bedingte Nacherbschaft

  • Ich komme in folgendem Fall nicht wirklich weiter:

    X ist als Vorerbe im Grundbuch eingetragen. Es ist bedingte Nacherbschaft angeordnet, Nacherben sind Ziff. 1. – 8., unter anderen auch der Vorerbe. Die Nacherbschaft soll beim Verkauf des Grundstücks eintreten. Stirbt der Erbe, ohne den Grundbesitz verkauft zu haben, ist er Vollerbe.
    Der Vorerbe ist nunmehr verstorben. Es wird ein Erbschein ohne Nacherbschaft vorgelegt, der X als Erben ausweist. Gleichzeitig wird die Auflassungserklärung des Z vorgelegt. Darin beruft sich Z auf die im Schenkungsvertrag UR… erteilte Vollmacht des X, nach seinem Tode die Auflassung zu erklären. Es wird die Eintragung des Eigentumswechsel beantragt.
    Meine Prüfung dreht sich irgendwie im Kreis.
    Auf der einen Seite, darf X als Vorerbe nicht unentgeltlich verfügen und damit auch keine Vollmacht erteilen, auf der anderen Seite ist er ja jetzt Vollerbe.

  • Ich komme in folgendem Fall nicht wirklich weiter:

    X ist als Vorerbe im Grundbuch eingetragen. Es ist bedingte Nacherbschaft angeordnet, Nacherben sind Ziff. 1. – 8., unter anderen auch der Vorerbe. Die Nacherbschaft soll beim Verkauf des Grundstücks eintreten. Stirbt der Erbe, ohne den Grundbesitz verkauft zu haben, ist er Vollerbe.
    Der Vorerbe ist nunmehr verstorben. Es wird ein Erbschein ohne Nacherbschaft vorgelegt, der X als Erben ausweist. Gleichzeitig wird die Auflassungserklärung des Z vorgelegt. Darin beruft sich Z auf die im Schenkungsvertrag UR… erteilte Vollmacht des X, nach seinem Tode die Auflassung zu erklären. Es wird die Eintragung des Eigentumswechsel beantragt.
    Meine Prüfung dreht sich irgendwie im Kreis.
    Auf der einen Seite, darf X als Vorerbe nicht unentgeltlich verfügen und damit auch keine Vollmacht erteilen, auf der anderen Seite ist er ja jetzt Vollerbe.

    Er war die ganze Zeit Vollerbe, weil die Bedingung nie eingetreten ist.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich möchte erst eine endgültige Stellungnahme abgeben, wenn der exakte Inhalt der Nacherbschaftsanordnung bekannt ist. Dass da etwas nicht stimmen kann, folgt schon daraus, dass der Vorerbe nicht gleichzeitig Nacherbe sein kann. Und wenn schon das nicht stimmt, ist auch nicht auszuschließen, dass auch im Hinblick auf die verwendeten Begrifflichkeiten (Eintritt der Nacherbfolge bei "Verkauf") etwas nicht stimmt.

  • Ich möchte erst eine endgültige Stellungnahme abgeben, wenn der exakte Inhalt der Nacherbschaftsanordnung bekannt ist. Dass da etwas nicht stimmen kann, folgt schon daraus, dass der Vorerbe nicht gleichzeitig Nacherbe sein kann. Und wenn schon das nicht stimmt, ist auch nicht auszuschließen, dass auch im Hinblick auf die verwendeten Begrifflichkeiten (Eintritt der Nacherbfolge bei "Verkauf") etwas nicht stimmt.

    Das vermute ja auch, dass da etwas nichts stimmt.
    Ich habe den Fall aber nach dem Grundbuchinhalt und dem Inhalt des Erbscheins genau geschildert. Der Vorerbe soll auch Nacherbe sein, nur eben nicht allein. Z ist auch Nacherbe. Der Nacherbenvermerk enthält ausdrücklich die Bezeichnung "verkauf".

  • Ohne die Nachlassakten wirst Du da wohl nicht weiterkommen.

    Eines ist aber schon mal klar: Es ist ein rechtliches Ding der Unmöglichkeit, sowohl Vorerbe als auch Nacherbe zu sein.
    Der "Vorerbe" ist im Hinblick auf die ihm in jedem Fall zugedachte Quote vielmehr von vorneherein Vollerbe und die übrigen 7 Personen sind dann für die Gesamtresterbquote Nacherben.

    Wurde der Nacherbenvermerk aufgrund eines Erbscheins oder aufgrund notarieller letztwilliger Verfügung eingetragen?

  • Ich muss jetzt mal meinen Fall anhängen, obwohl dieses Thema wohl noch nicht abgeschlossen ist (dann bitte neues Thema eröffnen), aber es passt gerade dazu.


    Mir wird ein Grundbuchberichtigungsantrag nebst Erbschein vorgelegt. Das Testament habe ich nicht in den Grundakten, lautet wohl aber sinngemäß so: Ehefrau setzt Ehemann zu Alleinerben eine, wobei bei einer Wiederheirat die gesetzliche Erbfolge gelten soll. Im Erbschein ist Ehemann als befreiter Vorerbe angeben und der Nacherbfall ist die Wiederheirat.
    Problem: Als Nacherben sind die Kinder alle namentlich benannt und der Ehemann als Mitnacherbe (=Vorerbe) selbst. Das Nachlassgericht (anderes Amtsgericht als Grundbuchamt) möchte die Problematik nicht erkennen und bleibt dabei, das der Vorerbe auch gleichzeitig Nacherbe sein kann. Wie gehe ich als Grundbuchamt damit nun um? Mir widerstrebt die Eintragung dieses Erbscheins nebst Nacherbenvermerk.

  • Ich würde den Berichtigungsantrag zurückweisen, weil der Erbschein mit der gleichzeitigen Rechtsstellung einer Person als Vorerbe und Nacherbe eine Rechtslage verlautbart, die es nicht geben kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht keine Bindung an den Erbschein.

    Zur Begründung kann man sich auf folgende Fundstellen berufen:

    Bestelmeyer notar 2013, 147, 148:

    Das Grundbuchamt ist grundsätzlich an den Inhalt des ihm vorgelegten Erbscheins gebunden, und zwar unabhängig davon, ob sich diesbezügliche Zweifel des Grundbuchamts auf die ursprüngliche oder nachträgliche Unrichtigkeit des Erbscheins, auf die zutreffende Verlautbarung der gesetzlichen Erbfolge oder auf die Formgültigkeit und die Auslegung der der Erbscheinserteilung zugrunde liegenden letztwilligen Verfügung beziehen.[13] Gleichwohl ist es angebracht und zulässig, dass das Grundbuchamt in diesen Fällen beim Nachlassgericht unter Hinweis auf seine Bedenken eine erneute Prüfung und die Einziehung des Erbscheins anregt, bevor es den von ihm für unrichtig gehaltenen Erbschein der Eintragung der Erbfolge zugrunde legt.[14] Hält das Nachlassgericht aber an seiner rechtlichen Beurteilung fest oder sieht es auch aufgrund nachträglich eingetretener Umstände keinen Anlass, den erteilten Erbschein einzuziehen, muss sich das Grundbuchamt mit dieser Einschätzung begnügen, weil das Nachlassgericht die alleinige Verantwortung für die Richtigkeit des Erbscheins trägt.[15] Ob dies auch dann gilt, wenn der Erbschein evident unrichtig ist[16] und sich das Nachlassgericht – was gelegentlich vorkommt – lediglich aus Uneinsichtigkeit weigert, den erteilten Erbschein einzuziehen, ist bislang nicht obergerichtlich entschieden worden. Es sprechen aber gute Gründe dafür, dem Legalitätsprinzip, wonach das Grundbuchamt das Grundbuch nicht wissentlich unrichtig machen darf, in diesen Fällen den Vorrang vor einer Bindung an eine offenkundig unhaltbare Rechtsauffassung des Nachlassgerichts einzuräumen.


    [13] KG, Beschl. v. 23.6.1938 – 1 Wx 271/38, JFG 18, 42; BayObLG, Beschl. v. 14.11.1996 – 2 Z BR 83/96, Rpfleger 1997, 156; OLG Bremen, Beschl. v. 7.9.2011 – 3 W 13/11, FamRZ 2012, 335; OLG Köln, Beschl. v. 2.1.2012 – 2 Wx 240/11, Rpfleger 2012, 522 = FGPrax 2012, 57.
    [14] KG, Beschl. v. 23.6.1938 – 1 Wx 271/38, JFG 18, 42; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 35 Rn 26 m. w. N.
    [15] KG, Beschl. v. 23.6.1938 – 1 Wx 271/38, JFG 18, 42; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 35 Rn 26 m. w. N.
    [16] Dies ist etwa der Fall, wenn Ersatznacherben benannt sind, der Erbschein aber keine Ersatznacherben ausweist, weil das Nachlassgericht der irrigen Rechtsauffassung ist, sie seien im Erbschein nicht anzugeben.

    Bestelmeyer Rpfleger 2014, 641, 645 (Fn. 73):

    Anlass zur Kritik gibt eine Entscheidung des OLG Celle, nach welcher es in der Regelungskompetenz des Erblassers liegen soll, den überlebenden Ehegatten für den Fall seiner Wiederverheiratung bis zu diesem Zeitpunkt völlig von den Beschränkungen der Vorerbschaft freizustellen und auf diesem Wege entweder eine verfügungsbeschränkungsfreie bedingte Vorerbschaft zu kreieren oder die Verfügungsbeschränkungen bei unbedingter Nacherbfolge auf den Tod des Vorerben nur für den Zeitraum zwischen der Wiederverheiratung und dem Ableben des Vorerben eingreifen zu lassen.[73] Nach zutreffender Ansicht verstoßen solche Konstruktionen gegen den erbrechtlichen Typenzwang, der es verbietet, die verfügungsbeschränkenden Wirkungen einer (auch nur bedingt) angeordneten Nacherbfolge der Disposition des Erblassers zu unterstellen. Es bleibt somit dabei, dass der Vorerbe bei bedingter Nacherbfolge bereits ab dem Eintritt des Vorerbfalls den Beschränkungen der Vorerbschaft unterliegt und es sich demzufolge erst bei seinem Ableben rückblickend herausstellt, ob seine etwaigen Verfügungen wirksam waren oder nicht.[74]


    [73] OLG Celle FamRZ 2013, 660 (LS) = ZEV 2013, 40 m. abl. Anm. Weidlich. Unzutreffend ist auch die Annahme des Senats, wonach der überlebende Ehegattte sowohl Vorerbe als auch (Mit-)Nacherbe sein kann. Richtig ist vielmehr, dass der Ehegatte in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote unbedingter Vollerbe wird und nur für die Restquote bedingte Nacherbfolge angeordnet ist, die im Fall der Wiederverheiratung des Ehegatten bewirkt, dass dieser Miterbe als Vollerbe bleibt und nur die Kinder als Mit-Nacherben hinzutreten, sodass Ehegatte und Kinder im Ergebnis jeweils in Höhe ihrer gesetzlichen Erbquoten zu Miterben berufen sind.
    [74]
    BGH Rpfleger 1986, 15 = DNotZ 1986, 541 m. Anm. Zawar; OLG Hamm ZEV 2011, 589; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2269 Rn. 18; Staudinger/Avenarius, BGB, Bearb. 2013, § 2100 Rn. 33; Weidlich ZEV 2013, 40; a. A. MünchKomm/Musielak, BGB, 5. Aufl., § 2269 Rn. 57 ff.; Meier-Kraut NJW 1992, 143.


    Bestelmeyer Rpfleger 2017, 674, 679 (Fn. 66):

    Es verstößt gegen den erbrechtlichen Typenzwang, die verfügungsbeschränkenden Wirkungen einer (auch nur bedingt) angeordneten Nacherbfolge der Disposition des Erblassers zu unterstellen.[65] Es ist daher nicht möglich, den überlebenden Ehegatten bis zu seiner Wiederverheiratung völlig von den Beschränkungen der Vorerbschaft freizustellen oder die Verfügungsbeschränkungen bei unbedingter Nacherbfolge auf den Tod des Vorerben nur für den Zeitraum zwischen der Wiederverheiratung und dem Ableben des Vorerben eingreifen zu lassen.[66] Es bleibt somit dabei, dass der Vorerbe bei bedingter Nacherbfolge bereits ab dem Eintritt des Vorerbfalls den Beschränkungen der Vorerbschaft unterliegt und es sich demzufolge erst bei seinem Ableben rückblickend herausstellt, ob seine etwaigen Verfügungen wirksam waren oder nicht.[67]


    [65] KG FamRZ 2017, 66.
    [66] KG FamRZ 2017, 66 unter zutreffender Ablehnung der Rechtsauffassung des OLG Celle FamRZ 2013, 660 (LS) = ZEV 2013, 40 m. abl. Anm. Weidlich (ablehnend auch Bestelmeyer Rpfleger 2014, 641, 645), das es bei erbquotaler Wiederverheiratungsklausel sogar für möglich hält, dass der überlebende Ehegattte sowohl Vorerbe als auch (Mit-)Nacherbe sein kann. Zutreffenderweise wird der Ehegatte in diesem Fall in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote unbedingter Vollerbe, während nur für die Restquote bedingte Nacherbfolge angeordnet ist, die im Fall der Wiederverheiratung des Ehegatten bewirkt, dass dieser in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote Miterbe als Vollerbe bleibt und für die vom Güterstand abhängige Resterbquote nur die Kinder als Mit-Nacherben hinzutreten, sodass Ehegatte und Kinder im Ergebnis jeweils in Höhe ihrer gesetzlichen Erbquoten zu Miterben berufen sind (Bestelmeyer Rpfleger 2014, 641, 645, Fn. 73).
    [67] BGH Rpfleger 1986, 15 = DNotZ 1986, 541 m. Anm. Zawar; OLG Hamm ZEV 2011, 589; KG FamRZ 2017, 66.

  • Im neuesten Heft (6/2018) der FamRZ findet sich eine Entscheidung des OLG Düsseldorf, in welcher in den Gründen ebenfalls ausgesprochen wird, dass niemand Vorerbe und Nacherbe zugleich sein kann (OLG Düsseldorf FamRZ 2018, 466, 468). Das ist auch eine Selbstverständlichkeit, weil sich ein Nebeneinander von Vorerben- und Nacherbenstellung kontruktiv nicht begründen lässt. Dass ein Nachlassgericht gleichwohl an der betreffenden unrichtigen These festhält, macht einigermaßen sprachlos.

  • Wieso können den im Erbschein die gesetzlichen Erben als Nacherben namentlich aufgeführt sein, wenn die Nacherben doch erst im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls feststehen... Sind diese denn zur Zeit nicht unbekannt?

  • Nicht unbedingt.

    Das kommt darauf an, ob der Erblasser für den Personenkreis der Nacherben auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls abgestellt hat (was möglich, aber nicht zwingend ist) oder - was die Regel ist - ob die im Zeitpunkt des Vorerbfalls (= Tod des Erblassers) vorhandenen Abkömmlinge Nacherben sein sollen und mögliche nachträgliche Änderungen im Personenkreis durch Ersatznacherbenregelungen (für jedes Kind dessen Abkömmlinge) berücksichtigt sind. Hier ist offenbar Letzteres der Fall und das ist auch so in Ordnung.

  • Habe ich aus anderer Quelle bereits registriert.

    Eine desaströse Falschentscheidung, wie man sie selten sieht und die leider der ohnehin in mancherlei Hinsicht unzutreffenden grundbuchrechtlichen Rechtsprechung des besagten OLG die Krone aufsetzt.

    Es ist rechtskonstruktiv unmöglich, dass ein Vorerbe zugleich Mitnacherbe sein kann.

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