Kuriosität: isolierte Teilungserklärung ohne WEG-Regelungen

  • Hallo,

    der Alleineigentümer selbst überreichte seine 2-seitige Begründung von Teil- und Wohnungseigentum eines mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshauses. Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine not. Urkunde, der Eigentümer hat lediglich vom Notar seine Unterschrift beglaubigen lassen.
    Inhaltlich wird nur vorgetragen, dass er Alleineigentümer des betr. Grundbesitzes ist und diesen wie aus dem beigefügten Aufteilungsplanersichtlich wie folgt in Wohnungs- und Teileigentum aufteilt: es folgt die Aufteilungin 9 Einheiten, 2 Geschäfte und 7 Wohnungen.

    Sodannwird noch auf die Abgeschlossenheitsbescheinigung der Stadt vom XXX mit Aktenzeichen XXX ausdrücklich Bezug genommen.
    Schließlich bewilligt und beantragt er die Eintragung imGrundbuch.
    Ort, Datum, Unterschrift, not. Beglaubigung. Fertig.Beigefügt ist die formrichtige Abgeschlossenheitsbescheinigung nebst nicht miteinanderverbundenen Aufteilungsplänen aller Geschosse, alle (bis auf einen) mit Unterschrift + Siegel + Aktenzeichen der Stadt versehen.

    Ich habe die Sache mit meinem Kollegen besprochen/geprüft.Wir sind hier ziemlich verwundert/-wirrt, da zum Verhältnis der Teil- undWohnungseigentümer untereinander kein Wort gesagt wird. Noch niemals „Es geltendie Vorschriften des WEG.“.
    Ich bin der Meinung, dass ich das aber als Grundbuchamt auch nicht verlangen kann, richtig? Obwohl eine knapp 2seitige Teilungserklärungschon sehr außergewöhnlich ist…
    Das war Frage 1.


    Frage 2:
    Der Eigentümer hat keinen Wert angegeben. Ich muss ihn doch jetzt selbst per ZwVfg gg. ZU auffordern den Wert gem. § 42 GNotKG zum Zwecke der Gebührenberechnung anzugeben.
    Wenn er mir dann den Wert angibt, muss ich noch einen Wertfestsetzungsbeschluss machen und wenn ja, wie überprüfe ich, ob der vom Eigentümer angegebene Wert „der Wahrheit“ entspricht? Muss ich mir zu einermöglichen Vergleichsberechnung von ihm vorsorglich auch Brandversicherungssumme und Baujahr angeben lassen? Sorry, für die vielleicht blöde Frage.

    Vielen Dank!

  • Zitat

    Sodannwird noch auf die Abgeschlossenheitsbescheinigung der Stadt vom XXX mit Aktenzeichen XXX ausdrücklich Bezug genommen.


    Dies alleine genügt nicht. Es muss zusätzlich auf das Verbinden mit der Urkunde verzichtet werden, auch bei Unterschriftsbeglaubigung, Schöner/Stöber Rn. 2854.

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  • ... Es muss zusätzlich auf das Verbinden mit der Urkunde verzichtet werden, auch bei Unterschriftsbeglaubigung, Schöner/Stöber Rn. 2854.

    ..

    Einen „Verzicht auf das Verbinden mit der Urkunde“ kann es mE allenfalls bei beurkundeten, nicht bei unterschriftsbeglaubigten Teilungserklärungen geben, weil der Verzicht auf die Beifügung nach § 13a Absatz 2 BeurkG eine zu beurkundende Erklärung voraussetzt, s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…726#post1130726

    Bei notariell beglaubigten Erklärungen wird die verbale Erklärung („Sondereigentum an der mit Nr… bezeichneten Wohnung“) durch die zeichnerische Darstellung ergänzt. Das setzt voraus, dass die in Bezug genommene Urkunde mit der verbalen Erklärung verbunden wird. Schöner/Stöber führen dazu in RN 2855 aus: „Wird bei einer Teilungserklärung nach § 8 WEG lediglich die Unterschrift des Eigentümers beglaubigt, so genügt in den genannten Fällen die bloße (spätere) Beifügung des amtlichen Aufteilungsplans zur Eintragungsbewilligung ebenfalls nicht: da auch hier eine Erklärung unter Verwendung von Zeichnungen und Abbildungen (§ 9 Abs 1 S 3 BeurkG) abgegeben wird, muss in entsprechender Anwendung des § 9 Abs 1 S 3 BeurkG im Text der Erklärung auf den Plan ausdrücklich Bezug genommen werden, dieser bei der Beglaubigung vorliegen und mit der Eintragungsbewilligung durch Schnur und Siegel verbunden werden (§ 44 BeurkG)“
    s. hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post953962

    Zur Frage 1: es müssen keine vom WEG abweichenden Vereinbarungen getroffen werden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (10. Januar 2018 um 18:14) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Wenn man in alte GA's schaut, dann findet man das in den 60igern sehr häufig. Erst als es um Verweisungsmöglichkeit

    beim Verkauf vor Anlegung der WE-Einheiten ging, musste auf Beurkundung umgestellt werden. Aber wirksam, (wenn man den Aufteilungsplan an die unterschriftsbeglaubigte TE ansiegelt), ist das weiterhin. Und § 15.3 GBO nicht vergessen:teufel:

  • Ich denke mal, dass die Irritationen durch die Beschlüsse des OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat vom 28.06.2010, 3 Wx 54/10, und des KG Berlin 1. Zivilsenat vom 02.07.2015, 1 W 558/14, entstanden sind, wonach das WEG im Verhältnis zum BeurkG das ältere Gesetz ist und deshalb der Begriff der „Anlage“ in § 7 Abs. 4 WEG nicht im Sinne des jüngeren Gesetzes verwendet werden kann. Das bedeutet aber für die notariell beglaubigte Teilungserklärung nicht, dass der Aufteilungsplan nicht zu ihrem Bestandteil gemacht werden muss. Denn dieser wird durch die doppelte Bezugnahme bei der Eintragung auf die Eintragungsbewilligung und auf deren Anlage (§ 7 III, IV WEG) zum Grundbuchinhalt und dient der Abgrenzung von Sondereigentum untereinander und zum gemeinschaftlichen Eigentum. Daher muss auch bei einer notariell beglaubigten Erklärung die Zusammengehörigkeit von Aufteilungsplan und Eintragungsbewilligung verdeutlicht werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. 6. 2010 - I-3 Wx 54/10 unter Zitat BayObLG, DNotZ 2003, 275 m. Anm. Schmidt; OLG Zweibrücken, MittBayNot 1983, 242; Beck-OK/Hügel, Stand 1. 2. 2010, § 7 WEG Rn. 6; ders., in NotBZ 2003, 149; Staudinger/Rapp, aaO; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, § 7 Rn. 83; Demharter, aaO, Anh. § 3 Rn. 43).

    Die vom OLG Düsseldorf zitierte Kommentierung von Staudinger/Rapp, BGB, Bearb. 2005, § 7 WEG Rn. 15 entspricht derjenigen in der Neuauflage 2018. Rapp führt dazu im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 7 WEG RN 15 aus: „Wird dagegen die Teilungserklärung gemäß § 8 WEG im Wege der Unterschriftsbeglaubigung erstellt, so ist eine Zusammenheftung der beglaubigten Urkunde mit den Aufteilungsplänen und der Abgeschlossenheitsbescheinigung zwingend erforderlich, da nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass sich die Bezugnahme auf die Aufteilungspläne und die Abgeschlossenheitsbescheinigung in der Teilungserklärung auf die beigefügten Dokumente bezieht.“

    Das entspricht den o. a. Ausführungen bei Schöner/Stöber, RN 2855.

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  • Wobei Schöner/Stöber in Rn. 2854 auch für die notariell beglaubigte Teilungserklärung von einem möglichen Verzicht auf die Verbindung ausgeht, wenn die Abgeschlossenheitsbescheinigung zu diesem Zeitpunkt bereits existiert.
    Rn. 2855 befasst sich doch mit dem Fall, dass die Abgeschlossenheitsbescheinigung bei Abgabe der Teilungserklärung noch nicht vorliegt...

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  • Die Ausführungen bei Schöner/Stöber in RN 2854 sind insofern missverständlich, als sie in Klammern „oder Beglaubigung“ erwähnen (Zitat: „Liegt bei Beurkundung (oder Beglaubigung, § 8 WEG), die Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde samt der von ihr mit Unterschrift und Siegel versehenen Bauzeichnung bereits vor, so genügt es, in der Teilungserklärung auf diesen Aufteilungsplan zu verweisen; Vorlage zur Durchsicht und Beifügung des Plans zur Teilungserklärung (§ 44 BeurkG) sind entbehrlich, wenn die Beteiligten hierauf verzichten (§ 13a Absatz 4 BeurkG)“

    Dies schon deshalb, weil nur aus einer notariellen Urkunde heraus auf den amtlichen Aufteilungsplan verwiesen werden kann (s. § 13a Absatz 4 BeurkG: „Wird in der Niederschrift auf Karten oder Zeichnungen verwiesen, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehen worden sind, so gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend“) und demzufolge auch der Verzicht auf Beifügung nach § 13a Absatz 2 BeurkG nur bei einer notariellen Urkunde möglich ist.

    Allerdings braucht der amtliche Aufteilungsplan der Teilungserklärung noch nicht beigefügt zu sein.

    Daher kann auch der notariell beglaubigten Teilungserklärung lediglich ein vorläufiger Aufteilungsplan beigefügt sein. In diesem Fall ist jedoch dessen Mitbeurkundung nach § 9 I 3 BeurkG erforderlich, d. h. er ist in Bezug zu nehmen und der nach § 44 BeurkG der Erklärung anzusiegeln (s. Böttcher, Rpfleger 2004, 21/26 mwN). Dieses beurkundungsrechtliche Erfordernis gilt unabhängig davon, dass der Aufteilungsplan grundbuchverfahrensrechtlich nicht dem Formerfordernis des § 29 GBO unterliegt, also auch der (beurkundungsrechtlich mit einem vorläufigen Aufteilungsplan errichteten = damit verbundenen) Teilungserklärung nachgereicht werden kann.

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  • Frage 2:
    Der Eigentümer hat keinen Wert angegeben. Ich muss ihn doch jetzt selbst per ZwVfg gg. ZU auffordern den Wert gem. § 42 GNotKG zum Zwecke der Gebührenberechnung anzugeben.
    Wenn er mir dann den Wert angibt, muss ich noch einen Wertfestsetzungsbeschluss machen und wenn ja, wie überprüfe ich, ob der vom Eigentümer angegebene Wert „der Wahrheit“ entspricht? Muss ich mir zu einermöglichen Vergleichsberechnung von ihm vorsorglich auch Brandversicherungssumme und Baujahr angeben lassen? Sorry, für die vielleicht blöde Frage.

    Der Wert muss natürlich mitgeteilt werden. Aber du kannst diesen nicht mittels Zwischenverfügung anfordern, da die fehlende Wertangabe kein Eintragungshindernis ist.

    Du kannst daher das WEG eintragen und forderst gleichzeitig mit der Eintragungsnachricht den Wert an. Eines Wertfestsetzungsbeschlusses bedarf es nach meinem Dafürhalten nicht, sofern der Wert realistisch erscheint und du auch nicht von diesem abweichst.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Vielen Dank für Eure Rückmeldungen!!! :)

    Da ich den Eigentümer ohnehin mit einer ZwVfg belästigen muss (auf einer Zeichnung fehlt ja das Siegel der Stadt und die Heizung soll Sondereigentum werden), wird er halt "im Rahmen der ZwVfg" aufgefordert den Wert anzugeben.

    Ich habe gedacht, dass ich den Wert immer festsetzen muss, es sei denn er ist in einer not. Urkunde enthalten oder vom Notar angegeben.
    Der Punkt ist auch, dass ich bei Wertangaben zu Immobilien dieser Größenordnung echt raus bin. Klar kann ich den Bodenwert mir bei boris.NRW.de angeben lassen; ich kann aber nicht sagen, ob z. B. 1 Mio. Gebäudewert realistisch sind oder doch eher zwei....

  • Ich denke mal, dass die Irritationen durch die Beschlüsse des OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat vom 28.06.2010, 3 Wx 54/10, und des KG Berlin 1. Zivilsenat vom 02.07.2015, 1 W 558/14, entstanden sind, wonach das WEG im Verhältnis zum BeurkG das ältere Gesetz ist und deshalb der Begriff der „Anlage“ in § 7 Abs. 4 WEG nicht im Sinne des jüngeren Gesetzes verwendet werden kann....

    Das KG ist seiner Ansicht aus dem Beschluss vom 02.07.2015, 1 W 558/14, treu geblieben. Der Leitsatz aus dem Beschluss vom 18.06.2021, 1 W 275/21,
    https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/KORE221102021
    lautet:

    „Die zum grundbuchrechtlichen Vollzug einer Teilungserklärung nach §§ 8, 7 Abs. 4 S. 1 WEG beizufügenden Anlagen – Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung – müssen auch dann nicht mit der Bewilligung körperlich verbunden werden, wenn nur die Unterschrift unter der Bewilligung beglaubigt worden ist (Fortführung von Senat, Beschluss vom 2. Juli 2015 - 1 W 558/14, NZM 2016, 525)“

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  • Die vorgenannte Entscheidung führt zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass wegen des Sondereigentums an Freiflächen auch bei einer nur beglaubigten Erklärung der bloße Hinweis auf die Darstellung im Aufteilungsplan ausreichen würde, für die Begründung von Sondernutzungsrechten an ebendiesen Freiflächen hingegen die gleichen Voraussetzungen vorliegen müssten, wie sie für die Darstellung des Ausübungsbereichs einer Dienstbarkeit gelten (s. dazu BayObLG, Beschluss vom 21.10.1997, 2Z BR 137/97: „An die Bestimmbarkeit der betreffenden Fläche sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei sonstigen Eintragungen in Bezug auf einen Grundstücksteil (BayObLG, Rpfleger 1989, 194; DNotZ 1994, 244; Demharter, GBO, 22. Aufl., Anh. zu § 3 Rdn. 21)“ oder OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juni 2010, I-3 Wx 54/10
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/dues…s_20100628.html
    Rz. 54: „Allerdings sind die räumlichen Ausübungsbereiche von Sondernutzungsrechten im Aufteilungsplan oder in einem gesonderten Sondernutzungsplan nach dem Bestimmtheitsgrundsatz darzustellen, wie sie für Grunddienstbarkeiten verlangt werden (Staudinger-Rapp WEG 2005 § 7 Rdz. 19)“.

    Die Darstellung des Ausübungsbereichs einer Dienstbarkeit setzt jedoch bei der Bezugnahme auf eine Karte oder einen Lageplan voraus, dass diese Unterlage mit Schnur und Siegel mit der Erklärung verbunden ist (s. etwa BGH, Urteil vom 06.04.1979, V ZR 72/74 und Beschluss vom 06.03.1981, V ZB 2/81).

    Bleibt also die Frage, was dann ist, wenn wegen des Sondernutzungsrechts auf den Aufteilungsplan Bezug genommen wird. Ist auch dann auch der Aufteilungsplan -wie bei der Darstellung des Sondereigentums- nicht mit der Erklärung zu verbinden ?

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  • Als Anekdote:
    In Schleswig-Holstein wird zwangsweise elektronisch eingereicht, der Aufteilungsplan kommt nur bei unscanbaren Plänen (meist isoliert) zusätzlich per Post. Eine physische Verbindung kann das Grundbuchamt hier eh nicht prüfen.

  • Ich vermute aber mal stark, dass dann die Sondernutzungsrechte nicht im Aufteilungsplan, sondern in einem eigenständigen Sondernutzungsrechtsplan dargestellt sind.

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