Vereinfachtes Verfahren trotz Vergleich möglich?

  • Ich habe vertretungsweise ein etwas schräges Vereinfachtes Unterhaltsverfahren auf dem Tisch:

    Das Jugendamt beantragt als Beistand ab 01.06.05 die Festsetzung im Vereinfachten Verfahren.

    Dem Antrag beigefügt ist ein gerichtlicher Vergleich. Im Protokoll heisst es sinngemäß:

    "Der Vorsitzende rät zu einer vergleichsweise Regelung und schlägt als monatlichen Kindesunterhalt 150 € vor. Der Vergleich sollte nach seiner Meinung für einen bestimmten Zeitraum gelten, nach dessen Ablauf der Kläger erneut Auskunft über sein Vermögen zu erteilen hat.

    Nach Erörterung blabla wird folgender Vergleich geschlossen:

    1. Der Kläger verpflichet sich, mit dem 01.07.04 für die Tochter XY einen Unterhalt in Höhe von 150 € monatlich zu zahlen.

    2. Er verpflichtet sich darüber hinaus, bis Ende Mai 2005 Auskunft über sein Einkommen zu erteilen. Aufgrund dieser Auskunft soll dann der Unterhalt neu berechnet werden."

    Das JA steht auf dem Standpunkt, dass der Vergleich bis 31.05.2005 befristet ist, es also für die Zeit ab 01.06.05 ein VV beantragen kann. Der Antragsgegner hingegen beantragt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Es könne keine Rede davon sein, dass durch die avisierte Neuberechnung der Vergleich "ausgelaufen" sei. Der Vergleich sei nicht befristet, sondern die 150 € seien bis zu einer Neuberechung einfach weiter zu zahlen.

    Und nun?

  • Der Vergleich wurde hier unbefristet abgeschlossen, ganz egal was der Richter vorher vorgeschlagen hat. Ansonsten müsste es heißen:

    1. Der Kläger verpflichet sich, mit dem 01.07.04 für die Tochter XY einen Unterhalt in Höhe von 150 € monatlich zu zahlen. Die Zahlungspflicht endet mit Ablauf des 31.05.05.

    ...

    Und selbst wenn der Titel bis zum 31.05.05 befristet wäre, greift § 645 Abs. 2 ZPO trotzdem. Es wurde vor Antragstellung ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet. Alleine das zählt. Auf den Inhalt des Titels kommt es nicht an. Das VV ist ein sehr formelles Verfahren, in dem eine inhaltliche Prüfung der Unterhaltspflicht nicht erfolgen darf. Von daher darf auch nur das Bestehen eines Titels geprüft werden. Die inhaltliche Prüfung hat hier ausschließlich im Wege der Abänderungsklage zu erfolgen. Pech für das Jugendamt.

  • Ich sehe es so wie Manfred bzw. der Antragsgegner im geschilderten Fall. :daumenrau

    Aus meiner Sicht ergibt sich aus der Formulierung nicht, dass der Vergleich befristet sein soll.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Danke für die Meinungen; so habs dann auch entschieden und zusätzlich noch ausgeführt:

    Ziffer 2 sagt lediglich aus, dass für die Zeit ab 01.07.2005 ggf. bei Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners eine Abänderung möglich ist. Dies wird auch deutlich durch die Formulierung „darüber hinaus“, die nur als „zusätzlich (zu Ziffer 1.)“ zu lesen ist.

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