Betreuerverpflichtung


  • Es gibt ja zB auch Kollegen, die bei einer vorläufigen Betreuung nicht verpflichten, sondern erst wenn eine endgültige Betreuung eingerichtet wird. Dafür ist kein Raum!

    Also bei vorläufigen Betreuungen bin ich auch etwas zurückhaltend. Meist kommen die Dinger vom Krankenhaus und die Klinik regt nur das an, was sie selbst brauchen (Gesundheitsfürsorge und mit viel Glück noch Aufenthaltsbestimmung für die Fixierungen). Ein bis zwei Wochen später kommt dann der Antrag auf Erweiterung der vorläufigen Betreuung, da man sich nun auch mit der Krankenkasse und der Bank auseinandersetzen muss.

    Ich warte daher mit der Bestimmung eines Verpflichtungstermins etwas, bis klar ist, welche Aufgabenkreises nun tatsächlich angeordnet werden. Sonst habe ich nur unnötige Nachverpflichtungen.

  • Ich stelle mir gerade die Frage der Notwendigkeit einer persönlichen Verpflichtung von ehrenamtlichen Betreuern, die (lediglich) den AK der Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung - also die reine Personensorge - innehaben. Ist eine persönliche Verpflichtung und Übergabe des Ausweises in diesen Fällen tatsächlich erforderlich? Pragmatisch gedacht, halte ich das für relativ sinnlos, da im Verpflichtungstermin eigentlich nicht wirklich etwas sinnvolles mitgeteilt werden kann.

    Wie wird das anderswo gehandhabt?

    Sinnlos oder nicht. § 289 Absatz 1 FamFG ist eindeutig. Verpflichtung ist zwingend und wird hier auch immer gemacht.
    ...

    Strenggenommen steht im § 289 Absatz 1 FamFG "wird mündlich verpflichtet".
    Also müsste das auch telefonisch möglich sein, wie von Asgoth praktiziert, oder etwa nicht? :gruebel:

  • Die Kommentierung ist sich da scheinbar aber einig, daß mündlich eben nicht fernmündlich ist. Mündlich heißt da immer auch persönliches Erscheinen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Nach Ansicht des Kammergerichts (Rpfleger 1995, 68 = FamRZ 1994, 1600 = FGPrax 1995, 53) genügt eine fernmündliche Verpflichtung nicht. Daran sollte sich durch die im Zuge des Inkrafttreten des FamFG erfolgte Neufassung der Norm nichts geändert haben.

    Aber wie gesagt: Keine Wirksamkeitsvoraussetzung, weil § 1789 BGB in § 1908i BGB nicht in Bezug genommen ist (statt vieler: BayObLG FamRZ 1993, 602; Bestelmeyer FamRZ 2011, 950, 951).

  • Ich hab es während Corona auch so gehandhabt, dass ich nur telefoniert habe. Anschließend habe ich das, was normalerweise im Verpflichtungsprotokoll steht und das, was ich standardmäßig erzähle, in ein recht ausführliches Schreiben gepackt und zusammen mit Ausweis und Merkblättern hingeschickt. Ich handhabe das teilweise jetzt noch so, insbesondere bei älteren Menschen, die nicht oder nur ungern kommen wollen oder bei Angehörigen von Corona-Patienten.

    Nachdem ich jetzt die Kommentierung zum §289 FamFG gelesen habe, muss ich das aber nochmal überdenken...

  • Sehr interessant das alles.

    Mal anders herum gefragt. Was erzählt ihr denn den Betreuern in diesen Fällen während des Verpflichtungsgespräches - vor allem, wenn sie von sich aus keine Fragen stellen?

    Wir haben - zumindest hier in Sachsen - eine schöne, ausführliche, fast 40-seitige Broschüre ("Wegweiser für ehrenamtliche Betreuer"). Ich würde in den angesprochenen Fällen dann nichts anderes machen, als dem Betreuer das vorzulesen, was über diese Aufgabenkreise bereits in der Broschüre steht... :gruebel:

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Nun ja, man bespricht die persönlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse des Betroffenen (innerhalb der Verwandtschaft in aller Regel auch ohne vorherige Ermittlungen bekannt) und erläutert, wie man sich die jährlichen Berichte und Vermögensübersichten (bzw. Rechnungslegungen beim nicht befreiten Personenkreis) vorstellt, weil das jeder Rechtspfleger ein wenig anders handhabt - usw. usf. etc. pp. je nach Sachlage. Außerdem hat das Gericht für den Betreuer dann ein "Gesicht" und man begegnet ihm künftig nicht nur aus der Anonymität heraus.

  • Gerade bei den ehrenamtlichen Betreuern bin ich nochmal über das Wesen der Betreuung (rechtl. Vertretung und nicht tatsächliche Einkaufserledigungen) und die entsprechenden Besonderheiten der Aufgabenkreise (wie Genehmigungsbedürfnisse) eingegangen. Wie und wann ich meinen Bericht haben will und das sie Ihre Aufwandspauschale richtig abrechnen bzw. wenn Sie Einzelkosten haben, wie sie die von Anfang an gut dokumentieren.

    Musst das ja auch nicht auf eine Stunde auswälzen. Bisher hatte ich da immer ganz dankbare Gegenüber.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Oder mein 83-jähriger, der seine 85-jährige Schwester zu betreuen hatte. Dem hat man dann bei der Spaßkass auch noch versucht eine Geldanlage anzudrehen, bei der Schwesterchen noch 7 Jahre hätte leben müssen, damit sie ihr eingezahltes Kapital wieder raus bekäme.:daumenrun Sicher nicht der zu verallgemeinernde Regelfall in der Vermögensberatung, aber erwähnenswert allemal.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Ich habe sonst immer persönlich verpflichtet, auch direkt bei der vorläufigen Betreuung.
    Seit Corona gibt es bei mir immer erst mal das folgende Schreiben:

    In pp hat das Betreuungsgericht Sie mit Beschluss vom __________ zum Betreuer bestellt.
    Die Betreuerbestellung ist unter der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit erfolgt. Sie ist durch die Übergabe an die Geschäftsstelle des Betreuungsgerichts am ____________ wirksam geworden.
    Grundsätzlich bedarf es einer persönlichen Vorsprache beim Betreuungsgericht zur Verpflichtung als Betreuer.
    Gemäß der Kommentierung Horndasch/Viefhues/Beermann, § 289 Rn. 3 FamFG, genügt in einfach gelagerten Fällen jedoch eine telefonische Verpflichtung.
    Beigefügt erhalten Sie vorab Ihren Betreuerausweis sowie die nachfolgend genannten Unterlagen:
    - Merkblatt für Betreuer
    - Merkblatt über Haftpflichtversicherungsschutz
    - Merkblatt über Aufwandsentschädigung und Antragsformular
    - Vermögensverzeichnis zum Stichtag _________
    Es wird gebeten, sich mit dem Inhalt der Merkblätter vertraut zu machen.
    Auf die Notwendigkeit eventueller betreuungsgerichtlicher Genehmigungen wird hingewiesen.
    Es wird gebeten, das anliegende Vermögensverzeichnis zum Stichtag ___________ vollständig ausgefüllt und unterschrieben binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens einzureichen. Bitte fügen Sie Sparbuchkopien und Kopien der Kontoauszüge bei Übernahme der Vermögenssorge oder eine vollständige Kontenübersicht der Bank bei.
    Weiterhin erhalten Sie die folgenden Hinweise:

    1. Der Betreuerausweis ist bei Änderung des Aufgabenkreises oder bei Beendigung des Amts zurück zu geben.
    2. Sie sind verpflichtet, dem Gericht einmal jährlich einen Bericht über die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen zu erstatten.


    Sie werden gebeten, sich binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens telefonisch mit der zuständigen Rechtspflegerin in Verbindung zu setzen, um die weitere Vorgehensweise, insbesondere die vorzunehmende Verpflichtung, zu besprechen (Frau ________, Montag – Donnerstag, 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr, Telefon ________________).

    Das Schreiben gibt es in geringfügig abweichenden Varianten. Je nachdem wie das erste Telefonat verläuft, gibt es einen persönlichen Termin zur Verpflichtung oder einen Telefontermin.
    Hat sich bisher gut bewährt.


  • Nun gut, ich mag da etwas querulatorisch veranlagt sein - in jedem Fall mache ich ungern Dinge nur, weil irgendwo steht, dass ich sie machen muss.


    Ich möchte dir ja nicht zu nahe treten, aber du solltest dir diesen Satz noch einmal durch den Kopf gehen lassen und ihn mit der Tatsache vergleichen, dass auch du an Recht und Gesetz gebunden bist.
    Es gibt im Gesetz keine Ausnahme von der persönlichen Verpflichtung ehrenamtlicher Betreuer. Damit ist jede weitere Diskussion müßig.

  • Sehr interessant das alles.

    Mal anders herum gefragt. Was erzählt ihr denn den Betreuern in diesen Fällen während des Verpflichtungsgespräches - vor allem, wenn sie von sich aus keine Fragen stellen?

    Wir haben - zumindest hier in Sachsen - eine schöne, ausführliche, fast 40-seitige Broschüre ("Wegweiser für ehrenamtliche Betreuer"). Ich würde in den angesprochenen Fällen dann nichts anderes machen, als dem Betreuer das vorzulesen, was über diese Aufgabenkreise bereits in der Broschüre steht... :gruebel:

    Ich habe mir damals von Grisu ein schönes Verpflichtungsprotokoll geben lassen. Ich gehe auf das Allgemeine und die Besonderheiten bei den Genehmigungen ein, frage die Aufgabenkreise und die aktuelle Situation ab. Legitimationen erfolgt? Gab es Schwierigkeiten? Reicht der Aufgabenkreis? Hinweise auf Hilfen (ja, die Broschüre haben wir auch und schicken die auch fleißig raus … weiß der Fuchs, wer sie liest).

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.


  • Nun gut, ich mag da etwas querulatorisch veranlagt sein - in jedem Fall mache ich ungern Dinge nur, weil irgendwo steht, dass ich sie machen muss.


    Ich möchte dir ja nicht zu nahe treten, aber du solltest dir diesen Satz noch einmal durch den Kopf gehen lassen und ihn mit der Tatsache vergleichen, dass auch du an Recht und Gesetz gebunden bist.
    Es gibt im Gesetz keine Ausnahme von der persönlichen Verpflichtung ehrenamtlicher Betreuer. Damit ist jede weitere Diskussion müßig.

    Ganz richtig ist deine Aussage allerdings nicht.

    Das Gesetz trifft keine Aussage, dass der Betreuer zwingend zur persönlichen Verpflichtung zu laden ist. (Anders ist es bei Vormündern usw.)

    Allerdings ist es wohl ganz überwiegende Meinung in der Kommentierung, dass die Betreuerverpflichtung im persönlichen Gespräch erfolgen soll. Außer die 25 Jahre alte - von Cromwell genannte - Entscheidung des KG Berlin findet man dazu aber wohl keine Rechtsprechung.

    Zumindest damals hat Herr Bienwald eine abweichende Meinung vertreten, wie man der Entscheidung entnehmen kann:

    "Daraus, daß die Bestimmung des § 1789 BGB , der die Verpflichtung des Vormundes regelt und der nach einhelliger Ansicht
    (vgl. MünchKomm/Schwab, BGB, 3. Aufl., § 1789 Rz. 5, Staudinger/Engler, BGB, 10./11. Aufl., § 1789 Rz. 4, jeweils m.w.N.; KGJ 38 A 41)
    eine persönliche Anwesenheit bei Gericht erfordert, im Betreuungsrecht nicht gilt, weil § 1789 BGB
    in der allgemeinen Verweisungsvorschrift des § 1908i BGB
    nicht genannt ist, kann entgegen der von Bienwald (Betreuungsrecht, § 69b FGG Rz. 6) vertretenen Ansicht nicht darauf geschlossen werden, die Verpflichtung eines Betreuers könne auch fernmündlich erfolgen."
    (FamRZ 1994, 1600, 1601)

    Ob Herr Bienwald immer noch anderer Ansicht ist? :gruebel: (Ich habe leider keinen Zugriff auf seinen Aufsatz: [FONT=&quot]Werner Bienwald, Zum Verzicht auf die Verpflichtung des Betreuers (§ 289 FamFG), RpflStud 2019, 7-8)[/FONT]


  • Ich finde den Keidel da in seiner Argumentation zu § 289 FamFG nachvollziehbar und richtig.

    Im Kern ging es mir aber auch um die Aussage "in jedem Fall mache ich ungern Dinge nur, weil irgendwo steht, dass ich sie machen muss".

    Das finde ich schlicht fragwürdig. Es steht nicht irgendwo, dass das Gespräch durchzuführen ist, sondern es ist normiert in § 289 FamFG und damit geltendes Recht. Ob nun persönlich, wie die herrschende Meinung es sieht oder auch telefonisch, wie zumindest partiell vertreten wird, darauf könnte man sich in Ausnahmesituationen wie Corona ja noch verständigen.

  • Die Corona-Pandemie dient nach meiner Einschätzung mitunter auch als bloßer Vorwand, um Dinge nicht zu tun, die man tun müsste, die man aber nicht (entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht derzeit) tun möchte. Ob das die Betreuerverpflichtungen im Anwendungsbereich des § 289 FamFG, die Vormunds-, Pfleger und Nachlasspflegerverpflichtungen im Anwendungsbereich des § 1789 BGB, die Weigerung zur Aufnahme von Erbscheinsanträgen (nebst Beurkundung der eV), die Weigerung im Hinblick auf die Vergabe von Terminen zwecks Erbausschlagung oder die Verweigerung der Testamentsrückgabe im Wohnumfeld des Testators betrifft, bleibt sich dabei einerlei.

    Ich halte dies für äußerst bedenklich Entwicklungen und werde dazu in meinem im Heft 11/2020 des Rpfleger erscheinenden jährlichen Erbrechtsübersichtsaufsatz auch entsprechend Stellung nehmen (betr. Erbausschlagung, Erbscheinsantrag, Testamentsrückgabe und Nachlasspflegerverpflichtung).

    Ich möchte ausdrücklich betonen, dass sich das Vorstehende nicht gegen jemanden in persona richtet. Mir geht es um die besagten bedenklichen Entwicklungen als solche, ohne dass es darauf ankommt, ob und wer sich an ihnen in welchen Rechtsgebieten und in welcher konkreten Ausprägung beteiligt.

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