Was bedeutet "lies" ganz genau?

  • Hallo liebe Grundbuchrechtler,

    ich hab mal eine Frage an die Experten:

    Was bedeutet die Abkürzung "lies" bzw. "ls" ganz genau? Es soll eine lateinische Abkürzung sein?!

    Mir wurde von den Kollegen immer gesagt, dass es so viel heißt wie gelöscht bzw. nie eingetragen. Ich habe es schon in Notarurkunden und auch bei geröteten (handschriftlichen) Grundbucheintragungen gesehen.

    Habe schon viele Kollegen gefragt. Jede weiß, was es bedeutet, aber keiner was genau es ausgeschrieben heißt.
    Ihr seid meine letzte Hoffnung :)

  • Sorry. Latein ist mir nicht mehr so präsent. Aber lies bedeutet mE: „lapsus in errare scriptum“, also schlicht „Schreibfehler", es gilt erst das, was anschließend ausgeführt ist.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich hatte das immer als Imperativ des Verbs "lesen" verstanden. Es bezeichnet die Stelle, von der ab nach einem gestrichenen Text die Urkunde wieder weitergeht bzw. der richtige Text anstelle eines als feherhaft gestrichenen Texts kommt. Meist wird ("rheinische Streichung") der gestrichene Text zwischen Klammern gesetzt.

    Beispiel Grundschuldformular Genossenschaftsbanken, wenn nur genau ein Grundstück mit einer Buchgrundschuld belastet wird:

    "Ein Grundschuldbrief soll nicht gebildet werden. ([D]Auf Vorlage des Grundschuldbriefs und der sonstigen in § 1160 BGB genannten Urkunden im Fall der Mahnung oder Geltendmachung der Grundschuld wird auch namens des Rechtsnachfolgers verzichtet. Die Gläubigerin ist gemäß § 1117 Abs. 2 BGB berechtigt, sich den Grundschuldbrief vom Grundbuchamt aushändigen zu lassen.[/D]) lies:

    ([D]Ist die Grundschuld zunächst nicht bei dem gesamten in Abschnitt 1.1 aufgeführten Grundeigentum eingetragen, so soll sie bereits mit der Eintragung an einem Teil des Grundeigentums als Einzelgrundschuld entstehen; ist sie bei mehreren, jedoch nicht bei allen Teilen des Grundeigentums eingetragen, so entsteht sie als Gesamtgrundschuld insoweit, als sie eingetragen ist.[/D]) lies:

    . . lies: "die Erschienenen" Tom, Notar
    Der Eigentümer und [D]der Erschienene[/D] als künftige[D]r[/D] Eigentümer unterwerfen sich wegen aller Ansprüche an Kapital, Zinsen und Nebenleistung, welche der Gläubigerin aus der Grundschuld zustehen, der sofortigen Zwangsvollstreckung in das mit der Grundschuld belastete Eigentum, und zwar in der Weise, dass die Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundeigentums zulässig sein soll."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Richtig mitdiskutieren kann ich mangels Lateinkenntnissen leider nicht, aber ich tendiere auch zur Bedeutung Schreibfehler, denn die Abkürzung wird wohl auch für reine Streichungen verwendet. D.h. in Fällen, in denen nachher gar kein "richtiger" Text mehr kommt.

  • Die Frage ist richtig gut. Stellen wir uns schon seit Jahren.

    Zitat

    lapsus scribentis

    Ein Fehler des Schreibenden?

    Zitat

    lapsus in errare scriptum

    :gruebel: Ein Fehler im irren Geschriebenes??

    Romanes eunt domus :D

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Richtig mitdiskutieren kann ich mangels Lateinkenntnissen leider nicht, aber ich tendiere auch zur Bedeutung Schreibfehler, denn die Abkürzung wird wohl auch für reine Streichungen verwendet. D.h. in Fällen, in denen nachher gar kein "richtiger" Text mehr kommt.


    Aber nach dem "lies" geht es mit der Urkunde weiter. Die "harte" rheinische Streichung kommt nämlich nur mit zwei Klammern und einem "lies", aber ohne eigentliche Streichung aus, also in meinem Beispiel von gestern:

    "Ein Grundschuldbrief soll nicht gebildet werden. (Auf Vorlage des Grundschuldbriefs und der sonstigen in § 1160 BGB genannten Urkunden im Fall der Mahnung oder Geltendmachung der Grundschuld wird auch namens des Rechtsnachfolgers verzichtet. Die Gläubigerin ist gemäß § 1117 Abs. 2 BGB berechtigt, sich den Grundschuldbrief vom Grundbuchamt aushändigen zu lassen.) lies:"

    "L.S." heißt immer nur "locum sigilli", weil man das Siegel schlecht abschreiben kann (und wenn man keine Lust hat "Farbdrucksiegel Nr. 23 des Amtsgerichts Worms" zu schreiben.

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  • Schön. Aber auch der Satz aus der Monty-Phyton-Kommödie „Das Leben des Brian“ (Patweazle) oder das „Kölsch“ von La Flor de Cano ändert nichts daran, dass es bei der Verwendung der Abkürzungen „lies“ oder „ls“ darum geht, dass dem vorangegangenen Text ein Schreibfehler zugrunde liegt. Ob das nun mit (lapsus: „error in scribendo“ oder „lapsus scribendi“ oder „lapsus scripturae“ beschrieben wird
    https://books.google.de/books?id=u6pEA…criptum&f=false
    bleibt sich gleich.

    Bei "locum sigilli" lautet die Abkürzung nicht ls, sondern l.s.

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  • lapsus: „error in scribendo“

    Also entweder "lapsus in scribendo" oder "error in scribendo" (Ablativ :hetti:; deswegen hätte es oben auch eher "in ... scripto" heißen müssen). Aber je nachdem fehlt dann doch zu "lies" entweder das "e" oder das "l" :gruebel: Das "ls" wird aber wohl tatsächlich "lapsus scribentis" bedeuten.

  • Also entweder "lapsus in scribendo" oder "error in scribendo" ....

    Nach der o. a. Übersetzung gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Schreibversehen auszudrücken. Neben „lapsus in scribendo“ oder „error in scribendo“ kommen auch „error scriptorius oder „error scriptionis“ in Betracht.

    Also kommt (die Lateiner hier mögen mich korrigieren:)) wohl auch „lapsus in error scriptorius“ oder „lapsus in error scriptionis“ (= lies) in Betracht. Sollte es sich bei „lies“ um einen deutschen Imperativ handeln, wird er wohl kaum in anderen Sprachen Verwendung finden.

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  • „lapsus in error scriptionis“

    "Romani ite domum"

    Was soll „lapsus in error scriptionis“ denn aber heißen? Die Präposition "in" mit der Bedeutung "wo" regiert den Ablativus loci. Richtig wäre daher wohl "lapsus in errore scriptione" und würde "der Fehler im Schreibfehler" bedeuten. Deswegen meinte ich oben ja schon, dass es entweder "lapsus in ..." oder "error in ..." lauten muß. Wie schon gesagt, taucht die Frage auch bei uns über die Jahre mit schöner Regelmäßigkeit auf. Wie man sieht.

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