Unwiderruflichkeit einer Vollmacht

  • Hallo !

    Ich hab etwas zu entscheiden. Vielleicht kann mir ja jemand helfen.

    Folgendes zu passiert (in groben Zügen):
    Es wird ein recht teures Grundstück wird verkauft. In dem Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer werden eigentlich alle zum Vollzug des Vertrages notwendigen Erklärungen (Eintragung der Vormerkung, Auflassung, Zustimmung zu eventuellen Löschungen, Löschung der Vormerkung bei Eigentumsumschreibung) abgegeben.
    Für die Notarangestellten wird eine recht weitreichende Vollmacht für notwendige Erklärungen zur Abwicklung des Vertrages erteilt (von Unwiderruflichkeit kein Wort).
    Auf Antrag des Notars wurde die Eigentumsübertragungsvormerkung eingetragen.
    So schön, so gut. Alles total normal. :)

    Denkste ! Der Käufer bewohnt das Haus (räumt es aus) und zahlt nicht :teufel: . Es geht dann drunter und drüber zwischen Verkäufer und Käufer. Das ganze geht durch die Presse. Eine Tages ruft die KriPo bei mir an -persönlich bekannt- und fragt, wie daß denn nun im Grundbuch steht (Wer ist Eigentümer ? usw.). Nebenbei erfahre ich, daß der liebe Käufer die Vollmachten im Vertrag widerrufen haben soll.

    Ein paar Tage später erhalte ich vom Notar den Antrag auf Löschung der Vormerkung (Rückabwicklung). Die Löschungsbewilligung wurde von der bevollmächtigten Notarsangestellten abgegeben.
    Ich teilte den Notar nun mit, daß ich Zweifel an der Vollmacht habe und bat ihn um Vollmachtsbestätigung durch den Käufer.

    Nun ist der Notar der Auffassung, daß es sich bei der erteilten Vollmacht stillschweigend um eine unwiderrufliche Vollmacht handelt.

    Kann das sein ? Mal so ins Blaue gefragt :D !

  • Zitat von FOLIA-Jens

    Für die Notarangestellten wird eine recht weitreichende Vollmacht für notwendige Erklärungen zur Abwicklung des Vertrages erteilt


    Unabhängig von Widerrufsfragen dient die Löschung der Auflassungsvormerkung nicht der Vertragsdurchführung. Ich würde aus diesem Grund schon nicht löschen, es sei denn es ist ausdrücklich auch Vollmacht zur Löschung der Auflassungsvormerkung erteilt.

  • Zitat von Stefan

    Unabhängig von Widerrufsfragen dient die Löschung der Auflassungsvormerkung nicht der Vertragsdurchführung. Ich würde aus diesem Grund schon nicht löschen, es sei denn es ist ausdrücklich auch Vollmacht zur Löschung der Auflassungsvormerkung erteilt.

    Hallo,

    ich stimme Stefan in vollem Umfang zu: wenn sich die Vollmacht nicht ausdrücklich auch auf die Löschung der Auflassungsvormerkung bezieht, kann die Notarangestellte den Antrag nicht wirksam stellen.


    Gruß HansD

  • Zitat von FOLIA-Jens

    Nun ist der Notar der Auffassung, daß es sich bei der erteilten Vollmacht stillschweigend um eine unwiderrufliche Vollmacht handelt.
    Kann das sein ? Mal so ins Blaue gefragt :D !



    der inhalt der vollmacht ist natürlich, wie jedes schriftlich festgehaltene rechtsgeschäft, auslegungsfähig. kommt also auf den wortlaut an. da es zu den amtspflichten des notars gehört, den willen der parteien zu erforschen und klar und unweideutig zu formulieren, dürften bei beurkundeten erklärungen einigermaßen strenge anforderungen zu stellen sein. da widerruflichkeit die gesetzlich vorgesehene regel und unwiderruflichkeit die ausnahme ist, wird sich die unwiderruflichkeit wohl nicht ergeben.

    heftig finde ich es allerdings, als GBA aufgrund vom bloßen hörensagen bekannter angeblicher tatsachen die wirksamkeit der vollmacht anzuzweifeln. dafür besteht überhaupt kein anlaß, solange die vollmachtsurkunde beim GBA vorliegt. da das notariat die vollmacht nach wie vor ausübt, ist ja ganz offensichtlich auch dort kein widerruf erfolgt.

    wenn nun das notariat die löschung der AV beantragt, dann ist rücktritt vom vertrag erfolgt und eh kein zu sichernder anspruch des käufers mehr da und die löschung nur grundbuchberichtigung. dafür, dass der rücktritt erfolgt ist und die AV löschungsreif ist, haften notar und notarangestellte (letztere im innenverhältnis zum vollmachtgeber). vor diesem sollte man es als GBA mit den anforderungen an die vollmacht m. E. nicht übertreiben. das einzige ergebnis wäre nämlich, dass der geprellte verkäufer noch teuer auf abgabe einer löschungsbewilligung klagen muss.

  • Hallo

    Und unter normalen Umständen hätte ich die Vollmacht auch nicht angzweifelt.
    Aber das Ganze ist nicht normal. Käufer und Verkäufer sind anwaltlich vertreten, und in welcher Grundbuchsache ruft schon die Kripo an und fragt nach dem Stand der Sache.
    Im übrigen will ich mich nach der Löschung nicht damit befassen, was ich gewußt habe. Unangenhme Fragen kommen nämlich, wenn man nicht aufpaßt. (Die kommen sowieso :gruebel: )

    Letzendlich wurde im Rahmen der Aufklärungsverfügung höflichst nach dem Stand der Vollmacht gefragt. Man kennt sich ja.
    Dabei sagte der Notar eben nicht: "Alles in Ordnung ! Keine Probleme, ganz normale Rückabwicklung !" Sondern kam damit, daß es sich um eine stillschweigende unwiderrufliche Vollmacht handelt, die der Käufer eben nicht widerrufen konnte.

    Kann das sein ?

  • also die stillschweigend unwiderrufliche vollmacht wird sich, wie gesagt, bei beurkundeten erklärungen regelmäßig nicht durch auslegung ergeben.

    andererseits hättest du als GBA m. E. nicht ohne konkrete anhaltspunkte zwischenverfügen dürfen. denn dann hättest du keine kenntnis von irgendwelchen umständen offenbart und die haftung wäre schön da geblieben, wo sie in diesem fall hingehört, nämlich beim notar, der die vollmacht ausüben lässt. jetzt hast du erst was losgetreten und dir selbst n problem gezimmert.

    vorschlag: mach ne löschungsankündigung an verkäufer und anwaltlich vertretenen käufer mit frist zu stellungnahme. wenn nix vom käufer kommt, raus mit der vormerkung.

    der begriff der "durchführung" in der vollmacht lässt m. E. durchaus auch die auslegung zu, dass damit auch die durchführung der rückabwicklung fällt. denn durchgeführt ist ein KV erst dann, wenn er engültig erledigt ist, in die eine oder andere richtung.

  • Zitat von FOLIA-Jens

    daß es sich um eine stillschweigende unwiderrufliche Vollmacht handelt, die der Käufer eben nicht widerrufen konnte.
    Kann das sein ?


    Auch unwiderruflich erteilte Vollmachten kann man m.E. aus wichtigem Grund widerrufen.

  • Meines Erachtens...
    ...ist die Vollmacht nicht unwiderruflich; eine solche Vollmacht an die Notarangestellten hat regelmäßig den Sinn, dem Vollmachtgeber weitere Besuche des Notariats zu ersparen; damit ist sie ausschließlich im Interesse des Vollmachtsgebers erteilt, was die Unwiderruflichkeit ausschließt (Palandt/Heinrichs § 168 BGB Rn. 6 gegen Ende)...
    ...und außerdem vom Rechtspfleger schon zu beachten, dass sie widerrufen sein könnte; die Vollmacht wurde, wenn ich das richtig verstanden habe, im Vertrag zwischen Käufer und Verkäufer erteilt. Da diese Urkunde noch lange Zeit beim Notar formgerecht (im Original) vorliegen wird, der sonst mögliche Einzug der Ausfertigung hier also gar nicht möglich ist, kann sich der Notar nicht darauf berufen, die Vollmacht läge ihm noch vor. Außerdem kann selbst dann, wenn eine Ausfertigung der Vollmacht im Rechtsverkehr ist, sich nicht darauf berufen, wer das Erlöschen der Vollmacht kennt oder kennen muss (folgt aus § 173 BGB).
    Nach herrschender Ansicht hat das Grundbuchamt in freier Beweiswürdigung festzustellen, ob eine Vollmacht fortbesteht (Demharter § 19 Rn. 80; Schöner/Stöber HRP Rn. 3581; Bauer/von Oefele/Knothe GBO § 29 Rn. 23; Meikel/Brambring GBO § 29 Rn. 56). Dabei spielen die Rechtsscheinstatbestände der §§ 170 ff. BGB zwar eine Rolle, aber nicht die alleinige. Vielmehr kann das Grundbuchamt alles heranziehen, was es (auch zufällig) erfährt. Der Widerruf muss nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Beim Auftreten berechtigter Zweifel muss das Grundbuchamt vom Antragsteller den Nachweis des Fortbestands der Vollmacht verlangen (Demharter aaO; Bauer/von Oefele/Knothe aaO). Streiten könnte man hier höchstens über die Berechtigung der Zweifel. Liegen allerdings besondere, auf die Möglichkeit des erfolgten Widerrufs der Vollmacht hinweisende Umstände vor, so kann ein weiterer Nachweis über den Fortbestand der Vollmacht verlangt werden (Meikel/Brambring aaO). Ich jedenfalls hätte da meine Zweifel und würde eine Vollmachtsbestätigung verlangen.
    Auf die Auslegung, was die Vertragsdurchführung ist, kommt es dabei gar nicht mehr an; ich habe allerdings Bedenken, unter Durchführung auch die Rückabwicklung zu verstehen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Andreas
    da wird einem ja ganz schwindlich vor zitierten kommentarstellen. ich gebe zu bedenken, dass sich die eigene einzelfallbezogene auslegung als rechtsanwender damit nicht ersetzen lässt.

    ob z.b. der anruf von nem polizeibeamten "besondere auf die möglichkeit des erfolgten widerrufs hinweisende umstände" darstellt, wage ich zu bezweifeln, insbesondere, wenn er sich seinerseits erkundigt, wer überhaupt als eigentümer im grundbuch steht.

  • @oL

    Ich gebe Dir Recht, wenn Du sagst, dass Kommentarstellen nicht einfach die einzelfallbezogene Auslegung ersetzen (sie können allerdings auch da Anhaltspunkte geben, nicht wahr?).

    Ich bilde mir allerdings bei der Lektüre meines Textes ein, dass sie das auch nicht tun. Sie belegen lediglich, dass das Grundbuchamt in freier Beweiswürdigung den Fortbestand der Vollmacht zu prüfen hat und dass bei Vorliegen berechtigter Zweifel hieran weitere Nachweise gefordert werden können/müssen.

    § 173 BGB macht keinen Unterschied, woher ich vom (auch nur möglichen) Erlöschen weiß ("Kennenmüssen"). Im privaten Rechtsverkehr tue ich in einem solchen Fall also gut daran, mich vom Fortbestand der Vollmacht zu überzeugen. Mir leuchtet nicht ein, warum insoweit für das Grundbuchamt andere Anforderungen gelten sollen.

    Ob FOLIA-Jens so berechtigte Zweifel am Fortbestand der Vollmacht hat, muss er selbst entscheiden. Ich jedenfalls hätte sie bei der geschilderten Lage, ich sagte es schon.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • eine frage bleibt aber: wem gegenüber soll denn überhaupt der widerruf erfolgt sein, wenn niemand davon weiss?

    wenn dem notar oder dem bevollmächtigten ein widerruf bekannt wäre, würden sie die vollmacht schon aus haftungsgründen nicht mehr ausüben, wäre auch amtspflichtverletzung des notars. und dem grundbuchamt ist auch kein widerruf zugegangen. also ein widerruf, der keinem der beteiligten der vollmachtserteilung zugegangen ist?

    soll doch der notar amtlich bestätigen, dass die vollmacht ihm bzw. dem bevollmächtigten gegenüber nicht widerrufen wurde.

  • Ohne genaue Kenntnis des Falles etwas schwierig zu behaupten, aber auch mit den von Andreas genannten Kommentarstellen hätte ich doch Zweifel, ob die Bedenken an der Vollmacht für ein Nachhaken beim Notar ausreichen.

    Im Zweifel ist doch wohl vom Fortbestand der Vollmacht auszugehen und die Zweifel vom Hören-Sagen, auch wenns die Kripo ist, sind doch eher auf dünnem Eis.

    Bis oLs Einwand, die Vollmachten bezögen auf die Abwicklung insgesamt, egal in welche Richtung, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, Vollmachten auch für die Rückabwicklung als geltend anzusehen. Wenn die Rückabwicklung bei Nichtzahlung des Kaufpreises im Vertrag genau geregelt ist, könnte natürlich auch die Vollmacht die Rückabwicklung abdecken. Aber grundsätzlich schliesst man Kaufverträge tendeziell eher nicht, um sie nicht durchzuführen :teufel:

  • Die Vollmacht wurde tatsächlich widerrufen. Das steht fest (was immer das bei Juristen heißt).
    Eine Rückabwicklung (das Wieso, Wann und Wie) wurde im Vertrag nicht geregelt. Wieso auch, denn man schließt einen Vertrag um ihn zu vollziehen !
    Ich denke mir, dass Andreas Recht hat (trotz der vielen Kommentarstellen).

  • Zitat von FOLIA-Jens

    Eine Rückabwicklung wurde im Vertrag nicht geregelt. Wieso auch, denn man schließt einen Vertrag um ihn zu vollziehen



    bei grössvervolumigen verträgen im mio.-bereich finden sich recht häufig rückabwicklungsklauseln mit vollmachten für die notariatsangestellten zur löschung der AV.

    wie kam denn nun der widerruf ans licht?

  • Hallo,

    eine FAX-Kopie des Widerrufes wurde mir zugesandt.

    Hinsichtlich Rückabwicklungsklauseln macht das wohl jeder Notar anders. Ich habe schon viele gelesen und auch abgewickelt (immer mit unwideruflicher Vollmacht oder schon abgegebener Löschungsbewilligung -mit Notarauftrag-).
    Es gibt ja so viele Möglichkeiten, aber hier fehlt es daran. Warum auch, man war sich doch einig. Hups, der Käufer zahlt nicht. Wass nun ?!:confused:

    Jetzt wieder zur Frage: Kann eine Vollmacht für eine Notariatsangestellte für die Rückabwicklung unwiderruflich sein, obwohl dies nicht vereinbart ist und auch es auch keine Regelung hinsichtlich der Rückabwicklung gibt.

    Ich suche Argumente !

  • Siehe #8 am Anfang

    Wenn überdies eine unwiderrufliche Vollmacht auch widerrufen werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs BGB § 168 Rn. 6 a.E.) - warum sollst Du Dir den Schuh anziehen und behaupten, sie sei unwiderruflich?

    M. E. deckt die Vollmacht weder die Rückabwicklung ab (vgl. auch "Auslegung einer Vollmacht", #6), noch ist sie unwiderruflich, ergo mittlerweile erloschen. Mag sich die Beschwerdekammer damit herumschlagen!

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Mit der Problematik des Widerrufs einer Vollmacht hatte ich auch bereits zu tun. Zum Sachverhalt: Der Verkäufer (äußerst kompliziert und nicht - vorsichtig formuliert - sauber) widerrief die mir erteilte Vollmacht für diverse Kaufvertragsangelegenheiten. Dies wurde dem Amtsgericht auch vom Verkäufer mitgeteilt.

    Es stellt sich die Frage, ob Vollmachten, die in Kaufvertragsurkunden erteilt werden, überhaupt widerrufen werden können.

    Zumindest nach der damaligen Rechtsprechung (etwa in den Jahren 1995 - 1997) musste man dies verneinen.

    Seinerzeit erfolgte sowohl eine Überprüfung dieser Frage im Notariatsbüro als auch durch das zuständige Amtsgericht.

    Bei Abwicklungsvollmachten handelt es sich um sogenannte Spezialvollmachten, die - zumindest nach dem damaligen Rechtsprechungsstand - nicht ohne Weiteres widerrufen werden konnten.

    Ein Widerruf war danach nur zulässig, wenn sämtliche Vertragsparteien den Widerruf erklären.

    Die hier zitierte Rechtsprechung müsste dahingehend überprüft werden, ob diese sich über derartige Fälle verhält oder ob es sich um eine allgemeine Rechtsprechung handelt, die auf die Erteilung von Mitarbeitervollmachten zur Abgabe von Willenserklärungen etc. überhaupt Anwendung findet.

    Grundsätzlich gilt nach der damaligen Rechtsprechung: Vollmachten zur Abwicklung von Kaufverträgen können nicht einseitig widerrufen werden. Diese dienen dem Schutz sämtlicher Vertragsparteien.

    Inwieweit ergänzend derartige Vollmachten zur Löschung von Auflassungsvormerkungen, die nicht dem Vertragsvollzug dienen, ausreichen, ist eine andere Frage, die nichts mit dem Widerruf von Vollmachten zu tun hat. Hier ist vielmehr zu prüfen: Reicht die erteilte Mitarbeitervollmacht aus, um die Löschung der Auflassungsvormerkung wegen Nichtdurchführung des Vertrages zu bewirken?????:oops: :teufel:

  • Zitat von Joachim

    Zumindest nach der damaligen Rechtsprechung (etwa in den Jahren 1995 - 1997) musste man dies verneinen.



    von dieser legendären rechtsprechung in den jahren ´95-´97 hab ich noch nie was gehört.

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