der RSB wirst Du wohl richtig liegen, da es ja nicht darauf ankommt, wann der Mietvertrag geschlossen worden ist, sondern auf die monatliche Neubegründung des Anspruches, so wie bei der Anfechtung von Pfändungen und Abtretungen auch. Spannend wird es natürlich, wenn dem Schuldner die RSB versagt wird. Dann wohl weiter bis zum Tod des Schuldners?

    Abwandlung: Der Mieter zieht aus. Dann wäre wohl Schluss mit lustig.

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  • @Coverna Der BGH sagt 850c abs. 1 ZPO.


    Aber das betraf doch eine Erbschaft und das war doch etwas anderes als die Mieteinnahmen in der Entscheidung vom 26.06.2014 - IX ZB 88/13 -.

    Außerdem dürfte eine Entscheidung aus 2004 keine Rolle mehr spielen, weil § 850i ZPO 2009 geändert wurde.
    Der Unterschied bestand doch darin, dass die Mieteinnahmen selbst erwirtschaftet waren. Oder habe ich da einen Denkfehler.

  • @Coverna Der BGH sagt 850c abs. 1 ZPO.


    Aber das betraf doch eine Erbschaft und das war doch etwas anderes als die Mieteinnahmen in der Entscheidung vom 26.06.2014 - IX ZB 88/13 -.

    Außerdem dürfte eine Entscheidung aus 2004 keine Rolle mehr spielen, weil § 850i ZPO 2009 geändert wurde.
    Der Unterschied bestand doch darin, dass die Mieteinnahmen selbst erwirtschaftet waren. Oder habe ich da einen Denkfehler.

    ne, es geht nicht um 850i da die schuldnerin ohnehin ausreichende einkünfte hat; im Rahmen des Insolvenzeschlags kämen die ja nicht als pfandfrei "on top" ...

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  • hab heute nochmal mit dem Kollegen Rücksprache genommen: entweder Verfahren offen lassen, bis zur RSB-Erteilung (danach ist insolvenzfrei -> siehe BHG und 300a InsO) oder Aufhebung mit NTV-> Stammrecht (dann ist fructu umfasst) mit Abhängigkeitsmachung des Aufhebungsbeschlusses von der Rechtskraft der NTV-Entshdiung. Denke, sowohl wirtschaftlich wie juristisch eine saubere lösung.
    Danke für die Beiträge1

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  • Kommst du an das Stammrecht tatsächlich ran? Das Stammrecht selbst, kannst du meiner Ansicht nach nicht verwerten, sondern nur die Früchte.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Kommst du an das Stammrecht tatsächlich ran? Das Stammrecht selbst, kannst du meiner Ansicht nach nicht verwerten, sondern nur die Früchte.

    völlig richtig; an das Stammrecht selbst ist kein rankommen,nur an die "fructus"

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