Anhörung Nacherben Löschung NEV

  • Im not. gem. Testament wurde durch die Eheleute bestimmt:

    Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein.
    Sollte der überlebende wieder heiraten, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, vorausgesetzt, daß im Zeitpunkt der Wiederverheiratung Abkömmlinge aus unserer Ehe vorhanden sind, anderenfalls kann der Überlebende frei verfügen.

    Die überlebende Ehefrau veräußert an Dritte.

    Es erfolgte eine Anhörung von 3 Abkömmlingen, als Nachweis wurden die Geburtsurkunden vorgelegt.

    Ich habe aber doch keinen Nachweis, dass nicht noch weitere Abkömmlinge vorhanden sind.

    Kann im Wege der eidesstattl. Vers. erklärt werden, dass keine weiteren Abkömmlinge vorhanden sind oder waren?

  • Wie ist der NEV denn im Grundbuch eingetragen?

    Bei dessen Eintragung hätte eig. schon eine dementsprechende eV erfordert werden müssen, wenn kein Erbschein vorliegt,

  • Bei dessen Eintragung hätte eig. schon eine dementsprechende eV erfordert werden müssen, wenn kein Erbschein vorliegt,

    Warum hättest du hier schon die eV verlangt? Aus der Sterbefallsanzeige ergibt sich doch, ob Kinder vorhanden sind. Und dann frage ich auch nicht weiter nach, sondern trage den Vermerk ein. Und ob hier die Kinder nicht aufgeführt wurden :gruebel:.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Es kommt auf die Befreiung an.
    Bei einer fehlenden Befreiung muss ein Pfleger für die unbekannten Beteiligten her,
    der der Veräußerung gem. § 2113 BGB zustimmt.

    Bei einer Befreiung und dem Nachweis der (vollen) Entgeltlichkeit kann m.E. auf einen Anhörungspfleger verzichtet werden,
    vgl. Jurksch in ZfIR 2016, 392.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Ich halte wenig davon, hier die zitierte absolute (unzutreffende) Mindermeinung ist Feld zu führen, die von der gesamten obergerichtlichen Rechtsprechung zu Recht abgelehnt wird. Über die Entgeltlichkeit bei befreiter Vorerbschaft entscheidet nicht das Grundbuchamt in eigener Machtvollkommenheit, sondern die Nacherben müssen Gelegenheit haben, sich zur Frage der Entgeltlichkeit zu äußern. Ob die Sache aus Sicht des Grundbuchamt "klar" ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle und so wurde es auch bereits zutreffend entschieden (OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 1762: Anhörung auch erforderlich, wenn die Entgeltlichkeit nicht ernsthaft bestreitbar erscheint).

    Im vorliegenden Fall geht die erfolgte Anhörung der "derzeitigen" Abkömmlinge völlig ins Leere, weil die Nacherben nicht bekannt, sondern insgesamt unbekannt sind (es kommt auf den Kreis der Abkömmlinge im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls an). Damit stellt sich auch die Frage nach einer eV nicht (auch nicht für den Zeitpunkt der Eintragung des Nacherbenvermerks). Die unbekannten Erben können ausschließlich durch einen nach § 1913 BGB zu bestellenden Pfleger repräsentiert werden.

    Ich gehe davon aus, dass es sich hier um eine befreite Vorerbschaft handelt, weil der Nacherbenvermerk dies so wiedergibt, auch wenn nicht klar ist, weshalb er die Befreiung wiedergibt (im Testament angeordnet, Erbschein vorhanden oder entsprechende Auslegung des Grundbuchamts).

  • ... Über die Entgeltlichkeit bei befreiter Vorerbschaft entscheidet nicht das Grundbuchamt in eigener Machtvollkommenheit, sondern die Nacherben müssen Gelegenheit haben, sich zur Frage der Entgeltlichkeit zu äußern...

    Mit Verlaub: hier irrt Cromwell. Das Grundbuchamt muss sehr wohl über die Frage der Entgeltlichkeit entscheiden.
    Stellt das Grundbuchamt bei befreiter Vorerbschaft fest, dass eine solche vorliegt,
    ist nur eine Anhörung der (bekannten) Nacherben erforderlich.

    Stellt das Grundbuchamt hingegen fest, dass die Veräußerung (teilweise) unentgeltlich ist,
    reicht eine Anhörung nicht aus.
    In diesem Fall müssen die Nacherben in der Form des § 29 GBO zustimmen.

    Und bestreiten die Nacherben bei befreiter Vorerbschaft in der Anhörung die Entgeltlichkeit,
    muss das Grundbuchamt entscheiden, welche der beiden Meinungen zutrifft:
    Also entweder den Eigentumswechsel trotzdem eintragen oder einen Eintragungsmangel beanstanden
    und darin die Vorlage der Zustimmungen der Nacherben verlangen.
    Ergo: die Prüfung der Entgeltlichkeit liegt beim Grundbuchamt.

    Und wenn bei einer Befreiung die volle Entgeltlichkeit vorliegt,
    ist es egal, ob die Nacherben sich äußern oder nicht.
    Das Rechtsgeschäft ist wirksam.
    Wäre dies nicht so, könnten die Nacherben durch Schweigen
    oder Verweigerung eine Eigentumsumschreibung verhindern.

    Die Anhörung erfolgt hier lediglich, um zu erfahren,
    ob der Vorerbe hinsichtlich der Werthaltigkeit des Grundstücks "geflunkert" hat.
    Dieses Wissen kann ein Anhörungspfleger regelmäßig nicht haben.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Bei dessen Eintragung hätte eig. schon eine dementsprechende eV erfordert werden müssen, wenn kein Erbschein vorliegt,

    Warum hättest du hier schon die eV verlangt? Aus der Sterbefallsanzeige ergibt sich doch, ob Kinder vorhanden sind. Und dann frage ich auch nicht weiter nach, sondern trage den Vermerk ein. Und ob hier die Kinder nicht aufgeführt wurden :gruebel:.

    Dem lag ein Denkfehler meinerseits zugrunde.
    Ich hatte erst fälschlicherweise angenommen, dass nur die ehelichen Kinder Nacherben sein könnten, da ohne solche die Nacherbschaft insgesamt wegfallen würde. Da nach dem Tod des ersten Ehegatten keine weiteren ehelichen Kinder mehr gezeugt werden können, dachte ich das der Kreis der Nacherben bereits feststehen würde und man diese ausdrücklich eintragen könnte.

    Dabei hab ich irgendwie übersehen, dass natürlich auch noch Kinder vor-/zwischenversterben können und deren Abkömmlinge hinzukommen.:oops:

  • Natürlich wird die Frage der Entgeltlichkeit der Verfügung des befreiten Vorerben letztlich vom Grundbuchamt entschieden. Ich habe auch nichts anderes behauptet, sondern lediglich festgehalten, dass das Grundbuchamt diese Entscheidung nicht treffen darf, ohne die Nacherben vorher angehört zu haben. Sind die Nacherben bekannt, sind diese anzuhören und sind sie unbekannt, muss ein für sie zu bestellender Pfleger angehört werden. Die These, dass unbekannte Nacherben nicht anzuhören sind, ist schlichtweg unzutreffend und leistet einem eindeutig rechtswidrigen Verfahrensablauf Vorschub. Wenn es darauf ankäme, was ein zu bestellender ("Fremd"-)Pfleger wissen kann und was nicht, wäre die Pflegerbestellung immer sinnlos.

    Man kann natürlich Mindermeinungen vertreten, auch absolute Mindermeinungen (das tue ich auch). Man sollte dies dann aber klar herausstellen und nicht die Kollegen auf diese Mindermeinungen hetzen und sie dadurch ggf. in eine Haftung treiben.

  • Bei dessen Eintragung hätte eig. schon eine dementsprechende eV erfordert werden müssen, wenn kein Erbschein vorliegt,

    Warum hättest du hier schon die eV verlangt? Aus der Sterbefallsanzeige ergibt sich doch, ob Kinder vorhanden sind. Und dann frage ich auch nicht weiter nach, sondern trage den Vermerk ein. Und ob hier die Kinder nicht aufgeführt wurden :gruebel:.

    Dem lag ein Denkfehler meinerseits zugrunde.
    Ich hatte erst fälschlicherweise angenommen, dass nur die ehelichen Kinder Nacherben sein könnten, da ohne solche die Nacherbschaft insgesamt wegfallen würde. Da nach dem Tod des ersten Ehegatten keine weiteren ehelichen Kinder mehr gezeugt werden können, dachte ich das der Kreis der Nacherben bereits feststehen würde und man diese ausdrücklich eintragen könnte.

    Dabei hab ich irgendwie übersehen, dass natürlich auch noch Kinder vor-/zwischenversterben können und deren Abkömmlinge hinzukommen.:oops:

    Darauf kommt es im vorliegenden Fall überhaupt nicht an. Entscheidend ist, dass sich der Personenkreis der Nacherben nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Nacherbfalls bestimmt und dieser objektiv und insgesamt ungewiss ist. Die Nacherben sind also insgesamt unbekannt und nicht teilweise bekannt und teilweise unbekannt. Bekannt wären sie nur, wenn sie in persona eingesetzt wären und die personellen Unwägbarkeiten durch Ersatznacherbfolgenregelungen abgedeckt wären. Dass bei insgesamt unbekannten Nacherben, die sog. "derzeitigen" Nacherben irgend etwas mitzureden hätten, gehört zu den größten und gleichwohl häufig anzutreffenden Rechtsirrtümern im Bereich des Nacherbenrechts.

  • Bekannt wären sie nur, wenn sie in persona eingesetzt wären und die personellen Unwägbarkeiten durch Ersatznacherbfolgenregelungen abgedeckt wären.

    Ich muss hierzu mal nachfragen, da ich mich auch gerade damit zu beschäftigen habe.

    Sind die eingesetzten Nacherben bekannt, wenn deren Anwartschaftsrecht nicht vererblich ist? :gruebel:

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Cromwell gibt die Praxis der Obergerichte wieder. Die Praxis der Obergerichte ist aber rechtlich zweifelhaft. Sie wird immer mit dem vermeintlich "noblen" Interesse gerechtfertigt, die Interessen der Nacherben zu wahren. Die Interessen des befreiten (!) Vorerben an einer zeitnahen entgeltlichen Veräußerung bei eindeutigen Fällen wird völlig außer Acht gelassen. Auch die Entscheidung des BVerfG, die dem zu Grunde liegt, liest sich so, als sei das BVerfG der "Retter der Schwachen und Unterdrückten". In Wirklichkeit handelt es sich um eine völlig eindeutige Begünstigung der Nacherben. Interessen"abwägung" heißt also: 100 Prozent Nacherbeninteresse - 0 Prozent Vorerbeninteresse. Wir haben ja den Erfahrungssatz im Grundbuchverfahren: Entgeltlichkeit liegt regelmäßig bei Veräußerung an fremde Dritte vor -ggf. im Einzelfall durch Wertgutachten untermauert. Was genau soll denn dann der Nacherbe noch sagen können? Wie wirkt sich unsubstantiierter Schwachfug seitens des Ergänzungspflegers (irgendwie muss man 1,3 VV-RVG ja rechtfertigen - oder ist es weniger?) aus? Was ist, wenn er einen "Beweisantrag" stellt (für das GBA gilt ja § 26 FamFG eigentlich nicht - bei der Beweiserleichterung in punkto Entgeltlichkeit ja schon). Für die Erfahrungssätze bei Entgeltlichkeit gibt es, wie der Name schon suggeriert, ja einen Grund: Wenn die Anknüpfungstatsachen eingreifen, ist die Veräußerung eben fast immer entgeltlich. Und die wenigen Fälle, in denen es nicht der Fall ist (dies müsste der Nacherbe ja auch in einem späteren Rechtsstreit darlegen und beweisen und zeigen, warum denn die Anknüpfungstatsachen ausnahmsweise nicht das richtige Ergebnis signalisieren), ist es zumutbar, die Nacherben auf Schadensersatzansprüche zu verweisen. Mit der Anhörung tut das Grundbuchamt etwas, was sonst auch im Grundbuchverfahren nicht vorgesehen ist. Aber de lege lata hat Cromwell natürlich recht.

  • Mit der Anhörung tut das Grundbuchamt etwas, was sonst auch im Grundbuchverfahren nicht vorgesehen ist.


    Das stimmt zumindest bzgl. der Rechtslage nicht, denn auch bei anderen Grundbuchberichtigungen sind diejenigen anzuhören, die bislang nicht beteiligt sind, z. B. bei Löschungen nach § 1026 BGB.

    Unsubstantiierter Schwachfug wirkt sich so aus, dass diese Einlassung den Grundbuchvollzug allenfalls verzögert, aber nicht verhindert. - Ich mache die Anhörungen - auch bei § 1026 BGB - nun schon lange, Einwände sind selten, aber manchmal kommen sie eben doch, und gelegentlich sind sie sogar begründet.

    Die Anhörungen sind im Grundbuchverfahren meist deshalb entbehrlich, weil sich der im Verfahren Benachteiligte aufgrund des Bewilligungsgrundsatzes schon geäußert hat. Der wird dann natürlich nicht noch mal angehört. Aber soweit ein Betroffener bislang noch nicht am Verfahren beteiligt war, ist er eben anzuhören. Das ist in anderen Verfahren eine Selbstverständlichkeit, wobei es keine Rolle spielt, wie klar die Rechtslage bereits ab Antragstellung scheinen mag. Kein Mensch fragt dort, wieweit es einen Sinn ergibt, vor der Entscheidung den Antragsgegner/Beklagten noch zu hören.

    Dem Interesse des Vorerben an einer raschen Abwicklung kann Rechnung getragen werden, indem die Stellungnahme der Nacherben bereits mit dem Antrag vorgelegt wird. Das kommt durchaus vor. Dann ist auch keine neue Anhörung mehr erforderlich.

    Die auftretenden Probleme sind nach meiner Beobachtung darauf zurückzuführen, dass den Anwärtern in der Ausbildung suggeriert wird, dass es im Grundbuchverfahren keine Anhörung gebe (und speziell Berufsanfänger dann mit Widersprüchen rasch überfordert sind), oder dass die Beteiligten nebst Notar die Anhörung trotz deren Erwähnung in Demharter, Schöner/Stöber, Bauer/von Oefele, Meikel und Hügel nicht auf dem Schirm hatten und dann in Abwicklungsschwierigkeiten kommen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Bei § 1026 BGB höre ich nicht an, ich lösche aber auch nichts, sondern schreibe brav fort.

    @ Andreas: Um auf meine Frage und die von Cromwell richtigweise angeführte Meinung zurückzukommen, dass die Nacherben offensichtlich unbekannt sind, wen hörst du an?

    Fall 1:

    Befreiter Vorerbe verkauft das Grundstück vollentgeltlich. Die Nacherben wirken nicht mit. Mit der EU wird die Löschung des NE-Vermerkes beantragt. Das GBA hat nun die Nacherben anzuhören.
    Wenn ich es richtig verstanden habe, kommt es nun darauf an, ob die Nacherben bekannt sind. Sofern das Anwartschaftsrecht vererblich ist, dann sind die Nacherben unbekannt.

    Lösung: Pflegerbestellung, da die Nacherben insgesamt unbekannt.

    Fall 2:

    Befreiter Vorerbe soll das Grundstück zu Lebzeiten zur freien Verfügung bekommen. Nacherben und Ersatznacherben müssen dem natürlich zustimmen.

    Reicht hierzu die Zustimmung der im NE-Vermerk eingetragenen Nacherben, auch wenn das Anwartschaftsrecht vererblich ist oder verhält es sich wie Fall 1?

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Das ist ja eben die Prämisse, die es zu beweisen gilt: dass die Nacherben betroffen sind. Es würde reichen, die Anhörung ins pflichtgemäße Ermessen zu stellen und etwa unter denselben Voraussetzungen durchführen, unter denen das Grundbuchamt ausnahmsweise nach dem Legalitätsprinzip eine Eintragung trotz Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen verweigern kann. Oder man könnte genauso verfahren wie beim Nachweis der Entgeltlichkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers (OLG München 34 Wx 321/17, Rn. 17), was wertungskonform wäre.

    Mir ist schon bewusst, dass es auch in anderen Fällen Anhörungen durch das Grundbuchamt gibt (Amtslöschung, 1026 BGB etc); aber bei Verfügungen des befreiten Vorerben ohne Anhaltspunkte für Unentgeltlichkeit ist dies mE eben nicht gerechtfertigt. Gerade die Notwendigkeit, für die (in empirisch: 99,9 Prozent) ohnehin fruchtlose Anhörung einen (teuren) Pfleger bestellen zu müssen, verdeutlicht dies.

  • Fall 1: Ob das Nacherbenrecht vererblich ist oder nicht, hat nichts mit der Frage zu tun, ob die Nacherben bekannt oder unbekannt sind. Einer Verfügung des Vorerben hat immer nur derjenige bekannte Nacherbe zuzustimmen, der im Zeitpunkt der Zustimmung die Nacherbenstellung innehat (ist also A in persona als Nacherbe benannt und ist das Nacherbenrecht vererblich, muss nur A und sonst niemand - und damit auch kein Pfleger - zustimmen). Solange der bekannte Nacherbe am Leben ist, ist er dies selbst und wenn er verstorben ist, sind es seine Erben (bei Vererblichkeit des Nacherbenrechts) oder die Ersatznacherben (bei angeordneter Ersatznacherbfolge). Allerdings muss die jeweilige Rechtsstellung des "nunmehr Berechtigten" natürlich nach Maßgabe des § 35 GBO nachgewiesen sein, weil sonst nicht feststeht, dass "der Richtige" zugestimmt hat.

    Fall 2: Die Ersatznacherben müssen - ganz unstreitig - nicht zustimmen.

    Im Übrigen bin ich schon einigermaßen erschüttert, wie hier mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör umgegangen wird. Andydomingo stellt seine Ansicht ja wenigstens nur de lege ferenda zur Diskussion, aber es gibt auch welche - an anderer Stelle schon hinreichend erörtert -, die diese abwegigen Thesen de lege lata vertreten.

  • Das Recht auf rechtliches Gehör ist kein Recht, welches stets dazu führt, dass Entscheidungen nicht getroffen werden, bevor sich jeder äußern kann. Warum kann man denn einstweilige Verfügungen erlassen ohne rechtliches Gehör? Eben, weil in diesen Fällen eine Interessenabwägung stattfindet. Das rechtliche Gehör findet dann erst später statt (Hauptsacheverfahren). Eigentlich müsste man ja auch bei Verfügungen des Testamentsvollstreckers die Erben anhören; könnte ja sein, dass der Testamentsvollstrecker unentgeltlich verfügt oder seine Vertretungsmacht missbraucht, obwohl nach den hergebrachten Kriterien von Entgeltlichkeit ausgegangen werden kann. Konkrete Anhaltspunkte? Brauche ich ja bei einem so weit verstandenen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht. Wir brauchen diese rechtspolitische Diskussion meinetwegen aber nicht vertiefen. Nach geltendem Recht gibt es aber eine Lösung: Wer einen befreiten Vorerben einsetzt und Grundstücksverfügungen schnell ermöglichen möchte, sollte dies durch Testamentsvollstreckung flankieren. Immer noch billiger und schneller als die Notwendigkeit einer Pflegerbestellung für unbekannte Nacherben.

  • Der Einwand mit der einstweiligen Verfügung stimmt nur teilweise, denn im Wege der einstweiligen Verfügung darf kein Endzustand herbeigeführt werden, sondern nur eine vorläufige Maßnahme, die wieder reparabel ist. Bei der Löschung des Nacherbenvermerks fehlt es hieran, und welches Hauptsacheverfahren folgte da denn?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Danke Cromwell für deine Stellungnahme.

    Fall 1: Ob das Nacherbenrecht vererblich ist oder nicht, hat nichts mit der Frage zu tun, ob die Nacherben bekannt oder unbekannt sind. Einer Verfügung des Vorerben hat immer nur derjenige bekannte Nacherbe zuzustimmen, der im Zeitpunkt der Zustimmung die Nacherbenstellung innehat (ist also A in persona als Nacherbe benannt und ist das Nacherbenrecht vererblich, muss nur A und sonst niemand - und damit auch kein Pfleger - zustimmen). Solange der bekannte Nacherbe am Leben ist, ist er dies selbst und wenn er verstorben ist, sind es seine Erben (bei Vererblichkeit des Nacherbenrechts) oder die Ersatznacherben (bei angeordneter Ersatznacherbfolge). Allerdings muss die jeweilige Rechtsstellung des "nunmehr Berechtigten" natürlich nach Maßgabe des § 35 GBO nachgewiesen sein, weil sonst nicht feststeht, dass "der Richtige" zugestimmt hat.

    Hierzu fällt mir die Konstellation ein. A und B setzen sich zu befreiten Vorerben ein, Nacherben sind die gemeinsamen Abkömmlinge.

    A verstirbt, B wird als Eigentümer eingetragen. B verkauft das Grundstück und nun soll mit der EU der NE-Vermerk gelöscht werden. Im Kaufvertrag haben die Nacherben nicht mitgewirkt (müssen sie ja auch erst mal nicht) und nun soll ich anhören. Ein nun vorhandener Abkömmling kann mittels seiner Geburtsurkunde beweisen, dass er Abkömmling ist. Allerdings nicht, dass er der Einzige ist. Das geht nur aufgrund eines Erbscheines, welcher aber nicht erteilt werden kann, da B ja noch lebt. Und ansonsten bliebe nur die eidesstattliche Versicherung, die aber nicht kostenlos ist.

    Fall 2: Die Ersatznacherben müssen - ganz unstreitig - nicht zustimmen.

    Da hast du natürlich recht, hab gestern keinen guten Tag gehabt :(.

    Aber dafür habe ich noch auf die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 27.01.2010, Az: 20 W 251/09 gefunden, die das Ganze in der Begründung darstellen.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

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