Grunddienstbarkeit - Duldung Immissionen Landwirtschaft

  • Hallo zusammen, ich brauche mal bitte Mitdenker: Ich frage mich, ob ich eine Grunddienstbarkeit mit dem beantragten Inhalt so eintragen kann. Irgendwie finde ich dazu nichts oder das falsche - wobei mir irgendwie schon die richtigen Suchbegriffe fehlen.

    Das dienende Grundstück liegt in Ortsrandlage umgeben von Landwirtschaftsflächen und soll jetzt bebaut werden. Auf der anderen Straßenseite liegt das herrschende Grundstück, bebaut, offenbar eine landwirtschaftliche Hofstelle.
    Vom Inhalt her hat der Eigentümer des dienenden Grundstücks "etwaige von dem herrschenden Grundstück sowie von den von dort aus bewirtschafteten Flächen ausgehende Beeinträchtigungen, welche naturgemäß von einem landwirtschaftlichen Betrieb ausgehen, zu dulden".
    Mit dem unterstrichenen Teil habe ich ein Problem. Im Klartext heißt das ja, egal, was der Landwirt, der gerade Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem herrschenden Grundstücks ist, auf irgendeinem Grundstück, das im gehört oder das er gepachtet hat treibt, ist zu dulden, solange es für einen landwirtschaftlichen Betrieb normal ist.

    Kann man das Recht wirklich so weit fassen oder ist das inhaltlich zu unbestimmt?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Reichte es nicht aus, daß der Umfang des Rechts so genau beschrieben ist, daß er notfalls gerichtlich geklärt werden kann?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Reichte es nicht aus, daß der Umfang des Rechts so genau beschrieben ist, daß er notfalls gerichtlich geklärt werden kann?

    Das ist genau, was ich mich frage. Die Alternative wäre ja, dass zugunsten jedes potentiell "störenden" Grundstücks das Recht eingetragen würde.
    Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass so ein Fall noch nicht entschieden wurde. Ärgert mich, dass ich offenbar unfähig bin, was zu finden. Oder die Sache ist völlig eindeutig und das ist der Grund, warum ich nichts dazu finde. Beide Varianten gefallen mir nicht :D

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ohne weiter nachgelesen zu haben: Schöner/Stöber, 15. Aufl. Rz. 1137 Fn. 121?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ohne weiter nachgelesen zu haben: Schöner/Stöber, 15. Aufl. Rz. 1137 Fn. 121?

    Endlich komme ich dazu, mal in den Kommentar zu schauen. Mit der Fundstelle komme ich leider weder in die eine, noch in die andere Richtung weiter :(, aber trotzdem danke!
    Ich schaue nochmal rund und wenn ich weiterhin nichts finde, was dagegen spricht, trage ich ein.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Mit dem unterstrichenen Teil habe ich ein Problem. Im Klartext heißt das ja, egal, was der Landwirt, der gerade Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem herrschenden Grundstücks ist, auf irgendeinem Grundstück, das im gehört oder das er gepachtet hat treibt, ist zu dulden, solange es für einen landwirtschaftlichen Betrieb normal ist.


    Der unterstrichene Teil bezieht sich nicht auf das Was sondern nur auf das Wo! Es ist also mit dem unterstrichenen Teil lediglich gesagt, dass die Beeinträchtigungen nicht von der Hofstelle ausgehen müssen sondern auch z.B. von weiter entfernt liegenden Äckern.

    Ich hätte damit kein Problem.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der unterstrichene Teil bezieht sich nicht auf das Was sondern nur auf das Wo! Es ist also mit dem unterstrichenen Teil lediglich gesagt, dass die Beeinträchtigungen nicht von der Hofstelle ausgehen müssen sondern auch z.B. von weiter entfernt liegenden Äckern.

    Ich hätte damit kein Problem.

    Das Was ist aus meiner Sicht in der Tat unproblematisch - alle Beeinträchtigungen, die naturgemäß von einem landwirtschaftlichen Betrieb zu erwarten sind.
    Mein Problem ist, um mal ein Beispiel zu nennen, ob es für den Verzicht auf Abwehrrechte aus Geruchsbelästigung bestimmt genug ist, dass der Traktor vom herrschenden Grundstück aus auf irgendeine (beliebige)Wiese in der Umgebung gefahren ist, um dort die Gülle von Schweinebaron S. zu verklappen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wenn die Gülle auf einem Acker liegt, der vom herrschenden Hof aus bewirtschaftet wird, ist der Geruch zu dulden.

    Und was "bewirtschaften" bedeutet, ist im Landwirtschaftsrecht geregelt und kann ggf. durch das Lw-Gericht festgestellt werden.

    Ich verstehe nicht, was daran unbestimmt sein soll. :gruebel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Danke Dir!
    Wahrscheinlich ist es das Unbehagen, dass es zwar nur ein herrschendes Grundstück gibt, aber eine eine unbestimmte Vielzahl von tatsächlich "begünstigten" Grundstücken.
    Bei anderen Betrieben ist die Sache klar: da steht auf einem oder mehreren Grundstücken die Fabrik, da rauchen die Schornsteine, die Stahlhämmer machen Krach, die LKW fahren Tag und Nacht zum Tor raus. Man hat eine feste Betriebsstätte und kann gegenüber Immissionen, die von diesem Grundstück ausgehen, keine Abwehransprüche geltend machen.
    Bei der hier vorliegenden Konstellation wird die "störende" Betriebsstätte an beliebige Orte ausgelagert. Sie ist quasi mobil.
    Das scheint mir vergleichbar dazu, dass es (nur) ein herrschendes Grundstück gibt, auf dem eine Fabrik steht, aber die Immissionen aller anderen Werkstätten oder Betriebsstätten, die den Zwecken der Fabrik dienen, geduldet werden müssen.
    Wie gesagt, es verursacht mir Unbehagen und ich hätte gerne gelesen, dass dieser spezielle Fall schon mal irgendwo entscheiden worden wäre.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Hat es in dieser Sache irgendwelche neuen Erkenntnisse etc. gegeben?

    Hab auch so einen Fall: "...Einwirkungen...die von dem auf dem herrschenden Grundstück befindlichen landwirtschaftlichen Betrieb ausgehen und auf das dienende Grundstück einwirken....zu dulden. Dies gilt auch für Einwirkungen, die aufgrund der Bewirtschaftung von nicht zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen (z.B. zugepachtete oder sonst zur Bewirtschaftung überlassene Flächen)....."

    Hab nur im MüKo § 1019 RNr. 5 gefunden, dass bei einer späteren Erweiterung des Betriebs über die Grenzen des herrschenden Grundstücks hinaus, die Dienstbarkeit nicht zum Vorteil der weiteren Grundstücke ausgeübt werden darf.

    Ein Dritter oder der Eigentümer des dienenden Grundstücks kann doch aber auch jetzt schon den Umfang der Dienstbarkeit mangels Bestimmtheit der gepachteten Flächen nicht erkennen, oder?

  • Ich habe es seinerzeit, wenn auch mit einem Rest Unbehagen, eingetragen, deshalb von mir leider keine neuen Erkenntnisse.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die Entscheidungen hatten wir gefunden, aber es geht immer nur um die spätere Erweiterung des Umfangs und nicht um die ursprüngliche Eintragung des Rechts. Und der BGH lässt bei "einheitlich geführten Betrieben" auch Ausnahmen zu.

    In diese Richtung argumentiert jedenfalls der Notar (es geht nicht um die spätere Erweiterung oder Veränderung eines Betriebs). Solange die Immissionen nur betriebsbezogen sind, sei es egal, von welchem Grundstück sie ausgehen. Er zieht einen Vergleich mit Geh- und Fahrtrechten, bei denen man ja auch nicht wisse, welches Fahrzeug dem Berechtigten gehört oder nicht.

  • Dem BGH ging es doch aber nicht um die zeitliche Einordnung, sondern um den Umfang. Die Dienstbarkeit muß einen Vorteil für das herrschende Grundstück darstellen (§ 1019 BGB). Werden nachträglich weitere Grundstücke in die Benutzung einbezogen, bleibt der Umfang der Rechtsausübung unverändert auf den bisherigen Vorteil für das herrschenden Grundstück beschränkt. Oder anders: "Eine Begrenzung erfolgt vielmehr im Maß der Rechtsausübung, das sich nach dem Durchschnitt der früheren Belastung zu richten hat" (Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, BGB Sachenrecht, BGB § 1019 Rn. 20, beck-online). Damit sollte es auch schon anfänglich möglich sein, weitere Grundstücke einzubeziehen. Beim Umfang ist man dann bei den "einheitlich geführten Betrieben". Halte es mit dem Notar.

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