Löschung RückAV mit Bewilligung der Nacherben?

  • Eingetragen ist eine RückAV für die verstorbene B. Der Rückforderungsanspruch kann geltend gemacht werden bei
    1. Veräußerung oder Belastung ohne Zustimmung der B,
    2. Versterben der Verpflichteten (und Eigentümerin) V vor B,
    3. Zwangsvollstreckung bzw. Insolvenzeröffnung oder
    4. Scheidung der Ehe der V.
    Das Rückerwerbsrecht muss ausgeübt werden innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Bekanntwerden des Grundes. In der Urkunde steht lediglich: "Das Rückerwerbs- bzw. Erwerbsrecht ist weder veräußerlich noch vererblich." Zur Vererblichkeit des bereits ausgeübten Anspruchs wurde keine Aussage getroffen. Die Vormerkung selbst ist unbefristet.

    B ist verstorben. Lt. Testament ist V die Alleinerbin, jedoch lediglich als (befreite) Vorerbin. Nacherben sind weitere Verwandte der B.

    V will das Grundstück nun belasten, die Bank will kein vorrangiges Recht akzeptieren. Daher soll jetzt ein Rangrücktritt, besser noch die Löschung der RückAV erfolgen. Das Notariat fragt nun an, ob die Löschungsbewilligung der im außereuropäischen Ausland wohnenden Nacherben erforderlich ist.

    Was meint ihr dazu?

  • Ich muss das Thema mal hochschieben, da ich einen ähnlichen Fall habe.

    Ich habe die Löschungbew. der befr. Vorerbin. Als Nacherben eingesetzt sind "die Abkömmlinge der Vorerbin". Pfleger für die unbekannten NE ist bestellt und will zustimmen und die Genehmigung einholen.

    Meiner Meinung nach hätte erstmal eine Anhörung gereicht oder? Zudem frage ich mich, ob jemand die bereits existierenden Abkömmlinge zustimmen lassen würde oder anhören würde. Es kommt hier wohl darauf an, ob man sämtliche Nacherben zum jetzigen Zeitpunkt als unbekannt ansieht.

    Wie seht ihr das?

  • Ja, darauf kommt es an.

    Sind die Nacherben insgesamt unbekannt (und sie sind es immer, wenn für die Bestimmung der Persönlichkeit der Nacherben auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls abgestellt ist), haben die "derzeitigen" Nacherben nichts mitzureden, auch wenn sich der bestellte Pfleger natürlich über deren Meinung vergewissern sollte.

    Der Knackpunkt ist, dass die Aufhebung der Vormerkung eine unentgeltliche Verfügung sein könnte und dann bringt die bloße Anhörung der Nacherben wegen § 2113 Abs. 2 BGB natürlich auch beim befreiten Vorerben nichts. Denn es ist ja gerade die Frage, ob der Anspruch erloschen ist, so dass man für die Frage Nacherbenbewilligung oder Nacherbenanhörung nicht so tun kann, als wenn er bereits erloschen wäre.

    Zum Threadstarter: Wenn nicht geregelt ist, dass auch der bereits geltend gemachte Anspruch unvererblich ist, braucht man die Bewilligung der Nacherbin. Gründe wie vorstehend.

    Dazu auch: Bestelmeyer notar 2013, 147, 159.

  • Fundstelle habe ich mir mal angefordert, danke!

    Ich neige dazu sämtliche NE als derzeit unbekannt anzusehen, weil ich, wie du auch sagst, erst beim Tod der VEin abschließend bestimmen kann, wer NE geworden ist. Da der Pfleger die Bewilligung abgeben und sodann genehmigen lassen will, bin ich ja eigentlich auf der sicheren Seite. Die nun vorhandenen Abkömmlinge anzuhören wäre dann ja überflüssig.

  • In ähnlicher Sache habe ich einmal folgendes geschrieben (FGPrax 2017, 160):

    Die Löschung von nicht auflösend bedingten oder befristeten Rückauflassungsvormerkungen stellt die Grundbuchämter angesichts der hierzu ergangenen divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung immer wieder vor erhebliche Probleme. Diese Probleme treten insbesondere auf, wenn es sich bei dem der eingetragenen Vormerkung zugrunde liegenden Überlassungsvertrag um eine "Alturkunde" handelt, bei deren inhaltlicher Abfassung die spätere BGH-Rechtsprechung zur "Wiederaufladbarkeit" der Vormerkung und die im Gefolge dieser Rechtsprechung ergangene umfangreiche obergerichtliche Rechtsprechung naturgemäß noch nicht berücksichtigt werden konnte. In vielen Fällen hängt die grundbuchamtliche Entscheidung über die ohne Bewilligung der Erben des Vormerkungsberechtigten erfolgende Löschung daher von Auslegungsfragen ab, die sich insbesondere darauf beziehen, ob ein noch zu Lebzeiten des Vormerkungsberechtigten entstandener und von diesem geltend gemachter Rückübereignungsanspruch auch dann übertragbar und vererblich ist, wenn das dem Berechtigen eingeräumte Rückforderungsrecht ursprünglich als unübertragbar und unvererblich ausgestaltet war. So verhält es sich auch bei der vorliegenden Fallgestaltung, über die das OLG Köln zu befinden hatte.

    Der Senat verneint eine im Zuge der Löschung der Vormerkung erfolgte Gesetzesverletzung des Grundbuchamts mit der Erwägung, dass das Grundbuchamt nicht habe wissen können, dass es bereits zu Lebzeiten des Vormerkungsberechtigten zum Entstehen und zur Geltendmachung eines Rückübereignungsanspruchs gekommen war. Diese Begründung ist schon deshalb nicht stichhaltig, weil sich mit ihr unabhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls im Ergebnis jede Löschung einer Rückauflassungsvormerkung rechtfertigen ließe und sich die vielschichtigen Probleme bei der Löschung von Rückauflassungsvormerkungen unter dieser Prämisse somit gar nicht stellen würden. Zutreffenderweise liegt es lediglich in der Natur der Dinge, dass ein Rückforderungsrecht bereits zu Lebzeiten des Berechtigten entstanden und ausgeübt worden sein kann, weil man es dem Berechtigten sonst nicht hätte einzuräumen brauchen. Es ist daher sozusagen systemimmanent, dass dem Grundbuchamt die Umstände, die zum Entstehen und zur Ausübung des eingeräumten bedingten Rückforderungsrechts geführt haben können, in der Regel nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein können. Das Grundbuchamt muss demzufolge immer damit rechnen, dass ein Entstehen und eine erfolgte lebzeitige Ausübung des Rückforderungsrechts ohne weiteres möglich ist und demzufolge keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass die Vormerkung mit dem Ableben des Berechtigten aus Akzessorietätsgründen materiell erloschen ist. Wenn sich das Grundbuchamt dieser zwingenden Überlegung im Löschungsverfahren verschließt, liegt somit gerade hierin die vom Senat "vermisste" Gesetzesverletzung.

    Eine weitere Gesetzesverletzung des Grundbuchamts liegt darin, dass es die möglicherweise von der Löschung der Vormerkung betroffenen Erben des überlebenden Vormerkungsberechtigten nicht im Verfahren zur Löschung der Vormerkung wegen nachgewiesener Grundbuchunrichtigkeit angehört hat, weil diese Anhörung nicht entbehrlich ist, nur weil das Grundbuchamt den Erben des Berechtigten nicht kennt. Insoweit gilt letztlich nichts anderes als bei der Anhörung von sonstigen unbekannten Beteiligten, denen für Anhörungszwecke ggf. ein Pfleger zu bestellen ist (so etwa ein Pfleger nach § 1913 BGB für die unbekannten Nacherben im Rahmen der grundbuchamtlichen Prüfung der vollen Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben). Im Übrigen wäre es ein Leichtes gewesen, sich durch eine Beziehung der nach den beiden Vormerkungsberechtigten geführten Nachlassakten die erforderlichen Kenntnisse im Hinblick auf die (für bloße Anhörungszwecke nicht nach Maßgabe des § 35 GBO förmlich nachzuweisenden) Erbenstellungen zu verschaffen. Dies hat das Grundbuchamt nicht getan, sondern es hat die Vormerkung einfach ohne jede Beteiligung der möglicherweise von der Löschung betroffenen Erben gelöscht. Dies ist keine gesetzeskonforme Verfahrensweise.

    Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Senats ist die Löschung der Vormerkung im vorliegenden Fall somit sehr wohl unter (mehrfacher) Verletzung des Gesetzes erfolgt. Es fragt sich nur, ob die aufgrund dieser Gesetzesverletzungen erfolgte Löschung der Vormerkung das Grundbuch unrichtig gemacht hat, weil die Vormerkung trotz erfolgter Löschung nicht materiell erloschen ist. Ob dies der Fall ist, hängt von der eingangs genannten Auslegungsfrage im Hinblick auf die Vererblichkeit eines entstandenen und vom Berechtigten noch zu Lebzeiten ausgeübten Rückforderungsrechts ab. Diese Frage wäre entgegen der Rechtsauffassung des Senats zutreffend dahin zu beantworten gewesen, dass ein aufgrund der erfolgten Ausübung des Rückforderungsrechts bereits zu Lebzeiten des Vormerkungsberechtigten entstandener Rückübereignungsanspruch auch dann vererblich ist, wenn das Rückforderungsrecht als solches nicht vererblich war, weil die von den Beteiligten vereinbarte Unvererblichkeit des Rückforderungsrechts nichts darüber besagt, ob auch der erst der aus der Geltendmachung dieses Rechts resultierende und vom Rückforderungsrecht als solches gut zu unterscheidende Rückübereignungsanspruch in gleicher Weise unvererblich ist und es aus Sicht des Übergebers einen erheblichen Unterschied macht, ob sich der Übernehmer bis zuletzt an die ihm auferlegten Unterlassungsverpflichtungen gehalten hat oder ob er dies nicht getan hat und es bis zum Ableben des Übergebers nur zufällig oder sogar aufgrund einer Verzögerungstaktik des Übernehmers nicht zum dinglichen Vollzug des bereits gestellten Rückübereignungsverlangens gekommen ist (OLG Hamm FGPrax 2010, 226 = ZEV 2010, 594; OLG Hamm ZEV 2014, 55; OLG Düsseldorf ZEV 2016, 707; OLG Düsseldorf FGPrax 2017, 152; Bestelmeyer notar 2013, 147, 159; Rpfleger 2014, 641, 657).

    Für diese Auslegung spricht auch die systematische Stellung der in der einschlägigen notariellen Überlassungsurkunde vom 30.12.2002 getroffenen Vereinbarungen, welche die Unvererblichkeit explizit (nur) im Hinblick auf das Rückforderungsrecht als solches zum Ausdruck bringen, während sich erst nachfolgend die Ausführungen über die Folgen einer Ausübung des Rückforderungsrechts finden, bei welchen aber gerade nicht von einer Unvererblichkeit (auch) des bereits zu Lebzeiten des Berechtigten entstandenen Rückübereignungsanspruchs die Rede ist. Der Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen ist daher im Sinne eines pro oder contra im Hinblick auf die Vererblichkeitsfrage keineswegs so eindeutig, wie dies der Senat in seiner Entscheidungsbegründung glauben machen möchte. Bei derart interpretationsfähigen Regelungen im Sinne dieser oder jener Auslegung kann auch nach Ansicht des Senats (OLG Köln FamRZ 2014, 1321) aber nicht "in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise" ausgeschlossen werden, dass jedenfalls der bereits zu Lebzeiten des Berechtigten entstandene und geltend gemachte Rückübereignungsanspruch vererblich ist. Damit ist der Entscheidung des Senats aus den genannten Gründen insgesamt nicht zu folgen.

    Im Hinblick auf die vorliegende Problematik bei der Löschung von Rückauflassungsvormerkungen ist leider eine bedenkliche Tendenz zu beobachten, die in die Richtung geht, die ohne eine Löschungsbewilligung der Erben des Vormerkungsberechtigten erfolgende Löschung der Vormerkung für möglich zu erachten, indem man die Voraussetzungen für eine Führung des erforderlichen Unrichtigkeitsnachweises immer mehr und im Extremfall nahezu "auf Null" herabschraubt. Auf dieser Linie liegt eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 13.02.2017 (Az. 20 W 338/16, JurionRS 2017, 15662), in welcher in sachlich verfehlter Parallele zum Nachweis von negativen Tatsachen im Anwendungsbereich des § 35 GBO sogar eine notarielle eidesstattliche Versicherung des Eigentümers (und zwar nur eines von mehreren Eigentümern!) für ausreichend gehalten wird, wonach keiner der vereinbarten Rückübereignungsansprüche entstanden und geltend gemacht worden sei (ablehnend zu Recht OLG München ZEV 2016, 708, wonach eine Negativtatsache der förmlichen Beweisführung nach Maßgabe des § 29 GBO im vorliegenden Kontext nicht zugänglich ist). Damit wäre man dann letztlich bei dem in die Form einer notariellen Urkunde gekleideten und inhaltlich gleichwohl völlig wertlosen "Geschwätz" des von der Löschung begünstigten Beteiligten als taugliche grundbuchrechtliche Eintragungsgrundlage zu Lasten der in keiner Weise am Verfahren beteiligten Erben des Vormerkungsberechtigten angelangt. Eine solche Verfahrensweise ist strikt abzulehnen.

    Der notariellen Praxis ist anzuraten, die Frage der Vererblichkeit des Rückforderungsrechts und die Frage der Vererblichkeit eines im Gefolge eines solchen Rückforderungsrechts bereits zu Lebzeiten des Berechtigen entstandenen und geltend gemachten Rückübereignungsanspruchs jeweils stets ausdrücklich zu regeln, um die hinlänglich bekannten Schwierigkeiten bei der Löschung von Rückauflassungsvormerkungen möglichst zu vermeiden. Dass dies in "Alturkunden" nicht erfolgt ist, mag noch angehen, weil seinerzeit nicht damit zu rechnen war, auf welche vormerkungsrelevanten rechtsfortbildenden Ideen die Rechtsprechung dereinst vielleicht noch kommen könnte. Aber dass in notarieller Kenntnis der Problematik und der hierzu vertretenen divergierenden Rechtsansichten auch heutzutage noch Verträge beurkundet werden, in welchen diese Fragen nicht (ausdrücklich) geregelt sind, erscheint im Interesse einer vorsorgenden Rechtspflege und im Hinblick auf die gebotene Berücksichtigung der berechtigten Belange der Beteiligten nicht hinnehmbar.

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