Zwangsverwaltung bei Besitz eines Dritten

  • Hallo erst mal.

    Mich plagt dasselbe Problem mit geringer Abweichung in gleich zwei Verfahren.

    Es wurde Zwangsverwaltung gegen den Grundstückseigentümer (= Schuldner) beantragt und angeordnet. In Abteilung zwei der Grundbücher ist jeweils eine Auflassungsvormerkung für einen Dritten eingetragen.

    Die Inbesitznahmeberichte wurden vom Zwangsverwalter wie immer eingereicht mit Angabe des Inbesitznahmezeitpunktes.

    Soweit hatte ich noch keine Probleme. Die Probleme ergaben sich jedoch wie folgt:

    • Akte:

    AV-Berechtigter ist Eigennutzer der Wohnung. Sprach nach Inbesitznahme bei Gericht vor und teilte mit, dass die Kaufpreiszahlung erfüllt ist und der Besitz bereits auf ihn übergegangen sei. Einsicht in die Grundbuchakte zeigt, dass im Kaufvertrag der Besitzübergangszeitpunkt an die Kaupreiszahlung gekoppelt ist. Nachweise für die Zahlung könnte mir der AV-Berechtigte vorlegen.
    Problem: Schuldner war zum Zeitpunkt der Anordnung der Zwangsverwaltung weder mittelbarer noch unmittelbarer Besitzer. Inbesitznahme durch Zwangsverwalter nicht möglich??!!

    • Akte:

    Wohnung ist fremdvermietet. Zwangsverwalter teilt im Inbesitznahmebericht mit, dass auch hier nach Angabe des eingetragenen Eigentümers der Kaufpreis bereits gezahlt sei, Besitz ist somit auf AV.Ber. übergegangen (s.o.). Auch hier war der Schuldner zum Zeitpunkt der AnO der Zwangsverw. aller Wahrscheinlichkeit nach weder mittelbarer noch unmittelbarer Besitzer. Dem Gericht ist die Problematik nunmehr bekannt geworden! Konnte der Zwangsverw. den Grundbesitz überhaupt wirksam übernehmen.

    Ich habe nunmehr schon die Kommentare gewälzt, vor allem Zeller/Stöber Rd. 11 zu § 146. Ist meine o.g. Ansicht richtig, konnte die Inbesitznahme durch den Zwangsverwalter in beiden Fällen nicht erfolgen? Wenn ja, was muss ich als Gericht in diesem Fall tun; einfach das Verfahren gegen den Schuldner aufheben. Inwieweit hat das Gericht in diesem Fall eine Prüfungspflicht und welche Nachweise sind für den Besitzübergang ausreichend bzw. notwendig?

    Vielleicht hatte jemand schon einen ähnlich gelagerten Fall.
    Vielen Dank schon mal.....

  • Hallo Maria,

    willkommen im Forum!

    Nein, einfach aufheben darfst Du die Verwaltungen nicht.

    Siehe Stöber, Rdnr. 11.3 zu § 146, der zusammenfassend folgendes ausführt:

    Eigenbesitz eines Dritten ist kein die Anordnung hinderndes Recht oder ausreichend für einen Beschluss nach § 28 ZVG, auch wenn die Verwaltung nur eingeschränkte Folgen hat. Der Verwalter hat sich auf die Ausübung der Rechte des Eigentümers gegen des besitzenden Dritten zu beschränken.

    Diese beschränkte Verwaltung ist im Einzelfall bestenfalls ein Grund für § 765a ZPO oder ein fehlendes Rechtschutzbedürfnis.

    Solche Vefahren erledigen sich üblicherweise durch Rücknahme durch den Gläubiger, vor allem durch nichtgezahlte Vorschüsse.

  • Gut o.k. eine Aufhebung nach § 28 kommt nicht in Betracht. Ich überlege allerdings, ob ich besonders in Akte Nr. 1 die Sache aufhebe wegen eben dem fehlenden Rechtschutzbedürfnis bzw. § 765 a ZPO.

    So von allein werden sich die Verfahren wahrscheinlich nicht erledigen.
    In Akte 1 ist der Besitzer wie gesagt Eigennutzer der Wohnung. Es handelt sich um ein Verfahren mit einem eingesetzten Institutsverwalter. Dieser hat den Besitzer jetzt aufgefordert Miete zu zahlen, was dieser allerdings verweigert. Ein Mietvertrag wurde dem Gericht allerdings bis dato nicht vorgelegt.
    Auf eine Rücknahme durch die Gläubigerin kann ich derzeit nicht hoffen, da diese die Fortführung unter den gegebenen Umständen bereits angedeutet hat.

  • Das Rechtschutzbedürfnis ist zwar von Amts wegen zu prüfen, aber eine Aufhebung würde ich deswegen nur sehr vorsichtig angehen. Zum einen handelt es sich dabei wie Stöber schreibt um eine Einzelfallprüfung, zum anderen hat der Zwangsverwalter ja auch bei dieser eingeschränkten Verwaltung ggf. Rechte gegenüber dem Besitzer.

    Wenn Du schon aufheben willst, mach den Wegfall der Beschlagnahme von der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses abhängig, damit Du auf einer sichereren Seite bist.

    Eine Aufhebung wegen § 765a ZPO dürfte von Amts wegen nicht möglich sein, da Antragsverfahren.

  • Zitat von Maria

    ....ob ich besonders in Akte Nr. 1 die Sache aufhebe wegen eben dem fehlenden Rechtschutzbedürfnis bzw. § 765 a ZPO.


    Mit § 765a ZPO würde ich vorsichtig sein, auch nach entsprechendem Antrag. 1. Antragsberechtigt dürfte nur der Schuldner sein, nicht der besitzende Käufer. 2. Welches Interesse sollte der Schuldner haben, einen solchen Antrag zu stellen, da der Kaufpreis ja bereits geflossen und Besitz eingeräumt wurde. 3. Selbst wenn der Schuldner einen Antrag stellen sollte, wo liegt für ihn die sittenwidrige Härte? Ich kann keine entdecken.
    Aufheben wegen mangelndem Rechtsschutzbedürfnis halte ich für sehr gewagt. Das Rechtsschutzbedürfnis wäre bei Anordnung zu prüfen gewesen. Es ist scheinbar bejaht worden, weil sonst nicht angeordnet worden wäre. Bis zum jetzigen Verfahrensstadium hat sich an den Besitzverhältnissen nichts geändert, also dürfte nunmehr auch nicht plötzlich das Rechtsschutzbedürfnis verneint werden.

    Zitat von Maria

    Dieser hat den Besitzer jetzt aufgefordert Miete zu zahlen, was dieser allerdings verweigert.


    Zu Recht. Wieso sollte der besitzende Erwerber Miete bezahlen?

    Ich würde die Sachen nicht aufheben. Warum auch? Meistens erledigt sich das von selbst, sie Kai´s Ausführungen.
    Es konnte vorliegend keine echte Besitzübergabe gem. § 150 II ZVG erfolgen, da der Schuldner scheinbar weder mittelbarer noch unmittelbarer Besitzer war. Es ist daher nur eine stark beschränkte Zwangsverwaltung möglich, die in erster Linie der Überwachung des Eigentümers=Schuldners gleichkommt. Stöber schlägt vor, diese Beschränkung im Anordnungsbeschluß zum Ausdruck zu bringen. Nunmehr würde ich durch entsprechende Weisung an den Zwangsverwalter zum Ausdruck bringen, daß die Rechte des Drittbesitzers durch die Zwangsverwaltung nicht beeinträchtigt werden dürfen.
    Spätestens mit Eigentumsumschreibung auf die AV-Berechtigten dürfte sich das Problem eh erledigen.

  • Zitat von Stefan

    Mit § 765a ZPO würde ich vorsichtig sein, auch nach entsprechendem Antrag. 1. Antragsberechtigt dürfte nur der Schuldner sein, nicht der besitzende Käufer. 2. Welches Interesse sollte der Schuldner haben, einen solchen Antrag zu stellen, da der Kaufpreis ja bereits geflossen und Besitz eingeräumt wurde. 3. Selbst wenn der Schuldner einen Antrag stellen sollte, wo liegt für ihn die sittenwidrige Härte? Ich kann keine entdecken.


    Genau. § 765a dürfte nicht zum Zuge kommen, aus genau diesen Gründen.

    Zitat von Stefan

    Aufheben wegen mangelndem Rechtsschutzbedürfnis halte ich für sehr gewagt. Das Rechtsschutzbedürfnis wäre bei Anordnung zu prüfen gewesen. Es ist scheinbar bejaht worden, weil sonst nicht angeordnet worden wäre. Bis zum jetzigen Verfahrensstadium hat sich an den Besitzverhältnissen nichts geändert, also dürfte nunmehr auch nicht plötzlich das Rechtsschutzbedürfnis verneint werden.


    Gewagt, aber durchaus nicht völlig von der Hand zu weisen. Ich würde da auch gründlich darüber nachdenken, vor allem auch, um den Gläubigern mal ganz klar zu zeigen, dass das Gericht nicht für irgendwelchen Blödsinn mißbraucht werden darf. Sinn und Zweck der Zwangsverwaltung ist ganz klar das Erzielen von Einnahmen, mit denen der Gläubiger befriedigt werden soll. Wenn solche ganz klar nicht erzielt werden können - wonach bei dem Ausgangsfall wohl auszugehen ist - kann man die Zwangsverwaltung schon von Amts wegen Aufheben. Bei Anordnung war eben diese Tatsache dem Gericht ja überhaupt nicht bekannt, und wir können ja kaum jedesmal vor Anordnung einer Zwangsverwaltung nachfragen, wie die Wohnung genutzt wird (das wissen die Gläubiger ja oft selbst nicht) bzw. ob Einnahmen erzielt werden können.
    Ich persönlich würde je nach Einzelfall auch vAw aufheben, wenn es sich nicht über 161 Abs. 3 ZVG erledigen lässt.
    Zu bedenken geben möchte ich auch, dass der Gläubiger die Vorschüsse, die er per Gerichtsbeschluss zu zahlen verpflichtet ist, als Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner in Rechnung stellen wird. Finde ich nicht richtig, dass der Schuldner die unsinnigen Maßnahmen des Gläubigers auch noch finanzieren soll.

    Zitat von Stefan

    Es ist daher nur eine stark beschränkte Zwangsverwaltung möglich, die in erster Linie der Überwachung des Eigentümers=Schuldners gleichkommt. Stöber schlägt vor, diese Beschränkung im Anordnungsbeschluß zum Ausdruck zu bringen. Nunmehr würde ich durch entsprechende Weisung an den Zwangsverwalter zum Ausdruck bringen, daß die Rechte des Drittbesitzers durch die Zwangsverwaltung nicht beeinträchtigt werden dürfen.
    Spätestens mit Eigentumsumschreibung auf die AV-Berechtigten dürfte sich das Problem eh erledigen.


    Stimmt. Aber welchen Sinn - oder korrekt gefragt: Welches Rechtsschutzbedürfnis hätte eine solche Zwangsverwaltung? Ich sehe keines. Also Aufheben ...

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Zitat von hiro

    Aber welchen Sinn - oder korrekt gefragt: Welches Rechtsschutzbedürfnis hätte eine solche Zwangsverwaltung? Ich sehe keines. Also Aufheben ...


    Hallo hiro,
    ich denke auch Deine Ansicht kann man vertreten, zumindest wenn Du Zwangsverwaltungen nur dann für zulässig erachtest, wenn sie auf die Befriedigung des Gläubigers ausgerichtet ist. Ich habe diesbezüglich eine weitergehende Auffassung und würde deshalb nicht aufheben. Wir haben dies andernorts schon diskutiert. Siehe: hier

  • Vielen Dank für die Antworten. Bin persönlich noch zu keiner entgültigen Entscheidung gelangt, die Beiträge haben mir aber schon sehr weitergeholfen.

    Mal sehen, was sich noch so ergibt mit der Akte...

  • @ Maria

    siehe BGH, Beschl. v. 19.03.2004, IX a ZB 190/03. In beiden Fällen ist nunmehr eine Aufhebung (von Amts wegen) versagt. Soweit ein Dritter vorhanden ist, in dessen Besitzrecht eingegriffen wurde, ist er auf den Prozessweg (§ 771 ZPO) verwiesen.

    Siehe im Übrigen auch zur Frage, ob/wann ein Zwangsverwaltungsverfahren unzulässig bzw. rechtlich undurchführbar ist, BGH, Urt. v. 26.09.1985, IX ZR 88/84.

    In diesem Kontext, so auch in Ihren Fall 2, wird regelmäßig § 152 Abs. 2 ZVG bedeutsam. Welche Mietverträge auch einem Zwangsverwalter gegenüber wirksam sind, lässt sich deutlich dem vorgenannten Urt. v. 26.09.1985 entnehmen. Siehe hierwegen ergänzend auch BGH, Urt. v. 04.02.2005, V ZR 294/03.


    Mit freundlichen Grüßen

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