Benachrichtigung bei Testamentseröffnung, Hinzuziehung von KANN-Beteiligten

  • Fall:

    Der Erblasser hinterlässt ein notarielles Testament von 2002.

    "[...] Ich habe keine Kinder und bin auch nicht verheiratet.

    Ich setze zu meiner alleinigen Erbin meine Verlobte Frau V ein (Anm.: Mit dieser war der Erblasser bis zum Tode verlobt, zu einer Heirat kam es nicht).

    Eine Ersatzerbenfolge möchte ich nicht treffen.

    Der Notar belehrte über das gesetzliche Pflichtteilsrecht, worauf der Testator erklärt, weitergehende Verfügungen nicht treffen zu wollen. [...]"


    Der Erbfall tritt 2017 ein.


    Zum Todes Zeitpunkt ist der Erblasser ledig und kinderlos. Da die Eltern des Erblassers beide vorverstorben sind, ist einziger gesetzlicher Erbe sein noch lebender Bruder B.


    Frau V stribt ca. ein Jahr vor dem Erblasser unter Hinterlassung von den Söhnen S1, S2 und S3 (es handelt sich nur um die Söhne von V; es sind keine Söhne des Erblassers. Zum Zeitpunkt der Testierung lebten die Söhne bereits und waren auch zum Zeitpunkt der Testierung alle drei volljährig).


    S1 hat den Eröffnung"antrag" gestellt (er hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt, als Beteiliger hinzugezogen zu werden). Er möchte ggf. später auch einen Erbscheinsantrags stellen, der ihn und seine Brüder als Erben ausweist. S1 gibt an, dass dem Erblasser die Existenz von S1, S2 und S3 zum Zeitpunkt der Testierung bekannt war.

    Mir geht es zunächst um die Frage der Benachrichtigung im Rahmen der Eröffnung.


    Fragen:

    1) MUSS ich S1, S2 und S3 im Rahmen der Eröffnung benachrichtigen?

    2) KANN ich S1, S2 und S3 im Rahmen der Eröffnung benachrichtigen?


    Meine Überlegungen:

    zu 1)

    Ich MUSS S1, S2 und S3 nicht benachrichtigen, da sie keine MUSS-Beteiligten nach §§ 7, 348 FamFG sind, denn

    - es ist keine ausdrückliche Ersatzerbeneinsetzung erfolgt, somit sind sie keine (ausdrücklichen) Ersatzerben
    - § 2069 BGB greift nicht, da es sich bei V sowie S1, S2 und S3 nicht um Abkömmlinge des Erblassers handelt
    - eine Analogie von § 2069 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht
    - da die vorverstorbene testamentarische Erbin die einzige testamentarische Erbin war, kommt es auch gem. § 2099 BGB nicht zu einer Anwachsung zu Gunsten von S1, S2 und S2
    - da insoweit grds. nur noch die gesetzliche Erbfolge bleibt, MUSS ich nur B benachrichtigen

    zu 2)

    Ich KANN S1, S2 und S3 gem. § 7 FamFG beteiligen. Vorliegend ist dies auch sinnvoll, um sie in die Lage zu versetzen, ggf. einen Erbscheinsantrag zu stellen, der sie als Erbe ausweist, auch wenn nach derzeitiger Aktenlage ein solcher Antrag m. E. derzeit wenig bis gar keine Aussicht auf Erfolg hat.


    Ich würde mich über Meinungen, Bestätigungen oder Einwendungen zu meinen Überlegungen freuen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (16. Dezember 2017 um 00:09)

  • Für mich kommen S1 bis S3 nicht als Ersatzerben (wie du treffend ausgeführt hast) in Betracht. Der Erblasser hat von S1 bis S3 Kenntnis gehabt und nach Belehrung durch den Notar keine Ersatzerbeinssetzung getroffen. Er wollte also seine Verlobte zur Erbin einsetzen und es ansonsten bei der gesetzlichen Erbfolge belassen. Sonst hätte er anders zu notariellem Protokoll testiert. Deshalb würde ich S1 bis S3 nicht am Testamentseröffnungsverfahren beteiligen.

    Wer nicht als Erbe in Betracht kommt ist m.E. als möglicher testamentarischer Erbe auch nicht am Testamentseröffnungsverfahren zu beteiligen.

    Unabhängig davon hat S1 Kenntnis vom Testament und ist deshalb in der Lage, einen Erbscheinsantrag zu stellen.
    Am Erbscheinsverfahren sind dann S2 und S3 beteiligt. Ebenso der Bruder des Erblassers B.

    Alles weitere nach Vorliegen des Erbscheinsantrags des S1 (möge er begründen, wie er in dem vorliegenden Testament eine Erbeinsetzung von sich und seinen Brüdern sieht).

  • Ich habe es schon öfter gesagt und ich wiederhole mich gerne: Ob jemand beteiligt ist, entscheidet das materielle Recht und nicht eine Verfahrensvorschrift. Und wenn jemand - aufgrund dieser oder jener Testamentsauslegung - betroffen oder begünstigt sein kann, dann ist er ohne jedes Ermessen zweifelsfrei zu beteiligen.

    Wie sagt das FamFG so schön: Der Antragsteller ist Beteiligter. Wer hätte das wohl jemals gedacht?

  • Ob jemand beteiligt ist, entscheidet das materielle Recht und nicht eine Verfahrensvorschrift.


    Ein guter Punkt, den ich künftig beherzigen werde.

    In meinem Fall hatte ich, schon vor diesem Post, S1 bis S3 beteiligt, d. h. von der Testamentseröffnung benachricht.

    In meinem Fall war dies ja kein Problem, da diese drei mir ja bekannt waren.

    Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, und man Cromwells Einwand beherzigt, folgt für mich daraus, dass das Gericht demnach stets von Amts wegen zu ermitteln/aufzuklären hat, ob der testamentarische Erbe Abkömmlinge hinterlassen hat, und zwar unabhängig davon, wie (un-)wahrscheinlich es ist, dass diese an die Stelle des weggefallenen testamentarischen Erben treten. Ich habe zwar auch schon vor diesem Thread entsprechende Ermittlungen vorgenommen, fühle mich aber jetzt bestärkt dies beizubehalten.

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