Wann kann Vorgang an anderes Gericht abgegeben werden?

  • Der Betroffene wohnt bei mir seit September 2017 im Pflegeheim (für immer). Wohnung hier wird jetzt aufgelöst. Das Pflegeheim liegt nicht mehr in unserem Bezirk. Jetzt habe ich die Sache dem Richter vorgelegt, m.d.B. um Prüfung, ob wir abgeben können. Jetzt bekomme ich die Akte zurück mit dem Bemerken, dass der Betroffene seinen Wohnsitz 1 Jahr dort zunächst eingenommen haben muss. Vorher geht das nicht. Soll im FamFG stehen. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen? Ich habe schon in meinem Handkommentar die ersten Paragraphen durchgeblättert, aber nichts passendes gefunden. Danke für einen Tipp!

  • Bei Deiner Blättergeschwindigkeit bist Du wohl noch nicht zu §§ 272, 273 FamFG gekommen?

    Ich zitiere mal einen Forianer: Das Recht ist mit den Hellen! (oder mit den schnelleren Postern)

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Mit Verlaub - ich kann § 273 FamFG gerade nicht entnehmen, dass die Abgabe bei Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes einen einjährigen Aufenthalt an ebendiesem Ort voraussetzt. Dass es sich vorliegend nur um einen tatsächlichen Aufenthalt handelt, vermag ich -vorbehaltlich weiterer Sachverhaltsangaben- anzuzweifeln (s. a. Bahrenfuss/Brosey, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 272 Rn. 4).

  • Mit Verlaub - ich kann § 273 FamFG gerade nicht entnehmen, dass die Abgabe bei Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes einen einjährigen Aufenthalt an ebendiesem Ort voraussetzt. Dass es sich vorliegend nur um einen tatsächlichen Aufenthalt handelt, vermag ich -vorbehaltlich weiterer Sachverhaltsangaben- anzuzweifeln (s. a. Bahrenfuss/Brosey, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 272 Rn. 4).


    Das sehe ich genauso.

    Was ist denn der gewöhnliche Aufenthalt, wenn der Betroffene sich (dauerhaft beabsichtigt) in einem Heim befindet und die Wohnung aufgelöst ist? Natürlich die Anschrift des entsprechenden Heims.

    Also kann spätestens nach der Auflösung der Wohnung abgegeben werden.

    Auch wenn dies kein zwingendes Argument ist, die hiesigen Richter praktizieren es auch so.


    Diese Vorgehensweise halte ich auch für sinnvoll, insbesondere da bei vielen Betroffenen jederzeit das Bedürfnis einer unterbringungsähnlichen Maßnahme eintreten kann. Ansonsten soll der mangels Abgabe nach wie vor zuständige Richter in diesen Eilfällen erst einmal den für den Ort des Heims örtlich zuständigen Betreuungsrichter um Anhörung des Betroffenen ersuchen? :( (um dann anschließend entscheiden zu können) Davon abgesehen erfolgt auch häufig die Bestellung eines Verfahrenspflegers. In den Fällen eines weit entfernten Heimplatzes wird es erst richtig interessant, wenn der wegen des Orts der vormaligen Wohnung noch zuständige Richter zunächst erst einmal ergründen muss, welche Verfahrenspfleger durch das Gericht in X-Stadt für derartige Angelegenheiten üblicherweise bestellt werden bzw. überhaupt tätig sind.

    Zwar kann man ggf. den § 272 II FamFG anwenden, aber auch dieser bereitet unnötige Umstände. Und das Eilgericht kennt die Akte des Betroffenen nicht.

  • Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts ist ein Abgabegrund. Egal wie lang der gewöhnliche Aufenthalt schon dauert.

    Und das Erfordernis einer persönlichen Anhörung (z.B. im Rahmen der Verlängerung, der Genehmigung zur Unterbringung, zu unterbringungsähnlichen Maßnahmen bzw. eines ärztlichen Eingriffs) ist auch ein Abgabegrund.

    Wir geben in solchen Fällen immer ab. Nur abgabereif muss die Akte sein.

  • Hallo zusammen.
    Hier mein Thema, weil es so schön unter die Überschrift passt.
    Unsere Betreuungsrichter geben Verfahren nach Wechsel der örtlichen Zuständigkeit durch Umzug der Betreuten stets erst nach Ablauf des aktuellen Kalenderquartals ab.
    Eigentlich ist mir das völlig egal, auch wenn ich die „Ungerechtigkeit“ imVergleich zu den anderen Gerichten sehe, welche zeitnah abgeben und so nicht versuchen die „Zahlen zu frisieren“…

    Ärgerlich werde ich allerdings, wenn ich durch diese Verfahrensweise teils erhebliche Mehrarbeit habe (Stichwort: Tod vor Abgabe, Schlussrechnungslegung etc.).

    Ich meine die Antwort zu kennen, aber trotzdem: Existierte eine gesetzliche Grundlage, wonach die Abgabe erst nach Ablauf des aktuellen Quartals erfolgen kann/darf/soll?
    Gibt es andere gute Argumente, die ich den Richtern mal versuchen könnte, näher zu bringen, um die Abgabe nach Ablauf der Anhörungsfrist umgehend zu beschließen?

    Danke für Anregungen.

  • Winifred
    Da gehen die Interessen der Gerichte ( abgebendes und übernehmendes Gericht ) natürlich auseinander.
    Ich ärgere mich als übernehmender Rpfl. des öfteren, wenn sofort mit oder direkt nach der Abgabe ein Betreuerwechsel stattfindet bezw. der Betreute stirbt ( wofür er natürlich nichts kann ;) ).
    Gerade wenn vorher ein befreiter Betreuer tätig war, kommt auf den übernehmenden Rpfl. teilweise eine Rechnungslegung über etliche Jahre zu, d.h. für einen Zeitraum, in dem er im Verfahren garnicht als Rpfl. aktiv war
    Ich hatte kürzlich eine Übernahme mit sofortigem Betreuerwechsel ( Vereinsbetreuer zu einem anderen Vereinsbetreuer ), bei dem eine RL für 18 Jahre anzufordern und zu prüfen war, und das bei einem pensionierten Betreuten mit unzähligen Rechnungen ( Arzt, Krankenhaus pp. ).
    Nicht wirklich spaßig.

  • Hier wird in der Regel sofort abgegeben. Auch die "Unsitte", dass beim übernehmenden Gericht zunächst der Rechtspfleger drüber schaut und einer Übernahme erst zugestimmt wird, wenn das und das noch erledigt ist, halte ich für nicht richtig. Die Betreuung ist dort zu führen, wo der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn noch nicht alles erledigt ist, muss das dann wohl oder übel das übernehmende Gericht nachholen. Ich beziehe mich in solchen Fällen stets auf eine Entscheidung des LG Dresden vom 16.10.2008 (2 AR 13/08).

    Edit: Die Verlinkung ist falsch.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

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