Gelöschte Hypothek wieder aufgelebt? (Sonderrecht neue Bundesländer)

  • Hallo Kollegen!

    Vor ein paar Tagen habe ich ein altes Grundbuchheft umgeschrieben auf SolumSTAR. In Abteilung II und III waren alle Rechte gerötet und jeweils auch mit Löschungsvermerken versehen. Möglicherweise naiv darauf vertrauend, habe ich daher auch keines der Rechte übernommen.

    Nach einer Grundbucheinsicht erhielt ich heute nun den Hinweis, dass eines der Rechte eigentlich noch bestehe und demzufolge bei Umschreibung hätte mitübernommen werden müssen. :alarm

    Bei dem Recht handelt es sich um eine "Darlehnshypothek" zu Gunsten der Deutschen Investitionsbank Berlin; eingetragen am 25.09.1951 unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 2 des Gesetzes über Entschuldung und Kredithilfe für Klein- und Mittelbauern vom 08.09.1950.

    Das Recht ist gerötet und mit folgendem Löschvermerk versehen:

    "Die unter laufender Nr. 4 verzeichnete Belastung wurde auf Grund des Gesetzes vom 4. Februar 1954 über die Entschuldung der Klein- und Mittelbauern beim Eintritt in Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft am 20. September 1960 gelöscht." Unterschrift

    Auf meine Nachfrage sagte mir eine Kollegin, dass derlei Rechte mit der Wiedervereinigung wieder aufgelebt seien. :schock:Huch!

    Kann mir hier vielleicht jemand mehr über die Rechtslage sagen und ggf. auch eine Rechtsquelle nennen? Auf diese vorbezeichneten Gesetze habe ich keinen Zugriff. Im Internet habe ich leider nur eine kostenpflichtige Download-Möglichkeit gefunden.

    Falls dem tatsächlich so sein sollte - wovon ich ausgehe -, müsste ich doch einen Amtswiderspruch gegen die Löschung des Rechts eintragen. Zu wessen Gunsten trage ich den aber ein? Deutsche Investitionsbank Berlin? Kreditanstalt für Wiederaufbau?

    Für ein paar Tipps, Anregungen, Hinweise oder sonstige hilfreichen Beiträge wäre ich sehr dankbar!

  • Das Problem hatte ich auch schon mal.
    Hier findest Du dazu schon mal ein bisschen.

    Ich glaub, ich hab das damals gelöscht. Gucke aber zu Hause auch gerne noch mal nach (vor allem wegen der Unterlagen).

    and the night is full of hunters
    (The Beauty of Gemina - Hunters)

    Einmal editiert, zuletzt von sumi-e (5. Oktober 2011 um 15:24)

  • Vielen Dank erst mal für die so schnelle Antwort!

    Also ist das gar kein "richtiger" Löschvermerk, sondern bloß ein sog. "Entschuldungsvermerk", der sozusagen für'n Hintern ist? Oder wie ist das zu verstehen? Das passt so gar nich in mein Weltbild und Grundbilderbuch! Das will ich nich! :motz:


    ... also Amtswiderspruch?

  • Auf meine Nachfrage sagte mir eine Kollegin, dass derlei Rechte mit der Wiedervereinigung wieder aufgelebt seien.

    Die Auskunft deiner Kollegin ist nicht ganz richtig. Die Rechte können unter bestimmten Umständen (hat das Grundbuchamt nicht zu interessieren) wieder aufleben.

    Kann mir hier vielleicht jemand mehr über die Rechtslage sagen und ggf. auch eine Rechtsquelle nennen?

    Das Datum des Gesetzes dürfte falsch sein. Den Gesetzestext selbst findet man im DDR-GBl. S. 224. Der Inhalt ist unwichtig, da nach BGB folgendes gilt:

    Der Löschungsvermerk verhindert gutgläubig lastenfreien Erwerb. Er wirkt wie ein Widerspruch i.S.d. § 892 BGB. Es gilt § 113 Abs. 1 Nr. 6 GBV. Die KfW bewilligt die endgültige Löschung des Rechts.

    Der Löschungsvermerk ist bei der Umschreibung von Grundbüchern mit zu übertragen.

    Bei deiner Fallgestaltung kommt es darauf an, ob das Recht wieder aufgelebt ist (unwarscheinlich) oder nicht. Diese Auskunft kann dir nur die KfW erteilen (falls du wirklich schlafende Hunde wecken willst).

  • Riesendank für diese klaren Ausführungen! Ich fühle mich ein wenig erhellt. :)

    Der Löschungsvermerk ist bei der Umschreibung von Grundbüchern mit zu übertragen.

    Ich hätte also diesen Löschungsvermerk allein mitübertragen müssen, das Recht selbst aber nicht? Das habe ich noch nie gesehen, und es gefällt mir auch nicht. ;) Wo steht sowas eigentlich?

    Bei deiner Fallgestaltung kommt es darauf an, ob das Recht wieder aufgelebt ist (unwarscheinlich) oder nicht. Diese Auskunft kann dir nur die KfW erteilen.


    Müsste ich den Amtswiderspruch dann zu Gunsten der KfW eintragen, die dann wiederum die Löschung des Widerspruchs bewilligen könnte? Und trage ich den Amtswiderspruch dann gegen die Löschung des Rechts oder gegen die Löschung des Löschungsvermerks durch Nichtmitübernahme ein?

    Ohgottohgottohgott! Mir wird ganz schwindelig...

  • ... puh, ich hab wohl Glück. In meiner Sache wird demnächst ein Kaufvertrag beurkundet werden. Die beurkundende Notarin ist so lieb und wird eine Löschungsbewilligung seitens der KfW für das blöde Recht einholen. So werde ich dann wohl ohne Amtswiderspruch aus der Nummer rauskommen. Ich kann es nur immer wieder betonen: Gute Zusammenarbeit mit den Notaren ist wichtig und kann das Arbeitsleben für beide Seiten durchaus erleichtern. :einermein

  • :eek: Darauf, dass eine Belastung, die laut Grundbuch vor 51 Jahren gelöscht wurde, doch möglicherweise noch existieren könnte und man gelöschtes (!) Recht samt Löschungsvermerk bei einer Übertragung in ein anderes Blatt mitnehmen muss, kommt doch kein gesunder Mensch. :behaemmer Wer denkt sich sowas aus? Bzw. wo ist das geregelt, EGBGB?

  • Für uns alte Grundbuchhasen aus den neuen BL ist die Übernahme dieser Löschungsvermerke, soweit keine doppelte Löschung vorliegt, so selbstverständlich, das wir kaum noch darüber nachdenken. Allerdings lege ich bei der praktischen Ausbildung der Rechtspflegeranwärter größten Wert auf die Vermittlung von "DDR-Recht" im GB, da dies offensichtlich in den Fachhochschulen so gut wie nie stattfindet. Wenn ich aber in den neuen BL arbeiten muss oder möchte, sollte man sich mit den Besonderheiten doch ein wenig mehr vertraut machen.

  • Wenn ich aber in den neuen BL arbeiten muss oder möchte, sollte man sich mit den Besonderheiten doch ein wenig mehr vertraut machen.

    Ja, schön und gut! Aber auf sowas kommt doch normalerweise niemand!

    Was eigentlich eindeutig ist, hinterfrage ich nicht, weil ich überhaupt nicht auf die Idee komme, dass da was anders sein könnte. Ich meine, gelöscht ist gelöscht, oder?! Normalerweise...

    Daher nochmal die Frage, wo ist das geregelt?

  • Ich habe eine Kurzzusammenfassung für unsere Kollegen aus den alten BL erstellt:

    Mit dem "Gesetz zur Entschuldung der Klein- und Mittelbauern beim Eintritt in Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft" vom 17.02.1954 sollte damals den Altbauern (Erwerb der Landwirtschaft vor dem 9. Mai 1945), ein Anreiz zum Eintritt in die LPG gegeben werden.

    Das Gesetz sah vor, daß Grundstücksbelastungen, die vor dem 9. Mai 1945 entstanden waren (hat also nichts mit der DDR zu tun), erlassen werden konnten, wenn der Altbauer in die LPG eintrat. Um auch für die Zukunft Druck ausüben zu können, mit dem Ziel, den Verbleib des Bauern in der LPG auf Dauer zu sichern, wurden ihm bei seinem Eintritt die Altschulden nicht vollständig erlassen, sondern das Gesetz sah vor, daß die Schulden im Falle des Ausscheidens aus der LPG wiederaufleben sollten. Bei einem Ausscheiden aus der LPG war das Fortbestehen der Entschuldung an den Abschluß einer Vereinbarung mit dem Rat des Kreises über die kostenlose Nutzung des Bodens durch eine LPG geknüpft. In der Praxis der DDR hat es so gut wie keine Anwendungsfälle für ein Wiederaufleben der Forderungen gegeben.

    Die Entschuldung war keine echte Entschuldung sondern eine auflösend bedingte Schuldbefreiung für die Dauer der Mitgliedschaft in der LPG.

    Nach Artikel 232 § 1 EGBGB gilt weiterhin das Recht der DDR fort.

    Es gilt heute das unter #4 geschriebene.

  • 1. Das Recht wurde lt. SV am 25.09.1951 eingetragen.
    2. Wenn dem Bauern die Altschulden nicht vollständig erlassen wurden, wäre es m. E. sinnvoll, das Recht nicht zu löschen, sondern das auf andere Weise zu vermerken. Wenn mir ein gelöschtes Recht aus der Zeit vor Inkrafttreten des ZGB in der Versteigerung unterkäme, würde mir im Traum nicht einfallen, dass als bestehen bleibend zu berücksichtigen.

    BTW: In den genannten EGBGB-Vorschriften habe ich bisher noch keine Vorschrift gefunden, dass diese Grundpfandrechte trotz Löschung tatsächlich nicht gelöscht wären.

  • Das Recht wurde lt. SV am 25.09.1951 eingetragen.

    Ich wollte es nicht unnötig kompliziert machen.

    Die (Teil-)Entschuldung konnte bereits nach dem Gesetz über die Entschuldung und Kredithilfe für Klein- und Mittelbauern vom 08.09.1950 stattfinden. Die verbleibende Restschuld wurde als Hypothek nach diesem Gesetz (1950) eingetragen. Die neue Hypothek fiel dann unter das Gesetz von 1954, da es sich um reduzierte Altschulden aus der Zeit vor dem 9. Mai 1945 handelte.

    Ich hoffe, die Sache wird verständlicher.

  • Wenn mir ein gelöschtes Recht aus der Zeit vor Inkrafttreten des ZGB in der Versteigerung unterkäme, würde mir im Traum nicht einfallen, dass als bestehen bleibend zu berücksichtigen.

    Das Recht ist nicht "endgültig" gelöscht, sondern unter Verweis auf das Entschuldungsgesetz gelöscht.

    Das Recht bleibt nicht bestehen es ist ja "gelöscht". Du hast aber den Löschungsvermerk im Grundbuch, den du als Widerspruch gemäß § 892 BGB behandeln mußt. Ohne Beteiligung der KfW läuft im K-Verfahren nichts.

  • Das ist ja furchtbar!

    P.S.: Wenn die KfW nicht Gläubiger ist, sondern nur die Löschung bewilligen darf, ist sie m. E. nicht am K-Verfahren beteiligt.

  • Ich denke das die KfW im K-Verfahren zu beteiligen ist, da sie in der Regel die einzige ist, die prüfen kann, ob die dahinter stehende Forderung noch besteht.

  • :eek: Darauf, dass eine Belastung, die laut Grundbuch vor 51 Jahren gelöscht wurde, doch möglicherweise noch existieren könnte und man gelöschtes (!) Recht samt Löschungsvermerk bei einer Übertragung in ein anderes Blatt mitnehmen muss, kommt doch kein gesunder Mensch. :behaemmer Wer denkt sich sowas aus?

    Danke! Danke! Danke! Jetzt fühle ich mich erheblich besser. :abklatsch

    Für uns alte Grundbuchhasen aus den neuen BL ist die Übernahme dieser Löschungsvermerke, soweit keine doppelte Löschung vorliegt, so selbstverständlich, das wir kaum noch darüber nachdenken. Allerdings lege ich bei der praktischen Ausbildung der Rechtspflegeranwärter größten Wert auf die Vermittlung von "DDR-Recht" im GB, da dies offensichtlich in den Fachhochschulen so gut wie nie stattfindet. Wenn ich aber in den neuen BL arbeiten muss oder möchte, sollte man sich mit den Besonderheiten doch ein wenig mehr vertraut machen.

    Das ist ja schön für euch alte Grundbuchhasen aus den neuen BL. Richtig, in den Fachhochschulen findet dies genau genommen gar nicht statt. Mit den Besonderheiten in den neuen Ländern habe ich mich bisher im Übrigen mehr als nur ein wenig vertraut gemacht, das will ich an dieser Stelle mal betonen. Wenn man deine Zeilen so liest, könnte man denken, dass es sich bei dieser Besonderheit um eine solche Selbstverständlichkeit handelt, die sich jedem totalen Volltrottel auf Anhieb erschließen müsste. Schönen Dank auch! :motz: Nee, also das finde ich wirklich nicht ganz fair.

    Ja, schön und gut! Aber auf sowas kommt doch normalerweise niemand! Was eigentlich eindeutig ist, hinterfrage ich nicht, weil ich überhaupt nicht auf die Idee komme, dass da was anders sein könnte. Ich meine, gelöscht ist gelöscht, oder?! Normalerweise...

    Genau so sieht es nämlich aus. Das hat mal gar nichts damit zu tun, dass man sich mit den wahrlich hässlichen Besonderheiten des Grundbuchrechts in den neuen Ländern nicht vertraut gemacht hätte. Wenn ich bei deeen Aktenbergen, die es hier zu bewältigen gilt, auch noch anfange, absolute Grundsätze des Grundbuchrechts in Frage zu stellen, würde ich nie fertig werden. Jawohl! Wer kommt schon auf die Idee, dass damals "gelöscht" in diesem Zusammenhang eigentlich "unter Vorbehalt gelöscht und könnte wieder aufleben" bedeutete. Da kann man nur froh sein, dass es so einen Schwachsinn heutzutage nicht mehr gibt.

    Jetzt weiß ich es auch, und in Zukunft wird mir das sicher auch nicht noch einmal passieren. :roll:

  • Das ist ja schön für euch alte Grundbuchhasen aus den neuen BL. Richtig, in den Fachhochschulen findet dies genau genommen gar nicht statt. Mit den Besonderheiten in den neuen Ländern habe ich mich bisher im Übrigen mehr als nur ein wenig vertraut gemacht, das will ich an dieser Stelle mal betonen. Wenn man deine Zeilen so liest, könnte man denken, dass es sich bei dieser Besonderheit um eine solche Selbstverständlichkeit handelt, die sich jedem totalen Volltrottel auf Anhieb erschließen müsste. Schönen Dank auch! :motz:


    In Hessen haben die Thüringer Anwärter als Wahlfpflichtfach "Grundbuch Ost", wo Besonderheiten in ein paar Stunden durchgenommen werden.


    LG Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Wenn mir ein gelöschtes Recht aus der Zeit vor Inkrafttreten des ZGB in der Versteigerung unterkäme, würde mir im Traum nicht einfallen, dass als bestehen bleibend zu berücksichtigen.

    Das Recht ist nicht "endgültig" gelöscht, sondern unter Verweis auf das Entschuldungsgesetz gelöscht.

    Das Recht bleibt nicht bestehen es ist ja "gelöscht". Du hast aber den Löschungsvermerk im Grundbuch, den du als Widerspruch gemäß § 892 BGB behandeln mußt. Ohne Beteiligung der KfW läuft im K-Verfahren nichts.

    Das Ganze lässt sich auch bei Böhringer, Rpfleger 1995, 139/142 oder in der DtZ 1994, 130/131 (bei beck-online abrufbar) nachlesen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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