Einrichtung einer Kontrollbetreuung

  • Hallo zusammen,

    ich habe eine Akte vorgelegt bekommen, in welcher ursprünglich eine "normale" Betreuung seitens des einen Sohn beantragt wurde.
    Es stellte sich dann heraus, dass eine Tochter eine Vorsorgevollmacht hat und auch für Ihren Vater tätig wird.
    Nicht gut ist, dass nach ausführlichem Bericht die Tochter selbst krank ist und oftmals an der Ausübung der Vollmacht gehindert ist.
    Vater und Tochter wünsche keine Betreuung.
    Leder verwahrlost de Vater ziemlich und seine Tochter hat auch keine Kontovollmacht, da der Vater stark dement ist und die Bank ein Vollmachterteilung unterbindet.
    Lange Rede, kurzer Sin,ich bekomm die Akte vom Richter, weil das Gesundheitsamt eine Kontrollbetreuung für angebracht hält.
    Grundsätzlich keine schlechte Idee, aber ich kann ja keine vollumfängliche Kontrollbetreuung einrichten, oder? Ich kann dieses ja nur für Teilgebiete.
    Auf Nachfrage beim Gesundheitsamt kristallisiert sich heraus, dass eigentlich in jedem Teilgebiet Kontrolle hermüsste. Es gäbe nichts, was wichtiger als der Rest wäre. Denkbar wären Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Rechts- Antrags- und Behördenangelegenheiten und Aufenthaltsbestimmungsrecht. Das wäre ja so gut wie alles.
    Was mache ich nun?

    G, Mausejule

  • Ich würde das Gespräch mit dem Richter suchen, ob hier nicht ein Betreuer für die nicht von der Vollmacht abgedeckten Bereiche eingesetzt werden sollte.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • § 1896 Abs. 3 BGB ist bereits der Teilbereich.

    Da kann man alle Angelegenheiten reinpacken, die kontrolliert werden müssen.

    ABER der Kontrollbetreuer kann NICHT handeln sonder nur Auskunft und Rechnungslegung vom Bevollmächtigten verlangen, ggf. die Vollmacht widerrufen, falls so angeordnet.

    Wenn wie hier zu befürchten steht der Betreuer den Bevollmächtigten verteten soll, falls der mal nicht handeln kann, dann braucht am eine Betreuung nach Abs. 1 und 2.

    Kommentar sagt's auch, aufgaben Kontrollbetreuer:
    ....
    zB hinsichtlich Auskunft und Rechenschaft (§ 666), Erteilung und Abweichung von Weisungen (§ 665) oder Geltendmachung von Ersatzansprüchen, zum anderen das Recht zur Kündigung des Auftrags-/Geschäftsbesorgungsverhältnisses bzw. zum Widerruf der Vollmacht selbst (BT-Drs. 11/4528, 226; BayObLG FamRZ 1994, 1550; LG Wiesbaden FamRZ 1994, 778; vgl. auch BVerfG FamRZ 2008, 2260 mAnm Bienwald).
    Handelt es sich um eine Vorsorgevollmacht, die in jederzeit frei widerruflicher Weise erteilt wurde, kann der Kontrollbetreuer zur Wahrung des aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Selbstbestimmungsrechts des Vollmachtgebers und im Hinblick auf die Schwere des in der Ermächtigung zum Vollmachtswiderruf liegenden Grundrechtseingriffs die Vollmacht nach aktueller höchstrichterlicher Rspr. nur widerrufen, wenn ihm diese Befugnis als eigenständiger Aufgabenkreis ausdrücklich zugewiesen worden ist (BGHZ 206, 321 = NJW 2015, 3572 = FamRZ 2015, 1702 mAnm Zimmermann; BGH NJW-RR 2016, 1093; vgl. dazu auch Milzer NZFam 2015, 982; G. Müller NotBZ 2016, 34 f.).

    (BeckOK BGB/G. Müller BGB § 1896 Rn. 48-52, beck-online)

  • Ich würde das Gespräch mit dem Richter suchen, ob hier nicht ein Betreuer für die nicht von der Vollmacht abgedeckten Bereiche eingesetzt werden sollte.


    :daumenrau Sehe hier auch keinen Grund für einen Kontrollbetreuer, da offenbar kein Mißbrauch der Vollmacht betrieben wird, sondern vielmehr die Bevollmächtigte mangels Vollmacht in manchen Aufgabenbereichen gar nicht handeln kann. Also ist der Betroffene in diesen Angelegenheiten überhaupt nicht vertreten.

  • Doch, doch. Es gibt eine vollumfängliche Vorsorgevollmacht. Jedoch handelt die Vollmachtnehmerin teilweise nicht oder schlecht.
    Sie ha auch die Vermögenssorg über die Vollmacht, jedoch kann sie keine Kontovollmacht der Bank bekommen, da der Vollmachtgeber dement ist und die Bank die Bankvollmacht ablehnt. Sprich: sie kann kein Konto für ihn anlegen und dieses verwalten. Derzeit läuft alles über ihr Konto.
    Sie besitzt auch auch alle andere Teilgebiete der Vertretung.
    Mir stellt sich jetzt die Frage, ob ich für ALLE Bereiche einen Kontrollbetreuer bestelle soll.
    Da ist doch Stress und Wirrwarr vorprogrammiert. Das hilft doch dem Betroffenen nicht bzw. ist ja nicht der gewünschte Effek.

  • Nach Beschreibung des Gesundheitsamtes wohl der Einsatz einer völlig anderen Person, die den Betroffenen "ordentlich" vertritt und alles regeln kann.
    Sprich:Widerruf der gesamten Vollmacht.

    Kann auch nur ein Teil der Vollmacht widerrufen werden?
    Also könnte ich den Aufgabenkreis:
    Widerruf der Vollmacht in der Vermögenssorge anordnen?

  • Wenn die Bevollmächtigte nicht handeln kann oder will, wäre eine normale Betreuung ggf. nur für einzelen Aufgabenkreise neben der Vollmacht möglich und eher zielführend.

    Die Kontrollbetreuung ändert erst mal nichts.
    Es wird ggf. nur die Vollmacht widerrufen, ggf. nur in einzelenen Bereichen.
    Dann muss erst noch das Betreuungsverfahren durchlaufen werden.

  • Wie bereits richtig festgestellt wurde, hat der Kontrollbetreuer keine Vertretungsmacht, sondern kontrolliert lediglich die " Arbeit / Amtsführung " des Vollmachtnehmers. Leider, so entnehme ich es deinen Ausführungen, ist die Bevollmächtigte nicht in der Lage sich gegen die Bank durchzusetzen. Denn diese hat die Vorsorgevollmacht anzuerkennen.
    Hier sollte angesetzt werden, d. h. der Vollmachtnehmerin sollte der Rücken gestärkt werden. Bezüglich der Vermüllung frage ich mich, was denn ein Betreuer besser machen könnte ( es gibt genügend Rechsprechung welche das Recht auf Vermüllung unterstreicht ).
    Liegt durch die Vermüllung eine Gesundheitsgefährdung des Vollmachtgebers vor? Wenn nicht besteht kein Handungsbedarf. Bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wäre das Ordungsamt im Zugzwang.

    Eine Kontrollbetreuung könnte Licht ins Dunkle bringen ( Recherchen, bezüglich der Fähigkeit der Vollmachtsnehmerin die Vollmacht auszüben, betreibn und berichten ).

  • Nach Beschreibung des Gesundheitsamtes wohl der Einsatz einer völlig anderen Person, die den Betroffenen "ordentlich" vertritt und alles regeln kann.
    Sprich:Widerruf der gesamten Vollmacht.

    Kann auch nur ein Teil der Vollmacht widerrufen werden?
    Also könnte ich den Aufgabenkreis:
    Widerruf der Vollmacht in der Vermögenssorge anordnen?

    Nein, das darfst Du nicht, das ist Sache des Richters.

    Ich sehe es wie Paula1963. Hast Du denn schon mal die Tochter persönlich angehört? Ich habe bei vorhandenen Vollmachten nur eingegriffen, wenn wirklich bewiesen war, dass die Vollmacht missbraucht wurde oder d. Bevollmächtigte selbst einen Betreuer braucht.

  • Wie sich aus meinen Bemerkungen in Rpfleger 2015, 705 ergibt (ebenso Zimmermann in seiner Anmerkung zu der in FamRZ 2015, 1702 veröffentlichten BGH-Entscheidung), muss man nicht über jedes Stöckchen springen, das einem der BGH (nach meiner Ansicht: contra legem) hinhält.

    Wie sich aus der in § 1896 Abs. 4 BGB geregelten Notwendigkeit der ausdrücklichen Anordnung eines den Fernmelde- und Postverkehr des Betroffenen erfassenden Wirkungskreises ergibt, ist die ausdrückliche Zuweisung eines konkreten und in umfassend formulierten Aufgabenkreisen bereits enthaltenen Wirkungskreises nur erforderlich, wenn das Gesetz diese ausdrückliche Zuweisung explizit anordnet. Dies ist im Hinblick auf den Widerruf von Vollmachten (und auch von Vorsorgevollmachten) nicht der Fall, so dass es beim Regelbetreuer für dessen Widerrufsbefugnis alleine darauf ankommt, ob er aufgrund der ihm übertragenen Aufgabenkreise (etwa der Vermögenssorge) eine Vorsorgevollmacht insgesamt oder nur in Teilbereichen widerrufen kann.

    Beim Kontrollbetreuer kann die Befugnis zum Widerruf von Vollmachten (und auch von Vorsorgevollmachten) von vorneherein nicht zweifelhaft sein, weil sich der Wirkungskreis einer Kontrollbetreuung schon nach dem Gesetzeswortlaut des § 1896 Abs. 3 BGB auf "die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten" erstreckt und hierzu natürlich auch das Recht zum Vollmachtswiderruf gehört. Der BGH kommt daher nicht umhin, sich mit seiner auf einer nicht nachvollziehbaren Interpretation des eindeutigen Gesetzeswortlauts beruhenden gegenteiligen Ansicht in Widerspruch zu seinen im ersten Leitsatz zitierten früheren Entscheidungen und zur bisherigen einhelligen und nach wie vor zutreffenden obergerichtlichen Rechtsprechung zu setzen (BayObLG Rpfleger 1995, 335 LS = FamRZ 1994, 550; BayObLG FamRZ 2002, 1220; OLG Köln OLG-Report 2001, 91; KG FamRZ Rpfleger 2007, 263 = 2007, 1041; ebenso LG Wiesbaden FamRZ 1994, 478).

    Ob eine Vollmacht widerrufen wird oder nicht, prüft und entscheidet der mit entsprechendem Aufgabenkreis ausgestattete Betreuer in eigener Verantwortung. Mit dieser de lege lata nicht durch einen gesetzlichen Genehmigungstatbestand eingeschränkten Vertretungsmacht des Betreuers lässt es sich nicht vereinbaren, dass das Betreuungsgericht nach Ansicht des BGH im Hinblick auf einen im Raum stehenden Vollmachtswiderruf bereits bei der Übertragung des Aufgabenkreises eine "gesonderte Feststellung der Notwendigkeit der Maßnahme" treffen soll (und muss). Denn unter dieser Prämisse verbleibt dem Betreuer praktisch überhaupt kein eigener Entscheidungsspielraum mehr und es ist im Ergebnis nicht mehr der Betreuer, sondern das Gericht, das selbst inzident über den Widerruf der Vollmacht entscheidet und sich des Betreuers insoweit nur noch als bloßes rechtsgeschäftliches Werkzeug bedient. Auf diese Weise führt die Rechtsauffassung des BGH sozusagen durch die Hintertüre zu einem die Vertretungsmacht des Betreuers beschränkenden faktischen Genehmigungstatbestand. Dies findet im geltenden Recht keine Stütze. Für eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers hat der Gesetzgeber und nicht der BGH zu sorgen.

    Ebenfalls nicht zu überzeugen vermögen die Ausführungen des BGH zu der von ihm aufgeworfenen und offen gelassenen Frage, ob die vorgeblich erforderliche ausdrückliche Zuweisung der Befugnis zum Vollmachtswiderruf wegen des hiermit verbundenen Grundrechtseingriffs nicht vom Rechtspfleger, sondern vom Richter vorgenommen werden müsste. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 RPflG kann es nämlich keinem Zweifel unterliegen, dass insoweit die Zuständigkeit des Rechtspflegers gegeben wäre. Diese Norm ist bis zu einer etwaigen gegenteiligen Entscheidung des BVerfG geltendes Recht. Wer insoweit einen Richtervorbehalt statuieren möchte, muss das Gesetz ändern und die Befugnis hierzu fällt nicht in die Zuständigkeit des BGH. Hieran ändert auch die fachzeitschriftliche geäußerte Rechtsauffassung eines Senatsmitglieds nichts, wonach sich der durch die bestehende Rechtspflegerzuständigkeit "eingetretene Schaden bislang allein deshalb in Grenzen hält", weil die Richter das Verfahren der Kontrollbetreuerbestellung entweder "aus Unkenntnis der Gesetzeslage" oder "aus Gespür" für die falsche funktionelle Zuständigkeitsentscheidung des Gesetzgebers an sich ziehen (Nedden-Boeger FamRZ 2014, 1589, 1591; kritisch hierzu Bestelmeyer FamRZ 2015, 550, 551).

    Bedenklich erscheint schließlich auch, dass die vorliegende Entscheidung im Wesentlichen auf eine Mindermeinung Nedden-Boegers zurückgeht (FamRZ 2014, 1589), der gleichwohl als Senatsmitglied (und Berichterstatter?) an der vorliegenden Entscheidung mitgewirkt hat, die seine Mindermeinung nunmehr für zutreffend erklärt, ohne gleichzeitig auf die erwähnte kritische Stellungnahme einzugehen. Damit vermag die vorliegende BGH-Entscheidung im Ergebnis weder in der Begründung noch in der Sache zu überzeugen.

  • Vielen Dank für die tollen Antworten und Hilfestellung!
    Ich werde erst einmal mit dem Richter sprechen und dann ggf. mit der Vollmachtnehmerin.

    Ich sehe aus der Akte jedenfalls nicht, dass sie die Vollmacht missbraucht. Max. nicht so ausführt, wie es andere gerne hätten.

    Man könnte wegen der Vermögensangelegenheiten über eine Kontrollbetreuung in der Hinsicht nachdenken, dass die Vollmachtnehmerin Unterstützung in den Bankangelegenheiten bekommt.
    Alle andere scheint nicht zwingend notwendig zu sein. Gefahr im Verzug besteht nirgends.

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