Kosten des Vergleichs

  • Guten Morgen

    folgendes Problem:

    Im Termin wurde ein Vergleich geschlossen. In der Kostengrundentscheidung wurde über die Kosten des Verfahrens entschieden. Beide Anwälte machen die Einigungsgebühr geltend. Ich habe darauf hingewiesen, dass über die Kosten des Vergleichs keine Entscheidung getroffen wurde und somit § 98 ZPO gilt. Die Beklagtenseite ist damit nicht einverstanden und verweist auf Zöller 25. Auflage Rd.-Nr. 21 Stichwort "Prozessvergleich", Buchstabe e.).
    Dort steht: Sind im Vergleich die Kosten des Rechtsstreits unter den Parteien verteilt, oder von einer ganz übernommen, dann sind die Vergleichskosten einbezogen, so dass der vereinbarte Verteilungsmodus gilt und nicht § 98 S. 1 ZPO.

    Ich kann diese Kommentierung nicht ganz nachvollziehen.

    Gem. § 98 ZPO muss doch immer in der Kostengrundentscheidung ausdrücklich über die Kosten des Vergleichs entschieden worden sein, sonst gelten sie doch als gegeneinander aufgehoben.

    Wie versteht ihr die Kommentierung zu § 104. :gruebel:

  • Hallo,

    hier ist wohl im Wege der Auslegung festzustellen, dass die Parteien die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der Vergleichskosten gemeint haben. Es wäre doch unlogisch, sich in einem Vergleich über die Verfahrenskosten zu einigen, die Vergelichskosten dabei aber außer Acht zu lassen. Regelmäßig ist die Vergleichsgebühr von einer getroffenen Kostenregelung mit umfasst. Ob diese extra erwähnt wird, oder auch nicht, darf dabei keine Rolle spielen.

  • Hey WB, ist die von dir genannte "Kostengrundentscheidung" jetzt im Vergleich selbst enthalten oder wurde (nachträglich) noch ein Beschluss über die Kosten gefasst? :gruebel:

    Wenn die Kosten im Vergleich geregelt wurden, würde ich Manfreds Auslegung zustimmen.
    Ich würde dann die Regelung im Vergleich auch auf die Einigungsgebühr beziehen. Es handelt sich m.E. dann bei der Kostenregelung im Vergleich um eine abweichende Vereinbarung i.S.d. § 98 ZPO.

    Wenn allerdings per Beschluss die Kosten geregelt wurden, ist es wohl richtig, was Du im Hinblick auf § 98 ZPO sagst:
    Die Parteien haben im Vergleich keine Regelung dazu getroffen, daher gelten die Vergleichskosten nach § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @ Ulf

    Die Kostengrundentscheidung wurde im Vergleich getroffen.

    Aber ich kann dir und Manfred nicht folgen. Warum gibt es dann den
    § 98 ZPO? Aus diesem ergibt sich doch eindeutig, dass es einer Entscheidung über die Kosten des Vergleichs bedarf, ohne dass ich die Möglichkeit habe eine getroffene Kostengrundentscheidung auszulegen.

    Im Zöller steht zu § 98 ZPO, dass dieser zwischen den Kosten des Vergleichs und des Rechtsstreites unterscheidet.

  • Ich meine, dass zwar § 98 ZPO zwischen den Kosten des Vergleiches und denen des Prozesses unterscheidet, nicht aber die Parteien oder das Gericht. Die meisten Vergleich regeln nur die Kosten des Rechtsstreites, die Parteien und das Gericht gehen dabei aber davon aus, dass unter die Kosten des Rechtsstreites eben auch die Vergleichskosten fallen. Daher wird man davon ausgehen können, dass die Kostenregelung des Vergleiches über die Kosten des Rechtsstreites auch die Vergleichskosten umfasst (dafür spricht ja auch, dass beide Parteien die Einigungsgebühr anmelden); sollten die anlässlich des Vergleiches entstandenen Kosten anders verteilt werden als die übrigen Kosten des Rechtsstreites, werden diese gesondert als weitere Kostenregelung im Vergleich erwähnt. So zumindest die mittlerweile gängige Praxis bei uns.

  • Wenn sich aus dem Vergleich nicht eindeutig ersehen lässt, welche Kosten in der Tat gemeint sind, bietet sich im Zweifel an, die Akte dem Abt.richter vorzulegen und klarstellen zu lassen, ob die Kostenregelung auch die Kosten des Vergleichs enthalten soll. Dann ist man auf der sicheren Seite.

  • @ dreizehn

    An diese Lösung habe ich auch schon gedacht. Mir ging es aber auch darum, dass mir vielleicht jemand die Kommentierung zu § 104 erklären kann.

  • Also ich verstehe den von Dir im Ausgangsthread zitierten Satz aus der Kommentierung zu § 104 ZPO so, wie es Manfred, Stolli und ich schon dargestellt haben (insbesondere Stolli bringt es m.E. gut auf den Punkt):

    Die Beteiligten haben diese Kostenregelung mit der Absicht getroffen, alle Kosten des Rechtsstreits dieser Regelung unterwerfen zu wollen. Gemeint ist daher m.E. nahezu immer "die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs". Leider wird wohl der § 98 ZPO oft vergessen und die Beteiligten (und auch das Gericht) begnügen sich mit der kürzeren Formulierung "Kosten des Rechtsstreits", aber in der Absicht, auch die Vergleichskosten regeln zu wollen! Daher ist der Vergleich insoweit auszulegen.
    :hetti:

    § 98 ZPO steht einer solchen Auslegung m.E. auch nicht entgegen.
    Die Parteien haben ja "etwas anderes" i.S.d. § 98 ZPO vereinbart, nur haben sie es leider nicht in aller gebotenen Deutlichkeit ausformuliert.
    :daemlich

    Dafür spricht doch auch die Tatsache, dass von beiden Seiten die Einigungsgebühr geltend gemacht wird.

    Mein Fazit:
    Einigungsgebühr entsprechend der Kostenregelung festsetzen!
    :klugschei

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich stimme Ulf zu. § 98 wird bei uns auch gerne mal vergessen und dann dürfen wir uns mit ähnlichen Auslegungsfragen amüsieren.
    Im geschilderten Fall würde ich die Einigungsgebühren daher auch berücksichtigen. Wenn Du Dir aber immer noch unsicher bist, legs Deinem Richter nochmal vor.

  • Hallo

    Erstmal Danke für eure Hilfe. Ich habe es jetzt erstmal dem zuständigen Dezernenten vorgelegt. Ich werde dann berichten, was dieser gesagt hat.

  • Das Problem existiert wohl quer durch die Gerichte:

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3, der Bekl. zu 2/3 (meint: Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs...).

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte (meint: einschließlich der Kosten des Vergleichs...).

    In diesen Fällen ist die Einigungsgebühr regelmäßig mit von der Partie, es sei denn, es ist ausdrücklich etwas anderes entnehmbar. Da fackele ich auch nicht lange. Allerdings ist die Vorlage an d. Abt.Richter(in) schon zum Zwecke des Lerneffekts und wegen der Absicherung von Vorteil. Mittlerweile habe ich die Vergleichskosten fast immer separat ausgeworfen in den Kostengrundentscheidungen.
    Ansonsten stimme ich stolli und Ulf ebenfalls voll zu! [Blockierte Grafik: http://www.schildersmilies.de/schilder/genau.gif]

  • Ich habe die Akte jetzt vom Dez. wiederbekommen. Dieser hat festgestellt, dass die Vergleichskosten laut Protokoll nicht erfasst sind. Daher werde ich mich an § 98 ZPO halten. Dann kommt bestimmt die Erinnerung. Wenn die Sache abgeschlossen ist werde ich das Ergebnis dann bekanntgeben.

    Bis dann

  • Ich will ja nicht an dem Dez. mäkeln, aber die Feststellung ist ja nix Neues. Klar sind sie lt. Protokoll nicht erfasst. Das ist ja aber auch nicht die Frage. Die Frage ist, was die Parteien wollten. Insoweit ist der Vergleich auslegungsfähig und IMHO auslegungspflichtig. Schließlich ist es eine Kostenregelung und keine -entscheidung (des Gerichts). Mich beschleicht manchmal das Gefühl, dass der eine oder andere Richter -aber ebenso natürlich die Parteien- nicht die Konsequenzen mangelnder präziser Vergleichsformulierung bedenken (gerade im Hinblick auf eine anschließende Vollstreckung - wie oft habe ich schon eine Klauselerteilung abgelehnt mangels vollstreckungsfähigem Inhalt). Ich finde die Feststellung des Dez. ist weder Fisch noch Fleisch (und vermutlich wollte er auch nicht mehr dazu feststellen).

  • Vermutlich ist dem Dez. auch gar nicht bekannt, ob die Parteien die Vergleichskosten mit regeln wollten. Daher ist seine Meinung doch ohnehin irrrelevant (blöde Rechtschreibreform!). Wenn beide Parteien übereinstimmend sagen, die Regelung sollte sich auch auf die Vergleichskosten beziehen, was will man mehr!?

    Na gut, warten wir mal ab, was passiert.
    :cup:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat von Ulf

    Na gut, warten wir mal ab, was passiert.
    :cup:



    Da bin ich auch mal neugierig.
    Irgendwie hätte der Dez. doch aber wissen müssen, was die Parteien gewollt haben. Das kann ich nicht so recht nachvollziehen. In Zweifelsfällen habe ich vom zuständigen Ri. immer klare Auskunft erhalten. Vielfach wird die Regelung der Vergleichskosten einfach vergessen (ähnlich wie bei § 281 ZPO, der auch immer unterschlagen wird).

    @ Ulf:

    Schreibt man irrelevant jetzt tatsächlich mit 3 r? Ich könnte schon wieder mal [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/midi/ekelig/h035.gif

  • Zitat von dreizehn


    Schreibt man irrelevant jetzt tatsächlich mit 3 r? Ich könnte schon wieder mal [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/midi/ekelig/h035.gif


    Die Rechtschreibreform ist eh irrelevant (hat sich nicht geändert). Ich bleibe bei der alten Schreibweise (in spätestens zwei Jahren schreibt Ihr auch alle wieder so. ß bzw. ss steht ja auch schon auf dem Prüfstand)

  • Das ist ohnehin alles ein Schwachmatismus! Mein Filius bekommt das am eigenen Leibe zu spüren wie oft wie viel alle Nase lang geändert wird. Zurzeit (auch so ein beklopptes Reformwort) ist man dabei, wieder einige Regeln rückgängig zu machen. Dass das "ß" dabei sein soll, wusste ich noch gar nicht.
    Wenn ich dann überlege, dass für solche Leistungen auch noch Leute befördert werden, könnte ich schon wieder - siehe oben...

    Niemand anderes in Europa kann sich so an Nebensächlichkeiten hochziehen wie der Deutsche - daher sind wir auch wieder mal mit Abstand Letzter in den aktuellen Listen zur Wirtschaftsentwicklung etc. . Es lebe die Reform der Reform der Reform der ...

  • Irrelevant = in-relevant (wie in-kompetent, in-direkt), sprachlich ist das in- dann an das nachfolgende r von relevant angeglichen. Daher nach wie nur zwei "r". Daran wird voraussichtlich keine Reform oder Reformenreform etwas ändern.

    Ich weiß, off topic...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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