Anhörung Erben Erfüllung Vermächtnis

  • Ehegatten errichten ein notarielles Testament. In diesem bestimmen sie sich zu alleinigen Erben. Macht eines unserer Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil geltend, so soll es nach dem Längstlebenden ebenfalls den Pflichtteil erhalten. Ansonsten gibt es keine Regelung für den zweiten Todesfall im Hinblick auf die Erbeinsetzung. Kind T erhält nach dem Tod des Längstlebenden das Vermächtnis an Wohnung W. Im Testament erwähnen die Erblasser, die beiden Kinder T und S. Laut Nachlassakte sind keine weiteren Abkömmlinge bekannt.
    Beide Erblasser sind verstorben. Ein Erbnachweis gemäß § 35GBO nach V -dem zuletzt Verstorbenen liegt nicht vor.
    Nun handelt T aufgrund Generalvollmacht über den Tod hinaus für V und gleichzeitig für sich als Vermächtnisnehmerin und lässt das Eigentum an der Wohnung an sich auf. S wirkt am Vertrag nicht mit. Die Generalvollmacht ist in diesem Fall S gegenüber wirksam.

    Kann T für sich als selbst aufgrund der Vollmacht als Miterbin handeln oder ist nicht die Vollmacht über den Tod hinaus ihr gegenüber aufgrund Konfusion erloschen, so dass ich den Nachweis gemäß § 35 GBO (hier dürfte es Erbschein für gesetzliche Erbfolge werden) hinsichtlich ihrer Erbenposition brauche. Sie handelt dann als Miterbin.

    Ferne frage ich mich, ob ich den nicht beteiligten Erben rechtliches Gehör gewähren muss.

  • Du weißt also gar nicht, ob T Erbin des V geworden ist. Damit kannst Du doch auch keine Konfusion annehmen.
    Für mich ist es allerdings ein Widerspruch, daß T als Bevollmächtigte des V das Vermächtnis erfüllt, da das Vermächtnis nur durch die Erben des V erfüllt werden könnte, für die gerade nicht gehandelt wird.

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ja, das Vermächtnis kann nur von den Erben verlangt und eben auch nur durch diese -ggf. vertreten- erfüllt werden. Der Denkfehler von T liegt für mich darin, daß sie meint, das Vermächtnis könne von V erfüllt werden, den sie vertreten kann. Es wird aber erst nach dem Tod des V "fällig" und kann nur von seinen Erben erfüllt werden.

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  • ....Der Denkfehler von T liegt für mich darin, daß sie meint, das Vermächtnis könne von V erfüllt werden, den sie vertreten kann. ...

    Der transmortal Bevollmächtigte handelt nach dem Tod des Erblassers nicht mehr für diesen, sondern für die Erben.

    Das OLG München 34. Zivilsenat führt dazu im Beschluss vom 10.02.2022, 34 Wx 431/21,
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-11026?hl=true
    aus:

    „Mit dem Tod des Vollmachtgebers wandelt sich die transmortale Vollmacht in eine Vollmacht für die Erben um (§ 1922 BGB). Mit dem Erbfall erwirbt der Bevollmächtigte aufgrund der Ermächtigung der Erblasserin die Befugnis, innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung der Erben zu verfügen (BGH NJW 1983, 1487; OLG Celle DNotZ 2020, 672; Senat vom 15.6.2015, 34 Wx 513/13 = NZG 2015, 1024; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 16. Aufl. Rn. 3571; Hügel/Reetz V Rn. 48; Grüneberg/Weidlich BGB 81. Aufl. Einf. vor § 2197 Rn. 10). ….Der Bevollmächtigte muss weder die Erben namhaft machen, für die er handelt, noch die Zustimmung der Erben zu seinem Handeln einholen … Eine Nachforschungspflicht statuieren die §§ 170 bis 172 BGB gerade nicht. …Ergänzend ist anzumerken, dass die Vollmacht nicht deshalb durch Konfusion erloschen ist, weil - wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen - der Bevollmächtigte Miterbe ist. Soweit vertreten wird, dass die transmortale Vollmacht erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird (Senat vom 4.1.2017, 34 Wx 382/16 = FGPrax 2017, 65), mangelt es vorliegend bereits an einer Stellung des P.H. als Alleinerben.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Gut, halten wir fest: Konfusion kann nicht geprüft werden mangels nachgewiesener Erbenstellung, weshalb derzeit vom Bestand der Vollmacht auszugehen ist. T handelt damit für die Erben des V (obwohl sie ausdrücklich angibt, für V zu handeln) und kann damit die Auflassung erklären, wozu S nicht anzuhören ist, da er ja von T vertreten wird, so er Erbe sein sollte. Ist er kein Erbe, ist er ohnehin nicht anzuhören mangels Beteiligtenstellung. Ein mindestens gut vertretbares Ergebnis. Damit kann baffy eintragen.

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  • Was ich letztens mal so überlegt habe: Im Grunde läuft das ja schon irgendwo auf eine "anonyme" Auflassung hinaus. Kann das eigentlich im Hinblick auf die Finanzsanktionsliste wirklich im Sinne des Erfinders sein?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Das hast du aber bei anderen Auflassungen, wo die Erben nicht bekannt sind aber auch.

    Du denkst z.B. an Nachlasspflegschaften? Stimmt schon. Aber muss man die Zahl solcher Fälle auf "gewillkürter" Basis vergrößern?
    Ich glaube, das ganze Konstrukt widerstrebt mir einfach. Vergesst meinen Einwurf :)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich mag dieses Konstrukt auch nicht. Auch was alles für ein Aufwand betrieben wird, um die Kosten für den Erbschein zu sparen. Ich wünsche mit den gegenständlich beschränkten Erbschein zurück. Damit konnten -auch preislich- alle gut mit leben.

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