Sondereigentum Rettungsweg (abgeschlossen?)

  • Zur Neugründung von Wohnungseigentum habe ich folgende Fragen:

    1) Zu einer Wohnung im 3. Obergeschoss soll auch das Sondereigentum an einem 2. Rettungsweg gehören. Dieser besteht aus einer Außentreppe, die auf die Ebene des 2. OG führt (außen). Dort muss man dann wahrscheinlich außen auf dem Dach auf die Feuerwehr warten...
    Es handelt sich jedenfalls weder um einen abgeschlossenen Raum noch um einen Balkon oder so...
    Ist Sondereigentum möglich?

    2) Außerdem soll Sondereigentum an einem "Turm (nicht begehbar)" begründet werden (zu einer Wohnung im Dachgeschoss gehörend, natürlich ohne Grundriss für den Turm...). Sondereigentumsfähig?

  • Zu 1):

    Wie hier ausgeführt
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…117#post1079117
    muss eine Außentreppe mangels Raumeigenschaft im Gemeinschaftseigentum verbleiben.

    Ott führt in seiner Abhandlung „Die Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen, in der BWNotZ 5/2015, 130
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz-5-2015.pdf
    zur Raumeigenschaft unter Anführung von Literatur aus: „Unter einem Raum im Sinne des Gesetzes versteht man dabei einen allseits durch ein Gebäude nach außen abgeschlossenen Raum, der durch seine Dreidimensionalität gekennzeichnet ist, wobei alle Wände von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität sein müssen und die Zugänge abschließbar sind“.

    Das entspricht der Definition des BGH 5. Zivilsenat im Vorlagebeschluss vom 14.02.1991, V ZB 12/90 („Nach Ansicht des Senats sind in sich abgeschlossen iSd WEG § 3 Abs 2 S 1 Wohnungen und sonstige Räume dann, wenn die im Sondereigentum stehenden Raumeinheiten - mit Ausnahme getrennt liegender Nebenräume und Flächen - durch feste, geschlossene Wände und Decken sowie durch verschließbare Zugänge umgrenzt werden, so dass der Sondereigentümer seine Raumherrschaft (WoEigG § 13 Abs 1) ungehindert ausüben kann“.).

    Und daran fehlt es bei der Außentreppe. An der Außentreppe kann daher kein SE begründet werden (s. Keil im jurisPK-BGB Band 3, Keil, 8. Auflage 2017, Stand 01.04.2017, § 5 WEG RN 18 unter Hinweis auf Vandenhouten in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl. 2017, § 5 Rn. 23, 25), auch wenn der BGH die Außentreppe dem Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 GG zugeordnet hat. Der Leitsatz 2 des Beschlusses vom 16.05.2013, VII ZB 61/12, lautet (Hervorhebung durch mich): 2. Zur Wohnung in diesem Sinne gehören auch eine im Gemeinschaftseigentum stehende Außentreppe, ein Fahrradkeller und eine Tiefgarage..“

    An der Treppe kann allenfalls ein Sondernutzungsrecht begründet werden. Dies gilt auch dann, wenn sie von sämtlichen Eigentümern. als Rettungsweg benutzt wird (s. Grziwotz in Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Auflage 2017, § 5 RN 23)


    Zu 2).

    Wenn der Turm zur Wohnung gehören soll, dann müsste er –so wie etwa Spitzböden, s. Commichau im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 5 WEG RN 12- als Gebäudebestandteil im Sinne von § 5 Abs. 1 Alt. 2 WEG sondereigentumsfähig sein (s. Hügel im BeckOK BGB, Stand 01.11.2017, § 3 WEG RN 4).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ist eine Außentreppe, die allein zu einer Wohneinheit im Obergeschoss führt nach § 3 Absatz 2 WEG n. F nunmehr sondereigentumsfähig? Könnte man demnach eine Außentreppe mit einer sondereigentumsfähigen Terrasse gleichsetzen?

    Hat denn der Sondereigentümer der Wohnung im Obergeschoss Sondereigentum an der Fläche, auf der sich die Außentreppe befindet ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hallo, gibt es hier neue Erkenntnisse zu den Außentreppen? Das müsste ja eigentlich öfter vorkommen.

    In meinem Fall gibt es die Wohnung eins, EG und 1. OG, beides mit Nr 1 bezeichnet. Es führt dann vom 1. OG eine Tür nach draußen, von dort führt eine Außentreppe zur Dachterrase, ebenfalls mit Nr 1 bezeichnet. SE soll nun ebenfalls begründet werden an dem Treppenaufgang und der Dachterrase im Dachgeschoss. Ob es sich um ein tatsächlich Treppenhaus handelt, ist schwierig zu erkennen. Kann man hier Sondereigentum begründen? Es hat ja nur der Sondereigentümer der Wohnung 1 Zugang zum Treppenaufgang und der Dachterrasse. In der Kommentierung steht lediglich, dass an einem Treppenhaus kein SE begründet werden kann, wenn dieses zu zwei Wohnungen führt. Das habe ich ja nicht.

    Für Meinungen wäre ich dankbar.

  • An der Frage der Sondereigentumsfähigkeit oder Nichtsondereigentumsfähigkeit der Außentreppe hat sich durch das WEMoG im Grunde nichts geändert. Sie könnte seit dem 1.12.2020 allerdings dann sondereigentumsfähig sein, wenn sie auf dem Annexeigentum errichtet wurde, weil nach § 5 Absatz 1 Satz 2 WEG n.F. § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend gilt. Daher stehen nach Ansicht des Gesetzgebers auf Freiflächen-Sondereigentum errichtete Gebäude im Sondereigentum (siehe Leidner im BeckOK WEG, Hogenschurz, Stand: 03.04.2023, § 5 RN 26 unter Zitat BT-Drs. 19/18791, 40; Lehmann-Richter/Wobst WEG-Reform 2020 Rn. 1726; Hügel/Elzer Rn. 20; Grüneberg/Wicke Rn. 10). Unter den in §§ 94 ff. BGB zur Bestimmung der Bestandteilseigenschaft einer Sache verwendeten Gebäudebegriff fallen Bauwerke jeglicher Art (siehe Mössner im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.03.2021, § 94 BGB RN 12 mwN).

    Ansonsten stellt die Außentreppe keinen Raum dar. Die Raumeigenschaft ist aber für die Begründung von Sondereigentum maßgebend (§§ 3 Absatz 1 Satz 1, 5 Absatz 1 Satz 1 WEG). Allerdings können nach § 5 Absatz 1 Satz 1 WEG auch die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, zum Sondereigentum gehören, vorausgesetzt, dass dadurch nicht das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.

    Unter der äußeren Gestaltung sind alle nach außen sichtbaren Teile zu verstehen. Dies umfasst die gesamte Außenfassade mit den Fenstern und Türen, einschließlich Markisen und Leuchtschildern, soweit diese wesentliche Bestandteile sind (siehe BeckOGK/Monreal, § 5 WEG RN 40). Also fällt darunter auch die Außentreppe (siehe speziell dazu Spang im jurisPK-BGB, 10. Auflage 2023 (Werksstand), Stand:15.03.2023, § 5 WEG RN 20 unter Hinweis auf Vandenhouten in: Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, § 5 WEG Rn. 23, 25).

    Wie Spang in RN 19 unter Hinweis auf BGH v. 18.11.2016, V ZR 49/16; Armbrüster in: Bärmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 5 WEG Rn. 22.ausführt, folgt aus § 5 Abs. 1 WEG, dass solche Bestandteile, durch deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügung die nach der Verkehrsauffassung äußere Gestaltung des Gebäudes erheblich optisch verändert wird, nicht sondereigentumsfähig sind. Stünde die Außentreppe im Sondereigentum, könnte der Sondereigentümer mit der Treppe nach Belieben verfahren.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (26. April 2023 um 11:38) aus folgendem Grund: "nicht" eingefügt (vorausgesetzt, dass dadurch nicht das ...)

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