Nachlasspflegschaft?

  • Entfernte Verwandte des vorverstorbenen Ehemannes meiner kinderlosen Erblasserin tragen vor, dass das zugunsten der Zugehfrau im September 2016 verfasste eigenhändige Testament unwirksam sei, weil die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr testierfähig gewesen sei.
    Zudem wird der Vorwurf erhoben, die Zugehfrau habe sich seit langem Herrschaft über die Erblasserin verschafft, weil diese nicht mehr richtig habe sehen können und mit Sicherheit das zugesagte Testament zugunsten dieser Verwandten verschwinden lassen.
    Aus den Betreuungsakten ergibt sich aufgrund psychiatrischen Gutachtens aus uni 2016 die Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin.

    Es ist Bankguthaben von ca 100000 Eur vorhanden.

    Gesetzliche Erben der Erblasserin sind nicht bekannt, sie hatte keine Geschwister und auch die Eltern sollen keine Geschwister gehabt haben.
    Ob die Bank schon Zahlungen geleistet hat ist nicht in Erfahrung zu bringen.
    Die Betreuerin - Rechtsanwältin- trifft zur Testierfähigkeit keine Feststellung.

    Sind das ausreichende Gründe, eine Nachlasspflegschaft einzuleiten u.a. zur Anfechtung des Testamentes ?

  • Du musst als NlG die Wirksamkeit des Testaments eigenständig bewerten und wenn du dazu länger benötigst, eine NLP anordnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • zu2
    Ich lese gerade, dass bei Berufung auf Testierunfähigkeit keine Anfechtung erforderlich ist, sondern das Erbscheinverfahren zur Klärung dient; nur habe ich halt - noch - keine gesetzlichen Erben.
    zu 3
    Ich kann doch niemals beurteilen, ob die Erblasserin zur Zeit des Abfassens des Testamentes trotz der attestierten Geschäftsunfähigkeit nicht den entscheidenden lichten Moment hatte
    ich bin nicht sicher, ob bei dem Sachverhalt die Einleitung einer Nachlasspflegschaft unverhältismäßig sein könnte

  • ?

    Und wie willst du dann bei einem entsprechenden Erbscheinsantrag deine Entscheidung treffen? Du musst altiv werden bei dem Sachverhalt. Gerade weil Hinweise auf Testierunfähigkeit vorliegen.


    Also:

    Erster Schritt ist die Nachlasspflegschaft.

    Zweiter Schritt ist z.B. die Anhörung von Zeugen und auch der Erbin. Es sind zwingend weitere Ermittlungen des NLG zur Testierfähigkeit zu veranlassen. Zum Beispiel auch bei der Stelle, die die Geschäftsunfähigkeit attestiert hatte.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (13. Februar 2018 um 08:36)

  • Wenn es um die Testierfähigkeit geht, ist das Testament entweder wirksam oder unwirksam. Eine Testamentsanfechtung steht dabei überhaupt nicht in Frage.

    Aufgrund des vorliegenden Gutachtens ist davon auszugehen, dass das Testament nicht wirksam ist. Zumindest spricht hierfür eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit. Unter diesen Voraussetzungen ist der Nachlass sicherungsbedürftig, um Verfügungen der testamentarischen Scheinerbin zu verhindern. Die Testamentserbin mag einen Erbscheinsantrag stellen.

    Also ein klarer und eindeutiger Fall für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft.

  • Wenn es um die Testierfähigkeit geht, ist das Testament entweder wirksam oder unwirksam. Eine Testamentsanfechtung steht dabei überhaupt nicht in Frage.

    Aufgrund des vorliegenden Gutachtens ist davon auszugehen, dass das Testament nicht wirksam ist. Zumindest spricht hierfür eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit. Unter diesen Voraussetzungen ist der Nachlass sicherungsbedürftig, um Verfügungen der testamentarischen Scheinerbin zu verhindern. Die Testamentserbin mag einen Erbscheinsantrag stellen.

    ....


    Und wenn sie das nicht macht, weil die Bank sie auch mit dem privatschriftlichen Testament über die Sparkonten verfügen lässt? :gruebel:

  • Ja, der Fall ist ziemlich klar. Du hast ein Gutachten, das zeitlich nicht weit entfernt ist von der Testamentserrichtung, welches Geschäftsunfähigkeit attestiert. Selbst wenn die Zugehfrau nun einen Erbscheinsantrag stellen würde, wäre dies beachtlich. Meiner Meinung nach kann die hinreichend erschütterte Testierfähigkeit von der im Testament benannten Erbin nur mittels weiterem Gutachten zum Testamentserrichtungszeitpunkt wieder hergestellt werden.
    Deswegen, NP anordnen, Aufgabenkreis Sicherung und Erbenermittlung. Und auf einen Erscheinsantrag von einer Seite warten.

  • Die Bank bekommt den Beschluss zur AO der Nlpl. z.K. Ob sie dann auch noch auszahlt???


    Eigentlich dürfte die Bank sowieso nichts auszahlen, denn die bereits die Betreuung dürfte der Bank bekannt gewesen sein, ausserdem geht es um einen hohen Betrag und nur um ein handschriftliches Testament. Jeder vernünftige Bänker muss da einen Erbschein verlangen.

  • Die Bank bekommt den Beschluss zur AO der Nlpl. z.K. Ob sie dann auch noch auszahlt???


    Eigentlich dürfte die Bank sowieso nichts auszahlen, denn die bereits die Betreuung dürfte der Bank bekannt gewesen sein, ausserdem geht es um einen hohen Betrag und nur um ein handschriftliches Testament. Jeder vernünftige Bänker muss da einen Erbschein verlangen.

    Helft mir, wieso Erbschein? Es gibt doch bestimmt schon ein Eröffnungsprotokoll zum Testament? Meines erachtens dürfte es doch nur noch darum gehen wer schneller ist, der einzusetzende Nachlasspfleger oder die testamentarische Erbin mit dem Testament und dem Eröffnungsprotokoll?

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  • Die Bank bekommt den Beschluss zur AO der Nlpl. z.K. Ob sie dann auch noch auszahlt???


    Eigentlich dürfte die Bank sowieso nichts auszahlen, denn die bereits die Betreuung dürfte der Bank bekannt gewesen sein, ausserdem geht es um einen hohen Betrag und nur um ein handschriftliches Testament. Jeder vernünftige Bänker muss da einen Erbschein verlangen.

    Helft mir, wieso Erbschein? Es gibt doch bestimmt schon ein Eröffnungsprotokoll zum Testament? Meines erachtens dürfte es doch nur noch darum gehen wer schneller ist, der einzusetzende Nachlasspfleger oder die testamentarische Erbin mit dem Testament und dem Eröffnungsprotokoll?


    Das sehe ich auch so.

  • Deswegen ist dem NLG nochmals dringend anzuraten, baldigst einen fähigen Nachlasspfleger zu bestellen und die von mir geschilderten Ermittlungen einzuleiten.

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  • ...weil diese nicht mehr richtig habe sehen können ...

    Möglicherweise ist das Testament auch aus diesem Grund unwirksam, § 2247 IV BGB. Hatte mal einen etwas ähnlichen Fall: Nachlasspflegschaft angeordnet, Erbscheinsantrag der unwirksam eingesetzten Erbin wurde zurückgewiesen (auch im Beschwerdeverfahren), richtige Erben wurden ermittelt.

  • Ich würde hier auch schleunigst einen Nachlasspfleger bestellen.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Die Bank bekommt den Beschluss zur AO der Nlpl. z.K. Ob sie dann auch noch auszahlt???


    Eigentlich dürfte die Bank sowieso nichts auszahlen, denn die bereits die Betreuung dürfte der Bank bekannt gewesen sein, ausserdem geht es um einen hohen Betrag und nur um ein handschriftliches Testament. Jeder vernünftige Bänker muss da einen Erbschein verlangen.

    Helft mir, wieso Erbschein? Es gibt doch bestimmt schon ein Eröffnungsprotokoll zum Testament? Meines erachtens dürfte es doch nur noch darum gehen wer schneller ist, der einzusetzende Nachlasspfleger oder die testamentarische Erbin mit dem Testament und dem Eröffnungsprotokoll?


    Das sehe ich auch so.

    Seit wann ist ein handschriftliches Testament ein ordentlicher öffentlicher Erbnachweis? und was genau ändert das Eröffnungsprotokoll daran? (Und kommt mir nicht mit AGBs der Banken, da steht viel wenn der Tag lang ist).

  • Tyrael:

    Was den BGH geritten hat, so zu entscheiden, ist mir nicht klar. Aber seither kann keine Bank mehr auf einen Erbschein bestehen - ohne nicht zumindest die Kosten tragen zu müssen, wenn es ein Testament gibt und man wenigstens ansatzweise die Erbfolge daraus entnehmen kann.

    Lohnenswert ist es, den Sachverhalt zur BGH-Entscheidung und insbesondere den zum Inhalt des Testaments zu lesen. Wie der BGH bei dem Inhalt auf die Idee kommt, die Erbfolge ginge eindeutig aus dem Testament hervor, muss man mir mal erklären. Eigentlich ein Skandal.


    Aus der Entscheidungsbegründung:


    "Die Erblasserin, die im August 2013 verstorbene Mutter der beiden Kläger, unterhielt bei der Beklagten mehrere Konten, darunter auch Sparkonten. Am 22. August 1988 errichtete sie gemeinsam mit ihrem im Jahr 2001 verstorbenen Ehemann, dem Vater der Kläger, ein handschriftliches Testament. Darin heißt es auszugsweise:

    "Die endunterzeichneten Ehegatten ... setzen sich gegenseitig als Erben ein. ... Nach dem Ableben des letzten von uns geht das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen auf unsere beiden aus unserer ehelichen Verbindung geborenen Kinder ... über. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt eines unserer Kinder durch Tod schon aus der Erbfolge ausgeschieden sein, werden diese Rechte an die Kinder unserer Kinder weitergegeben. Unsere Enkelkinder bzw. deren Kinder sind gemäß der gesetzlichen Erbfolge unsere Erben.

    Fordert beim Tode des Erstverstorbenen eines unserer Kinder sein Pflichtteil, soll es auch beim Tode des Letztverstorbenen nur den Pflichtteil erhalten. ..."

    Das Testament wurde nach dem Tod des Vaters der Kläger am 20. November 2001 eröffnet und der Beklagten vorgelegt. Nach dem Tod der Mutter der Kläger wurde es von dem zuständigen Amtsgericht am 26. September 2013 erneut eröffnet. Im Oktober 2013 forderte die Klägerin zu 1) die Beklagte unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments und des Eröffnungsprotokolls zur Freigabe der von ihrer Mutter bei der Beklagten unterhaltenen Konten auf. Dabei handelte sie auch im Namen und mit Vollmacht des Klägers zu 2). Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013 lehnte die Beklagte dies mit der Begründung ab, dass in dem Testament nicht ein Erbe, sondern ein Vermächtnisnehmer genannt sei und sie deshalb die Vorlage eines Erbscheins verlangen müsse. Auf ein erneutes Schreiben der Klägerin zu 1) antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 und 15. Januar 2014, sie werde das handschriftliche Testament anerkennen, wenn das Gericht bestätige, dass in dem Testament zwei Erben genannt seien."

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  • Der Erbe kann sein Erbrecht auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist (Fortführung Senatsurteil vom 7. Juni 2005 XI ZR 311/04, WM 2005, 1432).
    BGH, Urteil vom 5. April 2016 - XI ZR 440/15

    Die mir bekannten Banken haben daraufhin ihre AGB's geändert und akzeptieren jetzt handschriftliche Testamente nebst Eröffnungsprotokoll.

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